Funus Tiberii Vitamalaci

  • Obwohl die Sonne draußen bereits leuchtete und die Vögel freudig den Frühling begrüßten, herrschte im Atrium der Tiberier eine dämmrige Stille. In der Luft hing der schwere Duft von Weihrauch, durch dessen Nebel die toten Wachsmasken der Tiberier starrten. Vor den Imagines Maiorum, die ihre Schränke verlassen hatten, war ein bronzenes Gefäß aufgestellt, in dem sich die Asche des militärisch ruhmreichsten Tiberiers befand, der in den letzten 200 Jahren durch die Straßen Roms gewandelt war: Quintus Tiberius Vitamalacus, gewesener Aedil, Magister Fratrum Arvalium, Kommandeur der Legio I Traiana Pia Fidelis Constans, Held von Circesium und Unterfeldherr im großen Partherkrieg. Schon vor Wochen war er verstorben - nicht, wie es wohl sein Wunsch gewesen war, auf dem Schlachtfeld inmitten seiner Männer, sondern siech und krank in einem Bett. Die Soldaten seiner Legion hatten ihn mit allen militärischen Ehren eingeäschert, dennoch wollte es sich die Familia Tiberia nicht nehmen lassen, ihm auch noch höchste Ehren zu erweisen, wie sie eines römischen Senators würdig waren. Und daher fanden nun, da das Haupt der Familie aus den unfreiwillig langen Ferien in Baiae zurückgekehrt war, die Totenfeier statt. Glücklicherweise gab es neben der Asche und den Knochen des alten Soldaten auch eine Totenmaske, deren ausdrucksloser Blick jedoch nur ein schwacher Abklatsch der stechenden Augen des lebenden Tiberius war.


    Die Tore des Atriums öffneten sich und in einer langen Reihe traten die großen Ahnen der Familie ein, die ebenfalls senatorisches Purpur getragen hatten - natürlich dargestellt von Schauspielern. Auch eine Frau fand sich darunter, gehüllt in die Toga Praetexta eines Pontifex und mit einem Apex auf dem Haupte - sie symbolisierte Tiberia Claudia, die große Schwester des Verstorbenen. Ihnen folgte eine große Schar rau aussehender Männer, Veteranen aus den zahlreichen Legionen, in denen Vitamalacus gedient und sich ein beachtliches Klientel geschaffen hatte. Doch auch einige Ritter (deren Aufstieg Vitamalacus wohl eigenhändig befördert hatte) und Senatoren fanden sich darunter. Sie alle wurden erwartet von Tiberius Durus, dem Consular und Oberhaupt der Familia, der von seiner Gattin und anderen Verwandten flankiert wurde.


    Einer nach dem anderen traten die Männer an die Urne hin, viele salutierten, manche hingegen standen schweigend davor, während die Klageweiber rechts und links noch immer ihre rituellen Klagen verlauten ließen.


    Sim-Off:

    Trauergäste können sich ohne Anklopfen oder Ähnliches dazuschreiben!

  • Um Quintus Tiberius Vitamalacus die letzte Ehre zu erweisen, hatte Modestus an diesem Tag den Weg zur Villa Tiberia auf sich genommen und befand sich auch unter den Trauergästen. Vor einigen Jahren hatte er sein Militärtribunat bei der Legio Prima unter dem Verstorbenen abgeleistet und kannte ihn daher gut genug, um bei seiner Trauerfeier anwesend zu sein. Er war zwar nicht immer einer Meinung mit dem Tiberier gewesen, vorallem da dieser eher einen Probatus als einen Stabsoffizier in ihm gesehen hatte, aber all diese Differenzen waren nun unwichtig geworden. Modestus hielt sich vorerst aber mit Absicht bedeckt, um den engen Verwandten oder Freunden den Vortritt zu lassen.

