Es war kein Feuer, das in meinen Adern brannte, und doch durchflutete mich eine Wärme, die schmeichelnd und wohlig war und selbst nach dem innigen Kuss noch sanfte Wellen aussandte. Das hier war so anders als das, was ich bisher kannte, dass ich tatsächlich einen Moment dastand und Siv mit leicht verwundertem Blick unter gerunzelter Stirn ansah. Der Riss, der mich zu spalten gedroht hatte, fühlte sich längstens nicht mehr so gravierend an wie noch Stunden zuvor - ebenfalls eine Tatsache, die ich realisierte, doch nicht nachvollziehen konnte.
Und nun? fragte ich mich selbst. Ich war schwach genug gewesen, nicht von ihr loszukommen, egoistisch genug, um sie nicht ziehen zu lassen. Das an sich war schon ein Armutszeugnis, doch eines, das sich seltsam gut anfühlte. Dennoch wusste ich von diesem Punkt an einfach nicht weiter. Ich konnte sie nicht direkt mit mir nehmen. Ich konnte sie jedoch genauso wenig tagtäglich hier besuchen. Irgendwann würde es auffliegen, und was Celerina dann denken oder tun würde, gerade nach unserem Gespräch, wollte ich mir nicht ausmalen. Nicht jetzt. Irgendwann würde ich mich dem stellen müssen, das war mir durchaus bewusst, doch solange ich mich dieser Situation fernhalten konnte, würde ich es wohl tun. Ich musterte Siv, ihre blauen Augen. Die Zeit schien zäh zu tröpfeln, während ich immer noch überlegte, was ich nun tun sollte. Was ich tun konnte. Mein Sohn war es, der mich ablenkte, denn es tat einen kleinen Nieser und Ferun lachte verhalten. Das lenkte meine Gedanken in eine andere Richtung. Ich nahm Sivs Hände in die meinen und strich sanft mit den Daumen über ihre Haut. "Wie heißt er?" fragte ich leise. "Wie...wie heißt mein Sohn, Siv?" Meine Stimme brach leicht weg, als ich es zum ersten Mal bewusst aussprach. Mein Sohn.