Atrium | Bilaterale Konspirationen

  • Nervös spielte Piso an seinen Fingern herum. Er wartete auf Celerina, sich von diesem Gespräch hier so ziemlich alles Mögliche erhoffend. Er saß auf einer Kline, statt auf ihr zu liegen, und starrte konzentriert auf einen Becher vor ihm. Er war nicht einmal auch nur halb voll, der Krug, der den für den Becher bestimmten Wein fasste, stand unberührt daneben und wurde von Piso mühevoll ignoriert. Die Versuchung, seinen Frust hinwegzutrinken, war irgendwie unwiderstehlich. Jedoch wollte er vor Celerina nicht wie ein Trunkenbold erscheinen. Nein, der Eindruck, den er machen musste, war der eines respektablen jungen Patriziers. Piso selber hatte keine Ahnung, was man darunter vorstellen sollte, aber auf jeden Fall war dies ein Konzept, welchem er heute und nun nacheiferte. Er hatte sogar schon überlegt, ob er eine Toga anziehen sollte, hatte sich dann aber doch dagegen entschieden.


    Nun saß er hier. Celerina sollte wissen, dass er ein geeigneter Kandidat war für ihre Schwiegernichte. Das L-Wort war ja in diesem Kontext schon gefallen, doch nun wollte ein neues Wort mitmischen: das H-Wort. In dieser Sache also war der Brief, den er von Celerina bekommen hatte, wie ein Strohhalm, an welchem er sich festhalten konnte.


    Er schluckte, als er Schritte hörte, und stand auf. “Salve, Celerina“, spulte er herunter und schritt mit einem leicht verkrampften Lächeln auf sie zu, bevor er ihr links und rechts ein Küsschen gab (Bussel, Bussel). “Schön, dass du gekommen bist, ich habe mich so gefreut, als ich deinen Brief bekommen habe! Magst du Wein?“ Er deutete demonstrativ auf den jungfräulichen Krug, bevor er sich niederließ und seufzte. Er fuhr mit seiner Hand zu seinem Kopf hin und rieb sich damit hin und her. “Es drückt eine schwere Last auf meiner Seele dieser Tage, Celerina. Ich... ich brauche Hilfe.“ Er presste seine Lippen zusammen und schaute auf zu ihr, nachdem er seinen Blick schon zu Boden gesenkt hatte.

  • Dem Ianitor keines Blickes mehr würdigend, rauschte ich mit Charis im Anhang zur porta hinein, nachdem ich der Sänfte entstiegen war. Lediglich meine Leibsklavin warf ihm schnell ein Augenzwinkern zu. Doch sie war sich ihrer Aufgabe bewußt. Sie wußte, daß ich es unter gar keinen Umständen schätzte, wenn sie trödelte.


    Selbstredend wußte ich noch, wo sich das atrium befand, wohin ich mich auch ohne Umschweife begab. Dann erblickte ich schon Piso, der sich von seiner Kline erhob. Einen Moment zögerte ich. Auf gar keinen Fall wollte ich ihn in diesem Moment wissen lassen, wie wenig ich ihn doch mochte. Meine Gesichtszüge formten sich zu einem Lächeln. Ich verkniff mir mein Junge! zu rufen, denn dies empfand ich als höchst unpassend. Dieses Geküsse war schon schlimm genug. Ich hingegen deutete die Küsschen nur an, meine Lippen berührten ihn dabei nicht.
    "Salve Aulus, mein Lieber! Natürlich! Das ist doch selbstverständlich! Nachdem ich deinen Brief erhalten hatte, bedurfte es keiner großen Überlegungen, ob ich deinem Hilferuf folgen sollte. " Als einen solchen hatte ich seinen Brief interpretiert. Natürlich lag ein ganzer Schwung Eigennutz darin, daß ich mich nun so sehr engagierte. Wenn die Verbindung zwischen Piso und Prisca zustande kam, dann wurden die Bande zwischen unseren Familien nur noch enger. Etwas besseres konnte mir nicht passieren, gerade jetzt, im Hinblick auf die Veränderungen, die sich in den letzten Tagen und Wochen angebahnt hatten.
    " Oh ja bitte, aber nur verdünnt. " Mein Blick ging zum Weinkrug, der scheinbar noch unangetastet war. Wenigstens hatte er noch nicht seinen Kummer im Wein ersäuft. Ich mochte es nicht, mit Leuten zu verhandeln, die angetrunken waren und die ich zudem nicht sonderlich mochte.
    "Nun bin ich ja da! Und sei dir gewiss, ich werde dir nach allen Kräften helfen, so gut es mir möglich ist." Herrje, es hatte ihn ja so sehr mitgenommen! Er sah ja so richtig bemitleidenswert aus. Beinahe hätte ich mich erweichen lassen und mütterlich seine Wange getätschelt.
    "Was kann ich denn für dich tun, mein lieber Aulus?" Natürlich brannte ich darauf, was er mir mitteilen wollte, auch wenn mir die Grundessenz bereits bekannt war.

