Irgendwie trieb es sie immer in den Stall. Sie liebte einfach Pferde und auch wenn ihre Stute nicht mehr in Rom war, sondern auf dem Land, kam sie gern hier und betrachtete die anmutigen Tiere. Keines konnte es zwar mit der Schönheit und Eleganz ihrer Stute aufnehmen, aber selbst die kräftigen Rösser hatten ihren Reiz. Endlich war das Wetter auch so gut, dass sie einen Ausflug mit Picknick planen konnten. Einer der Gründe, warum sie sich mal wieder im Stall herum drückte. Sie wollte sehen, welche Pferde sich für solch einen Ausflug eigneten. Narcissa und sie hatten ja imemr ganz besondere Ansprüche an die Tiere. Als sie die Nase nun hinein steckte und sie sich umsah stellte sie als erstes fest, dass sie allein war, nicht einmal ein Sklave war hier. Umso besser, dann würde sie keine schiefen Blicke zugeworfen bekommen, wenn sie sich einfach ins Stroh legte und die Seele baumeln ließ. Obwohl es derzeit nicht so klug war, wenn sie einen Moment Zeit zum nachdenken bekam. Dann wurde sie sogleich an ihre riesige Dummheit erinnert und an die gefährlichen Gefühle, die eingesperrt hatte. Cimon. Er ging ihr einfach nicht aus dem Kopf. Seine Küssen und seine Hände konnte sie immer noch auf ihrem Körper spüren. Allein dieser kurze Gedanke weckte die Begierde in ihr. Sie biss sich auf die Lippen und unterdrückte diese Gefühlsregungen.
Seit zwei Wochen ging sie ihm aus dem Weg, mehr oder weniger erfolgreich. Eine kurze Begegnung im Flur oder bei der Cena konnte sie nicht entgehen. Er war schließlich Sklave des Haushaltes. Aber sie waren nie allein gewesen, sie hätte dann auch nicht gewusst, was sie getan hätte. Sie konnte sich selbst nicht mehr trauen. Jedes Mal wenn sie mit ihm allein war, schien sie den Verstand zu verlieren und tat dann Dinge die sich nicht gehörten und absolut falsch waren. So zum Beispiel ihn einfach zu küssen… wer weiß, was nicht noch alles passiert wäre, wenn sie nicht irgendwann geschnallt hätte, was sie da gerade tat.
Da keiner zu sehen war, ging sie zielstrebig auf einen braunen Zelter zu uns streichelte ihm die samtene Schnauze. Sie hielt ihm einen Apfel hin, doch das Tier schnaubte nervös. Verdutzt sah sie sich um. Eigentlich gab es doch keinen Grund für die Tiere so nervös zu sein. Drei Pferde standen im Augenblick im Stall, die anderen waren wohl draußen oder wurden gerade für Botengänge gebraucht, und alle drei Tiere traten unruhig auf der Stelle. Die Gedanken an Cimon waren erst einmal vertrieben, viel mehr machte sie sich Sorgen um die Pferde. Ein Pferd war nie ohne Grund angespannt, nervös und unruhig. Kurz entschlossen öffnete sie jede einzelne Box und blickte hinein. Vielleicht war es ja eine Ratte oder eine Maus vor dem die Rösser scheuten. Als sie in die zweite leere Box schaute, erstarrte sie und verzog dann angewidert das hübsche Gesicht. So etwas wie ein blutiger Klumpen lag im Stroh. „Wuääh“, machte sie und dennoch die Neugierde war geweckt. Da sie ein Kind vom lande war, hatte sie eigentlich wenige Berührungsängste. Sie hatte schon einmal dabei zugesehen, wie ein Schwein geschlachtet wurde. Zaghaft näherte sie sich dem unförmigen Haufen und betrachtete ihn aus verschiedenen Blickwinkeln. Sie konnte braun schwarz gestreiftes Fell erkennen, einen langen Schwanz und Schnurrhaare. Es war eine Katze und anscheinend war sie einem Hund zum Opfer gefallen. Aber nicht hier. Die Aurelia hatten