[Tablinum] Wünsche finden ihre Worte

  • Ein wenig eingeschüchtert nickte Cimon ergeben. Sein Herr hatte es wahrlich nicht leicht. Die genannte Gratwanderung machte dem Nubier Sorgen. Aber er war sich sicher, das Ursus das meistern würde.


    "Nein, es schließt sich wirklich nicht aus, Herr."


    Mehr konnte er nicht sagen. Vieleicht war es sogar zuviel. Aber er wollte seinem Herren etwas erwiedern um zu zeigen, das er zuhörte. Das er verstand. Unsicher lächelte er leicht, bevor sein Gesicht sich wieder um eine Maske bemühte. Um jene, die er viel zu oft verlor. Vor allem in zu vertrauter Umgebung.
    Oder vertrauten Theman, die ihm nahe gingen. Das merkte er umgehend. Sein Gesicht erhallte sich über alle Maße. Die Lippe des Nubiers zuckte leicht, als er es noch nicht fassen konnte. Dieses Glück, dieses unsagbare Glück gab ihm den Eindruck sich vor seinen Herren auf den Boden werfen zu müssen. Aber es war nur ein kurzer Ruck. Denn er wusste das Ursus dies nicht mochte. Auch würde es seine Haltung verschlechtern. Angst gab es schon einige Zeit nicht mehr. Nicht wie es früher der Fall gewesen war. So streckte er sich in seinem aufkeimenden Stolz. Er war seinem Herren wichtig und er wusste das er etwas besonderes war. Oder hoffte es zumindest.


    "Ich...ich danke dir, Herr. Ich werde gut auf die Schrift acht geben, die wir lesen...wenn wir lesen...also wenn er darf...und will. ... wir..wir sind ja nicht im Besten..."


    Er sprach es nicht zuende. Zu verwirrend war das alles für ihn. Zu schmerzhaft und fremd. Alles schien sehr fern zu sein. Das Glück, die Liebe, die Geborgenheit, alles fühlte sich für Cimon inzwischen dumpf und seltsam an. Wo er es doch erst in Rom gelernt hatte. Kaum gewonnen war es fort. Vieleicht hatte sein früherer Herr doch recht. Vieleicht stand es einem Sklaven nicht zu. Denn es machte seine Arbeit und seine Treue schlecht. Sein Blick senkte sich. Doch der Rücken blieb grade gestreckt. Der hatte schon immer sein Eigenleben und wollte nie so recht ergeben sein. Nicht in den Augen des griechischen früheren Herren von Cimon, ebensowenig in den Augen des Nubiers. Was er sich sicher bei Atonis abgeschaut hatte.

  • Fast war Ursus dankbar, aus diesen eher schweren Gedanken abgelenkt zu werden. Er bemerkte die Freude des Sklaven und lächelte. "Das weiß ich, Cimon, daß Du Schriften stets mit Sorgfalt behandelst." Zu sehr liebte Cimon das Lesen, als daß er die Schriften beschädigen würde. "Ihr seid nicht im Besten...? Ist etwas Ernstes vorgefallen?"

  • In Dankbarkeit über die gute Meinung die Ursus von Cimon hatte, verneigte sich der Nubier ergeben. Ob etwas vorgefallen war? Der Sklave musste schwer schlucken und wusste das doch alles seine Schuld gewesen war.


    "Ich...ich habe Fehler gemacht. Ich wahr ehrlich zu Phaeneas...das hat ihn verletzt. Also gingen wir... als Freunde auseinander... nur Freunde... er will Sicherheit. Das verstehe ich...aber...ich..ich kann ihn nicht anlügen. Ich weiß nicht was ich empfinde oder was ich denken soll... mein Herz ist in zwei gerissen. Aber er ... er will es ganz.... Wie kann ich es ihm nur recht machen?
    Ich hatte ihm ja geschrieben. Ich hatte ihn gebeten ...das wir uns kennenlernen...ist das gut gewesen, Ursus?"


