Irgendwo in einer Sänfte

  • In der Sänfte kamen ihr die Tränen. Tränen des Schmerzes, denn jemand, Macer, hatte ihr das Herz heraus geschnitten. Nie hätte sie gedacht, dass Liebe und Hass so dicht beieinander lagen, denn ihre tiefen Gefühle für den jungen Octavier wandelten sich langsam in Hass, gegen ihn, gegen die Gesellschaft, gegen die Sitten und Konventionen. Septima schlug die Hände vor ihr Gesicht und schluchzte laut auf. Warum war das Leben nur so ungerecht? Warum konnte, durfte, sie den Mann nicht ehelichen, den sie liebte?


    Die Zeit rann dahin, ohne das die junge Tiberia einen klaren Gedanken fassen konnte, bis sie auf die Idee kam, zu schauen wo sie sich gerade befanden. Sie lugte zwischen den Vorhängen ihrer Sänfte hervor und bekam einen Schreck. Die Sklaven erklommen bereits den Quirinal, auf dem die Villa Aurelia lag. „Halt! Nein, nicht nach Hause. Noch nicht. Bringt mich irgendwo anders hin.“ Sie überließ es Baldemar, den Trägern Anweisungen zu geben, wohin sie nun gehen sollten. Ihr war es gleich. Nur nicht so früh wieder zurück in die Villa Aurelia. Was sollte sie ihrem Mann erzählen, weshalb sie schon so früh von einer Cena, auf die sie sich so gefreut hatte, zurück war? Nein, besser sie ließ sich noch ein wenig durch die Straßen Roms tragen.

  • Sie hatten die Casa Octavier verlassen. Baldemar sah es. Septima ging es nicht gut. Wütend sah er zurück. Er knurrte. Was für ein Mann. Was für ein Kerl. Was für ein Römer. Das er Septima derartiges antat. Er sorgte sich um sie. Nicht weil sie seine Herrin war. Weil sie eine Frau war. Der Germane ging neben der Sänfte und hörte es. Aber er schwieg.


    Schon fast am Ziel hörte er Septima. Umgehend gab er Anweisung einen anderen Weg zu nehmen. Erst einmal ein wenig umher. Sie achteten darauf nicht in eine schlechte Gegend zu kommen. Auf dem Weg entschied er sich dazu die Richtung zu einem Markt einzuschlagen. Sie kaufte gerne und viel. Bei den ersten Ausläufern gab er Befehle, was zu tun war.
    Kurz darauf reichte er ihr ohne ein Wort zu sagen etwas in die Sänfte. Zuerst guten Wein, der leicht verdünnt war. Dann eine kleine Kostprobe Met. Etwas Saft. Alles verschlossen. Einen Becher. Es folgten Obst. Als Letztes nur ein paar Datteln im Speckmantel. Er wartete. Er lauschte. Eine Frau weinen zu hören mochte er nicht. Das hatte er noch nie gemocht.

