Der Auftrag und das Treffen mit Glocta

  • Marcus hatte einen Auftrag bekommen. Einen ziemlich klaren Auftrag. Doch er dachte nicht im Traum daran sich selbst die Hände schmutzig zu machen geschweige denn den ganzen Tag höchstpersönlich durch Rom zu rennen, um irgendeinen blasierten Schnösel zu verfolgen. Er kannte genau die richtigen Männer für diesen Job und hatte seinem Freund und Geschäftspartner Asellus eine Nachricht zukommen lassen, in dem er ihn um ein Treffen bat.


    Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten und streifte der junge Decimer an diesem kühlen Nachmittag eingehüllt in einen dicken Wollumhang durch die Gassen des Aventins. Neben dem Tempel der Iuno Regina sollte er Asellus treffen, genauer gesagt am unteren Ende der Cassius Treppen, die einen erlaubten von dem Tempel bis hinunter zu den Kaien des Tibers zu gehen. Als er um die letzte Straßenecke bog sah er bereits das große, von Säulen umringte Gebäude vor sich, dass majestätisch über die umherstehenden Häuser ragte. Da war auch die Treppe, die Marcus auch kurze Zeit später erreichte. Suchend sah er sich um, doch von Asellus war weit und breit keine Spur. Also hieß es warten. Vielleicht wurde er durch irgendetwas aufgehalten, was nicht sonderlich ungewöhnlich war bei den Geschäften, die dieser Mann ausübte. Doch das Warten war von kurzer Dauer, da nach wenigen Minuten ein vergnügter, fast melodischer Pfiff zu hören war. Marcus drehte sich um und sah einige Stufen über sich Asellus stehen, der ihn mit einem breiten Grinsen entgegenkam.


    "Marcus Decimus! Ich war überrascht über deine Nachricht. Du hast dich in letzter Zeit rar gemacht."


    Marcus schritt Asellus entgegen und streckte ihm seine Hand entgegen, die Asellus sofort kraftvoll ergriff.


    "Asellus! Es tut gut zu sehen, dass du noch nicht in den Tartarus hinabgestiegen bist. Wie geht es dir?"


    "Ich kann mich nicht beklagen. Die Geschäfte laufen einigermaßen gut, auch wenn ich in letzter Zeit einige Männer einbüßen musste. Sie sind anscheinend zur Konkurrenz übergelaufen, doch darum kümmere ich mich noch bei nächster Gelegenheit. Und wie geht es dir junger Decimus? Man hört du hast dein Tribunat bei der Cohortes erfolgreich hinter dich gebracht?"


    "Mehr oder weniger. Ich habe mich möglichst still verhalten und bin die ganze Sache abgesessen. Das Militär war noch nie meine große Leidenschaft, aber das weißt du ja. Hast du über die Sache nachgedacht, die ich dir zukommen lassen möchte?"


    Asellus deutete dem jungen Decimer mit ausgestreckter Hand in Richtung Probus Brücke.


    "Komm, lass uns einige Schritte gehen. Ich habe darüber nachgedacht und grundsätzlich stellt es eigentlich kein Problem dar, einen Mann beschatten zu lassen. In diesem speziellen Fall ist die Sache jedoch nicht ganz so einfach, da es sich um einen Aelier handelt. Bis in den Palast reicht mein Netzwerk nicht. Dazu bin ich ein zu kleiner Fisch, auch wenn ich das nur ungern zugebe."


    "Ich verstehe. Was schlägst du also vor? Wie ich dich kenne hast du doch sicher bereits eine Lösung für mein Problem."


    "Ich habe immer Lösungen parat Marcus. Das ist mein Geschäft."


    Asellus grinste Marcus überlegen an und klopfte ihn aufmunternd auf die Schulter.


    "Mein Boss möchte dich kennenlernen. Ich habe mit ihm über die Sache gesprochen und er war damit einverstanden dir in dieser Sache zu helfen. Doch möchte er dich kennenlernen. Sein Name ist Servius Duronius Glocta und er ist einer der einflussreichsten Männer hier am Aventin."


    Marcus überlegte kurz und nickte schließlich zustimmen.


    "Daher das Treffen hier. Du weißt ich mag keine Überraschungen, aber gut. Ich bin einverstanden."


    "Seine Hauptquartier ist hier ganz in der Nähe. Ich habe mich für dich verbürgt und ich soll dich umgehend zu ihn bringen, wenn du damit einverstanden bist."


    Der junge Decimer nickte erneut. Er hatte natürlich gewusst, das Asellus ein Sicarius einen größeren Bosses war, doch hatte er nicht damit gerechnet diesen jemals kennen zu lernen. Solche Männer hielten sich eher bedeckt und zogen aus dem Hintergrund ihre Fäden. Männer wie Asellus kümmerten sich mit ihren Männern dann um das Grobe, um die Durchführung. Marcus war daher etwas nervös, doch vertraute er Asellus soweit, dass er sich auf dieses Treffen mit seinem Boss einließ. So gingen die bogen die beiden Männer bei nächster Gelegenheit wieder in die verwinkelten Gassen des Aventins, bis sie schließlich vor einer unscheinbaren Insula standen.


    "Wir sind da. Mach dir keine Sorgen. Man sieht es Glocta nicht auf den ersten Blick an, aber er ist ein einflussreicher Mann. Er kann dir bestimmt helfen."


    Marcus machte sich weniger sorgen darum, dass ihm diese Männer nicht helfen konnte, als vielmehr um den Preis der ganzen Sache, der durch die Bemühung dieses Glocta bestimmt um einiges gestiegen war. Doch noch war nichts ausverhandelt oder endgültig in Auftrag gegeben. Man musste also abwarten. Asellus klopfte an die Türe.