    Hilfesuchend sah er seinen Herren direkt und auch traurig an. Die Situation übervorderte ihn. Er kannte Gefühle bislang nicht. Nicht ohne Schmerzen. Und nun musste er ohne Hilfe das Schwimmen im Teich des Lebens lernen. Da sah er Ursus als seine Rettung, sein Schiff an. Sein Herr hatte Erfahrung und teilte das Wissen über das Leben mit Cimon...zumindest sah der Nubier es so. Und er hoffte...hoffte so sehr, all das baldigst in den Griff zu bekommen.

  • Nanu, da schien ja in der Tat einiges vorgefallen zu sein. Ursus überlegte, bevor er antwortete. "Ich weiß nicht im Einzelnen, was geschehen ist. Aber Ehrlichkeit ist auf jeden Fall besser als Unehrlichkeit. Gerade wenn es um Gefühle geht. Denn Unehrlichkeit verletzt viel tiefer, als Ehrlichkeit es je könnte. Er will Dein Herz ganz? Und was willst Du? Was sagt Dein Herz?" Ernst schaute Ursus seinen Sklaven an. "Hast Du je geliebt, Cimon? Ich meine, so von ganzem Herzen?" Ursus konnte sich vorstellen, daß solche Gefühle neu für den Sklaven waren, der bei seinen früheren Herren keinerlei Freiheiten besessen hatte.

  • Ehrlichkeit war also doch besser. Aber zwischen sich und Phaeneas hatte es alles nur noch komplizierter gemacht. Was wollte Cimon? Was für eine Frage. Was wollte der Sklave? Der Nubier versuchte ernsthaft auf sein Herz zu hören, was nicht so leicht war, bei dem Chaos in ihm. Hatte er je geliebt? Wann? Meinte er Flora? Oder davor? Seine Lippen zitterten immer mehr. Von ganzem Herzen? Was bedeutete das denn, von ganzem Herzen? Die Knie wurden ihm weich. Er konnte dem Blick seines Herren nicht standhalten. Der Sklave sank nieder und setzte sich vor Ursus auf den Boden. Am liebsten hätte er nun jemand gehabt, der ihn einfach väterlich in die Arme würde nehmen können. Aber so hockte er nur da.
    Die Stimme war gebrochen und zeugte von Schmerzen. Seine Hände legte er ineinander und sofort begannen sie einander nervös zu massieren.


    "Von ganzem Herzen? Nie...nie habe ich auch ...auch nur denken dürfen.... nie eine Frau..irgendjemanden so ansehen.... ich glaube...das ist diese Frau.... aber ich weiß nicht was es ist. Und dann ...dann kam Phaeneas...er küsste mich..einfach so...und diese...diese Nähe war...war so angenehm. Ich wollte nicht das es aufhört...und doch war ich ehrlich. Habe ihm von der Frau erzählt..und...und noch einer ...ziemlichen Dummheit.... ich glaube...ich glaube ich habe.... Fehler begangen.
    Aber..Liebe? Herr...Ursus.... ich weiß es nicht."


    Erwartungsvoll sah er zu Ursus auf, denn er glaubte das sein Herr immer die richtige Antwort für ihn haben würde. Vieleicht war ja alles Cimons Fehler. Er war doch belesen. Er konnte kämpfen. Er war stark. Aber hier.... was dies anging, war er unerfahren und hilflos.

  • Ursus schüttelte den Kopf, als Cimon vor ihm auf den Boden sank. Aber er sagte nichts. Sah es doch eher so aus, als hätten einfach die Beine des Nubiers unter ihm nachgegeben. Was war nur mit dem Sklaven los? Aber kurz darauf enthüllte sich schon das ganze Dilemma, ohne daß Ursus einen Chance hatte herauszufinden, um wen es eigentlich ging und was genau geschehen war. "Cimon..." Ursus streckte eine Hand aus, um sie dem Nubier auf die Schulter zu legen. "Hör zu, Fehler machen wir alle. Ständig. Gerade wenn es um das Herz geht, passiert es schnell. Und kein Fehler schmerzt so sehr wie jene. Du weißt also gar nicht, was Du fühlst. Du weißt auch nicht, was Du fühlen darfst. Ich werde es Dir sagen. Du darfst lieben. Aber nahe kommen darfst Du nur jenen, die von Deinem Stand sind. Phaeneas ist von Deinem Stand. Die Frau, von der Du schon einmal erzählt hast, nicht."