  • In die lange Reihe der Trauergäste hatten sich auch Macer und Albina eingereiht. Immerhin hatten die beiden ihre Ehe eben Tiberius Vitamalacus zu verdanken und schon das alleine war ein Grund, ihm hier die letzte Ehre zu verweisen. Dass Albina zur gens Tiberia gehörte und Macer wie Vitamalacus einst die Legio I kommandierte und mit ihm im Senat saß, kam natürlich noch hinzu.


    Langsam rückte die Schlange vor und Macer blickte durchaus interessiert um sich, welche anderen Gäste sich unter den trauernden befanden.

  • Sehr zu Septima Leidwesen hatte sie den Verstorbenen, welcher Arvinias Bruder und ein verdienter militärischer Held war, vor seinem Tod nicht kennen lernen dürfen, so dass sie sich in Bezug auf das Beklagen des Toden arg zurück hielt. Früh hatte sie das Haus ihres Mannes verlassen, um der Familie und vor allem ihrer Großtante bei diesem letzten, schweren Schritt, der Beisetzung des Tiberius beistehen zu können. Somit stand sie nun, in eine dschlichte, unkelblaue Palla ohne Verzierungen gekleidet, in der Reihe der Verwandten des Toten unweit von ihrem Onkel Tiberius Durus.


    Dies war bereits die dritte Totenfeier, welcher sie in ihrem jungen Leben beiwohnte, denn Septima hatte bereits ihre Mutter, sowie vor etwa zwei Jahren ihren Vater beerdigen müssen. Still und mit gesenktem Blick stand sie da.

  • Die Nachricht über das doch recht verfrühte Ableben einer Persönlichkeit innerhalb des inneren Zirkels der patrizischen Gesellschaft war mitunter eine, welche man recht überrascht zu hören vermochte. So auch Flavius Furianus. In der sicheren Gewissheit, dass Tiberius Vitamalacus schon stets zu den gesünderen und vitaleren Männern zählte, war die Nachricht über dessen Tod von wundersamer Art.
    Auch er stand innerhalb der Männer und Frauen, welche dem Toten zu gedenken hatten. Der Sitte und den Bräuchen fromm, hatte er sich seit der Kenntnissnahme nicht rasiert, obgleich er dennoch in seiner recht schlichten Aufmachung dem Stand und seiner Herkunft gleichkommen konnte.


    Betrübt sah er gen Boden drein und Bilder flogen vor seinem inneren Auge dahin. Er verstand sich nie gut mit dem Verstorbenen, doch sie respektierten sich stets - und das würde sich nicht ändern.

  • Auch Ahala hatte den verstorbenen Familienhelden nicht mehr persönlich kennenlernen können, aber die gemeinsame Reise nach Mantua mit der völlig am Boden zerstörten Arvinia war auch ihm nahegegangen und so war er auch er am heutigen Tage ausnahmsweise mal ernst, zumal er sich automatisch wieder an die Trauerfeier für seine Mutter erinnerte, der er kurz vor seiner Abreise nach Rom noch beigewohnt hatte.
    Kurz glitt sein Blick durch den Raum, dann entdeckte er seine Cousine Septima und stellte sich schweigend neben sie.

  • Schweigend stellte sich Ahala neben Septima und sie hob kurz ihren Blick um ihm ein zartes, angedeutetes Lächeln zu schenken. Die Trauer über den Verstorbenen war allgegenwärtig und ergriff sogar von der sonst so kühlen Tiberia Besitz. Sie zeigte es nicht nach außen, trug eine dem Anlass entsprechend würdige und demütige Miene zur Schau, dazu kein Schminke und auch ihre Lippen waren nicht rot betont, wie sie es sonst immer zu tun pflegte. Heute war sie in ihrer natürlichen Schönheit erschienen, die bisher nur wenige Menschen hier in Rom zu sehen bekommen hatten.


    Vorsichtig streckte sie ihren Arm ein wenig aus, um Ahala möglichst unauffällig kurz an der Hand zu berühren, Wärme und Nähe zu spüren, wo momentan so viel Kälte wegen der Trauerfeierlichkeiten um sie herum war. Außerdem mochte sie ihren Cousin denn sie verband ein sehr einprägsames Ereignis, welches in Durus' Officium stattgefunden hatte und Septima hatte das Gefühl, dass sie sich ähnlicher waren, als es nach außen scheinen mochte.