  • Servius Duronius Glocta
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    Die Tür wurde nach kurzer Zeit von einem stämmigen Schläger geöffnet, der den Decimer misstrauisch musterte. Er war bekannt für seinen scharfen Blick mit dem er meistens sofort bemerkte, ob sein Gegenüber Waffen trug. Nachdem er Asellus bemerkte, öffnete er die Türe nun ganz und winkte sie herein. Die ganze Insula, wenn sie auch von Außen keinen besonderen Eindruck machte, war im Gegensatz zu vielen anderen sehr solide gebaut. Im Erdgeschoss befand sich eine Taberna, in der hauptsächlich die Männer von Glocta verkehrten, doch der Schläger führte sie gleich zu einer Treppe in den ersten Stock. Obwohl Servius Duronius Glocta Treppen hasste, hatte er sich im ersten Stock der Insula einquartiert, denn es waren nun einmal die besten Räume der Insula. In den höheren Stockwerken, in denen die Räume immer enger wurden, war ein Teil seiner Männer untergebracht. Manche seiner Sicarii bewohnten mit ihren eigenen kleinen Banden eigene Häuser. Im ersten Stock angekommen, führte der Schläger sie in einen großen Raum. Dieser war wie das ganze Stockwerk sauber und mit teuren Möbeln eingerichtet. In einer Ecke stand ein Kohlebecken, das den Raum mit wohliger Wärme füllte. Hinter einem großen Tisch, saß Glocta in einem sehr weichen Ledersessel, der seinen dürren, gebrechlichen Körper fast zu verschlucken schien. Vor ihm stand eine Schale mit Suppe, die er vorsichtig aß. Der Schläger führte sie in den Raum, in dem auch noch drei weitere Schläger herumlungerten. Während einer vorgab sich um das Kohlebecken zu kümmern, reinigte ein ein anderer seine Fingernägel mit einer Sica. Der Dritte trug einen kleinen Kessel aus dem er Glocta noch etwas Suppe brachte. Als Glocta die beien Neuankömmlinge sah, grinste er sein zahnloses Grinsen und nickte ihnen zu. Doch dann verspannte sich sein Nacken und sein Lächeln bekam plötzlich einen gequälten Eindruck.


    "Ah Asellus. Isch't das der Decimer? Titus mein Nacken!"


    sagte Glocta mit seiner etwas krächzenden Stimme und der Mann beim Kohlebecken stand auf und mit seinen großen Pranken begann er er den Nacken des alten Mannes zu massieren, was Glocta ein wenig Linderung verschafte.

  • Asellus wartete ab bis er von dem Alten angesprochen wurde und trat dann einen Schritt vor. Mit einem nicken unterstrich er seine Worte.


    "Ja Herr! Das ist er."


    Marcus hielt sich unterdessen zurück und beobachtete nur still die ungewohnte Szenerie, die sich ihm hier bot. Dieser alte Mann, der mit ziemlicher Sicherheit Zeit seines Lebens keine schulische Ausbildung erhalten, geschweige denn sich in einem ehrbaren Beruf verdingt hatte, lebte hier in dieser unscheinbaren Insula wie ein nobler Patrizier oder einer dieser reichen Händler, die ihren angesammelten Wohlstand gerne zur Schau stellten. Es war unfassbar. Dies ließ natürlich auch Rückschlüsse darauf ziehen, dass Glocta sein Geschäft verstand und ziemlich gut damit zu verdienen schien. Schließlich, als Marcus sich endlich von all den neuen Eindrücken losreißen konnte, entscheid er sich an die Seite seines Freundes Asellus zu treten und grüßte den Bandenführer mit einem Kopfnicken.


    "Marcus Decimus Flavus, Sohn des Decimus Livianus. Es ist mir eine Freude dich kennen zu lernen."


  • Servius Duronius Glocta
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    "Nun, Decimus Flavus, du möchtest also Caius Aelius Archias näher kennenlernen."


    sagte Glocta nun deutlicher, da er keine Suppe mehr im Mund hatte. Bei dem Euphemismus am Schluss lächelte er noch einmal sein zahnloses Grinzen.


    "Dir ist bewusst das das kein Zuckerschlecken wird? Er ist ein Mitglied der kaiserlichen Familie. Er hat womöglich den einen oder anderen Praetorianer im Schlepptau, der auf ihn aufpasst. Und wenn wir dann Aufliegen, dann kriegen wir nicht nur mit den Urbanern sondern auch mit den Praetorianern Ärger. Und die neigen dazu ihre Probleme schmerzhaft und recht endgültig zu lösen. Nicht das ich damit Probleme hätte. Schau mir nur gut an! In Tigranocerta habe ich schon das ganze Repertoire erlebt, aber ich hänge dennoch an dem bischen Leben das ich noch habe."


    sagte Glocta erst ernst und dann wieder mit einem leichten grinsen. Doch es war viel mehr, denn er war einmal ein erfolgreicher, gut aussehender Centurio gewesen. Er hatte am Anfang einer viel versprechenden Karriere gestanden. Der Posten des Primus Pilus war ihm fast schon sicher gewesen und damit wohl auch ein Aufstieg in den Ritterstand, was für den Mann aus einfachen Verhältnissen ein erstaunlicher Erfolg gewesen wäre. Doch jene schicksalhaftes Geplänkel an der parthischen Grenze hatte alles verändert. Und nach zwei Jahren in parthischen Folterkellern kam auch kein glorreicher Soldat sondern nur ein Krüppel in seine Heimat zurück.


    "Nun sag mir also, warum sollte ich einen solchen Auftrag von einem Mann annehmen, der weder für seinen Reichtum noch seinen Einfluss bekannt ist?"

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