    Damit wäre schon einmal geklärt, welche Beziehung eine Zukunft haben konnte und welche nicht. "Du mußt jetzt als erstes Dein eigenes Herz erforschen. Deine Gefühle. Was fühlst Du, wenn Du an Phaeneas denkst? Wenn Du daran denkst, wie es sein wird, wenn ihr euch hier gegenübersteht?"

  • Die Berührung auf der Schulter ließ Cimon aufschauen. Bittend sah er Ursus in die Augen. Aufmerksam hörte der Nubier sienem Herren zu, als dieser ihm sagte, was er fühlen durfte. Die Lippen des Sklaven zitterten bei diesen Worten. Er durfte lieben. Also durfte er Flora lieben? Verwirrt suchte er in den Augen von Ursus weitere Antworten...
    Dann nickte er. Phaeneas war vom gleichen Stand. Flora nicht.


    "Also....also darf ich...ich diese ...Frau lieben...aber nicht..."


    Schwer schluckte er. Wurde ihm doch grade sehr bewusst, wie nahe er und Flora sich bereits gekommen waren. Und wie wundervoll es gewesen war. Ihre feine Haut war in seinen Gedanken. Sein Blick sank.


    "...Nicht...nahe kommen? ...Macht es ...macht es nicht alles schwerer?"


    Er musste sein Herz erforschen? Seine Hand ging sachte über dem Stoff der Tunika zu seinem Herzen. Dabei überquerte sie die eine Narbe. Jene, die Flora so sehr, so liebevoll gesalbt hatte. Der Mund wurde ihm trocken. Er schloss langsam die Augen und versuchte den Kuss von Phaeneas wieder zu fühlen und zu spüren was in ihm war.
    Was fühlte er wenn er an Phaeneas dachte? Wenn er daran dachte, ihm gegenüber zu stehen... Der Nubier setzte mehrfach an zu sprechen. Aber er schaffte es zunächst nicht. ... Die Hand auf der Brust drückte sich fest gegen den Oberkörper. Am liebsten hätte er sich geschlagen.... sein Herz.... was für ein grausames Herz hatte er nur?...


    "Wenn ich an ihn denke, Ursus... dann wird mir warm. Und ich denke an den Abend, den Morgen...während der Saturnalien, als wir redeten und lasen... Ich..ich spreche gerne seinen Namen aus, Herr. Phaeneas...es klingt ...angenehm...
    Er ist geheimnisvoll.... aber nicht erschreckend ...
    Wenn ich daran denke, wie wir uns gegenüberstehen werden...ich bekomme Angst...weil ich nicht weiß, was er denkt, was geschehen wird.... es hatte doch grade erst eine Freundschaft begonnen...ich will die nicht verlieren...


    Und...Herr?...Ich...ich fühle mich...schmutzig... nicht würdig..er...er ist ein so guter Mensch...er hat jemand besseres verdient."


    So sehr hasste er sich, das Phaeneas nicht sein erster gewesen war. So sehr hasste er sich dafür, das er andere Menschen verletzte...Flora, Áedán und zuletzt auch Phaeneas... das er sich mit der Faust auf die Brust schlug und die Stimme sich überschlug beim Sprechen. Tränen kamen ungefragt in seine Augen, als er über alles nachdachte. Seine Stärke schien vergangen. Jedoch empfand er dies nicht als eine Schande. Hier, bei Ursus durfte er schwach sein. Er vertraute seinem Herren ohne Einschränkungen. Dabei hoffte er, das Ursus wusste, das Cimons Stärke zurück kommen würde. Das er seinem Herren als Leibwächter immer gut dienen würde und das er nach außen niemals diese Schwäche zeigen würde.