  • Es bedurfte keiner Erklärung, dass der Flavier das Sklavengesocks, das Celerina d mit sich herumzog, keines Blickes würdigte. Er war nur konzentriert auf seine... hmm. Nun gut, Furianus nannte er auch seinen Vetter. Da konnte er Celerina eigentlich genau so gut seine Base nennen. Es wäre eine unglaubliche Versimplifizierung des flavischen Verwandtschaftsgeflechts, aber wurscht.
    Innerlich musste Piso zugeben, dass er Celerina etwas bewunderte. Sie hatte eine solch hochfürstliche Ausstrahlung, sie war eine geradezu majestätische Erscheinung... auf jeden Fall war ihr anmutiger Anblick Balsam für die ästhetikbetonte geschundene Seele des bis dato verkannten Künstlers.
    Dass sie ihm nur Scheinküsschen gab, bemerkte Piso nicht – ohnehin glich er das durch seine haubitzenartige Schmatzer aus. “Ach, danke auf jeden Fall. Wenigstens jemand, der sich um mich sorgt“, murmelte er und ließ sich neben ihr nieder. “Klar, sicher. Zweimal verdünnt“, meinte er mit lethargischer Stimme zum griechischen Mundschenk, der diesen Befehl geschwind ausführte, und dann in Konsequenz blitzschnell abdampfte.
    Was konnte sie also für ihn tun? Piso musste zuerst überlegen, seine Worte sammeln, und tief Luft holen. “Vielleicht kennst du die Geschichte schon. Nun gut, ich werde dir alles erzählen.“ Auslassen würde er schon ein paar Sachen... zum Beispiel die Beschimpfungen, oder dass zuerst einmal ein Opfer notwendig gewesen war. Er schämte sich dessen leicht. “Ich lernte Prisca zuerst auf deiner Hochzeit kennen. Hernach haben wir uns lange nicht mehr gesehen. Doch eines Tages laufen wir uns am Markt über den Weg. Ich habe mich... nun ja, etwas wenig pfleglich aufgeführt. Als Wiedergutmachung habe ich ihr zwei Kleider geschenkt... und wir sind noch in eine Bibliothek und... naja. Wir haben sogar Hände gehalten... das muss dir so kitschig vorkommen, ach je. Wie dem auch sei, ich wurde dann zum Vigintivir gewählt, und kam zu deinem Ehemann, um mich mit ihm wegen Bücherverbrennungen zu unterhalten. Ich spazierte, als ich auf ihn wartete, in den Garten, und traf dort wieder Prisca... und eines führte zum anderen, und schließlich küssten wir uns. Dabei erwischte uns Corvinus. Und er sagte mir, ich solle sie nie wieder sehen. Und Prisca gab mir eine Ohrfeige. Ahhh, schmerzhafte Venus!“, betete der derangierte Septemvir theatralisch in den Himmel hinauf.
    “Dann aber, am nächsten Tag, kam eine Base von Prisca zu mir. Du kennst sie sicher, Flora. Sie übergab mir einen Brief von Prisca, in dem sie mir sagte, es täte ihr Leid. Und mit Nigrina, meiner Schwester, hat Prisca bereits etwas ausgemacht, wo ich und Prisca uns wieder treffen könnten. Es würde alles so gut passen! Es würde laufen wie geschmiert! Nur eines steht im Weg – dein Mann. Er weigert sich, er will nicht, dass Prisca mich heiratet. Er will nicht einmal, dass ich mich ihr nähere. Ich, ein Flavier, aus einem viel nobleren Geschlecht als dem seinen!“ Das zu sagen war keine Überheblichkeit, sondern eine Tatsache, dachte sich Piso. “Und ich weiß nicht, wie ich ihn überzeugen kann. Darum brauche ich deine Hilfe. Wie kriege ich deinen Mann herum?“ Und wieder ärgerte er sich innen drinnen über den überheblichen Aurelier! Unbewusst ballte er seine Rechte zur Faust.

