Triclinium Parvum | MTD et Flavius Furianus

  • Tiberius Durus lag zu Tisch. Vor ihm hatten die Sklaven etwas kalten Braten, Puls mit Fruchtstücken und Gemüse aufgebaut. In einer Ecke stand ein Sklave und sang ein griechisches Lied, während der Speisende nachdenklich seinen Becher anblickte, als sein Besuch gemeldet wurde.


    Als Furianus eintrat, richtete er sich ein wenig auf und ein dünnes Lächeln malte sich auf seine Lippen.


    "Salve, Furianus! Welch eine Überraschung! Tritt ein, nimm Platz, iss einen Happen!"


    Er wies auf die Kline neben sich.

  • Seinen guten Freund beim Mahle zu stören kam dem Flavier nie in den Sinn, doch nun war er schon einmal da und konnte sich dazu legen - zudem hatte er selbst noch nicht gespeist.


    "Salve, Durus.", begrüßte er seinen Freund recht freundlich und begab sich zu dem ihm dargebotenen Platz, um sich kurz darauf auch auf eine Kline fallen zu lassen.
    "Wie ergeht es denn deinem Bein? Ich habe gemerkt, dass du nicht gut aufsetzen kannst. Etwas Schlimmes vorgefallen?", fiel er gleich mit der Tür in die Casa, wie man sprichwörtlich sagte.
    Mitnichten lag dieser Besuch einzig und alleine auf der Tatsache, dass Durus nicht in ganz guter körperlicher Verfassung war, es war vielmehr einer der gewichtigeren, jedoch nicht der einzige.

  • "Oh, ich habe mir das Bein gebrochen, als ich mein Gut in Baiae besuchte."


    erklärte Durus, während ein Sklave herbeieilte und dem Flavier einen Becher verdünnten Weines reichte. Er lächelte schief.


    "Das hat mein Otium ein wenig verlängert - jetzt geht es aber wieder einigermaßen, mach dir also keine Sorgen! Und dir? Ich war sehr erstaunt, dass du nun doch zum Consulat kandidierst, muss ich sagen? Wie geht es deiner Krankheit?"


    fragte er dann, da ihm das Thema seiner Gesundheit irgendwie eher unangenehm war.

  • Der Flavier war mehr als nur leicht verwundert. Ein gebrochenes Bein war zweifelsohne keine Verstauchung, ebenfalls keine Prellung und die Sachkenntniss die Medizin betreffend konnte ein gebrochenes Bein, falls offen, auch zu einer Infektion führen an welcher wiederum recht viele starben.
    "Ich hoffe doch kein offener Bruch?", wollte er sich vergewissern, da er bisher überhaupt nicht in Erwägung gezogen hatte das Bein seines Freundes auch nur ansatzweise mit den Augen zu ergründen.
    Der schnelle Wechsel auf seine eigene Gesundheit, vielmehr seinen Schritt zum Conusalt, war doch recht eigenartig, so dass der Flavier reserviert reagierte.
    "Nun, ich habe dies ja schon mehrere Jahre hinüber angestrebt. Und meiner Krankheit geht es derzeit schlecht, also daher mir gut.", sagte er mit einem leichten Lächeln zum Abschluss, ehe er fortfuhr: "Ich denke, dass dies eine gute Zeit wäre, da ich nun ein wenig Ruhe vor meiner Krankheit erhalten durfte. So denn ich Consul werde, habe ich es natürlich nach deiner Kandidatur recht schwer den Anforderungen gerecht zu werden, welche du uns vorlebtest."
    Vielmehr reagierte Durus vor jedem anderen bezüglich seines Amtes. Er reformierte quasi den ganzen Codex, was nicht die Intention des Flaviers sein würde - doch anknüpfen wollte er daran schon ein wenig.

  • "Doch, aber es ist alles soweit glimpflich verlaufen."


    kommentierte Durus die Nachfrage seines Freundes. Allein der Gedanke an den Schmerz ließ ihn erschaudern. Dann jedoch lauschte er wieder Furianus, der offenbar mehr Glück hatte als er selbst, denn seine Leiden schienen ihn ein wenig loszulassen.


    "Ich bin sicher, dass du ein mindestens ebenso guter Consul werden wirst wie ich es war! Doch sag, was hast du für Pläne? Im Senat wirktest du ein wenig reserviert, muss ich zugeben!"


    fragte er dann, denn seit der Flavier sein Haus betreten hatte, war er neugierig, was all die Andeutungen im Senat zu bedeuten hatten.

