Ein drittes Mal vor Mantua

  • Heute war Menyllus dafür eingeteilt worden, an der Haustür zu helfen, die Gäste reinzuführen und so weiter. Na ja, die tollste Aufgabe war es ja nicht grade, aber immer noch besser als Geschirr abtrockenen oder ähnlich noch langweiligere Sachen. Man stand halt den ganzen Tag rum und lief den ganzen Tag rum und das immer auf der gleichen Stelle bzw. dem gleichen Weg.
    Nur jetzt wurde es spannender, denn zumindest den Unfreien von den beiden, die er da ins Atrium führen sollte, kannte er. So, dass der römische Mann es nicht mitbekam, hatte der Junge dem großen Sklaven zugezwinkert.
    „So, Herr Aurelius“, begann er professionell, „du kannst dich gerne setzen. Ich sag‘ nur eben meinem Herrn, dass du da bist.“ Und mit diesen Worten war der kleine Diener auch schon weg.

  • Auch der Junge, der sie in das Atrium führte, legte ein anständiges Benehmen an den Tag. Ursus folgte ihm und nahm dann auch im Atrium Platz. Er rechnete durchaus damit, etwas länger warten zu müssen, hatte er sich doch nicht angekündigt. Er hatte schon Glück, daß Lucianus überhaupt in der Stadt war, führte ihn doch sein derzeitiges Amt durch ganz Italia. Ob er wohl schon in Mantua gewesen war? Falls nicht, bekam Ursus vielleicht die Gelegenheit, seinem Patron einmal als Gastgeber zu dienen.

  • Freundlich und doch ruhig und distanziert nickte Cimon Menyllus zu. Dann wartete er und sah zu Ursus. Fragend sah er diesen an, blickte um sich und lächelte dann etwas unentschlossen. Aber er redete lieber nicht. Es erschien ihm in dieser Situation unangebracht.

  • Ursus erhob sich, als Lucianus das Atrium betrat und ging ihm entgegen zur Begrüßung. "Salve, mein Patron. Ich bin wirklich froh, Dich in Rom anzutreffen. Denn ich wollte Dich persönlich darüber informieren, daß ich zum Legaten der Prima ernannt worden bin. In wenigen Tagen schon werde ich nach Mantua aufbrechen. Und natürlich wollte ich mich bei Dir bedanken, denn sicherlich habe ich es auch Dir zu verdanken, daß dieser ehrenvolle und verantwortungsvolle Posten mir zugefallen ist."

  • Ich lächelte erfreut "Nun, ich weiss nicht, wieviel Anteil mein Wort dabei hatte, doch wie auch immer freue ich mich für dich und gratuliere dir zu der Ernennung. Eine gute Wahl, wie ich überzeugt bin, wer auch immer sie getroffen hat!"

  • "Ich danke Dir für Dein Vertrauen in meine Fähigkeiten. Ich freue mich auf diese Aufgabe, sie ist eine Herausforderung, der ich mich durchaus gewachsen fühle. Du hast selbst lange Zeit ein Kommando geführt. Hast Du Ratschläge für mich, die mir das Leben erleichtern könnten?" Warum nicht von der Erfahrung anderer profitieren? Es mußte doch nicht jeder das Rad neu erfinden.

  • "Nunja, seit hart aber gerecht und baue auf einen guten Stab..... vor allem der Praefectus Castrorum muss dein vertrauen geniessen und loyal hinter dir stehen..... ansonsten, denke ich, wirst du deine Aufgabe sicher zum Wohle Roms meistern!"

  • "Gerade den Praefectus Castrorum kenne ich so gut wie gar nicht. Er kam erst zur Prima, als ich schon von dort wieder weg war. Ich traf ihn an der Academia, wir absolvierten gemeinsam den mündlichen Teil des Examen Tertium. Er machte einen vernünftigen Eindruck auf mich, ich denke schon, daß ich mit ihm ebenso gut zusammenarbeiten kann wie mit den anderen Stabsoffizieren. Es hilft sehr, daß ich die Prima schon kenne." Sein zweites Tribunat war kein Fehler gewesen, auch wenn sein Onkel das vermutlich anders sah.

  • "Als Legatus, allerdings steht es dir aber auch frei, die Posten zu besetzen..... natürlich geniesst ein bestehender Praefectus meist das Vertrauen der Männer, doch wenn du gar nicht mit ihm können solltest, dann suche dir eben selbst deine rechte Hand aus.
    Ebenso der Stab, die Tribune sind wichtig und wenn du die richtigen Männer an deiner Seite hast, dann wird dein Leben nur umso einfacher!"