  • Cimon wirkte, als würde er in tiefe Verzweiflung gestürzt. Doch ersparen konnte Ursus es ihm nicht. Er hatte ihm ja schon einmal gesagt, daß er keine freie Römerin lieben durfte und Cimon schien es an sich verstanden zu haben. Daß es schmerzte, das stand außer Frage. "Ja, zuerst schon. Es tut sehr weh. Und es ist sehr schwer. Aber mit der Zeit wird es leichter. Es ist der einzige Weg. Denn der andere... Cimon, Du weißt, daß ein Sklave keine freie Frau haben kann. Du würdest sie ins Unglück stürzen. Und auch wenn es erst vielleicht weniger schmerzvoll erscheint, wird es auf die Dauer gesehen, viel schmerzhafter und schlimmer sein, denn dann trifft Dich auch noch Schuld." Woher hätte er wissen sollen, daß es schon zu spät war? Daß Cimon bereits den größten aller Fehler begangen hatte?


    Als Cimon dann aber von Phaeneas sprach, lächelte Ursus erleichtert. Wenn der Nubier so von einem anderen Menschen sprechen konnte, dann war es mit der Frau nicht so schlimm. Dachte er. "Nicht würdig? Cimon, das ist Unsinn. Und außerdem hast das nicht Du zu entscheiden, sondern er. Hör auf, Dich herunterzuziehen. Laß ihn entscheiden, ob er Dich würdig findet."

  • Mit der Zeit sollte es leichter werden? Ein Sklave konnte keine freie Frau haben, ja. Aber wenn er sie bereits...gahabt hatte? Schuld? Ihn traf Schuld, ja. Aber seinen Fehler durfte, konnte er nicht aussprechen.


    "Es schmerzt... ich weiß...ja... ich weiß das ich keine freie Frau...."


    Er schluckte und wagte es nicht es zuende zu sprechen. Sein Körper zitterte leicht vor Anspannung und Nervösität. Ursus ging dann auf Phaeneas ein. Aber er meinte wohl, das Cimon es falsch sah. Er hatte es nicht zu entscheiden? Aber war es nicht so? Müsste der Nubier nicht Phaeneas vor sich beschützen?


    "Er soll entscheiden, Herr? ... U..Ursus...?... Was wenn er sich falsch entscheidet? Wenn ich ihm so Leid zufürge? ... Ich..... Ursus? ... Die...die körperliche ..Komponente... wie wichtig ist sie?"


    Noch immer fühlte es sich für Cimon schlecht an, das er derartig rasch sich dem körperlichen ergeben hatte. Dadurch wurde etwas wunderbares...dadurch wurden die besonderen Augenblicke mit Flora zu etwas, was sie am Ende verletzte und ihn zu einen schlechten Menschen machte. Zurückblickend konnte er sogar sagen das er Áedáns gefühle verletzt hatte und sich selber nahm, was er nun gerne Phaeneas hatte geben wollen...Unschuld und Reinheit. Seine Augen bewegten sich unregelmäßig ob dieser Gedanken.

  • Ursus schüttelte den Kopf. "Nein, Cimon. Es ist nicht an Dir zu entscheiden, ob seine Entscheidung falsch ist. Er trifft die Entscheidung. Wenn er sich entscheidet, zu leiden, weil er das gerne in Kauf nimmt, um auf der anderen Seite das Glück zu haben, bei Dir sein zu können, dann ist das seine Entscheidung. Du hast die Aufgabe, seine Entscheidung zu akzeptieren und mitzutragen. Auch das kann mit Leid verbunden sein."