  • Baldemar tat wie sie ihm befohlen hatte und eine ganze weile später hörte Septima die typischen Geräusche eines Marktplatzes. Die Sänfte hielt und wurde abgesetzt. ‚Na toll, soll ich etwa so verheult wie ich jetzt bin über den Markt schlendern?’ fluchte sie in Gedanken auf ihren Leibwächter, wurde aber kurz darauf eines besseren belehrt, als Baldemar ihr eine kleine Amphore durch die Stoffe der Sänfte herein reichte. Erstaunt nahm sie das Gefäß entgegen und suchte nach der Aufschrift. Falaner. Und wie sollte sie den jetzt trinken? Direkt aus der Amphore? Septima legte das Gefäß bei seite und strich sich mit den Fingern unterhalb der Augen entlang, entfernte die verschmierten Kohlespuren ihrer Schminke und sah kurz darauf schon wieder eine kleine Amphore durch die Stoffe gereicht. Auch diese nahm sie entgegen und legte sie zur ersten. Kopfschüttelnd saß sie da und wartete was noch folgen würde.
    Eine dritte Amphore, ein einfacher Tonbecher, Obst, ein paar Datteln im Speckmantel in einer kleinen Schale. Ungläubig schüttelte sie den Kopf über ihren Sklaven und schaute auf die Leckereien und den Wein. Seine Taktik half, denn nun dachte sie nicht mehr über den Octavier nach, sondern beschäftigte sich lieber mit den hereingereichten Sachen.
    Zuerst versuchte sich Septima an dem Verschluss des Mets. Die Amphore war mit einem Korken verschlosen und dieser war mit Wachs versiegelt. Das Wachs bekam Septima mit dem Fingernagel gelöst, aber der Korken wollte nicht heraus kommen. Sie zog und zerrte, bis der Naturstopfen endlich nach gab und sie mit einem mal nach hinten fiel. „Uhhh…!“ Erschrocken hielt sie die Amphore in die Höhe, damit sie ja nichts auf sich verschüttete. Es ging noch mal gut. Der Met wurde von ihr in den Becher gefüllt und Septima probierte einen winzigen Schluck. ‚Oh… lecker!’ Sie leerte den Becher in einem Zug und goß den Rest aus der Amphore in den Becher. Wieder leerte sie diesen. Wenn Männer sich betrinken konnten, dann konnte sie das auch. Das leere Metbehältnis reichte sie durch die Vorhänge nach draußen, wo sie Baldemar vermutete. „Geh und besorg mir Mulsum. Guten Mulsum, ist das klar?“

  • Septima nahm alles entgegen. Das war kein all zu schlechtes Zeichen. Die Sänfte wurde von ihm beschützt. Er schickte nur Sklaven an verschiedene Stände auf dem Markt. Er hatte alles gut im Blick. Einer der Sklaven stand an der ihm abgewandten Seite der Sänfte. Er hörte nichts. Es schien zu helfen. Frauen durften einfach nicht traurig sein. Sie waren die Sonne. Von den Göttern auserwählt. Sie gaben Leben. Sie schenkten Freude. Für den Marser gab es da keine andere Auslegung.


    Er wartete. Denn er hatte weitere Dinge in Auftrag gegeben. Die Sänfte bewegte sich und sie gab ein Geräusch von sich. Umgehend wollte er hinein schauen. Aber er meinte zu hören das alles gut war. Bei Septima wusste man nie, woran man war. In dieser Laune musste man darauf achten nicht plötzlich ihre Fingernägel im Gesicht zu haben. Ihm war so etwas nie passiert. Aber er vermutete das es noch kommen konnte. Er nahm die lehre Amphore entgegen. Ja. Er grummelte etwas. Was für ein Ton. Als wenn er dieser Kerl gewesen wäre. Sofort schickte er einen der Sklaven los.
    Kurz darauf reichte er ihr ein Tuch hinein. Es folgte ein einfacher Spiegel. Eine kleine Auswahl Schminke. Eben etwas was ein Mann kaufen würde, der den Händler um Rat fragen musste.
    Alles waren nur Kleinigkeiten. Baldemar hatte ihr Geld. Er wusste was ging. Was nicht ging.
    Nach einigen Minuten konnte er ihr endlich eine. Nein, zwei Amphoren eines sehr guten Mulsums hinein reichen. Ob das gut wahr? Er räusperte sich deutlich. Septima? Seine Stimme war verschwörerisch leise. Rau. Er ist es nicht wert. Baldemar war es egal, ob die Ppeitsche folgen würde. Es musste gesagt werden. So ein Kerl war es nicht wert. Keine einzelne Träne. Nicht in seinen Augen. Sein Kiefer biss fest aufeinander. Wäre er römischer Bürger. Wäre er jemand der die Fäuste sprechen lassen könnte. Dieser Mann hätte nun sicher eine gebrochene Nase.

