atrium | Flavius Flaccus et MAC

  • Leone führte auch diesen Gast in das atrium der villa Aurelia, an dem Becken in der Mitte des Raumes vorbei und hin zu einer einladenden Sitzgruppe. Minus war bereits losgeschickt worden, den Senator zu informieren, und einer der Sklaven würde den flavischen Gast fragen, ob er etwas zu trinken haben mochte, und wenn ja, was es denn sein durfte. Leone selbst kehrte zur porta zurück.

  • Flaccus ließ sich vom aurelischen Ianitor in das Atrium der Villa führen, und ließ sich auf der angebotenen Sitzgruppe nieder. In seinen Händen hielt er das Schreiben, das er von Gracchus erhalten hatte und als ein Sklave ihm etwas zu trinken anbot, lehnte er dankend ab, zu nervös war er wegen der Unterredung mit dem Pontifex, die wohl wegweisend für seine weitere Zukunft sein würde. Ungeduldig wartete er das Erscheinen desselben ab.

  • Die Ungeduld des Besuchers wurde nur ein klein wenig strapaziert und lag wohl noch im Rahmen. Der Knabe hatte mich über den Gast informiert, wiewohl der nomenclator mir bedauerlicherweise nichts über diesen Flavier sagen konnte, gar dessen Namen noch nie zuvor gehört hatte. Das galt es nun also selbst, herauszufinden. Eine synthesis tragend - denn ich hatte mich eben umkleiden lassen - betrat ich also das atrium und schritt auf den jungen Flavier zu, um ihn zu begrüßen. "Salve, Flavius", sagte ich und stellte missbilligend fest, dass ihm noch kein Becher angereicht worden war. Dina hantierte noch mit dem rechten Mischungsverhältnis des Weines, und so bot ich dem Gast schon einmal einen Platz an. "Du wolltest mich sprechen? Bitte, setzen wir uns doch." Hierfür sollte eine steinerne Bank dienen, die zwischen den Säulen des halboffenen Raumes platziert worden war. Rotgoldene Sitzkissen polsterten die Sitzfläche.

  • Endlich erschien der Senator und Flaccus erhob sich. "Salve Pontifex." erwiderte er den Gruß. Flaccus ließ sich mit dem Aurelier auf der gepolsteren steinernen Bank nieder und begann sein Vorhaben darzulegen:


    "Ich bin Quintus Flavius Flaccus, Sohn des Cnaeus Flavius Flaccus, der wiederum ein Sohn des Appius Flavius Bellienus und der Aurelia Agrippina war. Vermutlich kennst du mich nicht, denn ich bin erst vor kurzem aus Campania nach Rom gekommen. Zuvor habe ich einige Jahre in Athen zum Studium verbracht. Mein Weg führt mich zu dir, weil ich Discipulus im Cultus Deorum werden möchte. Mein Großonkel Gracchus hat mir dieses Schreiben mitgegeben, das meine Aussagen verifizieren sollte."



    M. Aurelius Corvinus, Villa Aurelia, Roma


    M' Flavius Gracchus Pontifex Pontifici M Aurelio Corvino s.p.d.


    Jener junge Mann, Quintus Flavius Flaccus, welcher mit dieser Nachricht dich aufsucht, ist ein Sohn des Cnaeus Flaccus, Enkel des Appius Bellienus und somit Großneffe meinerselbst, wiewohl weitläufig Verwandter deiner Gemahlin Celerina. Im Bestreben, der Pflicht seiner Herkunft nachzukommen und dem Imperium Romanum zu Diensten zu sein, lenkten seine Schritte nach vortrefflicher Ausbildung kürzlich erst ihn in die Hauptstadt. Wie zahllose Mitglieder unserer Gens vor ihm, so ist auch Quintus Flaccus nun bestrebt, dem Wohle des Imperium durch den Dienst an den Göttern gutzutun, wiewohl er bestrebt ist, sein vorhandenes Wissen zuvor auf beste Weise zu mehren, seine Kompetenz zu vervollkommnen, und darob sich entschieden hat als Discipulus in den Cultus Deorum einzutreten.
    Aus diesem Grunde wäre ich dir sehr verbunden, würdest du bei seiner Zuteilung einen kompetenten Ausbilder ihm weisen, dass seinem ehrgeizigen Vorhaben keine Schranken gegeben sind.


    Mögen die Götter dir und den deinen stets wohlgesonnen sein!


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    Gespannt blickte der junge Flavier Corvinus an, wie er sein Ansuchen aufnehmen würde.