    Und wieder eine Frage, die kaum zu beantworten war. "Die körperliche Komponente? Das ist sicherlich bei jedem anders. Denke ich zumindest. Die körperliche Vereinigung kann einfach nur Spaß sein, ganz ohne tiefe Gefühle. Aber ich finde, wird sie geteilt von Menschen, die sich sehr lieben, dann ist das... unglaublich erfüllend." Ob Cimon je...? Nein, vermutlich nicht. Seine früheren Herren hatten es ihm gewiß nicht erlaubt. Vielleicht sollte er ihm die Möglichkeit verschaffen? Eine hübsche und saubere Lupa ließ sich gewiß auch in Mantua auftreiben.

  • Von unten her sah Cimon zu Ursus auf und hörte sehr aufmerksam zu, was sein Herr ihm erklärte. Der Nubier nickte während er über alles nachdachte. Er würde sich also beugen müssen. Ja, er würde auf Phaeneas achten und hören. Alles was der Bithynier entscheiden mochte, würde er mittragen.


    "Ich...ja, ich werde seine Entscheidung akzeptieren. Ich...ich danke dir Ursus."


    Er zeigte nicht nur Vertrauen in Ursus sondern auch in Phaeneas. Nun allerdings wurde es ernster, sodass Cimon schwer schlucken musste. Er ließ den Blick sinken und wurde sogar ein wenig rot in seinem eh dunklen Gesicht, was es hoffendlich zu verbergen wusste. Er zitterte und dachte an die beiden Menschen mit denen er es bereits hatte erleben dürfen. Er verstand die Unterschiede nur am Rande. Denn es war doch auch so, das es einmal eine Frau und einmal ein Mann gewesen war. War es da nicht logisch und zwingend, das es sich verschieden angefühlt hatte?


    "Erfüllend? Ich.... ich bin mir nicht sicher ob ich dich verstehe, Ursus. Nur Spaß? Ist das denn richtig? Wäre es nicht falsch dem gegenüber den man zu dem Zeitpunkt oder später lieben würde, Herr?"


    Oder gar ein Betrug an sich selber? Der Nubier sah seinem Herren nun offen und auch ein wenig verzweifelt in die Augen. Er wollte verstehen was geschehen war und musste doch sehr vorsichtig sein sich nicht zu verraten. Dabei ging es ihm mehr um Floras Wohl als um sein eigenes.

  • Ursus schüttelte den Kopf. Aber er wußte auch nicht genau, wie er den Unterschied erklären sollte. Jemandem, der es nie ausprobiert, nie gefühlt hatte. "Warum sollte das falsch sein? Man nimmt dem anderen doch dadurch nichts weg? Im Gegenteil schont man den anderen dadurch. Schau, eine Frau hat hin und wieder unter Unwohlsein zu leiden. Und Männer haben oft das Bedürfnis nach körperlicher Vereinigung. Wenn man aber jemanden liebt, dann zwingt man sich ihm nicht auf. Es sollte doch für beide gleich schön sein, nicht wahr? Warum dann also nicht zum Beispiel in ein Lupanar gehen, um dort dem Bedürfnis nachzukommen und ein wenig Spaß zu haben? Was könnte denn der geliebte Mensch dagegen haben?"

  • Sein Herr schüttelte den Kopf und Cimon wurde somit sehr hellhöhrig. Warum es falsch sein sollte? Der NUbier musste stark auf seine Atmung achten, um nicht aufzufallen. Frauen fühlten sich... unwohl? Bei Flora hatte er es bislang nicht gesehen. Oder war diese eine Gegebenheit im Hortus so ein Moment? Das wüde ihre Wut erklären. Oder? Lupanar? Er stockte und zitterte bis ins Mark. Cimon konnte es nicht glauben, das er das hörte.


    "Ich...ich finde es ...es ...was wenn die Lupa sich unwohl fühlt? Ist es dann in Ordnung? .... Und...und wenn es immer schön ist...oder...was... es ist doch unterschiedlich...ob Mann oder Frau...also mit wem man ...körperlich wird... oder?"