    Immer mehr Trauergäste kamen, um dem Verstorbenen die letzte Eher und das letzte Geleit zu geben. Unter ihnen war auch der Senator Flavius Furianus. Septima hatte ihn schon eine Weile nicht mehr gesehen und ihre Augen folgten dem Flavier stumm. Bilder entstanden in ihrem Geist, die ihr die ersehnte Wärme brachten, allerdings auch nicht zu diesem Anlass passten. Sie richtete ihren Blick wieder gen Boden, damit sie die immer aufdringlicher werdenden Bilder - 'Hm, wie gut er aussieht mit seinem Bart. Ob der wohl auf der Haut kratzen würde wenn er...' - aus ihrem Geist verbannen konnte. Doch die Mosaikstücke auf dem Boden des Atrium erinnerten sie an ihr gemeinsames Bad mit Furianus und das trug nicht gerade dazu bei, dass sich ihre Gedankenwelt beruhigte. Ein Seufzer entfleuchte ihrem Mund und Septima schaute erschrocken auf. Natürliche Röte zierte ihre Wangen. Hatte jemand, außer Ahala, diesen Seufzer vernommen und nahm anstoß an ihrem Verhalten? Für nichts auf der Welt wollte sie ihren, oder den Ruf ihrer Familie schaden.

  • Schweigend verharrte die Trauergesellschaft und wartete auf den Aufbruch.


    Endlich gab der Maiordomus, der diesmal den Dominus Funebris gab, das Zeichen. Die zwei schwarz gekleideten Liktoren unterstrichen noch seine natürlich Autorität, mit der er nun den Leichenzug ordnete:


    An der Spitze marschierten Musikanten, die eine getragene, trübselige Musik ertönen ließen, welche von den folgenden Klageweibern mit den Gesängen begleitet wurde.


    Ihnen schloss sich ein groß gewachsener Römer an: Auch wenn seine Züge nur entfernt denen des Tiberius Vitamalacus entsprachen, so ließ der Brustpanzer und der Feldherrenmantel, den er trug, sofort erkennen, dass dies der Darsteller des Verstorbenen war. Lange hatte Durus überlegt, ob er Quintus traditionell mit den Insignien eines Aedils darstellen sollte - doch letzten Endes war es ihm als unpassend erschienen: Quintus war immer ein Soldat gewesen, hatte die Ämter in Rom nur bekleidet, um sich für verantwortungsvollere Posten zu qualifizieren und letzten Endes war das Legionskommando wohl auch der höchste Rang gewesen, den er jemals bekleidet hatte.


    Und wie Vitamalacus seinen Legionen vorangezogen war, so zog der Vitamalacus-Darsteller nun seinen Ahnen voran, die nun jeweils mit der ihnen entsprechenden Zahl an Liktoren folgten. Zuerst seine Schwester Claudia und Tiberius Maximus, dann die übrigen aus der alten Republik. Es folgte eine Hand voll Freigelassener (wer darunter jedoch Durus' alten Leibsklaven Cato suchte, wurde nicht fündig - er war seinem Herrn ins Elysium vorausgegangen). Nun schließlich kam die Urne des Verstorbenen. Nicht die Familia Tiberia, sondern die wahre Familie des Legaten trug sie auf einer Sänfte: Acht Veteranen ritterlichen Ranges transportierten sie in voller Rüstung, während der hünenhafte Titus, dessen Augen vom Weinen gerötet waren, die Totenmaske des Tiberiers trug.