  • Er war der Sohn einer Aurelia, die ich nur vom Namen her kannte. Das war interessant. Und Gracchus war sein Großonkel. Auch dies war interessant. Sein bisheriger Werdegang indes unterschied sich nicht sonderlich von dem vieler anderer junger Patrizier. In Athen war auch ich damals gewesen - es schien mir Jahrzehnte her zu sein.


    Ich nahm das Schreiben an mich und studierte es sorgfältig, obgleich ich allein schon ob seines Auftretens und seiner Geschichte nicht viele Zweifel hegte, dass beides der Wahrheit entsprach. Nachdem ich das Pergament gelesen hatte, ließ ich es sinken entschloss mich dann jedoch anders und legte es auf den Tisch. Dina hatte dem Gast inzwischen seinen Weinkelch gereicht. "Es hätte dieser Verifizierung nicht bedurft. Niemand von Sinnen würde sich in das Verwandtschaftsgeflecht unserer beider Familien einflechten, ohne befürchten zu müssen, an der einen oder anderen Stelle aufzufliegen." Ich lächelte kurz schräg, wobei sich die Schrammen auf meinem Gesicht verzogen. "Nun denn. discipulus also. Warum nicht gleich aedituus?" fragte ich den Flavier.

  • Flaccus nahm den Weinkelch, der ihm gereicht wurde dankbar an. Auch er bezweifelte stark, dass es für einen Außenstehenden möglich sein könnte sich in das äußert komplexe Geflecht der beiden patrizischen Familien glaubhaft einzuflechten. Nichtsdestotrotz wäre er nur ungern ohne Empfehlungsschreiben vor den Pontifex getreten. Jener schien übrigens, ohne Flaccus näher zu kennen, von dessen Fähigkeiten so überzeugt zu sein, dass er ihm gar vorschlug nicht als discipulus sondern gleich als aedituus in den Cultus einzutreten. "Das Angebot ehrt mich, doch ich möchte lieber zuerst mein Wissen und meine praktische Erfahrung vertiefen, bevor ich ein so wichtiges Amt wie das eines Tempelverwalters ausübe.", entgegnete Flaccus dem Vorschlag des Aureliers.

  • Kurz rutschten meine Brauen zusammen, dann entspannte sich mein Gesicht jedoch wieder. Im Grunde bewies der Flavier damit Bescheidenheit, auch wenn es ganz und gar nichts Unübliches war, direkt als aedituus einzusteigen, zumal er schließlich patrizischer Herkunft war und ihm die kulturellen Praktiken ohnehin vertraut waren. Doch ich nickte nur bestätigend und nippte kurz an meinem Wein, den ich hernach wieder auf dem Tisch platzierte. "Wenn das dein Wunsch ist, will ich ihm nicht im Wege stehen", erwiderte ich, vielleicht ein wenig vorschnell, wie mir nun einfiel, denn etwas hatte ich noch nicht in Erfahrung gebracht. "Sag, Flavius, inwiefern bist du mit Flavius Piso verwandt?" Mit unverhohlener Neugier betrachtete ich meinen Sitznachbarn nun, doch herausragende Ähnlichkeit mit dem ungehobelten Piso konnte ich nicht ausmachen.

  • Der Aurelier zeigte sich mit Flaccus' Vorhaben einverstanden, schien jedoch noch Interesse an seinem Verwandtschaftsverhältnis zu einem bestimmten Flavier interessiert zu sein: Piso. Inwiefern dieses Interesse noch mit dem ursprünglichen Zweck des Gesprächs, Flaccus' Eintritt in den Cultus Deorum, in Verbindung stand war zweifelhaft. Nichtsdestotrotz beantwortete Flaccus die Frage natürlich: "Mein Großvater war ein Bruder von Pisos Vater, doch warum ist das von Belang? " In seiner kurzen Zeit in Rom hatte der junge Flavier noch nicht besonders viel von den Freundschaftsverhältnissen der einzelnen patrizischen Familienmitglieder zueinander mitbekommen. Was für ihn jedoch von viel größerem Interesse war, betraf seine bevorstehende Ausbildung. "Hast du bereits jemanden in Betracht gezogen, der meine Ausbildung übernehmen könnte?" fragte er Corvinus.

  • Die Antwort kam zwar recht prompt, doch trug sie einen leicht bitteren Beigeschmack mit sich. Der Flavier antwortete nämlich nicht nur auf meine Frage, sondern machte auch sogleich deutlich, dass er den Sinn dahinter nicht erkannte. "Ich mache mir gern ein Bild über Anwärter der Priesterschaft", erwiderte ich leichthin - das sollte ihm als Antwort genügen. Immerhin war er es gewesen, der augenblicklich auf seine Verwandtschaft zu Gracchus hingewiesen hatte, warum sollte es mir da vergönnt sein, nach einem weiteren Flavier zu fragen? Noch dazu nach einem, der das Bestreben des Flavius Flaccus ob seiner entfernten Verwandtschaft zu selbem wohl nicht weiter tangieren würde.