  • Der Flavier machte eine recht ernste Miene.
    "Ich werde dir zur Sicherheit meinen Medicus schicken. Ein guter Mann, auch wenn es rein zur Vorsicht sein sollte.", und das sah er als gegeben hin. Würde Durus diese evidente Hilfe ablehnen, mochte man schon jetzt alles nicht fest Stehende in diesem Haushalt entfernen, denn es würde nicht unversehen bleiben, wenn ein Flavius Furianus ausbrach. Das beschloss er nun, schließlich konnte er nichts mehr tun als das. Und Tatenlosigkeit war ihm stets ein Verdruss gewesen, so dass Durus eigentlich keine Wahl mehr blieb.
    Die schmeichelnden Worte Durus´das eventuelle Konsulat betreffend entlockte ihm doch eine angenehme Entspannung.
    "Nun, zuerst muss man mich wählen.", antwortete er diesem, auch wenn er sich bewusst war mit einer solchen Geste etwaigen Nachfragen bloß ausweichen zu wollen. Das würde auch Durus nicht verborgen bleiben, so dass er sich genötigt sah ein wenig mehr auszuschweifen.
    "Nun, eigentlich will ich ein paar Neuerungen einführen, die nicht von geringer Brisanz sind. Unter anderem eine Bodenreform, wie es die Gracchen einst taten. Ich finde, dass dies mehr als nur drängt. Ich selbst sehe mich darin konfrontiert, bin jedoch gewillt auch meinen Teil dazu beizutragen.
    Zudem eine umwangreife Reform des Codex Militaris. Nur strukturell, der Inhalt wird weitgehend der gleiche sein, wenn du weißt, was ich meine."
    , und damit wollte er es belassen.
    Durchaus würde es noch mehr geben, doch das war entweder jetzt der Rede nicht wert oder einfach zu brisant, um dies nun jetzt offen zu legen - auch wenn er Durus vertraute.
    "Aber ich bin nicht hier, um dich den ganzen Abend mit meinen Plänen zu umtreiben. Wie geht es deiner reizenden Gemahlin?", was eigentlich nur ein Ablenkungsmanöver war, er jedoch durchaus nutzen würde, um die Adoption anzusprechen, welche sein Freund recht unerwartet vollzogen hat lassen. Auch er war darin recht interessiert, schließlich war die Gerüchteküche darum nie heißer als nun.

  • "Ich habe bereits die besten Kurpfuscher in Baiae bemüht - andererseits wird es auf einen Arzt mehr oder weniger nicht ankommen."


    meinte Durus lächelnd. Als Furianus dann zu erklären begann, war er etwas erstaunt. Auch hier wollte er scheinbar kaum konkreter werden, und wo er es doch tat, waren es schockierende Neuigkeiten: Eine Bodenreform?


    "Du weißt, dass im Senat wenige Freunde einer Bodenreform sitzen? Das könnte deiner politischen Karriere eine unangenehme Wendung geben, gerade bei uns Patriziern und der gesamten Nobilitas liegt viel Grund!"


    meinte er, die Frage nach seiner Gattin übergehend. Denn wen interessierte schon ein junges Mädchen, wenn die Stabilität des Staates in Gefahr war?


    "Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich auch nicht, welche strukturellen Änderungen zu meinst."


    Durus hatte wohl nicht ganz verstanden, dass Furianus nicht darüber reden wollte - warum auch? Er betrachtete sich als Freund des Flaviers und hielt es daher für sein Anrecht, von dessen Plänen frühzeitig zu erfahren (schon allein deshalb, um die Schaffung einer Mehrheit für sie im Senat zu unterstützen)!

  • Dem Flavier war nicht viel daran gelgen äußerst transparent vor seinem Freund zu sein, auch wenn er dem Tiberier blind vertraute. Recht unangenehm war daher auch sein Ausdruck, nachdem sein Freund weitere Nachbohrungen für notwendig hielt.
    Um sich einen kurzen Vorsprung zu verschaffen, griff er nach einigen Trauben, welche er in Gedanken fern lange kaute, ehe er noch einen Schluck folgen ließ, um dann zu reden.