  • Ich war ja keine Freundin von diesem übertriebenen Herumgesäusels, ihm jedoch klipp und klar mitzuteilen, was ich von ihm hielt, wäre taktisch unklug gewesen. So übertraf ich mich selbst und schleimte weiter.
    "Aber natürlich, auf mich kannst du immer zählen!" Hoffentlich würde er sich dessen auch dann noch bewußt sein, wenn er am Ziel seiner Wünsche angelangt war!
    Einer der Sklaven, die sich im Hintergrund aufhielten, reichte mir einen Becher mit verdünntem Wein, von dem ich auch gleich einen Schluck genoß. Dieses unentwegte anbiedern machte fürwahr doch sehr durstig.
    Natürlich waren mir die Grundzüge dessen, was vorgefallen war, an mein Ohr gedrungen, nicht zuletzt dank meiner aufmerksamen Sklavin, die mir alles berichtete, was sie so im Gespräch mit den anderen Sklaven aufschnappte. Drum nickte ich nur auf eine geheimnisvolle Weise und richtete mein aufmerksames Augenmerk nun voll und ganz auf Pisos Lippen, die mir nun gleich die ganze Wahrheit beichten würden. Und in der Tat, er begann mit seinem Bericht von dem Tage an, an dem er Prisca kennengelernt hatte. Ich nickte nur und schwieg bedächtig dabei. Dies war nun Piso Stunde. Mitfühlend veränderte sich meine Physiognomie, als er davon sprach, wie ihn Prisca geohrfeigt hatte. Und als er schließlich mit dem Fazit endete, daß ihm nur mein Mann im Wege stand, nickte ich zustimmend. Marcus stand nicht nur Piso im Weg, in letzter Zeit stand er sich selbst im Weg. Trotzallem war dies eine rührende Liebesgeschichte. Man hätte direkt neidisch werden können! Prsica, Piso und die wahre Liebe!
    "Hach ja", seufzte ich und ließ einige Augenblicke vergehen, in denen ich mir wünschte, ich wäre an Priscas Stelle. Endlich! Ein Mann, der nicht nur der Politik wegen heiraten wollte, sondern aus Liebe! Auch wenn es nur Piso war...
    "Das ist ja vor Dramatik kaum zu unterbieten, mein armer Aulus!", meinte ich dann. Wieder nahm ich einen Schluck und dachte angestrengt nach.
    "Marcus ist in der Tat ein schwerer Brocken! Er ist Priscas Tutor und mir scheint, es besteht eine besondere Beziehung zwischen den beiden." Diese Worte ließ ich einen Moment im Raum stehen, ehe ich dann fortfuhr. "Dennoch glaube ich, solltest du den Kopf nicht hängen lassen, mein lieber Aulus! Es gibt es Mittel und Wege, Marcus davon zu überzeugen, daß du der Richtige für Prisca bist!", sagte ich schließlich und zwinkerte ihm geheimnisvoll zu.

  • “Och, danke!“ Piso war begeistert! Bisher hatte er seine... hmm... Base, Cousine, Nichte... Verwandte immer als eher Unnahbar und Streng wahrgenommen. Aber diese Worte erwärmten ja die Seele! Blut war dann wohl auch dicker als Wasser, ein Sprichwort, das vielleicht ein wenig doof war, aber auf jeden Fall für die Beziehungs- und Verwandtschaftsgeflechte in der Gens Flavia wie auch in anderen patrizischen Familienverbänden sehr wahr war – was Plebejer anging, wusste er da nicht so unglaubich viel, um ehrlich zu sein. Er glaubte eher nicht, dass er da so eng war, der Zusammenhalt.
    Celerina erwies sich auch als gute Zuhörerin, als Piso ihr, wie es sein Stil war, übertrieben theatralisch seine Leiden erzählte und dazu auch noch große Gesten schlug, als ob dies irgendetwas brächte, oder seine Argumente klarer umrisse.
    Hach ja? Das klang ja schön einmal schön. Begierig schaute er in Celerinas Augen. Sah er das Spuren von aufrichtiger Ergriffenheit? Schön! Er sah sein Ziel, seine Liebe, sein ein und alles näher rücken! Er hatte Celerina auf seiner Seite, und das war großartig. Von nun an würde alles laufen wie geschmiert, er war sich darin komplett sicher!
    Piso war natürlich komplett genebelt von seiner Liebe, aber sich selber musste er eingestehen, dass es ihm ganz großartig zupass kam, dass es eine Patrizierin aus senatorischem Geschlechte getroffen hatte. Eine Aurelia. Auch wenn er auf die männlichen Aurelier immer mehr herabblickte – bis auf Ursus, der war ihm als guter Kerl in Erinnerung geblieben – waren die Aurelierinnen erste Sahne. Prisca natürlich zuoberst. Dann auch die beiden Zwillinge. Und er hatte ja auch schon irgendwann einmal Tiberius Durus‘ Frau gesehen... oder war das nur Einbildung? Sie war angeblich eine ganz Hübsche.
    Ebenso wie Celerina nahm er einen Schluck, einen noch viel tieferen als sie. Dramatik, ja. Piso war ein Fan von Dramatik, außer, sie richtete sich gegen ihn, wie nun der Fall. Er nickte bei ihren Worten, die vor Mitleid gerade strotzten, und horchte auf bei ihrer dramatischen – hach, wieder dieses Wort, fast so gut wie Ästhetik! – Pause. Was heckte sie nun aus?
    Sie vertraute ihm an, dass es Wege und Mittel gäbe. Wege und Mittel! Piso riss seine Augen und seinen Mund auf, zusammen mit seinen von seinem Kopf wegstehenden Locken sah das ziemlich witzig aus.
    “Welche Wege?“, krächzte er und schob seinen Kopf langsam ihr entgegen, wie, um sie besser hören zu können. Oh Celerina, seine einzige Hoffnung! Wie würde er sie verehren, wenn ihr Plan, den sie nun auszubreiten gedachte, funktionierte! Noch bevor sie sprechen konnte, hatte der Septemvir in Nöten in seinem Kopf schon ein wahres Schema zu Celerinas Heldinnenverehrung entwickelt. Wenn das wirklich hinhaute, konnte Dido, die bei seinem verehrten Vergil beschriebene romantische Königin von Karthago und Liebhaberin des großen Aeneas, als seine Lieblingsheldin der Mythologie einpacken!