    Flavius Flaccus indes preschte weiter voran und fragte nach einem Ausbilder. Mir blieb nur, ihn mit einer erhobenen Braue anzusehen. "Ich wusste bis vor zwei Minuten nicht einmal, dass du einen benötigst. Insofern - nein, ich habe noch niemanden in Betracht gezogen. Ich werde dich allerdings bei der Zuteilung berücksichtigen und dich in Kenntnis setzen, sobald ich eine Rückmeldung von dem Priester meiner Wahl habe." Immerhin konnte es auch der Fall sein, dass eine aeditua schwanger war und darob keinen Schüler ausbilden konnte, oder dass ein Priester krank war oder sich auf Reisen befand. Dies alles galt es herauszufinden, ehe der Flavier seinen Brief erhalten würde. Eine grobe Richtung hatte ich bereits, doch verschwieg ich dies meinem Besucher. Er würde es früh genug erfahren. "Es sei dir und ebenso deinem Großonkel versichert, dass ich besonderes Augenmerk auf die Wahl deines Ausbilders legen werde. Präferierst du eine Gottheit, Flavius?" Immerhin war das eine nicht unwichtige Frage, wie ich fand, auch wenn sie erst beim Erfüllen des späteren Tempeldienstes relevant sein würde, wenn überhaupt.

  • Das Interesse des Pontifex nach Flaccus' genauen Verwandtschaftsbeziehungen schien mit der knappen Auskunft ausreichend befriedigt zu sein. In der Tat hätte es den jungen Flavier gewundert, wenn sein Ausbildner bereits zu diesem Zeitpunkt festgestanden wäre. Nichtsdestotrotz war es einen Versuch wert gewesen. Vielleicht gab es ja Priester, die nur darauf warteten, junge Menschen zu unterweisen, man wusste ja nie. Allerdings schien der Aurelier bereits eine Person in Betracht gezogen zu haben, schließlich sprach er von einem Priester seiner Wahl, von dem es noch eine Rückmeldung zu erhalten galt.
    "Ich danke dir, dass du dich meines Vorhabens annimmst und hoffe meinen Lehrer schon bald treffen zu können." erwiderte Flaccus höflich. "Wenn es daran käme, eine Gottheit den anderen vorzuziehen, so würde meine Wahl zweifellos auf den Musagetes fallen: Apollo.", Flaccus musste keine Sekunde überlegen, so wichtig und tiefgreifend die Entscheidung auch für eine eventuelle spätere Karriere sein mochte. Wenn er einen der Götter in Griechenland zu lieben gelernt hatte, dann war es Apollon, der Beschützer der Künste und der Musik, Gott der Reinheit, des Lichts, der Heilung, der Weissagung, allerdings auch des Todes und der Vernichtung. Flaccus blickte den Pontifex an, wie dieser seine Wahl aufnehmen würde, schließlich zeigte sich auch hier allzu deutlich das so unrömische Gemüt des jungen Flaviers. In der Tat konnte er nur wenig mit Krieg, Unterwerfung und Rache anfangen, viel lieber beschäftigte er sich mit den Künsten, der Kultur der Philosophie.

  • Flavius Flaccus bedankte sich höflich. Ein wenig gestelzt vielleicht, doch das war in unseren Kreisen eben so üblich, und ich dachte mir nichts weiter dabei, sondern nickte lediglich. Die folgende Antwort indes barg eine Information in sich, die ich als weitaus interessanter empfand. Der Flavius würde sich also für Apollon entscheiden, und er tat dies nicht erst in jenem Moment, sondern schien im Gegenteil bereits frühzeitig darüber nachgesonnen zu haben. Grave nickte ich. Seine Wahl war ebenso richtig wie es jede andere gewesen wäre, denn ein jeder hatte seine Gründe. Ich hatte damals Quirinus genannt - Ewigkeiten schien es her zu sein-, empfand eine Wahl aber inzwischen als schwierig. Ich hätte mich heutzutage wohl nicht recht entscheiden können.


    "Dann bist du ein Freund des Theaters und der Musik?" hakte ich dennoch nach, um etwas wie ein Gespräch in Gang zu setzen, das sich nicht unbedingt nur um den cultus drehen würde. Selbstverständlich wusste ich, dass Apollon auch für anderes stand, so auch eng mit der Heilung als solche verbunden war, nicht zuletzt durch Aesculapius, seinen Sohn. "Dann wirst du während der anstehenden ludi Apollinares ganz sicher auf deine Kosten kommen." Ich lehnte mich ein wenig zurück und trank einen Schluck, meinen Gesprächspartner dabei interessiert betrachtend. Vielleicht wäre eher dieser Flavier etwas für Prisca, obgleich ich diesen Gedanken sogleich wieder verwarf, nachdem er gedacht worden war.