    Er wollte verstehen, warum es sich so verschieden anfühlte und warum es bei Flora so viel tiefer gewesen war. Vor allem aber warum seine Vorstellung von Phaeneas alles andere Erlebte zu übertreffen schien. Er durfte sich aber dabei unmöglich verraten. Was seinen Satzbau zum scheitern verurteilte. Er rutschte auf den Knien etwas näher. Am liebsten hätte er seine Hände auf die Beine seines Herren gelegt. Am liebsten hätte er einen Vater gehabt, der ihm dies alles erklärte. Aber er hatte nur Ursus. Ursus, dem er uneingeschränkt vertraute, gleich worum es gehen würde.

  • "Wenn die Lupa sich unwohl fühlt, dann arbeitet sie entweder nicht, - oder tut es trotzdem, weil sie das Geld braucht. Das ist letztendlich ihre Entscheidung." Ursus sprach ruhig und sanft. "Sie tut es ja nicht aus Liebe, sondern für Geld. Es ist ihre Arbeit und wie bei jeder Arbeit wird es ihr manchmal Spaß machen, aber meistens nicht."


    Nun wurde es wieder schwieriger. "Ja, es ist unterschiedlich, ob mit Mann oder Frau. Aber was schöner ist, was einen mehr erfüllt, das muß jeder für sich herausfinden. Und es kommt auch darauf an, was man für den Partner empfindet." Er dachte wieder an Cadhla. Da hatte er es zum ersten Mal erlebt, wie es war, wenn man den anderen wirklich liebte. "Du liebst eine Frau und Du liebst einen Mann. Du weißt nicht, was davon die Liebe ist, der Du folgen solltest. Im Herzen meine ich. Denn im Verstand weißt Du es sehr wohl." Noch immer sprach Ursus sehr sanft. Kein Vorwurf war in seiner Stimme.

  • Über das Leben einer Lupa zu sprechen tat dem Nubier weh. Sein Gesicht zeigte, das er es anders sah. Sie hatte letztendlich keine Wahl. War sie auch nur ansatzweise wie seine Mutter, war sie doch nur eine Sklavin, die ihr Leben hasst. Anderes kannte Cimon nicht.


    "Oder sie tut es aus Zwang. Vielleicht hat sie niemals Spaß....."


    Tränen kamen ungefragt in seine Augen und er sah seine Mutter. Wie traurig sie war, wie viele Schmerzen sie hatte erleiden müssen... Sie hatte sicher nie Freude erfahren dürfen...nie. Vielleicht lebte sie noch irgendwo...irgendwo in einer grausamen Welt...und ihm ging es gut. Schwer und bitter schlugte der Nubier dies hinunter.


    Mann oder Frau? Aufmerksam hörte Cimon die Worte seines Herren. Was war schöner? Was erfüllte Cimon? Er sollte es herausfinden? Aber wie? Wenn er ihr doch nicht mehr nahe kommen durfte. Der Nubier glaubte etwas in Ursus' Augen zu sehen, doch er war sich zu unsicher um es zu erfassen.... etwas an dem Thema schien ihn ebenfalls zu berühren... noch wagte der Sklave nicht zu fragen.
    Er begann zu zittern, als sein Herr ihn nach der Liebe fragte. Langsam senkte er den Kopf und sah von unten zu seinem Herren hinauf.


    "J..ja... Ich..ich glaube ich liebe eine Frau...und einen Mann ...Ich ..ich weiß es wirklich nicht.... Im Verstand ja..Ja...sicher! Aber...mein Herz...ja...es ist... so durcheinander."


    Nervös sprach r es aus, denn er hatte Angst...Angst es zu sagen, was er fühlte und was er dachte. Doch Ursus war so ruhig und gab ihm die Sicherheit es offen auszusprechen. Er schien genau zu wissen um was es ging. Cimon vertraute ihm und wusste auch, das er niemand anders würde so offen und frei fragen können.