  • Ich war noch ganz ergriffen, von dem was Piso mir geschildert hatte. Er war eben ein echter Flavier! Da gab es gar nichts zu rütteln. Nur ein echter Flavier würde bis zum umfallen kämpfen, wenn es um die Liebe seines Lebens ging. Fragte sich nur, wie lange sich Piso auf den Beinen halten konnte, wenn es um seine Angebetete ging. Ich wünschte, es käme eines Tages auch für mich der ersehnte Ritter, der um mich bis zum umfallen kämpfen wollte. Mein jetziger hatte in dieser Beziehung schon längst sein Pulver verschossen.
    Ein Krächzen meines Gegenübers brachte mich schließlich in die Realität zurück. Piso fragte nach den Wegen. Welche Wege denn? Konsterniert sah ich ihn an.
    "Wie, was? Welche Wege?" Schließlich rief ich mir meine eigenen Worte wieder in Erinnerung, die ich eigentlich nur so daher gesagt hatte, um ihn dadurch Mut zu machen. Meine Beziehung zu Marcus war denkbar schlecht im Moment! Zwar gaben wir uns die größte Mühe, uns im Beisein der Familie nicht gegenseitig zu zerfleischen. Jedoch ein gutes Verhältnis sah anders aus. Ach herrje, ich ärgerte mich über meine eigene Überheblichkeit.
    Angestrengt sann ich darüber nach, was ich ihm denn nun sagen sollte. Die üblichen Floskeln, wie du mußt Stärke und Präsenz zeigen oder wenn man etwas wirklich will, dann bekommt man es auch, waren bereits viel zu abgedroschen, als daß ich sie Piso als guten Ratschlag ans Herz legen konnte.
    "Nun ja, du solltest Marcus tatsächlich von der Ernsthaftigkeit deiner Absichten überzeugen und du solltest es ihm zeigen, daß du es wert bist!" Na, großartig! Jetzt kam ich doch mit den üblichen Floskeln, die er selbst wahrscheinlich schon allesamt kannte. Was jetzt nur Piso von mir dachte. Er hatte mich wahrscheinlich schon als Lichtgestalt gesehen, als die, die beinahe göttliche Kräfte besaß und die ihm als einzige zur Hilfe kommen konnte. Ein leises Seufzen war zu hören. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Piso begriff, wie wenig Einfluß ich tatsächlich besaß, um positiv auf Marcus einzuwirken.
    Doch dann überraschte mich ein Geistesblick, mit dem ich am allerwenigsten gerechnet hatte.
    "Wie wäre es, wenn du mich demnächst einmal besuchen kommst? Ich werde dann vorher Marcus auf dein Kommen vorbereiten und dann können wir wie erwachsene Menschen miteinander reden. Un Marcus ist mir sowieso noch etwas schuldig!" Nun ja, von dieser offenen Schuld wußte wohl nur ich etwas, wenn überhaupt...

  • Celerina, die noch eben das Blaue vom Himmel versprochen hatte, sah plötzlich aus, als ob man sie vauf einmal in die Realität zurückgeholt hatte, als Piso mit rostiger Stimme seine Frage stellte. Sie echote seine Frage. Auf einmal sah sie nicht mehr aus wie die über allem stehende Edle, als die sie sich so oft gab, sondern eher wirklich und wahrhaftig ratlos. Piso sah, dass seine Chancen, etwas zu reißen durch Celerina, enorm schwanden. Er fragte sich, wieso. Hatte Celerina nicht den Einfluss über Corvinus, den man sich von einer Ehefrau erwarten konnte? Wenn das stimmte, warum nicht? Übles schwante Piso. Uns die Worte, die Celerina nun losließ, bewirkten ein ungewolltes heiseres Lachen bei ihm, welches er mit aller Beherrschung abwürgte.
    “Zu Aurelius Corvinus gehen? Alle geben mir diesen Ratschlag! Aber der Mann wird mich rauswerfen lassen, wenn ich in die Villa trete!“ Was musste dieser Mann auch so autokratisch auftreten? Würde ein Flavier in die Villa Flavia die Herrschaft so dermaßen an sich reißen, würden die einen oder anderen Augenbrauen sich in die Höhe heben. Obwohl, wenn Furianus an ihn träte und ihm etwas befehlen würde, könnte er dann ablehnen? Vermutlich nicht. Zu viel Schiss. Es würde ja in ein paar Tagen jener Piso einfach auftragen, wofür er als Quaestor kandidieren wollte, und Piso würde keinen Widerspruch leisten, im Gegenteil, er würde nicken und Furianus beteuern, dies wäre kein Problem.
    Und dann sagte Celerina noch etwas, was ihm doch noch recht vernünftig erschien. Es war wenig, doch es war immerhin etwas. Es würde dafür sorgen, dass Corvinus Piso vielleicht ausreden lassen würde, wenn er auf ihn traf. Ja, erst dann würde er ihn rauswerfen, dachte sich Piso selber ein wenig zynisch. Aber was für eine Wahl hatte er?
    “Diese Idee... klingt gut. Ich würde gerne kommen auf deine Einladung hin.“ Denn, obwohl Piso Corvinus einiges an Rücksichtslosigkeit zutraute, Gäste der Ehefrau würde nicht einmal der rüpelhafteste Ehemann rauswerfen. Nun ja, der vielleicht, aber so etwas sollte nicht in patrizischen Haushalten passieren.

