hortus | CAVE FELEM - Nachts sind alle Katzen grau


  • Meister Mephisto
    aus Old Possums Katzenbuch von T.S. Eliot
    Nachdichtung von Friedrich Podzsus


    Meister Mephisto, den müsstet ihr sehen!
    Den Zauberkater, das Original -
    (Daran zu zweifeln wäre fatal)
    Herhören bitte und ohne Spott! Hier gehen
    Dinge vor sich, die sind nicht normal.
    Ihm gleicht kein Kater in der Metropole,
    Hält alle Patente und Monopole
    An überraschenden Tricks, Illusionen
    Und ausnehmend witzigen Konfusionen.
    Kunststücke kann er
    Und Taschenspielertricks,
    Die täuschen selbst Kenner
    Verstehn tut ihr nix.
    Die größtem Zaubrer können erbleichen
    Bei Meister Mephistos magischen Streichen.
    Drauf, dran!
    Hin zu dem Mann!
    "Oh", sagen wir dann!
    Gutes Theater!
    Bestes nur tat er,
    Klüger kein Kater
    Als der Zaubermeister Mephisto.



    Vier samtweiche Pfoten huschten über den marmornen Boden. Im Schutz der Dunkelheit hatte sie die Gelegenheit genutzt, um aus ihrem goldenen Käfig zu entfliehen. Nachts sind alle Katzen grau, so sagt man. Auch Sabas zartes, sandfarbenes Fell. Aufmerksam schauten die beiden Augen, wohin der Weg sie führte. Jedes Hindernis bereit, zu überwinden. Immer den Schnurrhaaren nach, brachte der Weg sie direkt zum Ziel. Ein letztes großes Hindernis stand ihr noch im Weg - die Tür. Geschlossen war sie.
    Doch Saba hatte dazugelernt. Sie war nicht mehr das junge, unerfahrene Kätzchen. Ein gezielter Sprung und jede Tür, sofern sie nicht verschlossen war, ließ sich öffnen.
    Nun war der Weg frei. Wenige Schritte noch und sie war draußen in der dunklen, klaren Nacht.


    Sim-Off:

    Reserviert für Saba & Meister Mephisto =)

  • Daß es sich bei Saba um ein höchst edles Tier handelte, wäre ihr selbst niemals in den Sinn gekommen. Sie handelte lediglich, wie es ihrer kätzischen Natur entsprach. Ihr Leben im Luxus, welches sie führte, war Normalität. Sie ahnte nicht einmal, wie es draußen hinter den Mauern war. Ihr Revier beschränkte sich lediglich auf das Haus und den umfangreichen Garten der Aurelier, welcher sie sich in den letzten Monaten Stück für Stück entdeckt hatte. Sie hatte gelernt, wovor man sich in Acht nehmen mußte, ja daß es sogar Menschlinge gab, die ihr böses wollten. Daß jene, die es wagten, mit äußerster Härte von ihrer Menschin bestraft wurden, wußte sie nicht. Denn freilich niemals hätte sie den Zusammenhang verstanden, zwischen dem Drangsalieren ihrer eigenen Person und der Drangsalierung des Drangsalators. Wenn es nach ihrer Menschin ging, hätte sie niemals die schützenden vier Wände ihres Zimmers verlassen dürfen. Jedoch die kätzischen Bedürfnisse waren anders gestrickt, als die der Menschlinge. Und genau aus diesem Grund hatte es Saba an jenem Abend hinausgedrängt. Jetzt, da die Abende und Nächte wieder lau wurden und gewisse Triebe ihren Tribut forderten, war es eine Notwendigkeit für die Katze, hinauszugehen.
    Von der Ferne klang ein eindringliches Miauen in den Garten hinein, welches die junge Katze mit Interesse vernahm. Jener liebliche, guturale Gesang war es, der sie dann auch weiter gehen ließ. Den Schweif gerade aufgestellt, eilte sie weiter, man sollte meinen zielstrebig, tiefer hinein, auf verborgenen Pfaden in den Garten.

  • Leise und klein ist er, schwarz wie Asphalt
    Von den Ohren hinab zum Schweif.
    Er zwängt sich durch jeden Mauerspalt,
    Auf schmalstem Geländer ist er nicht steif.
    Er zieht jede Karte aus dem Päckchen heraus.
    Auch mit den Würfeln kennt er sich aus.
    Ohne Zweifel und Klauben, ihr werdet glauben,
    Er jagt nur eine Maus.
    Mit Korken ihm jeglicher Trick gelingt,
    Mit einem Löffel und einem Restchen Fisch.
    Was er mit Messer und Gabel vollbringt -
    Sie lagen, so denkt ihr, dort auf dem Tisch -
    Ihr habt sie gerade gesehen, nun - husch!
    Ihr findet sie draußen nach Tagen im Busch.
    "Oh", sagen wir dann!
    Gutes Theater!
    Bestes nur tat er,
    Klüger kein Kater
    Als der Zaubermeister Mephisto.