  • Ursus war es völlig entfallen, daß die Mutter seines Sklaven eine Lupa war, sonst hätte er vielleicht auch etwas anders gesprochen. "Manche haben vielleicht niemals Spaß. Aber das trifft auch auf andere Menschen zu, selbst auf Freie. Denn nicht jeder hat die Mittel, um das Leben zu führen, das seinen Wünschen entspricht." Er zuckte mit den Schultern. Das Leben war, wie es war.


    "Als Du das letzte mal bei Phaeneas warst. Was hast Du da gefühlt? Was war das vorherrschende Gefühl? Versuch, Dich genau daran zu erinnern." Es war nur ein Versuch, ohne das geringste Wissen, ob es etwas Gutes erbrachte. Aber irgendwie meinte Ursus, daß Cimon nur genau in sich hineinhorchen mußte, um herauszufinden, was er wirklich wollte.

  • Manche hatten niemals Spaß. Cimon konnte nur nicken und kämpfte gegen die Trauer an, die er immer wieder versuchte in sich einzuschließen. Seine Mutter hatte alles verloren. Und sie hatte ihn nur schützen können, indem sie ihm das beste gewünscht hatte. Cimon musste schwer durchatmen. Es war wohl wie es war. Grausam und nur von wenigen Lichtblicken erfüllt. Warum und wie hatte Cimon es sich nur verdient, Ursus als seinen Herren haben zu dürfen.
    Lieber konzentrierte er sich auf die eine Frage. Auf Phaeneas und die Gefühle die der Nubier in sich trug. Als er das letzte mal bei ihm war? Also bei den Saturnalien? Oder das zufällige Treffen im Park? Cimon schloss die Augen und dachte über alles nach, was ihn bewegte. Dabei rückte er sich so auf dem Boden zurecht, das er auf den eigenen Füßen recht bequem zu sitzen kam. Die Hände lagen, mit den Flächen nach oben und ineinandergelegt, auf seinen Oberschenkeln.


    "Ich habe mich sehr wohl gefühlt. Wir...wir verstehen einander ohne zu sprechen... wir...ich glaube wir denken zumindest ähnlich. Ich...ich fühlte mich geborgen."


    Seine Augen öffneten sich langsam, wobei seine Lippen stumm weitersprachen. Er konnte und durfte es nicht sagen...Aber er hatte sich in Floras Armen auch sicher gefühlt. Sicher und geborgen. Wie war es bei Áedán gewesen? War es nur die körperliche Komponente? Zumindest hatten sie sich zu Anfang darauf geeinigt gehabt. Aber dann änderte sich etwas. Der Gallier änderte sich. Alles wurde nur noch schwerer. Die Hand, die oben lag, formte langsam eine Faust und wurde von der anderen Hand umfasst. Wo war der Unterschied? Konnte er Ursus offen sagen was sich genau abgespielt hatte? Nein, er hatte es Flora versprochen. Und...und Àedàn? Es war nicht erlaubt gewesen. Und doch hatten sie es getan... musste er es nicht sagen? Hatte er es nicht eigendlich bereits gesagt? Oder war es nicht deutlich genug gewesen? Der Nubier konnte sich nicht mehr genau erinnern und verlor langsam seine Sicherheit. Die wenige, die eben noch in ihm zu erstarken begonnen hatte.

  • Viel sagte Cimon ja nicht. Aber vielleicht war es besser, daß er wenig sagte. "Wohl hast Du Dich gefühlt. Sicher. Geborgen. Du konntest Dich ganz darauf verlassen, daß er niemals zulassen würde, daß Dir etwas Schlechtes geschieht." Das war natürlich nur geraten, aber wenn Cimon sich sicher fühlte, dann mußte es so sein. "Ihr versteht euch, ohne zu sprechen, ihr denkt gleich. Von wievielen Menschen, die man erst selten gesehen hat, kann man so etwas sagen? Was auch immer es ist, das euch verbindet. Sei es Liebe oder Freundschaft, wobei das eine das andere nicht ausschließen muß: Es ist etwas ganz Besonderes. Wenn ihr euch das nächste mal begegnet, dann denke genau daran. Hab Vertrauen zu ihm."

