Drei Tage lang war Leander aufgebahrt gewesen. Axilla hatte ihn an jedem Tag mit einem weichen Tuch aus weißer Wolle vorsichtig gewaschen und dabei versucht, seine Wunde am Hals nicht anzustarren und auch den aufkeimenden Brechreiz zu unterdrücken. Er war gesalbt worden, wie es einem römischen Bürger zugestanden hätte. Das allerdings hatte Axilla von den anderen Sklaven machen lassen, weil ihr doch ein wenig die Kraft dann meist fehlte. Vor allem fühlte sie sich durch ihr schlechtes Gewissen wie erdrückt.
Seine beste Tunica hatten sie ihm angezogen, dazu die dunkelbraune Chlamys, die er in Alexandria getragen hatte, wenn Axilla ihn irgendwo Offizielles mit hingenommen hatte. Er bekam seine guten Calcei an, sein Haar wurde gekämmt. Axilla gab auch Auftrag, ihn ein wenig zu schminken, wie er es in Ägypten gemacht hatte. Streng beäugte sie das, damit es auch ja nicht zuviel war. Nur ein schwarzer Strich um die Augen.
Am dritten Abend wurde er hinausgetragen von den übrigen Sklaven der Casa. Auf einer einfachen Bahre, die Füße voran. Aber sie mussten es heute machen, damit die Unreinheit des Todes die Hochzeitsvorbereitungen nicht störte. Für Axilla war dieser Umstand nur noch ein weiterer Grund, diese Hochzeit zu verabscheuen.
Durch die Straßen ging es, gemessenen Schrittes und in bedrückter Stimmung. Gerne hätte Axilla alle Klageweiber der Stadt angeheuert für Leander, aber das gehörte sich nicht für einen einfachen Sklaven aus einer einfachen Familie. Und so war es nur eine kleine Prozession, die hinausschritt aus der Stadt und die Via Apia entlang, bis man an der richtigen Seitenabzweigung ankam und in das Gräberfeld einbog, um zum iunischen Grab zu gehen. Die Masken der verschiedenen Iunier wurden von den Sklaven getragen, die nicht Leanders Bahre trugen. Auch wenn er nur Sklave war, auch die gehörten zur Familie, und Axilla fand, dass ihre Ahnen ruhig anwesend sein sollten.
Immer wieder wanderte Axillas Hand zum Gesicht, um sich die Tränen wegzuwischen. Eine Iunia weinte nicht in der Öffentlichkeit. Erst recht nicht für einen Sklaven. Nur hatte ihr Herz das wohl irgendwie vergessen, so dass sie immer wieder mit einer schnellen Bewegung nachhelfen musste.
Am Grab war auch schon alles bereitet worden. Ein Scheiterhaufen, der Axilla bis zur Nasenspitze reichte, stand unheilsdrohend da. Alle Seiten waren mit den Blättern von Zypressen verkleidet worden. Axillas Schritt stockte, als sie diesen Berg an Holz sah, und ängstlich griff sie nach Archias' Hand. Ihr Herz schlug bis zum Hals, und am liebsten wollte sie jetzt weglaufen. Das war alles so schrecklich real.