keinen Hund. Hatte die Katze entkommen können und dann an ihren Verletzungen gestorben? Es sah ganz danach aus. Anfassen wollte sie das Tier aber nicht, das ekelte sie dann doch. Ein Sklave sollte sich darum kümmern, den Kadaver der Katze zu verscharren. Gerade wollte sie sich von dem unschönen Anblick abwenden, als sie ein miauen hörte. Erschrocken zuckte sie zusammen. Die Katze lebte doch nicht etwa noch. Wieder näherte sie sich dem Tier, doch dies zuckte nicht und war tatsächlich Tod. Hatte sie sich etwa das Geräusch eingebildet. „Du bist vielleicht ein schreckhaftes Huhn“, schalte sie sich selbst. Doch da war es wieder. Ganz leise und kläglich. Flora drehte sich um die eigene Achse, doch konnte sie die Quelle des Katzenjammers nicht ausmachen. „Das kann doch nicht sein“, sagte sie und suchte nun erst einmal den ganzen Stall ab. Sie sah hinter Strohballen nach, in den Boxen und konnte doch nichts finden und das miauen wollte nicht verklingen. Schließlich fiel ihr Blick auf die Leiter die zum Heuboden hinauf führte. Kurzerhand kletterte sie hinauf.
Mittlerweile war ihr Kleid ganz staubig, überall hatte sie Stroh im Haar und auch Falten in der Tunika. Das störte sie nicht, sie wollte wissen wo nun die andere Katze steckte. Vielleicht war diese auch verletzt. Ihre Augen brauchten einen Moment um sich an das Zwielicht zu gewöhnen, hier oben gab es keine Lampe, die hätte nur das trockene Heu angezündet. Wieder erklang es, von rechts. Auf allen vieren näherte sie sich der Quelle und starrte dann auf einen ganzen Wurf winziger Katzenjunge. „Oh“, machte sie ganz entzückt. Sie wollte schon die Hand ausstrecken um sie zu Streicheln, als ihr die mahnenden Worte einer anderen Sklavin in den Sinn kam. „Tierkinder nicht anfassen! Sie werden dann nicht mehr von ihrer Mutter angenommen!“ Sie hielt Inne, mitten in der Bewegung und dann kam ihr ein schrecklicher Verdacht. Die tote Katze unten musste die Mutter sein. „Oh nein!“ flüsterte sie traurig. Ohne ihre Mutter würden die Kleinen nicht überleben. Nun streckte sie doch die Hand aus. Erst wichen die fünf kleinen Katzen vor ihr fort, doch dann ließ sich ein kleines schwarweißes Kätzchen von ihr streicheln. „Was mach ich denn nur mit euch?“ fragte sie und überlegte hin und her. Sie würde es nicht übers Herz bringen, die Kätzchen zu ertränken, auch wenn diese nicht überleben würden und verhungern würden ohne die Mutter. Schließlich hatte sie eine Idee, in diesen Moment hörte sie unter sich Schritte. Sie ging zum Rand des Heubodens, legte sich auf den Bauch und sah dann hinunter. „Hey, du!“, sagte sie im glauben einen der Sklaven erwischt zu haben die für den Stall zuständig waren. Es musste merkwürdig aussehen, wie sie so hing, die Haare fielen ihr ins Gesicht und sie baumelte halb kopfüber vom Zwischenboden. Au den ersten blick konnte sie nicht erkennen, wen sie denn da nun hatte. „Geh mir eine Schale mit Wasser und eine mit Milch holen!“ wies sie ihn einfach an, nur um dann wieder zu verschwinden. Da ihr die Locken ins Gesicht gefallen waren, hatte sie nicht darauf geachtet wem sie Anweisungen gab. Stattdessen widmete sie sich den Katenkindern. Einer der Knechte auf dem Landgut in Terentum hatte einmal ein Fohlen aufgezogen in dem er es mit verdünnter Milch gefüttert hatte. Vielleicht klappte es ja auch mit den Kätzchen.
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