  • "Ja, das ist natürlich richtig. Aber ich werde es erst einmal mit ihm versuchen. Wußtest Du überhaupt, daß Artorius Reatinus als Tribun bei der Prima dient? Er hat es unter Deinem Kommando damals bis zum Centurio gebracht. Und hat er nicht auch schon unter Deinem Kommando den Ritterstand erreicht? Während meines ersten Tribunats bei der Secunda habe ich mit ihm Freundschaft geschlossen und diese Freundschaft war mir dann bereits während meines zweiten Tribunats bei der Prima sehr nützlich. Und wird es sicherlich auch jetzt sein. Er ist ein guter Mann, ich denke, er hat noch eine bemerkenswerte Karriere vor sich."

  • "Raetinus? nein, das wusste ich nicht..... sehr gut..... er wird dir sicher eine große Hilfe sein!"


    Kurz dachte ich an die Zeit in Germania, weitab von den Intrigen Roms..... was mich aber gleich wieder an den Senat erinnerte...


    "Aber sag, was hältst du von der kürzlichen geführten Debatte im Senat über die Steuerbefreiung für die plebeiische Senatorenschaft bzw. wie der Consul sie gleich für einen Gegenschlag nutzte?"

  • "Davon bin ich ebenfalls überzeugt", stimmte Ursus zu, als Lucianus, der sich offenbar gut an den Artorier erinnerte, sich über Reatinus äußerte. Dann aber brachte sein Patron ein ganz anderes Thema zur Sprache.


    "Ich denke, es würde das falsche Signal für die Bevölkerung geben, wenn gerade die Senatoren, die in der Regel sehr vermögend sind, allesamt von der Steuerpflicht befreit würden. Du wirst sagen, das kann ich als Patrizier leicht sagen, da ich ja eh von der Steuerpflicht befreit bin, doch das ist fast das einzige Privileg, das wir Adeligen noch besitzen. Natürlich möchte ich dieses Privileg behalten. Doch ich würde eher zustimmen, uns der Steuerpflicht zu unterwerfen, als die Steuerpflicht für den gesamten Senat aufzuheben. Ganz abgesehen davon, daß die Staatsfinanzen mächtig leiden würden, ist die Bevölkerung sicher nicht davon zu überzeugen, daß sie von ihren mageren Einkünften etwas an den Staat abgeben müssen, während die Reichsten der Reichen geschont werden. Außerdem fand ich den Vorschlag schlecht vorbereitet. Livianus brachte Argumente vor, die einer näheren Betrachtung nicht standhielten. Ähnlich denke ich übrigens auch über seine Rede zur Kandidatur. Er war extrem schlecht vorbereitet und hat Dinge vorgebracht, die schlicht falsch waren und die er sehr leicht hätte recherchieren können. Einem unerfahrenen jungen Mann, der zum Vigintivir kandidiert, kann der Fehler der schlechten Vorbereitung verziehen werden. Von einem Consul aber erwarte ich da mehr. - Das mit der Landverteilung ist an dieser Stelle auch nicht richtig angebracht. Ich stimme Flavius Furianus zu, daß die Verteilung des Landbesitzes extrem im Ungleichgewicht ist. Aber dies bedarf einer eigenen Diskussion und eines sehr gut ausgearbeiteten Vorschlages, wie man das in den Griff bekommen kann. Das in einer anderen Diskussion einfach so dazwischen zu schieben, finde ich mehr als unglücklich." Ursus hatte nun viel geredet und lächelte deswegen unwillkürlich. Hoffentlich langweilte er seinen Patron nicht. Er wußte, er hatte lange nicht die Erfahrung des Lucianus und manchmal fehlte es ihm auch an Hintergrundwissen, um eine Angelegenheit richtig beurteilen zu können, weshalb er sich meistens zurückhielt, bis die erfahrenen Männer gesprochen hatten. Doch das hieß nicht, daß er keine eigene Meinung hatte. "Soviel zu meiner Meinung. Wie beurteilst aber Du diese Angelegenheit?" Vielleicht konnte er jetzt noch was lernen.


    Sim-Off:

    Als die Diskussion über dieses Thema begann, war Ursus schon ernannt und aus dem Senat abgemeldet, deshalb habe ich mit ihm da schon nicht mehr gepostet. Ich gehe jetzt davon aus, daß er trotzdem dort war, weil es sonst jetzt irgendwie blöd wäre für dieses Gespräch.

  • Doch gleich kam meine Antwort nicht, erst wollte ich noch etwas wissen....