  • Hach ja! Der Ärmste, er tat mir jetzt richtig leid! Wirklich! So schnell konnte man eben seine Meinung über unliebsame Verwandte ändern, wenn man sich näher mit ihnen beschäftigte und wenn sie nicht zu überheblich waren geschweige denn zu singen begannen. Früher oder später würde ich mir von ihm eine Rückversicherung einholen, das er letzteres in meiner Gegenwart stets unterlassen würde.
    Und dann ließ ich mich wahrhaft zu einer Geste verleiten, die ich bei einem Mann so gut wie nie getan hätte. Ich streckte meine Hand nach seiner aus und tätschelte sie tröstend! Ob so viel Körperkontakt bereits bedenklich war? Ach was! Der arme Kerl hatte Liebeskummer und er hatte mich eingeladen, ihn zu trösten.
    "Nur Mut! Wenn einer das schafft, dann bist du das, Aulus!" Ich war einmal mehr die Zuversicht in Person! Dabei wußte ich doch selbst, wie schwierig es war, Marcus von einer Sache zu überzeugen, wenn er sich bereits seine Meinung darüber gebildet hatte. Aber wenn Piso es richtig anpackte, dann schaffte er es vielleicht, wenigstens für kurze Zeit Marcus´ Aufmerksamkeit zu gewinnen, bevor er ihn hinauswerfen ließ. Soweit wollte ich es aber gar nicht kommen lassen. Wenn ich mir richtig Mühe gab, dann könnte ich sicher etwas finden, womit ich Marcus unter Druck setzen konnte. Bestimmt! Allerdings nur, wenn ich mir Mühe gab...
    "Ja, schließlich sind wir ja verwandt. Also lade ich dich hiermit höchstoffizell ein, zu einem netten Nachmittag im Garten…" Im Garten? Ob das tatsächlich ein guter Platz war? Wo Piso doch so schlechte Erinnerungen mit dem aurelischen Garten verband.
    "… oder meinetwegen auch im peristyl oder noch besser in der exedra. Da kann er dann gar nichts machen, es sei denn…" Es sei denn, er suchte richtigen Streit, was dann das endgültige Aus für unsere Ehe bedeuten würde. Nun, und dann war es sowieso einerlei, ob er Prisca zur Frau bekam, oder auch nicht.
    "… ach nichts. Mach dir keine Gedanken, er wird dich anhören! Er wird dich anhören, weil ich es so will." Wenn ich ihm da nur nicht zu viel versprach! Nur guterzogene Männer taten das, wozu ihre Frauen sie nötigten. Aber gehörte Marcus zu der Gruppe der guterzogenen Männer? Ich hatte da meine Bedenken!
    "Ach Aulus, wenn wir gerade dabei sind, hattest du nicht auch eine Schwester?"

  • Einen kurzen Moment lang dachte sich Piso, Celerina wollte nach vorne reichen und ihm fest auf die Schulter klopfen. Solches wäre eine Berührung, die er hasste. Sein Vater hatte das immer gemacht bei ihm, hatte auf seine von Natur aus zarte Künstlerschulter immer so draufgehauen – damals, als er noch stolz darauf gewesen war, einen Sohn hervorzubringen. Schon lange her, das Ganze.
    Doch tätschelte Celerina ihn auf seine Backe, eine Berührung, die zwar etwas von oben herab zu kommen schien, aber Piso trotzdem gefiel. Sie nannte ihm beim Praenomen und behandelte ihn, wie eine ältere Schwester ihren Bruder behandeln würde. Er fühlte sich irgendwie... unbeschreibbarerweise geborgen bei ihr. Was er vielleicht auch getan hätte, hätte er gewusst, dass sie sich für ihn bis vor vielleicht einer Minute noch überhaupt nicht erwämen hatte können. Er grinste also.
    “Ähm. Meinst du? Na gut. Obwohl, ich glaube, ich hätte es bedeutend einfacher, wenn ich Caius Flavius Aquilius heißen würde. Du kennst ihn doch. Der hochlobenswerte spanische Vetter! Gegen dieses Bild der Perfektion verblasst doch alles! Vor allem so einer wie ich“, machte Piso frustriert. “Bei Aquilius hatte sich Corvinus niemals gestemmt, und doch ist er der Kerl vor der Heirat davongelaufen. Ich aber würde Prisca nie verlassen, nie im Leben“, beteuerte er. Ach, was Piso ungläubig wäre, wüsste er, wie denn die Beziehung zwischen Corvinus und Aquilius wirklich unter der Fassade der Männerfreundschaft gewesen war... und damit wäre er wohl nicht alleine.
    Er strahlte, als Celerina ihm die Einladung aussprach. “Mensch, danke, Celerina, du bist spitze!“ Annehmen würde er sie auf jeden Fall, wenn die Gelegenheit sich bot. Mal schauen, ob er das nicht schnell und unangekündigt machen müsste. Celerina würde wohl da sein, hoffte er doch. Im Garten aber? Hmm, vielleicht doch besser in der Exedra, dort war er schon. Sehr ästhetisch ansprechend eingerichtet, diese Räumlichkeit. Ägyptisch. Piso hatte ein Faible für Ägypten.
    Als dann Celerina sagte, Corvinus würde ihr zuhören, konnte Piso nicht mehr an sich halten. Er hüpfte auf und umschlang Celerina. “Danke! Danke!“ Er schluchzte diese Wörter beinahe schon. Piso konnte man vieles nachsagen, nur nicht, dass er ein kerliger Kerl war. Aber emotionale Männer waren doch in Mode. Oder?
    Ihre Frage war dann etwas übergangslos, aber wohl dazu da, dass Piso auf ein anderes Thema kommen würde. Der Flavier ließ seine Verwandte los und schaute sie rätselnd an.
    “Nicht nur eine. Na ja, Leontia ist tot. Vera ist ganz unansprechbar, nicht einmal mehr auf mich reagiert sie. Und dann gibt es noch Nigrina. Meinst du sie vielleicht? Sie ist gerade aus Rom gekommen.“ Wollte sich Celerina seine Schwester „ausleihen“? Nun, das würde sie natürlich können, denn Nigrina (die trotz allem doch nur ein Provinzei war) täte die Gesellschaft einer Dame von Welt wie Celerina ohne Zweifel sicher gut.