  • Septima verdrehte in der Sänfte die Augen als sie nur ein einfach ‚Ja’ von Baldemar vernahm. Dieser Skalve lernte es nie!
    Dafür konnte er Gedanken lesen, denn wie durch Zauberhand, reichte er ihr ein Tuch und Schminke herein, so dass sie sich wieder herichten konnte. So fühlte sich Septima gleich besser. Die gewünschte Amphore Mulsum traf ebenfalls kurz darauf ein und kaum hatte sie diese entgegen genommen, hielt ihr Baldemar noch eine hin. Septima musste kichern. Was hatte der Sklave mit ihr vor? Wollte er sie betrunken machen?
    Sie horchte auf als er ihren Namen nannte. ‚Was?’ Oh, wie konnte er es nur wagen?! “Halt die Klappe und öffne mir lieber den Mulsum!” fuhr sie den Germanen verbal an und schleuderte förmlich eine der Amphoren zu ihm nach draußen. Durch den Stoff konnte sie erkenenn wo Baldemar stand und der Germane musste verdammt gute Reflexe haben, wenn er die Amphore von ihr nicht vor den Bauch geknallt bekommen wollte. Sie hielt sie noch am Hals fest, galt es doch den guten Tropfen nicht zu verschwenden, allerdings war ordentlich Schwung hinter ihrer Hand.

  • Klappe halten? Mulsum öffnen? Er zuckte. Ein Ruck ging durch ihn hindurch. Dann sah er der Amphore nach, wie sie auf seinem Bauch landete. Seine Arme breitete er etwas vor Schreck aus. Ein Glück das sie die Amphore noch hielt. Mit langsamen Bewegungen nahm er die Amphore entgegen. Leise knurrte er. Klappe halten. Das konnte er. Dieses Ding öffnen. Kein Problem. Augenblicke Später reichte er sie zurück. Dabei stieß er die Luft stärker aus. Was machte er sich eigentlich Sorgen um Septima?
    Mit verschränkten Armen stellte er sich dann vor die Sänfte. Mit dem Rücken zu ihr. Klappe halten. Das konnte sie haben. Seine Muskeln spannten sich zunehmend an. Klappe halten. Was glaubte sie eigentlich wer? Sie wusste genau wer sie war. Und wer er war. Klappe halten. Baldemar erkannte, wer er war.
    Knurrend kam ein 'Ja, Herrin'. Es klang gepresst. Fast ausgespuckt. Klappe halten. Ab jetzt würde ihn das alles nichts mehr angehen.

  • Die Amphore traf ihr Ziel, was Septima verwunderte. Allerdings gab ihr custos corporis keinen Laut von sich, sondern nahm ihr die Amphore ab und knurrte anschließend leise. Jetzt erst grinste Septima. ‚Das hast du davon.’ dachte sie hämisch bei sich und wartete, dass Baldemar ihr die geöffnete Amphore wieder herein reichte.
    Vorsichtig füllte sie etwas von dem Mulsum in den Tonbecher, stellte die Amphore zwischen ihre Beine, damit sie Halt hatte, und stopfte den Korken hinein. Dann erst legte sie sie zur Seite. Wieder schnupperte Septima an ihrem Getränk und nahm einen Schluck, welchen sie einen Moment im Mund behielt, ehe sie herunter schluckte. „Ahhhh….“ Mulsum war eindeutig ihr liebstes Weingetränk.
    Während sie am Rande des Marktes in ihrer Sänfte hockte und hin und wieder am Mulsum nippte, so wie die Datteln verspeiste, wurden die Geräusche vom Marktplatz her immer weniger. Die Sonne ging unter und der Markt wurde geschlossen. Septima leerte ihren Becher und legte ihn ebenfalls zur Seite. Nun wollte sie sich kurz die Beine vertreten. Sie schob den Vorhang ein Stück bei Seite und schwang die Beine über den Rand der Sänfte. Auffordernd hielt sie Baldemar ihre Hand entgegen. Als er ihr aus der Sänfte geholfen hatte, schüttelte sie seine Hand ab und schaute sich um. Dieser Teil des Marktes kam ihr nicht bekannt vor. Ach was solls.’ dachte sie bei sich. ‚Noch ist es nicht völlig dunkel, da kann ich ruhig ein paar Schritte gehen.’ Ein kurzer Wink in Richtung ihres Leibwächters und den übrigen Skalven und Septima ging am Rande des Marktes entlang. Die drei Becher Wein die sie getrunken hatte, reichten nicht aus um sie ihrer Balance zu berauben, allerdings fühlte sie sich deutlich besser, leichter.