    "Gut, deine Meinung zu Livianus habe ich nun gehört, doch wie steht es um deine Gedanken zum Verhalten des Consuls in dieser Debatte? Bzw. was weisst du über diesen ..... hmm.... wie heisst er noch.... Modestus.. oder so...."

  • "Nun, wie ich schon sagte, fand ich seine Vorgehensweise sehr unpassend, er hätte beim Thema bleiben sollen. Gerade er als Consul. Denn so uferte die Diskussion in eine Richtung aus, die mit der ursprünglichen Frage nur noch sehr wenig zu tun hatte. Die Frage ist, ob es Absicht war, so vom Thema abzulenken." Ursus saß in der Zwickmühle, immerhin waren die Flavier Freunde der Aurelier. Doch seinem Patron gegenüber wollte er auch offen und ehrlich sein. "Annaeus Modestus? Sehr viel weiß ich nicht. Ist er nicht ein Klient des Purgitius Macer? Ganz sicher bin ich mir nicht, aber Purgitius Macer hat ihn unterstützt. Auf jeden Fall ist Annaeus Modestus ein sehr schwer zu durchschauender Mann. Er leistete sein Vigintivirat gleichzeitig mit mir ab, dennoch ist seine Karriere sehr viel weiter vorangeschritten. Gut, ich habe einige Amtszeiten quasi verschenkt, da ich zum Beispiel mein Tribunat nicht wie er vorzeitig beendete, um rechtzeitig zur Wahl antreten zu können und mir im Gegensatz zu ihm mehrfach die Zeit für weitere Erfahrungen nahm, statt zum nächstmöglichen Zeitpunkt das nächste Amt anzustreben. Ganz am Anfang meiner Karriere suchte ich einmal Kontakt zu ihm, wie junge Männer auf der gleichen Stufe der Karriereleiter es eben tun, doch er schien dies nicht zu wünschen. Überhaupt erschien er mir eher wie ein Einzelgänger. Am eigenartigsten aber fand ich seine Amtszeit als Quästor. Er wurde nach Hispania gesandt, um dem damaligen Statthalter Flavius Furianus auf die Finger zu sehen. Dieser war aber erkrankt und so nahm Annaeus Modestus praktisch die Aufgaben des Statthalters wahr. Am Ende wurde er mit Auszeichnungen geradezu überschüttet. Soweit ich weiß, enthielt sein Bericht auch nichts, was Furianus negativ hätte ausgelegt werden können. Womit ich nicht sagen will, daß ich etwas Negatives wüßte, das hätte Erwähnung finden müssen."

  • "Tja.... das fand ich allerdings auch...... ich meine, eigentlich habe ich nichts gegen Furianus..... im Gegenteil, ich habe ihn schon vor vielen Jahren kennengelernt, als er noch ein kleiner Magistrat war...... doch seit der zeit in Hispania weht so ein Hauch von Unklarheit über ihm..... Nunja, es mag sein, wie es ist, doch mir persönlich geht dieser ewige Kleinkrieg zwischen Plebeiiern und Patriziern auf die Nerven.....


    Mir ist es auch egal, ob wir Steuern zahlen und die Patrizier nicht, oder umgekehrt..... ich habe mich bei der Debatte vor Allem auf Livianus Seite gestellt, weil man von Seiten der Patrizier seinen Vorschlag so generell ablehnte, wo ich mich fragen muss warum? Sie hätten keinen Nachteil durch einen Antrag an den Kaiser..... also wertete ich das Ganze als das was es immer ist, ein Kampf zwischen den Ständen....."

  • Ursus legte den Kopf schief. "Es mag sein, daß hier ein Kampf der Stände ausgetragen wurde. Es ist sehr auffällig, daß vor allem Patrizier mit nein gestimmt haben. Trotzdem. Der Antrag war mehr als schlecht vorbereitet, es gab keine stichhaltigen Argumente und die Fragen, die auch noch vorhersehbar gewesen waren, sind nicht fundiert ausgeräumt worden. Uns Patriziern wird oft vorgeworfen, daß wir uns zu sehr vom Volk entfernt hätten. Findest Du nicht, daß solch eine Steuerbefreiung auch euch plebeische Sentoren vom Volk entfernt? Zumindest wird das Volk es so empfinden. Würde solch ein Beschluß nicht die Menschen da draußen gegen den gesamten Senat aufbringen?" Ja, Ursus war sich bewußt, daß er als Patrizier leicht reden konnte. Aber war das Volk nicht seit vielen Generationen daran gewöhnt, daß die Patrizier gewissen Vorrechte hatten? Dienten die Patrizier dem Volk nicht ebenso lange als Haßsymbole, wenn es grad niemand anderen gab, den sie hassen konnten? Und hatte der Adel nicht gerade in den letzten paar Generationen ganz erheblich an Vorrechten eingebüßt? Was wollte Livianus schaffen? Eine neue Art von Adelsstand?