  • Zu einem intensiveren Körperkontakt jedoch, ließ ich mich nicht hinreißen. Schließlich gab es ja Grenzen! Am Ende dankte er es mir noch mit einem feuchten Schlabberkuß auf die Wange. Nicht auszudenken. Alleine bei dem Gedanken wurde es mir blümerant zumute. Was dem Jungen fehlte, war eine Portion Selbstvertrauen, so glaubte ich, als er dann noch mit Aquilius anfing.
    "Aber ja doch!", begann ich ihn zu beschwichtigen.
    "Ach Aquilius, ja!", seufzte ich. Das war ein Kerl mit hispanischem Schneid! Wie schade, daß er sich irgendwann aufs Fische fangen verlagert hatte!
    "Naturlich kenne ich ihn! Er war nach dem Tod meines Bruders mein nächster Verwandter. - Nun ja, sie waren halt gute Freunde. Aber sei dir versichert, auch für Marcus war es eine persönliche Tragödie, als sich Caius damals in aller Stille davon gemacht hat." Ganz zu schweigen, wie sich Prisca dabei gefühlt hatte.


    "Natürlich wirst du das nicht!" Wieder wäre ich beinahe genötigt gewesen, ihm das Händchen zu tätscheln. Wenn auch er Prisca nach einer Verlobung im Regen stehen ließ, dann wäre das ein Skandal ohne Gleichen! Dann konnten die Flavier einpacken und ich gleich mit. Also lag es auch in meinem Interesse, wenn alle in trockene Tücher kam und, was noch wichtiger war, daß Piso keinen Unsinn fabrizierte! Letzteres schien die Unbekannte in meiner Gleichung. Seine überschwänglichen Dankesbekundungen über meine Einladung jedoch wollte ich dazu nutzen, um ihn berechenbarer zu machen.
    "Aber das ist doch selbstverständlich! Laß es mich einfach wissen, wann für dich der geeignetste Zeitpunkt ist und dann werde ich es einrichten können." Und Marcus würde ich auch irgendwie herbei schleifen, damit er sich anhörte, was mein… äh mein was-auch-immer-Verwandter zu sagen hatte. Danach konnte er ihn immer noch hinauswerfen lassen, wenn ihm danach war. Aber ich war mir sicher, daß es nicht soweit kam!


    Meine Frage nach einer Schwester kam nicht völlig unbegründet. In meinem Kopf hatte ich bereits das Szenario weitergesponnen. Natürlich wußte ich, daß er nicht nur eine Schwester hatte. Allerdings zählten tote oder halbtote Schwestern nicht. Es gab noch eine weitere, die, wie mir zu Ohren gekommen war, noch quicklebendig war.
    "Ach ja, die arme Leontia, ja und Vera! Du hast mein Mitgefühl!", seufzte ich mitfühlend. Ja, ja, aber dann kam er zur Sache!
    "Nigrina! Ist sie hübsch? Und vor allen Dingen, ist sie noch nicht versprochen? Nun ja, vielleicht sollte ich sie einmal kennenlernen. Mhm, ein Theaterbesuch wäre nicht schlecht. Oder wir gehen zusammen einkaufen." Ganz nach dem Motto sage mir, wo du einkäufst und ich sage dir, was für ein Mensch du bist!
    "Was meinst du? Oder vielleicht nimmst du sie einfach mit, wenn du mich besuchen kommst." Dann konnte sich Marcus davon überzeugen, daß die Flavia nicht nur vielversprechende Jungpolitiker bereit hielt, sondern auch über bezaubernde junge Damen im heiratsfähigen Alter verfügte.

