Prisca hatte sich heute zum lesen ins tablinum zurück gezogen, wo sie nun in einem bequemen Korbsessel saß und einige Schriftstücke auf ihrem Schoß ausgebreitet hatte. Neben dem Gedicht des Flaviers lag das Schreiben ihrer Cousine Laevina, welches gestern für sie abgegeben worden war und wegen dem die Aurelia nicht mehr aus den Grübeln heraus kam. Laevina wollte auf unbestimmte Zeit in Baiae bleiben. Angeblich, weil sie dieses "inhaltslose Geplänkel" nicht mehr länger ertrage und dort ihr Herz verloren hätte. Den Rest soll ich mir denken?! Sie hat also jemanden gefunden den sie liebt und für den es sich lohnt alles andere aufzugeben? Auch ihre Ehe??? Es war Prisca ein Rätsel wie Laevina so etwas tun konnte. Und ich dachte sie wäre glücklich mit dem Tiberier. Oder ist es nur eine Affäre? Doch was wird ihr Mann und ... was wird Marcus dazu sagen? Irgendwann muss es doch auffallen wenn Laevina nicht mehr an der Seite ihres Ehemannes gesehen wird, grübelte Prisca so vor sich hin.
Natürlich würde sie Laevinas Bitte respektieren und darüber schweigen, doch irgendwie musste sie herausfinden was da in Baiae vorgefallen war. Und dann war da noch Laevinas Wunsch, dass Tilla nun ihr gehören solle. Sie schenkt mir Tilla? Hatte das auch einen Grund, warum Laevina nicht wollte, dass Tilla bei den Tiberiern bliebe? Nun wusste Prisca allerdings nicht einmal mehr genau, wo die kleine Sklavin mittlerweile abgeblieben war. Ich hatte sie doch zu Laevina geschickt und versprochen, ihrer Mutter eine Bleibe in der Stadt zu besorgen. Ist sie vielleicht bei ihr? Auch dieser Sache müsste Prisca nachgehen, obwohl sie eigentlich ganz andere Sorgen hatte. Da genügte schon ein Blick auf das Gedicht, um leise seufzend und mit offenen Augen nur noch von ihm zu träumen ...