Ich war nicht gleich nach diesem Gespräch mit Celerina hergekommen. Ich hatte mich zunächst einmal sammeln müssen. Zudem wäre es mir tatsächlich falsch erschienen, wenn ich das eine Zimmer verließ und ein anderes aufsuchte, und das gleichbedeutend mit den Bewohnern war, die sie beherbergten. So war ich eine Weile im Peristyl auf und ab gegangen, darüber sinnierend, was dieser allzu frühe Morgen nun im Einzelnen für mich bedeutete. Ich hatte sogar überlegt, den Moment bis nach Mittag hinauszuzögern, an dem ich Siv begegnen würde. Der Grund war simpel: Ich fühlte mich innerlich wund. Ich glaubte nicht, dass ich noch viel ertragen konnte, auch nach etwas Bewegung im Freien nicht. So wenig Emotionen ich auch zu zeigen imstande war, so verbraucht fühlte sich dieser Teil meiner selbst an, überstrapaziert und aufgerieben. Im Anschluss an den tristen Spaziergang - schließlich war ich nur auf und ab gegangen - hatte ich zumindest die Geistesgegenwart, mir etwas Neues zum Anziehen zu beschaffen. Dina, die seit Sivs Freilassung ihre Aufgaben die Kleidung betreffend weitestgehend übernommen hatte, war zwar irritiert gewesen, dass ich bereits auf war, hatte mir jedoch das Gewünschte gesucht. Ich dankte mit knappen Worten, orderte noch frischen Weidensud gegen den Brummschädel und sagte Alexandros ab, der plötzlich mit dem Rasiermesser und einem frischen Tuch im Zimmer stand. Dina brachte mir das Kopfschmerzmittel, als ich mich gerade umzog. Ich kippte den widerlichen Sud klaglos hinunter, verzog das Gesicht und schüttelte mich.
Mehr oder minder frisch wie ich war - ich fühlte mich dennoch nicht besser - hatte ich mich dann auf den Weg gemacht. Das würde ebenso wenig ein einfaches Gespräch werden wie das vorangegangene. Ich seufzte tief, klopfte kaum vernehmlich und wartete. Nichts passierte. Ich wartete, runzelte allmählich die Stirn und wollte eben ein zweites Mal klopfen, als der Schrecken in Form einer eisigen Hand mein Herz kalt umschloss. War sie fort? Ich öffente augenblicklich. Die Vorhänge waren noch zugezogen, es roch nach Schlaf im Raum. Das Licht, das durch die Tür und an den Vorhängen vorbei ins Zimmer strömte, offenbarte eine Gestalt im Bett. Ein erleichtertes Seufzen verließ meine Kehle. Ich schloss die Tür und ging zu Siv , die noch da war. Finn lag in dem absturzsicheren Bereich zwischen seiner Mutter und der Wand, an der das Bett auf einer Längsseite stand. Ich setzte mich leise an den Tisch auf einen Stuhl, die schlafende Siv nachdenklich betrachtend, und wartete. Ich wollte sie nicht wecken, selbst im Schlaf sah sie erschöpft aus. Und es kam mir zudem recht gut zupass, dass ich nicht gleich den Kopf anstrengen und nach Worten suchen musste, die hinreichend erklärten, was mich derzeit umtrieb.