  • Piso hatte früher eigentlich immer gerne zur Selbstüberschätzung geneigt, mittlerweile aber war er von der ganzen Geschichte aber auch schon zermürbt wie ein Kürbis nach dem Einstampfen. Um ehrlich zu sein, er wollte nur noch, dass die ganze Geschichte endete. Dass er mit Prisca zusammen sein konnte, und Ende Gelände. Sein Frust über Aquilius rührte wohl auch aus dieser Phase des fehlenden Selbstbewusstseins. Aquilius hätte Prisca haben können, ganz einfach, er hätte nur zu Corvinus hingehen müssen, und fertig wäre das gewesen. Stattdessen hatte er sich aber abgeseilt, die Aurelia im Regen stehen gelassen, und weggeworfen, was das Leben ihm auf dem Serviertablett serviert hätte. Fast vergessen, bei Bridhe war er auch noch gelandet, hatte sie geschwängert! Oder hatte er sie sich einfach genommen? Hmm, Piso hatte nie nachgefragt. Und trotz seiner Liederlichkeit war Aquilius immer ein beliebter Mann gewesen... und Piso kam bei niemanden an, so sehr er auch versuchte in letzter Zeit, es allen Recht zu machen. Eine Welle des Selbstmitleids kam in ihm auf, gepaart mit dem Vorsatz, jetzt wieder nur so zu tun, wie es ihm passte. Aquilius war ein blendendes Beispiel, wie man damit alles erreichte. Und jetzt trauerte ihm noch Hinz und Kunz nach, obwohl er alle verraten und verlassen hatte! Zu seinen aufkeimenden Gefühlen mischte sich jetzt auch noch Neid und das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden, hinzu. “Persönliche Tragödie, pah. Der geht in Tarraco fischen, und ich muss Corvinus‘ Grant ausbaden“, grollte Piso missmutig, hatte er jetzt doch einen Sündenbock für seine Misere gefunden.
    Da waren Celerinas nette Worte wie Balsam für seine geschundene Seele. Mit einem dankbaren Lächeln vernahm er sie. “Nein, werde ich nicht, niemals“, bestätigte er trotzig trotz seiner generellen Bedrücktheit. “Gut. Gutgutgut. Ich werde dir eine Nachricht zukommen lassen. Danke.“ Das hatte er jetzt auch schon zehnmal gesagt, aber egal.
    Er fragte sich schon, wie das dann sein würde. Piso würde sich auf jeden Fall arg am Riehmen reißen müssen, Corvinus würde jede Provokation als Grund nehmen, ihn rauszuwerfen. Alleine die Anwesenheit seiner Frau würde ihn davor bewahren, ihn einfach vor die Türe zu platzieren. Irgendwelche Worte würde er sich zurechtlegen müssen. Was für ein Tamtam das sein würde... na Herrschaften. Da konnte man ja schon im Vorhinein einpacken, ehrlich.
    Er nickte traurig, aber pflichtschuldigst dankbar, als Celerina ihm ihr Mitgefühl aussprach, bevor sie die Ohren spitzte bei Nigrina. Piso hätte es sich denken können, dass Celerina von Nigrina redete. Er hätte jetzt gegrinst, aber der Gedanke an Vera hielt ihn zurück.
    “Hmm. Hübsch ist sie, ja, wenn ich das als Bruder so sagen darf. Versprochen... nicht dirket, aber es gibt schon einen Heiratskandidaten. Ein Aurelier übrigens, fällt mir ein, aber frag mcih nicht nach dem Namen.“ Er hatte ihn komplett vergessen. “Aber klar, das könnt ihr machen. Sicherlich.“ Dazu brauchte sie doch nicht das Einverständnis von Piso. Bei Celerinas Überlegung hielt er inne. Vielleicht war das keine schlechte Idee. “Könnte ich machen.“ Er nickte. “Wäre vielleicht keine schlechte Idee...“

  • Für den jungen Flavius würde Aquilius wohl sein ganzes Leben die Messlatte sein, an der er sich würde messen lassen müßte. Nein, der arme Aulus war ganz und gar nicht wie Aquilius! Von Aquilius ging stets etwas knisterndes aus. Das hatte sogar ich, seine nächste Verwandte bemerkt. Wie sehr mußte er erst auf andere Frauen gewirkt haben? Aquilius hatte Klasse. Er war eben Aquilius! Und dann hatte er sich einmal eine Schwäche geleistet, als er Rom den Rücken gekehrt hatte. Oder war es am Ende sein größter Triumph? Weil er das gewagt hatte, woran andere nicht einmal dachten?
    Nun ja, Aquilius war Schnee von gestern, nun war es an Piso, in seine Fußstapfen zu treten, sei es in den Dingen der Politik oder auch bei Prisca. Nun ja, und Prisca, war einfach nur entzückt von ihm! Die Ärmste, die so viel Schmach hatte hinnehmen müssen. Doch nun war das Glück zu ihr zurückgekehrt!
    "Aber, aber! Nun steigere dich nicht so hinein! Du mußt wissen, Prisca ist sein Ein und Alles. Sie giebt er nicht einfach so bedenkenlos her. Doch du wirst sehen, am Ende wird sich alles zum Guten wenden!" Man mußte es sich einfach nur lange genug einreden und dann war es auch am Ende so, oder auch nicht.