  • "Du hast recht, Ursus, natürlich war der Antrag schlecht vorbereitet..... Livianus scheint in letzter Zeit ohnehin immer daneben zu liegen.... die Anfeindungen und Vorwürfe nach seiner Befreiung haben ihm anscheinend mehr zugesetzt, als er zugeben will.


    Diese Befreiung von den Steuern ist immer wieder einmal Thema im Senat und wird auch immer wieder einmal zur Sprache gebracht werden. Doch wie schon erwähnt ging es mir nicht darum, sondern um die Art und Weise, wie man sofort versuchte den Vorschlag und den Mann dahinter zu demontieren.


    Der Senat ist dazu da, um genau solche Debatten zu führen, aber nicht auf diese Weise."

  • Damit hatte sein Patron natürlich auch wieder Recht. "Aber solche Angriffe auf die Person sind doch auch immer dabei, kaum eine Debatte wird ohne diese geführt. Man denke nur an Tiberius Durus und Flavius Furianus und auf der anderen Seite Germanicus Avarus und Germanicus Sedulus. Übrigens sind mir solche Anfeindungen überaus unangenehm, denn der eine ist der Onkel meiner Frau und Freund der Familie, der nächste ein Angehöriger einer den Aureliern sehr eng befreundeten Familie, ein weiterer einer meiner persönlichen Freunde und der letzte mein Vorgesetzter bei der Schola. Nun sage mir, wie soll ich mich verhalten? Ich bin Patrizier und ich wurde als solcher erzogen, natürlich liegen mir die patrizischen Interessen am Herzen. Doch nicht um den Preis, Rom damit zu schaden. Ich wurde auch so erzogen, mein Leben Rom zu widmen, mit meinem Einsatz Rom weiter voranzubringen. Wie könnte ich mich bei solch einer Schlammschlacht auf eine der beiden Seiten stellen, wo doch schon die Schlammschlacht selbst Rom nur schadet? Als ich damals zu Dir kam, um Dich zu bitten, mein Patron zu werden, habe ich das mit viel Bedacht getan. Ein plebeischer Patron, einer, der unserer Familie nahe steht, dessen Bruder der Patron meines Onkels ist. Mir ist nicht bekannt, warum Corvinus damals Klient Deines Bruders wurde. Doch ich wollte ganz bewußt eine Brücke schlagen. Auch aus diesem Grund ist es mir unmöglich, für eine der beiden Seiten Partei zu ergreifen. Nein, daß da Senatoren einen anderen auf persönlicher Ebene demontieren, das muß mir gleichgültig sein. Mal ist der eine das Opfer, mal der andere. Keiner von ihnen ist ein Unschuldslamm, jeder von ihnen hat so etwas schon bei anderen versucht. Auch Decimus Livianus. Nein, was das angeht, sind sie alle gleich, ist keiner besser als der andere. Ich muß mich also darauf konzentrieren, was an sachlichen Argumenten vorgebracht wird und danach entscheiden. Vielleicht fehlt es einfach an einem Consul, der solche persönlichen Angriffe unterbindet. An einem Mann, der die Senatoren daran erinnert, die Debatten sachlich zu führen." Vielleicht rang sich sein Patron ja doch noch dazu durch, zu kandidieren und ein solcher Consul zu sein?

  • "Ich verstehe deinen Standpunkt, Ursus und ich verlange auch nicht von dir, Partei zu ergreifen..... dies ist lediglich ein Dialog, eine Diskussion über Geschehenes..."


    Dies soweit, damit keine Missverständnisse aufkamen


    ".... doch du hast Recht, Furianus machte als Consul keinen guten Eindruck bei dieser Debatte. Er war für mich eher ein Patrizier, der seine Ideen durchsetzen möchte, und das zufällig auf Kosten der plebeiischen Senatoren, als ein Consul, der diese Debatte lenkte.


    Ja, vielleicht fehlt es an so einem Consul, vielleicht muss der derzeitige Consul aber auch nur aus seinen eigenen Reihen darauf aufmerksam gemacht werden, welche Verantwortung er besitzt!"


    und lächelnd merkte ich an


    "und das sollte jetzt keine Aufforderung an dich sein!"

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