  • Mit beginnender Dunkelheit war es den Besitzern von Fuhrwerken erlaubt, diese durch die Straßen Roms zu steuern, so dass der Lärm der Wagenräder in den Straßen nicht zu überhören war. Desweiteren waren die Bewohner Roms auf dem Weg zu einer Cena in ihrem Haus, oder dem eines Freundes, einem Treffen in einer Taverne oder einfach nur auf dem Rückweg ins eigene Heim. Jeder, dem Septima kurz ins Gesicht schaute, schien damit beschäftigt zu sein, von A nach B zu kommen, um eine Verabredung oder ein Treffen einzuhalten. Nur sie wanderte allein und ohne Ziel durch die Straßen. Na gut, ganz alleine war sie nicht, folgte ihr doch Baldemar auf Schritt und Tritt. Septima schaute sich nicht um, um zu wissen das ihr custos corporis bei ihr war. Sie wußte das sie sich auf Baldemar verlassen konnte und wollte auch nicht all zu weit gehen, immerhin konnte es für eine Frau gefährlich sein, nachts in den Straßen Roms herumzulaufen.


    Die Augen der Tiberia blieben an einer sentarischen Toga hängen, als ihr ein Mann mittleren Alters, mit zwei Sklaven - womöglich seine Leibwächter - entgegen kam. Ihr Blick blieb an dem fein geschwungenen Gesicht des Senators hängen, dass so gar nicht zu seiner stattlichen, durchaus gut durchtrainierten Statur zu passen schien. Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen und sie blickte dem Senator offen entgegen. 'Ihn habe ich noch nie auf dem Forum gesehen.' ging es ihr durch den Sinn und während sie die äußere Erscheinung des Mannes musterte und ihr durchaus gefiel was sie sah, überhörte sie den immer näher kommenden Wagen hinter sich.


    ~~~~~


    Spurius Faberius Agrippinus, nun schon seit mehreren Jahren Senator von Rom, ging die Via entlang, auf dem Weg zu seiner Villa. Heute wollte er sich einen ruhigen Abend in den Armen einer Sklavin gönnen, als ihm die dunklen Augen einer hübschen, durchaus gut gekleideten jungen Frau entgegenblickten. Unweigerlich erwiderte er ihr Lächeln, welches kurz darauf in seinem Gesicht gefror, denn er sah die Gefahr in Form des Wagens, der über und über mit Schutt von einer Baustelle beladen war, rasend schnell näher kommen. Der Fahrer schien entweder lebensmüde zu sein, oder aber er hatte die Ochsen nicht unter Kontrolle, die wie von dannen vor dem Wagen vorwegstürmten. Mit einem schnellen, langen Schritt war Agrippinus bei der jungen Frau, schlang einen Arm um ihr Taile und drehte sie mit den Worten „Verzeiht, werte Dame.“ gegen die nächste Hauswand. Schützend drückte er sich gegen sie, damit, sollte der Wagen ihn streifen, die junge Frau auf jeden Fall geschützt war.