  • "Ganz genau. Mein Herz schlägt für die großen griechischen Tragödien, im Vergleich dazu wohl alle römischen Bemühungen, Ähnliches zu schaffen als inferior betrachtet werden müssen. Aber auch anderen Gattungen der Lyrik kann sich mein Herz nicht verschließen ... und die Musik!", wenn es um Flaccus artifizielle Interessen ging, geriet er nur allzu leicht ins Schwärmen, verwendete er doch viel Zeit darauf, die griechische Lyrik zu studieren und sich auch selbst darin zu üben.


    Die Ludi Apollinares würden dem jungen Flavier wohl in der Tat ganz besonders gut gefallen, im Moment jedoch war er noch zu kurz in Rom, um schon eine mögliche Begleitung zu den Spielen kenngelernt zu haben.

  • Flavius Flaccus war zwar recht mitteilsam, doch erschien es mir äußerst schwierig, ein Gespräch abseits seines Anliegens zu beginnen. Er beantwortete zwar meine Fragen, doch stellte er selbst nicht eine einzige. Also ging ich nur auf seine Antwort ein. "Nicht unbedingt", wandte ich ein "War nicht die Schauspieltruppe deines Onkels Gracchus eine römische und keine griechische? Sie hatten damals ein recht amüsantes Stück inszeniert, Kresh, wenn ich es richtig in Erinnerung habe." Ich erinnerte mich einen kurzen Augenblick daran. Der Musik indes konnte ich zwar auch etwas abgewinnen, doch mich als Schwärmer derselben zu bezeichnen, wäre doch etwas weit aus dem Fenster gelehnt gewesen.

  • Als Flaccus seine Meinung bezüglich des römischen und griechischen Theaters kundtat, war er schon fast überzeugt, dass der Auerlier ihm widersprechen würde. Trotzdem war er im Moment weder in der richtigen Stimmung, noch hatte er ausreichend Zeit um eine langwierige Diskussion über dieses Thema vom Zaun zu brechen. Das Stück, das Aurelius Corvinus dann anführte, Kresh, war dem Flavier nicht bekannt. Es schien von nicht allzu großer klassischer Qualität zu sein, zumindest hatte sein Lehrer, Nikodemos ihm die Lektüre des Werks nicht empfohlen. Ob der Tatsache, dass er bis zu seiner kürzlichen Ankunft in Rom durch seinen Aufenthalt in Griechenland nahezu nichts von etwaigen Familienaktivitäten erfahren hatte, war es auch kein Wunder, dass ihm dieses Stück nicht bekannt war.


    "Es tut mir leid," entgegnete er also dem Aurelier, "doch dieses Stück kenne ich nicht. Es wurde wohl bereits vor einiger Zeit aufgeführt, als ich noch in Griechenland weilte."


    Um ehrlich zu sein, wurde Flaccus das Gespräch mit dem Pontifex schön langsam ungemütlich, also versuchte er es höflich zu einem positiven Ende zu bringen.


    "Nun möchte ich deine Zeit aber nicht länger in Anspruch nehmen." der junge Flavier erhob sich. "Was meine Ausbildung betrifft, so erwarte ich nun deine Nachricht bezüglich der Wahl des Lehrers." Flaccus hoffte, den Aurelier durch seinen abrupten Aufbruch nicht vor den Kopf zu stoßen, allerdings war dessen wertvolle Zeit sicherlich knapp bemessen und als Pontifex hatte er ohne Zweifel auch wichtigere Geschäfte zu erledigen als mit zukünftigen Discipuli zu plaudern.

  • Es schien mir so, als ob der Flavius sich nicht länger mit mir unterhalten wollte als unbedingt nötig. Nun, da es mir fern lag, ein Gespräch zu erzwingen - obgleich ich den jungen Verwandten meiner Frau allein schon ob dieses Umstandes gern näher kennengelernt hätte - lag es mir doch fern, ihm ein Gespräch aufzuzwingen. So nickte ich denn und erhob mich, um den Besucher zu verabschieden. "Du wirst in Kürze Kenntnis darüber erhalten", versicherte ich ein letztes mal. "Es war schön, dich kennenzulernen", fügte ich alsdann höflich hinzu, obgleich ich doch nicht mehr über den Flavier wusste als zuvor. Ein Sklave trat heran, um den Gast hinauszugeleiten. "Grüße mir Flavius Gracchus."

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