    "Ach, Durus, im Senat sitzt fast jeder, der gegen eine Bodenreform wäre. Nur die meisten sind nicht betroffen, musst du wissen.", erklärte er recht entspannt und nahm noch einen Schluck. "In den Annalen wird oft verzerrt, welche Intention die Gracchen mit der ihrigen Reform hatten. Ja, sie wurde zwar unrechtmäßig ohne den Senat legitimiert, aber der einzige Grund dafür war meiner Meinung nach nicht die Gesinnung der Popularen dem Volk gegenüber - auch wenn dies durchaus eine Rolle spielte - sondern vielmehr die Schwächung ihrer Gegner. Und genau das habe ich vor.
    Ich möchte jetzt nicht zu viel verraten, aber es wird nur die betreffen, die exorbitant viel Land angehäuft haben. Und seien wir mal ehrlich, auch wenn ich den Germanicus zu Fall bringen will und dabei einige auch mitgerissen werden, nehme ich das gerne in Kauf. Zudem wird das öffentlich recht wirksam sein und mir für einige Zeit die Zuneigung der Eques oder allgemein der Vermögenden mit Ambitionen auf Landerwerb sichern. Meine Gesinnung kennst du, diese ist recht weit davon entfernt, den Pöbel als Mittelpunkt meiner Politik anzusehen."
    , ein recht ehrliches Geständnis, welches wieder einmal die Abneigung des Flaviers und seinen kleinen Privatkrieg mit Avarus deutlich zu Tage kommen ließ.


    "Strukturelle Änderung nur im strukturellen Sinne, kaum im rechtlichen.", das war auch das einzige, was er bereit war zu dieser Thematik beizutragen.

  • Offenbar war es tatsächlich ein großes Geheimnis, was Furianus beabsichtigte - Durus beschloss, es einfach auf sich beruhen zu lassen, merkte sich jedoch trotzdem, dass Furianus ihm offenbar nicht alles anvertrauen wollte.


    Stattdessen ging er wieder zum anderen Thema über:


    "Nun, ich hätte nichts dagegen, zweifelsohne. Allerdings wird es sehr nach privater Interessenpolitik aussehen, wenn du die Grenze so setzt, dass du deinen kaum weniger umfangreichen Besitz behalten kannst. Ich weiß nicht...du solltest deinen Vorstoß auf jeden Fall gut vorbereiten, wenn du nicht scheitern willst. Und du musst Acht geben, dass es nicht einfach wie ein Privatfeldzug gegen Germanicus Avarus wirkt."

  • Der Flavier ließ sich kaum Zeit ehe er ein wenig lächelnd antwortete.
    "Keine Sorge, es wird nicht wie etwas Privates behandelt und ich werde durchaus, in der jetzigen Fassung, ein Stück meines Besitzes umdisponieren oder verlieren. Die Hauptsache ist doch, dass dieses eingefahrene Thema wieder ein wenig in Gang gesetzt wird. Derzeit denke ich auch darüber nach, ob man wieder zur Ruhe gesetzten Miles eine Variante zwischen einer Auszahlung oder einem Grundstück im gleichen Gegenwert einräumt. Ich denke, damit fördern wir das auch, aber es ist bloß ein Gedanke.", der auch nicht neu war, schließlich wurde das schon immer praktiziert, nur in letzter Zeit hatte man kaum davon Gebrauch gemacht.


    Kurz lehnte sich der Flavier entspannt zurück, um sich ein wenig an der oberen Schulter an der Kline zu kratzen - jedoch unmerklich.


    "Bei dir ist familiär doch recht viel vorgefallen. Ich hörte, du adoptiertest einen jungen Mann?", und nun war es an Durus zu erzählen.

  • Umdisponieren - darauf würde es vermutlich hinauslaufen. Aber immerhin - möglicherweise würden zumindest die Einnahmen nicht mehr allzu zentral hereinkommen. Die Frage mit den Milites war natürlich auch gut - doch woher sollte man das Land nehmen? Von den reichen Senatoren, die etwas abgeben mussten? Wohl kaum...


    Doch all das lies er angesichts der folgenden Frage unkommentiert.


    "Ja, ein junger Mann, ein entfernter Verwandter. Zwar habe ich geheiratet, doch erschien es mir doch sinnvoll, sicher zu gehen. Er ist der Sohn des Tiberius Celus, der einstmals auch Quaestor war."


    erklärte er kurz. Die Quaestur des Celus lag allerdings lange zurück, sodass Durus nicht annahm, dass Furianus sich daran erinnerte.