  • Spätestens bei Septimas positiv klingenden Geräuschen, ging Baldemar davon aus, das sie sich nun zurück halten würde. Sie würde sicher nur etwas trinken und irgendwann würde es in die Villa Aurelier gehen. Was auch immer sie an diesem Mulsum fand. Obwohl er zugeben musste, das es von allen römischen Getränken das erträglichste war.
    Die Zeit verging. Baldemar wurde unruhiger. Was für ein Mist. Wie lange würden sie hier bleiben? Ist Septima eingeschlafen. Ab und zu hörte er etwas aus der Sänfte. Sie war wohl noch wach. Er knurrte. Er bewegte sich. Aber blieb vor dem Einstieg der Sänfte stehen. Immer mehr regte der Germane sich auf.
    Sein Blick ging zur Seite. Er sah Beine. Seine Augen rollten. Na toll. Was kam denn jetzt? Dann die Hand. Er half ihr aus der Sänfte. Sein Gesicht zeigte wie wenig begeistert er war. Sie schüttelte seine Hand ab. Er grummelte. Als ob er sie länger als nötig an der Hand halten wollte. Seine Atemluft verließ leise pfeifend seinen Mund.
    Er war überrascht als er ihren Wink sah. Baldemar zeigte den anderen an, auf die Sänfte acht zu geben. Der Marser folgte Septima. Was brachte die Römerin nur auf diese Idee? In Zukunft also nur noch ein mal Mulsum. Das sie nicht wankte rechnete er ihr hoch an. Glaubte der Germane doch das sie in der zeit weit mehr getrunken haben musste.
    Allein durch die Fuhrwerke wurde es lauter. Die Menschen hielten wenigstens Abstand. Gut für sie. Er achtete nur auf jene, die eine Gefahr bedeuteten konnten. Er sah nicht die senatorische Toga. Sie war ihm egal. Das Geräusch hinter ihm war ihm bedeutend wichtiger. Er war zu weit von ihr Weg. Er hechtete nach vorne.
    Baldemar sah, wie der Römer sich Septimas an nahm. Viel zu nah aber durchaus annehmbar. Schließlich bewahrte er damit die junge Römerin vor schlimmerem. Der Marser selber merkte das er sich keine Gedanken darüber machen durfte. Er drückte sich gegen die Wand. Im letzten Moment. Hinter ihm donnerte der Wagen vorbei. Was für ein Dummkopf. Wenn er den nur aufhalten könnte. Er würde ihm die Nase und mehr brechen. Knurrend sprang er nach Septima, kaum das der wagen vorbei war. Nicht das dieser Römer sich anfallen lassen würde sie an zu packen. Ob der andere verletzt war, war dem Germanen egal. Auch was er trug war nebensächlich. Er würde versuchen direkt zu Septima zu kommen und den Römer mit bösen Augen zu fixieren. Natürlich war er dankbar. Aber das konnte er unmöglich zugeben. Dann müsste er auch zugeben, versagt zu haben.
    Sein sorgenvoller Blick würde eher Septima gelten. Septima? Er brauchte nur eine Antwort. Das es ihr gut ging.