  • "J..ja...ja..genau so, Herr."


    Ursus traf die richtigen Worte und eine sehr gute Beschreibung dessen, was er mit Phaeneas zu teilen glaubte oder hoffte. Niemals hätte der Bithynier es zugelassen, das Cimon irgendetwas schlechtes wiederfahren würde...genauso wie der Nubier Phaeneas schützen würde. Dessen war er sich sehr sicher.
    Es stimmte, sie kannten sich erst kurz und sofort konnten sie sich sogar über ein ganzes Atrium hindurch ohne Worte miteinander verständigen. Aber war es Libe oder Freundschaft? Wenn es sich nicht ausschloss...konnte es ja beides sein. Sein Blick erhellte sich bei diesem Gedanken. Langsam nickte er ergeben.


    "Ja... ich werde ihm vertrauen..ich...danke Ursus."


    Es gab noch andere Gedanken. Aber er wollte, durfte und konnte diese nicht aussprechen. Nicht das über Flora noch jenes über Áedán. War es nicht dennoch seine Pflicht? Er war Ursus wesentlich mehr verpflichtet als Flora. Aber sein Herz sagte es ihm anders. Leicht zitterte seine Lippe in einem Anflug von Angst und Panik.


    "U..Ursus? Wenn ich.... wenn ich weiß, wen ich liebe... darf ich es sagen? ... ohne... ohne das ..."


    Er konnte es nicht aussprechen. Er wollte seinem Herren ein Versprechen abringen. Das wort, das die Peitsche oder schlimmeres nicht drohte. Aber er konnte es nicht sagen. Seine Augen sahen Ursus flehend an. Sicher ahnte er bereits die Antwort, wen er liebte... sicher wusste er, welcher Weg der richtige gewesen wäre. Aber er wusste nicht ob sein Herz es wusste. Noch immer brodelte etwas in ihm, was er aussprechen wollte. Aber wie groß war dieser Fehler gewesen? Kurzentschlossen sprach er weiter, noch bevor Ursus würde antworten können.


    "Herr... ich... es war ein Fehler..mit Áedán.... also...ich hätte zuvor fragen müssen, das weiß ich... aber es war...es war der Augenblick.... und nun.... nun fühle ich mich...als hätte ich zwei andere Menschen hintergangen... "


    Tief atmete er durch und sank leicht in sich zusammen. Seine Worte waren ebenso durcheinander wie seine Gedanken. Er würde wohl abwarten müssen, was die Zeit ergeben mochte. Aber wenn er nicht wusste, was er wollte...wie sollte es dann klappen? Doch..er wusste es.. er wollte Flora...oder?...Phaeneas kam ihm in den Sinn. Ein so lieber Mensch, der ihn liebte. Und er vergeudete seine Gedanken an eine Frau, die er niemals haben dürfte?
    Nein, er vergeudete sie nicht... es war nur...so ungerecht. Cimon wollte Flora nicht weh tun, ebenso wenig wie Phaeneas oder Áedán. Aber manchmal musste es sein. Besser sie würde einen Römer kennenlernen, einen den sie heiraten und lieben könnte, ohne gleich alles zu riskieren. Wo trugen seine Gedanken ihn nur hin?

  • Die Frage von Cimon war irgendwie seltsam. Und Ursus bremste sich gerade noch rechtzeitig, bevor er allzu voreilig antwortete. Er hatte irgendwie das Gefühl in eine Falle zu tappen. "Kommt darauf an, wem Du es sagen willst. Und wer derjenige oder diejenige ist, die Du liebst." Schließlich hatte er Cimon schon mehr als einmal erklärt, wen er sich aus dem Kopf schlagen mußte. Wenn er doch einfach mit seinem Phaeneas seine Liebe finden würde! Dann wäre das andere Problem gleich mit gelöst. Vermutlich zumindest.


    "Áedán... Erzähl mir doch bitte genauer, was da vorgefallen ist, hm?"

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