    Glücklicherweise nahm er wieder Vernunft an, denn solche unüberlegte Aktionen konnten alles zunichtemachen. Besser war es, wenn man einen Plan hatte und sich dann auch noch daran hielt.
    "Schön," meint ich nur lächelnd, innerlich jedoch stellte sich mir aber schon die Frage, wie ich das alles einfädeln sollte, daß ich Marcus dazu brachte, ihn nicht gleich wutendbrand vor die Türe setzen zu lassen. Allein das würde mich wohl schon an meine Grenzen bringen. Noch schwieriger würde es sein, ihn zum Zuhören zu bewegen, damit, und das wäre mein größter Triumph, er einer Verbindung zustimmen würde.
    Ja, ja, das mit Vera war eine tragische Sache! Doch die lebendige Nigrina war wesentlich interessanter! Umso mehr überraschte es mich, als ich hörte, es gäbe schon einen Hochzeitskandidaten, zudem auch noch einen Aurelier!
    "Ach tatsächlich?", ich ließ keinen Zweifel an meiner Überraschung. "Davon hat mir Marcus gar nichts erzählt!" Und das hätte er mit Sicherheit, da es sich ja auch noch um eine Flavia handelte. Womöglich war das auch nur sein Wunschgedanke, daß Nigrina einen Aurelius heiraten sollte. Auf jeden Fall machte mich dies noch neugieriger auf seine Schwester.
    "Ja, mit Sicherheit! Bring sie einfach mit, wenn du kommst. Am Ende feiern wir noch eine Doppelhochzeit!", meinte ich scherzhaft. Fragte sich dann nur, welche Örtlichkeit man dann wählte.
    "Gut, Aulus! Dann verbleiben wir so! Ich sollte nun besser wieder aufbrechen, es ist spät geworden." Damit erhob ich mich dann auch. Charis war sofort zur Stelle.
    "Wir sehen uns dann in der Villa Aurelia! Mögen dir die Götter bis dahin gewogen sein!"

  • Piso schnaubte wie ein Pferd. “Ja, das habe ich auch schon gesehen“, kommentierte er ihren Kommentar. Immerhin hatte sie eine frohe Botschaft am Ende ihrer Satzkette, aber ob er das wirklich noch glauben konnte? Piso schaukelte sich hinein in eine fatalistische Gedankenwelt, die sich kurz darauf auch mit dem Tod zweier nahe stehenden Menschen materialisieren würde. Er lächelte sie an, eher müde als aufgeweckt. Wieso musste er soviel kämpfen um wirklich alles? Alles auf einem Silbertablett serviert bekommen wäre schön. Für nichts arbeiten müssen, für nichts auch nur einen Gedanken verschwenden. Ja, das wäre nett. Träum weiter, Aulus, dachte er sich, entnervt schon alleine über seine eigenen Vorstellungen.
    Schön? Nun ja, gut. Dass sich Piso selber nicht an diesen Plan halten würde – sondern einen viel besseren aushecken würde – das wusste er ja noch nicht. Aus diesem Grund tauchte er auch nicht aus seinen schweren Gedanken hervor, sondern überlegte sich tatsächlich vielmehr, was er in der Zeit tun könnte bis dahin, um nicht komplett wahnsinnig zu werden. Sich vermutlich in Arbeit reinstürzen. Oder vielleicht irgendwas Künstlerisches machen? Ach, Bockmist.
    Es schien ihr aber total neu zu sein, dass Nigrina einen Aurelier heiraten sollte. So, Corvinus hatte ihr ncihts davon erzählt? Entweder hatte ihm dieser eine Aurelier nichts davon erzählt, oder Corvinus hatte dem keine Bedeutung zugemessen – was auch keine Überraschung wäre, wenn man sich anschaute, was für ein fürchterlicher Typ dieser Mann im Allgemeinen war! Keinerlei Gedanken verschwenden über die Flavier, runterschauen auf sie! Das ging doch nicht an! Er zuckte aber nur die Achseln. “Aber es ist so“, machte er ganz neutral.
    Nigrina mitnehmen? Nun, das wäre was! Aber ja, Nigrina könnte hilfreich sein... tief im Inneren brauchte Piso doch eine resolute Frau, die ihm seinen Rücken aufrecht hielt. Und seine Schwester könnte gut dafür sein. Er wollte gerade eine Nettigkeit erwidern, da kam Celerina mit einer Doppelhochzeit. Da musste Piso ein wenig lachen. “Eine Doppelhochzeit, na fein, dann haben wir die Wahl, ob wir die aurelischen oder die flavischen Laren verärgern – vermutlich verärgern wir beide bei so etwas!“ Aber wie sollte sich Celerina dabei auskennen? Zwar war ihr Mann Pontifex, aber sie selber war keine Priesterin. Und er wusste nicht, ob sie und ihr Mann sich groß über Religion unterhielten – ein anregendes Konversationsthema war es wohl nicht.
    Er nickte, als sie sich verabschiedete. “Gut. Gut. Gut. Hat mich sehr, sehr, sehr gefreut! Und vielen Dank noch einmal für alles! Ich bin mir sicher, alles kommt in Ordnung!“, hoffte er, redete er sich ein, delusionierte er. “Ja, wir sehen uns dann. Vale, Celerina. Und dir auch.“ Er lächelte seiner Nichte/Base/Tante (so genau nahm man es mit Verwandschaftsbezeichnungen bei den Flaviern nicht) zu, sie würde sicher den Weg alleine rausfinden.

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