  • Interessiert glitten Septimas Augen über die Statur des Senators, ehe sie die Veränderung in seinem Gesichtsausdruck bemerkte und schon im nächsten Moment von ihm gepackt und gegen die Hauswand gedrückt wurde. ‚Sehr stürmisch.’ ging ihr kurz der abwegige Gedanke von gegenseitigem Begehrens durch den Sinn, und sie stieß einen kurzer Laut der Überraschung aus, ehe der Wagen mit Bauschutt in schnellem Tempo an ihnen vorbeipreschte.
    Leicht beflügelt durch den Wein- und Mulsumgenuss, genoss Septima die Nähe des ihr fremden Mannes und ungeahnte Phantasien stiegen in ihrem Kopf empor, die die Hitze in ihrem Körper entflammte. Nur kurz ermahnte sie ihre Erziehung daran, dass das hier völlig unziemlich war, doch schnell wurde dieser Gedanke von ihr bei Seite geschoben und sie schaute aus großen, unschuldigen Augen dem Senator entgegen. Ihr Mund war leicht, fast schon einladend geöffnet. Dann jedoch unterbrach Baldemar die kribbelige Situation mit einem einzigen Wort. ‚Septima?’ Langsam wand sie ihrem Sklaven den Kopf zu, und strafte Baldemar mit einem kühlen Blick. Während der Senator einen Schritt zurück trat, immer hin war die Gefahr vorüber, beruhigte sie ihren Sklaven. „Alles in Ordnung.“ Dann schaute sie, noch immer mit dem Rücken an der Wand stehen, lächelnd zu dem Senator, der ihr gerade das Leben gerettet hatte. „Ich danke Fortuna, dass sie mir einen so galanten Helden geschickt hat. Wie kann ich mich für diese Tat bei dir erkenntlich zeigen?“ ‚Oh, da würde mir spontan etwas einallen, dass gewiss kein Mann ausschlagen würde.’ Das Kribbeln in ihrem Inneren nahm zu und nur langsam löste sie sich von der Wand und beobachtete ihr Gegenüber, ob sie deutliche Anzeichen von Sympathie bei ihm sehen konnte. ‚Vielleicht….’


    ~~~~~


    Die unvorbereitete Nähe zu der jungen Dame ließ ebenfalls ein oder zwei sexuelle Phantasien in Agrippinus Geist empor kommen, zumal er sich zuvor schon Gedanken darüber gemacht hatte, welche seiner Sklavinnen ihm heute sein Bett wärmen dürfte. Unverhofft drückte er sich nun gegen den schlanken Leib einer Römerin, selbstverständlich nur, um sie vor der Gefahr des Karrens zu schützen, doch wollte sein Körper dies nicht ganz glauben. Er spürte, wie der Zustand ihres Körpers sich verändert, der zunächst angespannt durch den plötzlichen Überfall war, aber anschließend ruhiger und enspannter wurde, und er sich sogar einbildete, ein kleines Entgegenkommen ihrer Hüfte zu spüren. Bevor er völlig die Beherrschung verlieren würde, trat der Senator schnell einen Schritt zurück. Sie befanden sich hier auf einer öffentlichen Via und der custos corporis der Dame war gerade zu ihnen getreten. „Verzeiht meinen überfallartigen Angriff auf dich, ehrenwerte Dame.“ Sein Blick ging kurz zu ihrem Schuhwerk und er erahnte im Halbdunkeln die Halbmonde auf ihren Sandalen. Was die gute Kleidung der jungen Frau erklärte. Sie bedankte sich bei ihm und wollte ich erkenntlich zeigen? Ein Lächeln verzog die vollen Lippen des Senators und er sprach etwas anderes, als seine Geist gerade dachte. „Es ist mir eine Ehre, eine so hübsche Dame vor größerem Schaden zu bewahren. Selbstverständich schuldest du mir nichts dafür. Aber vielleicht darf ich dich ein wenig auf deinem Weg begleiten. Die Straßen sind viel zu gefährlich für eine so schöne Frau, wie du es bist. Oh, ich vergass mich vorzustellen. Faberius Agrippinus, Senator im Dienste Roms.“ Er verneigte sich leicht vor ihr.


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    Dem wachsamen Blick von Septima entging nicht, dass der Senator eine gewisse Reaktion auf ihren kurzen körperlichen Kontakt zeigte, doch hatte er sich, selbstredend für einen Senator, sehr gut im Griff und bot ihr lediglich seine Begleitung an und stellte sich vor. ‚Mhm, noch nie von ihm gehört.’ Allerdings gab es sehr viele Senatoren in der Curia Iulia und nicht immer waren alle anwesend. Vielleicht hatte Faberius eine lange Zeit außerhalb von Rom verbracht, so dass sie ihn noch gar nicht kennen konnte. Außerdem war er ein Plebejer, was ihn von vornherein ein wenig aus ihrerem gesellschaftlichen Umgang ausschloss. „Tiberia Septima.“ stellte sie sich im Gegenzug vor. An sich hatte Septima vorgehabt, einen falschen Namen zu nennen, aber die kurze Frage von Baldemar hatte dies zu nichte gemacht. „Ich würde mich über etwas Gesellschaft sehr freuen.“ Nahm sie lächelnd sein Angebot, sie zu begleiten an. „Hoffentlich halte ich dich nicht von etwas Wichtigem ab?“