    Ungeklärt sollte es bleiben, wie es dem fremden schwarzen Kater gelungen war, in den aurelischen Garten einzudringen. Es war seinem unermüdlichen Entdeckerdrang zu verdanken, daß er an Ort und Stelle war. So viele neue unbekannte Gerüche, so viele Möglichkeiten, einer Maus nach dem Leben zu trachten. Doch nicht nur zur Mäusejagd hatte er sich hier eingefunden.
    Längst hatten seine Sinne in Erfahrung gebracht, daß es noch mehr Katzen gab, die hier gelegentlich im Garten verweilten.
    Die laue Sommernacht, der helle Mond, der über allem stand, war wie geschaffen für einen Gesang der besonderen Art.
    Schon viele hatte er in seinem Leben beeindrucken können. Meist waren es einfach Straßenkatzen, getigerte Damen, die es gelüstete, sich des Nachts in der Hoffnung auf einen Leckerissen am Tiberufer oder um Spelunken herumzutreiben. Oder auch die Dreifarbige, der er vor einigen Nächten auf den Dächern über den Weg gelaufen war. Gleich wie auch ihr Fell war, alle hatten sie ihn attraktiv gefunden und ließen sich verzaubern von seinem schönen Gesang.
    Hier nun im Garten sollte eine Artgenossin auf ihn warten, die von den Göttern abstammte. Eine von Bastets Töchtern, eine der edelsten ihrer Art, die einem Wurf der Tempelkatzen aus dem fernen Ägypten entstammte.

  • Erst einmal unschlüssig, was nun zu tun war, blieb Saba inmitten eines Busches stehen. Vor lauter Verlegenheit begann sie ihr Fell zu lecken. Die raue Zunge zog sie hörbar mehrere Male über das Fell, seitlich am Rücken und hielt mittendrin plötzlich inne, als sie erneut den fremden Gesang hörte. Nein, ihre Sinne trügten sie nicht! Diese liebliche Melodie stammte zweifelsohne von einem Kater der ganz besonderen Art! Auch wenn er in den Augen der Zweibeiner nur minderwertig war, so war dies für Saba kein relevantes Kriterium, weshalb sie nicht ihrem Trieb hätte folgen sollen . Nachts waren alle Katzen grau! Dies galt auch für sie und den schwarzfelligen Charmeur, der dort im Garten saß.
    Dies nun war ihr Sommer! Ihr erster Sommer. Sie war nun voll ausgewachsen und endlich bereit sich dem Leben zu stellen, so wie es alle ihre Artgenossen tagtäglich taten.
    Noch zweimal strich die raue Zunge über das weiche Fell, dann nahm sie den Weg wieder auf, folgte den Pfaden, um schließlich hinter einem mächtigen Gewirr aus Ästen und Blättern hervorzutreten. Vorsichtig blieb sie stehen, um zu horchen, zu schauen und zu schnuppern.
    Unmittelbar vor ihr zeichnete sich die Silhouette jenes Verursachers dieser, für Katzenohren, lieblichen Töne, ab. Ein anregendes Schnurren ging von ihm aus.
    Die Kunst war es jetzt, ihn dazu zu bringen, ihr seine Aufmerksamkeit zu schenken. Was hätte wohl näher gelegen, als das scheue "Miau", welches Saba nun aussandte.

  • Charakterlich war er apart, etwas schwach.
    Ihr werdet denken, es war niemand scheuer -
    Doch manchmal erklang seine Stimme vom Dach
    Und er lag zusammengekuschelt beim Feuer,
    Ein andermal hörte man ihm beim Feuer,
    Währende er war draußen auf dem Dach
    (Jedenfalls hörten wir, daß jemand schnurrte) -
    Doch aus alledem deutlich sprach
    Seine einzigartige Zauberei,
    Und ich erinnere, daß man ihn rief
    Aus dem Garten mit viel Geschrei,
    während er fest in der Halle schlief.
    Vor kurzem erst zog dieses Katzenwunder
    Sieben Kätzchen aus dem Zylinder!
    "Oh", sagen wir dann!
    Gutes Theater!
    Bestes nur tat er,
    Klüger kein Kater
    Als der Zaubermeister Mephisto.


    Von ihrer lieblichen Stimme kam er näher, erblickte sie und sie erblickte ihn. Kein Fauchen, kein Knurren, auch das Fell sträubte sich, um dem Eindringling verständlich zu machen, daß dieser Garten ihr Revier war. Stattdessen obsiegte die Neugier vor dem Neuen, dem Unbekannten.
    Die beiden beschnupperten sich, so wie es Katzen tun, die sich mögen. Keine Frage, er gab sich redlich Mühe, sich von seiner besten Seite zu zeigen, in dieser lauen Sommernacht. Und sie war gar nicht abweisend, sondern empfänglich für alles, was er ihr geben konnte.
    So war es in jener Sommernacht, in der alle Katzen grau waren…



    Epilog


    Die laue Sommernacht war, wie man sich denken konnte, nicht ohne Folgen geblieben. Die Natur ging ihren Lauf und gute sechs Wochen später sollten sieben liebreizende Kätzchen das Licht der Welt erblicken, einige davon schwarz, andere cremefarben und wieder andere gemischt.


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