Es war gut, daß Lucianus nicht von ihm verlangte, Partei zu ergreifen, denn er wollte nicht gegen seinen Patron arbeiten, aber auch nicht gegen die Familie. Beiden gegenüber war er verpflichtet und er hatte nicht die Absicht, sich vor dieser Verpflichtung zu drücken. Auf jeden Fall war es gut, es ausgesprochen zu haben. "Ich danke Dir dafür", sagte er daher schlicht und hörte weiter aufmerksam zu.
Auch wenn sein Patron schließlich von der Diskussion der im Senat vorgebrachten Problematik abwich und eher auf die Person des Consuls abzielte, fühlte sich Ursus veranlaßt, zum Thema der Landverteilung seine Meinung kund zu tun. "Ich finde das Thema Landbesitz ausgesprochen wichtig. Furianus hat in dem einen Punkt Recht, es besteht ein sehr starkes Ungleichgewicht und eigentlich ist es ihm hoch anzurechnen, daß er als Patrizier dieses Thema aufbringt. Ist nicht ein bemerkenswert großer Teil des Landes im Besitz von Patriziern? Beschränkt er sich nicht auch selbst und auch die Angehörigen seines Standes? Aber alles muß Maß haben und gerade wenn es darum geht, jemanden in seinen Rechten einzuschränken, muß man ein verträgliches Maß finden und zu der Ungerechtigkeit einen Ausgleich schaffen. Es kann nicht angehen, daß riesige Landflächen in der Hand Einzelner bleiben, die sie kaum nutzen, ihre Erträge eifersüchtig horten und sich absolut gegen jede Veräußerung von Land sträuben – oder derart unverschämt hohe Preise festsetzen, daß es schier unglaublich ist. Furianus hat Recht – und auch Tiberius Durus – wenn sie sagen, es sei eine Schande, daß aufstrebenden, verdienten Männern, die mehr als genug Reichtum vorweisen können, aber eben keinen Landbesitz, trotz ihrer Verdienste der Ritterstand versagt bleiben muß. Bevor man aber Enteignung zum Thema macht, sollte man erst einmal eine Obergrenze beschließen, die vorerst nur für den Zuwachs von Landbesitz gilt. Das könnte man ähnlich handhaben wie mit der erlaubten Anzahl von Betrieben. Mit einer Übergangsfrist für die Veräußerung, wenn einem zum Beispiel durch Erbschaft Landgüter zufallen, die einen über die erlaubte Obergrenze bringen. Ist eine derartige Regelung erreicht, kann man versuchen, eine verträgliche Lösung für die Fälle zu finden, bei denen halbe Provinzen einer Einzelperson gehören und die auf dem Landbesitz hocken wie eifersüchtige Glucken. Einen Schritt nach dem anderen machen unter höchstmöglicher Rücksichtnahme auf die Interessen der Betroffenen, statt dieses Übers-Knie-Brechen, noch dazu ganz nebenbei in einer eigentlich ganz anderen Diskussion. Nein, die Vorgehensweise ist auf jeden Fall mehr als ungeschickt gewesen. Und ja, jemand sollte ihm klarmachen, daß er eine besondere Rolle im Senat innehat, die vor allem Fingerspitzengefühl erfordert. Auch was den Umgang mit den immer noch vorhandenen Standesrivalitäten angeht. Aber ich glaube weiterhin nicht, daß sein Vorschlag gegen die Plebeier als solche gerichtet war. Denn die Folgen treffen mit Sicherheit nicht weniger Patrizier als Plebeier, sollte ein solcher Vorschlag durchkommen. "