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    Die junge Frau stellte sich als eine Tiberia heraus und nahm ohne Vorbehalte sein Angebot an. Ebenfalls lächelnd deutete Agrippinus mit der Hand die Straße entlang und bot der Patrizierin seinen Arm an.

  • Septimas Blick würde jeden Sklaven zusammen zucken lassen. Nicht Baldemar. Er begegnete gelassen ihren Blick. Er zeigte, das es ihr gut ging. Seine Schultern zuckten. Ihr ging es gut. Das reichte ihm an Information. Dennoch blieb er wo er war. Denn dieser Mann sollte sich ja nicht einfallen lassen ihr zu nahe zu kommen. Doch Septima sah es offensichtlich anders. Leise grummelnd musste er mit ansehen, wie die beiden sich unterhielten.
    Der Römer reichte ihr den Arm. Sie nahm ihn an. Na toll. Der Marser kannte sie. Er ahnte was in ihr vor ging. Der Germane würde folgen. Auch wenn seine Augen sich leicht verdrehten. Dieses drumherum Gerede war ja nicht auszuhalten.
    Ihre Worte ließen ihn vor sich hin knurren. Einen Helden? Und was war er bitte? Er war nie ein Held gewesen. Baldemar merkte Eifersucht. Erkenntlich zeigen? Nun gut. Darauf war er nicht eifersüchtig. Seine Augen fixierten den Senator. Es war ihm gleich was für ein Mann es war. Wichtig war ihm nur Septimas Schutz. Allerdings befürchtete er bereits, das er nicht eingreifen würde dürfen. Nein. Sicher würde es für ihn wieder vor irgendeiner Tür enden, die er zu beschützen hatte.
    Dieser Kerl bot auch noch Schutz an. Das war ja die Höhe. Baldemars Mundwinkel zuckten. Aber er schwieg. Den Namen merkte er sich gut. Auch das Gesicht. Man konnte nie wissen, wann es wieder wichtig werden konnte.

  • „Was kann es wichtigeres geben, als der Schutz einer jungen Frau in den immer dunkler werdenden Straßen Roms? Somit beantworte ich deine Frage, ob ich nicht etwas anderes zu tun hätte, mit einem klaren, nein.“ Charmant lächelte der Senator sie an. Zwar würde er nun etwas länger warten müssen, bis das er sich einer seiner Gespielinnen widmen konnte, doch was tat Mann nicht alles, um bei einer Patrizierin gut da zu stehen. „Ich war soeben auf dem Weg zu meiner Villa, um einen enspannten Abend alleine zu Hause zu verbringen.“ Er betonte es so, als sei es nichts besonderes und er würde öfters die Abende alleine zu Hause verbringen. Vielleicht gefiel dies einer Dame besser, als ein draufgängerischer Mann.


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    Septima hakte sich bei dem ihr angebotenen Arm ein und folgte neugierig den Ausführungen des Senators, während ein Lächeln ihre Mundwinkel umspielte. ‚Perfekt.’ dachte sie nur und hatte bereits einen Plan gefasst. „Ich nehme an, es ist nicht all zu weit, bis zu deiner Villa?“ erkundigte sie sich und fragte vorsichtig weiter nach. „Und… deine Familie? Ich meine, ein so charmanter Senator wie du es bist, Faberius, der hat doch gewiss ein Eheweib und einen Stall voll Kinder, die zu Hause auf ihn warten.“ Sie ließ sich einfach von dem Mann neben sich führen, wusste Septima doch, dass Baldemar es locker mit ihm und auch mit seinen Leibwächten aufnehmen könnte, wenn es zu einer gefährlichen Situation kommen sollte.