    Die Familia Tiberia folgte in angemessenem Abstand. Allen voran ging Tiberius Durus in seiner schwarzen Toga und mit Dreitagebart, der humpelnd und auf seinen Stock gestützt ein bemitleidenswertes Bild abgab. Dann folgte die übrige Familia, teilweise begleitet von Ehemännern. Erst danach kam eine große Schar weiterer Klienten, fast ausnahmslos mit Narben oder anderen Anzeichen von militärischer Vergangenheit ausgestattet. Hätte Durus die Macht in Rom an sich reißen wollen - mit diesem Klientel wäre es heute zweifellos möglich gewesen! Schließlich schlossen sich die übrigen Senatoren und Trauergäste an, die dem großen Tiberier die letzte Ehre erwiesen.


    So zog die gesamte Gesellschaft hinab zum Forum.

  • Mit einem militärischen Gruß hatte sich Macer vor der Urne des Verstorbenen von diesem verabschiedet, denn genauso wie wohl die ganze Familia des ehemaligen Legionslegaten sah auch Macer ihn vor allem als Feldherrn. An den Füßen trug Macer deshalb heute auch nicht das übliche senatorische Schuhwerk, an das er sich in Rom inzwischen doch gewöhnt hatte, sondern seine alten Caligae. Bei den vielen anwesenden Veteranen war er damit auch keineswegs der einzige.


    Im Trauerzug blieb Macer dann an der Seite von Albina, ließ ihr jedoch als Angehörige des Verstorbenen den Vortritt und folgte ihr in die Gruppe, die hinter der Urne im Leichenzug ihren Platz hatte.

  • Dann war es soweit. Der Leichenzug setzte sich in Bewegung und Septima reihte sich zusammen mit Ursus in die Reihe der Angehörigen ein. Am liebsten wäre sie direkt neben Durus gegangen, denn dieser hatte noch immer mit seinem nicht ganz verheilten Bein zu kämpfen. Doch wie hätte das ausgesehen, wenn der ehemalige Consul sich von seiner Nichte stützen ließe. Nein, das konnte sie ihm nicht antun. Hinter Arvinia und Celsus folgten somit Septima und Ursus dem Leichenzug zum Forum Romanum.

  • Selbstverständlich war Ursus ebenfalls anwesend, auch wenn er Vitamalacus nie richtig kennengelernt hatte. Der Mann war sein Vorgesetzter bei der Prima gewesen, auch wenn er ihn da hatte vertreten müssen. Und er war ein Verwandter von seiner Frau. Außerdem waren die Aurelier mit den Tiberiern befreundet. Das waren gleich drei gute Gründe, heute hier zu sein. Insgesamt aber hielt Ursus sich sehr zurück. Die Familie hatte hier Vorrang. Er fungierte heute schlicht als Begleitung seiner Frau. Irgendwie eine umgekehrte Rollenverteilung als sonst. Als er vor der Urne des Verstorbenen stand, neigte er für einen Moment leicht das Haupt, um seinen Respekt zu bezeugen. Er hatte überlegt, ob ein militärischer Gruß angemessen war. Doch da er selbst kein Militärangehöriger war, empfand er dies dann doch als unangemessen. Eigentlich schade, daß er den Verstorbenen so wenig kannte. Er hätte von ihm sicher einiges lernen können.


    Und schon war der Moment vorbei, er trat zur Seite, um dem nächsten Trauernden Platz zu machen. Es war schon interessant, wer heute hier alles anwesend war. Natürlich ließ Ursus seinen Blick schweifen. Doch viel Zeit dafür blieb ihm nicht. Denn bald schon setzte sich der Trauerzug in Bewegung. Mit seiner Frau am Arm reihte sich Ursus ein. Seine zweite Hand lag dabei leicht auf der ihren, damit sie fühlte, daß er bei ihr war.

  • Es war ein schwerer Tag für Albina, wenn auch nicht so schlimm, wie der Tag, an dem sie vom Tod des von ihr so geliebten Vetters erfahren hatte. Sie stand in den Reihen ihrer Familie, blickte leicht abwesend über die Reihen der Trauergäste.
    Mit gefasster Miene aber trauerndem Herzen reihte sie neben ihren Angehörigen in den Trauerzug ein, der zum Forum zog.

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