  • Furianus nickte bedächtig.


    "Ich hoffe er ist gewillt dir im Cursus Honorum zu folgen?", hakte er da noch einmal nach. Wer wusste schon, welche Ideale einen jungen Mann aus heutiger Zeit so trieben? Vielleicht war das Exerzieren wieder einmal in Mode und die jungen Männer träumten von einer eigenen Legion - zumindest eine Priesterschaft schien recht ausgeschlossen. Für diese begeisterten sich nur wenige, er selbst nie, auch wenn er irgend ein Amt aus Pflichtgefühl durchaus bekleiden würde. Doch es drängte ihn nichts.


    "Weißt du, vor recht kurzer Zeit spielte auch ich intensiv mit dem Gedanken der Adoption. Jenen Flavius Piso hätte ich adoptiert, wenn ich ehrlich bin. Aber, wie die Götter so wollen, erfuhr ich von meiner Gattin, dass sie in freudigen Umständen sei, so dass dies selbstverständlich an Bedeutung verlor. Zumindest vorerst.", und ein graziles Lächeln umspielte seine Züge. Eigentlich hätte er gleich einen Aushang machen können, so oft, wie er das hier in Rom publizierte, wusste es wohl jeder.

  • Durus nickte nur, als Furianus das fragte - was auch sonst kam für den Sohn eines Consul in Frage? Als er dann jedoch weitersprach, horchte der Tiberier überrascht auf: Auch Furianus wurde Vater?


    "Das ist ja eine wahrhaft gute Nachricht! Ich gratuliere dir und hoffe, dass Claudia dir einen kräftigen Sohn und Erben gebärt!"


    Unterdessen dachte er weiter über Flavius Piso nach, den jungen Mann kannte er irgendwoher - richtig, er hatte schon die ersten, vorsichtigen Schritte auf dem Cursus Honorum gemacht! Auch keine schlechte Wahl...

  • Das Glück in seinem Gesicht sprach seine eigenen Worte, doch der Flavier nickte dennoch mit einem Lächeln dem Freunde zu.


    "Ich danke dir, mein Freund. Mögen die Götter dich erhören.", und er selbst nahm nicht einmal wahr, dass es jene Möglichkeit gab, mit der er niemals rechnete - einem Mädchen.
    Ein weiblicher Erbe kam nicht infrage, niemals.


    "Es wurde auch höchste Zeit, dass ich meine Pflicht als Sohn meines Vaters erfülle. Ich denke, wenn Claudia so fruchtbar ist, wie ihre Hebamme sagt, wird es auch nicht bei dem einen Kind bleiben.", denn das war nicht nur eine emoitonale Angelegenheit, sondern hatte zuerst eine logische Ursache. Viele Kinder starben in den ersten Jahren, oder wie sein eigener Bruder im Laufe ihrer Jugend. Wenn nun der Erbe starb und niemand seinen Platz einnehmen konnte, war das selbstverständlich ein casus, der den Flavier äußerst ängstigte.


    "Ich würde nun zu gerne wissen, welche weiteren Schritte du planst. Ich hoffe doch stark, dass sich ein Tiberius Durus nicht mit den Gedanken der Zuruhesetzung befasst.", und ein Augenzwinkern folgte.

  • Durus nickte - auch für ihn war es ja Zeit (doch in nächster Zeit, solange seine Gattin in Baiae blieb, würde es wohl schwierig werden mit einem leiblichen Sohn).


    Die nächste Frage hingegen machte ihn ein wenig nachdenklich: Zur Ruhe setzen?


    "Welche Ruhe sollte ein römischer Senator kennen, Furianus?"


    fragte er daher mit einem Lächeln. Im Grunde hatte er doch schon alles erreicht, war Consular, Pontifex pro Magistro - und auf militärischen Ruhm konnte er wohl gerade mit seinem Bein nicht mehr hoffen. Doch dafür gehörte er nun zu den höchsten Autoritäten!


    "Natürlich werde ich mich weiterhin im Senat für den Staat einsetzen!"

  • Wohlwollend nickte der Flavier darauf hin. Das war ohnehin eine nicht recht ernst gemeinte Frage. Selbstverständlich würde Durus seine Kraft und seinen Geist weiterhin in den Dienst des Imperiums stellen - so wie wohl viele ehrbare Männer jener Zeit.


    "Hast du interessante Neuigkeiten den Kaiser und seinen Stellvertreter betreffend?", fragte er dann an, um sogleich die Sache ein wenig abzufedern."Es ist recht still um diese Persönlichkeiten geworden. Kein gutes Zeichen, wie ich meine."

  • Durus nickte. Natürlich hatte er nichts gehört - niemand hörte irgendetwas. Irgendwie hätte es den Tiberier kaum mehr gewundert, wenn der Kaiser verstorben wäre - in aller Stille. Doch während seines unfreiwilligen Exils hatte er viel Zeit gehabt, darüber nachzudenken, vor allem auch über den Stellvertreter des Kaisers, diesen Salinator. Ein charakterloses Kind charakterloser Eltern! Als er dann zurückgekehrt war und die Debatte um Decimus Livianus verfolgt hatte, war er letztendlich zu einem Schluss gekommen: Es wurde Zeit, dass man sich einen neuen Kaiser suchte!


    Er blickte um sich und befahl den Sklaven mit einem Fingerzeig, den Raum zu verlassen. Dann wurde sein Ton etwas gesenkter, als er erwiderte:


    "Überhaupt nicht. Aber ich habe lange darüber sinniert, habe die Philosophen zu diesem Thema studiert und bin traurigerweise zu einem schlimmen Entschluss gekommen: Der Kaiser ist völlig unfähig, dieses Reich zu regieren. Dass sein Stellvertreter absolute Freiheit hat, haben wir im Senat hören müssen. Das muss an die Ohren des Kaisers gelangt sein und er hat nichts getan. Du wirst vielleicht Consul und ich weiß, dass folgende Gedanken Hochverrat sind, doch mit wem sollte ich sie teilen, wenn nicht mit dir?


    Wir müssen den Kaiser beseitigen und jemand anderes an seinen Platz stellen!"


    Er schwieg einen Augenblick, erhob dann jedoch mahnend den Finger.


    "Höre meine Erklärung, ehe du etwas einwendest: Man wird sagen: Vescularius Salinator ist das Problem. Doch ich sage dir, dass der Kaiser allein mit der Auswahl dieses Stellvertreter einen Beweis seines Versagens gegeben hat. Nur er verleiht Salinator Legitimität. Valerianus ist vermutlich ein passabler Soldat gewesen, aber er besitzt nicht die politische Erfahrung und Willenskraft, um ein Reich zu regieren. Das ist nicht die Aufgabe des Princeps!


    Mehr noch: Beseitigen wir Salinator, wird er sich auf einen anderen Schleimer verlassen. Du wirst vielleicht sagen: Aelius Quarto ist doch sein Bruder! Aber der Umstand, dass nicht Aelius Quarto, sondern Vescularius Salinator sein Stellvertreter hier in Rom ist, beweißt, dass die beiden nicht besonders gut miteinander zurecht kommen. Ich weiß nicht, warum, aber die Fakten zwingen zu diesem Urteil. Doch wer dann? Niemand weiß es! Valerianus hat wenige Verbündete unter den Senatoren, wie ich meine. Vielleicht wird er am Ende einen seiner alten Offiziere holen, die wie er nur Schlachten auf dem Feld, nicht im Senat schlagen können. Salinator mag ein besonders charakterloses Exemplar von ihnen sein, doch was nach ihm kommen mag, weiß niemand.


    Es ist dennoch Hochverrat, magst du sagen, und er ist der Sohn des göttlichen Iulianus! Doch ich sage dir: Unser Gesetz hat wenig mit dem gemein, was einstmals die Res Publica unter den gerechten Kaisern wie den Flaviern auszeichnete. Es ist festgeschrieben, dass der Kaiser selbst das Staatsoberhaupt ist, nicht die Consuln. Und es ist festgeschrieben, dass stets der Sohn dem Vater auf den Thron folgt - gerade noch, dass nicht festgehalten ist, dass er ein goldenes Diadem und eine Trabea trägt!"


    Er hatte sich richtig in Rage geredet und hielt nun inne, um noch einen letzten Satz anzufügen:


    "Es ist unsere Pflicht gegenüber den Vätern dieses Staates, einen anderen Princeps zu finden und zu installieren und dem Staat seine altehrwürdige Ordnung wiederzugeben."


    Ein paar Schweißperlen standen Durus auf der Stirn. Was er hier verkündete, war nicht weniger als Hochverrat. Wenn Furianus nicht mitziehen würde und ihn anklagte und vielleicht noch einen Sklaven fand, der das hier mitgehört hatte, würde Durus im Mamertinischen Kerker gehängt werden. Daher war er völlig angespannt, während er auf eine Antwort von Furianus wartete.

  • Hätte sein Körper die Gedanken und Gefühle des Furianus sofort in etwaigen Reaktionen widerspiegeln können, wären jenem Schweißperlen die Stirn herunter getropft. Hochverrat, es war nichts anderes, was sein Freund da von sich gab. Am liebsten wünschte sich der Flavier so etwas nicht vernommen zu haben, doch ändern konnte er es nunmehr nicht.


    "Und ich sagte in meiner Rede noch, dass es ein ruhiges und beständiges Consulat werden soll.", sprach er lautbar mit einem Lächeln zu sich selbst. Mehr Ironie konnte es in diesem Satz und dem eben Gehörten nicht geben.
    Flavius Furianus seufzte hörbar und schüttelte ruhig den Kopf.
    "Mein Freund, du verlangst viel von meiner Moral, wenn du so an mich appelierst - und vor allem von meiner Loyalität.", Worte, die nichts anderes bedeuten konnten als den sicheren Tod des Tiberiers. Sein Glück, dass der Flavier ihm sehr verbunden war.
    "Wir würden damit alles riskieren. Eine Ära würden wir beenden und im unglücklichen Falle als Verräter in die Annalen eingehen. Wenn ich das tue, Durus, stelle ich die Loyalität dem Reich gegenüber über die meiner Familie, meines Vaters, meiner Ahnen. Du magst nun sagen, dass ungewöhnliche Umstände ungewöhnliche Taten erfordern, damit magst du recht haben - aber keinen Hochverrat.", und es konnte für den Tiberier nicht schlimmer klingen, denn damit ahnte er womöglich, dass der Flavier sich dies würde nicht gefallen lassen. Doch er irrte.
    "Dennoch. Ich will mehr hören. Wer steht noch an deiner Seite? Wie stellst du dir das vor? Was ist mit Quarto und den anderen legitimen Nachfolgern des Kaisers?"

  • Zuerst war Durus hoffnungsvoll, denn die ironische Bemerkung wirkte doch irgendwie beruhigend. Dann jedoch wurde Furianus belehrend, geradezu beängstigend - 'Du verlangst viel von meiner Loyalität!'. Doch andererseits wollte der Tiberier nicht glauben, dass Furianus ihn verriet. Zwar war diese Offenbarung mehr einer Eingebung als sorgfältiger Planung gefolgt, dennoch: Wem sollte er trauen, wenn nicht Furianus?


    Zuletzt wirkte er jedoch trotz allem interessiert. Einen Augenblick überlegte Durus: War er nur vorsichtig, dennoch ein Sympathisant? Oder wollte er ihn in eine Falle locken und weitere Hintermänner finden? In Wahrheit hatte er noch niemanden an der Hand, andererseits konnte es sicherer für ihn sein, wenn er sich nicht als Einzelkämpfer zu erkennen gab.


    "Quarto ist kein legitimer Nachfolger des Kaisers, ebensowenig wie irgendein anderer Aelier. Nur ein Ulpius kann Kaiser werden nach unseren Gesetzen. Valerianus' Sohn ist ein Knabe, er wird kaum ein würdiger Nachfolger werden - zumindest noch nicht. Es ist nicht einmal bekannt, wo der Junge steckt! Und wir können es uns wohl kaum leisten, zu warten, bis er die Macht übernehmen kann - er ist noch nicht einmal zum Caesar ernannt worden!"

  • Alles war sehr vage. Vielleicht auch absichtlich und das gefiel dem Flavier nicht. Wenn Durus schon damit anfing, ihn in so eine delikate Angelgenheit hinein zu stricken, dann hatte er wohl das mindeste Recht auch die ganze Wahrheit zu erfahren.
    Und der Umstand, dass Durus sich um die Beantwortung seiner dringenden Fragen wand, machte es nicht angenehmer für beide Seiten.


    "Also ein Interimskaiser. Und wer soll das sein?", fragte er noch einmal, jedoch mit einer Spur von Nachdruck.

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