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    „Ja, zur Zeit lebe ich alleine in meiner Villa, die gleich zwei Straßen weiter liegt. Meine Frau ist bei der Geburt des ersten Kindes gestorben, ebenso wie das Kind. Anscheinend wollte Iuno noch nicht, dass ich Nachkommen habe, weshalb ich mir mit der Wahl einer neuen Frau etwas Zeit lasse und somit alleine lebe.“ antwortete Agrippinus wahrheits gemäß, ehe ihm auffiel, dass die Tiberia Interesse an ihm zu haben schien. Woher das wohl kam? Nur kurz zuckten seine Mundwinkel, da sie sich zu einem triumphalen Lächeln verziehen wollten, ehe er sich ihr gegenüber als einfühlsamer Frauenversteher präsentierte. „Würde mir allerdings ein so hübscher Schmetterling wie du es bist begegnen, ich schwöre, ich würde nichts unversucht lassen, ihn einzufangen.“ Seine Linke wanderte zu ihrer, die er im Arm hielt und strich sanft über ihren Handrücken. Ob sie sich so leicht einfangen ließe?


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    Es war ein Spiel, welches sie hier spielten und Septima genoss es, begehrt und erobert zu werden. Sie wollte spüren, dass sie jemandem wichtig war, dass sie jemand um ihrer Selbstwillen wollte und bereit war, dafür ein Risiko einzugehen. Selbst wenn es nur ihr Körper wäre, den dieser Mann wollte, wäre sie bereit, ihm zu geben, wo nach es ihm verlangte, nur damit sie das kurze Vergnügen eines gemeinsamen Höhepunktes genießen konnte.
    Mit ein wenig Verlegenheit, wie es sich für eine sittsame Patrizierin gehörte, reagierte sie auf seine Berührung ihrer Hand, in dem sie ihre Augen niederschlug und sein Streicheln beobachtete. Das bereits ein Feuer in ihr brannte, konnte Agrippinus unmöglich gesehen haben, und doch musste sie Signale ausgesandt haben, die ihn vermuten ließen, dass sie zu mehr bereit war. Septima war gewillt auf Alles oder Nichts zu setzten.
    „Dann sollten wir zu deinem Haus gehen, ehe der Schmetterling sich aus dem Netz befreit.“

  • Baldemar verdrehte seine Augen. Dieser Römer spukte ja große Töne. Er ahnte bereits, worauf es hinaus lief. Also atmete er tief durch und folgte den beiden. Allein zu Hause? Das wurde ja immer besser. Obwohl es die Möglichkeit bieten konnte, das der Germane zu etwas Wein kommen würde. Nicht gut aber ausreichend.
    Seine Augen gingen umher. Immer mal wieder auf ihre Rückansicht. Sein Ausatmen wurde von Ungeduld lauter. Nicht zu laut. Er hörte nicht mehr zu. Ihre Betonung zeigte ihm, was sie wollte. Er kannte diesen Ton. Seine Aufmerksamkeit galt mehr dem Mann. Er würde darauf achten, das dieser nichts dummes tat. Die beiden Leibwächter schienen fähig. Der Marser beobachtete sie. Er machte Schwachpunkte aus. Im Notfall musste er drei Männer besiegen. Schwer aber nicht unmöglich.


    Er hörte nur nebenbei, das der Senator alleine lebte. Baldemars Augen rollten erneut. Schmetterling? Fast hätte der Germane gelacht. Wie gut das er hinter den beiden ging. Er atmete etwas heftiger aus. Gewann die Kontrolle über seine Mimik wieder. Bevor er sich wieder der Umgebung widmete.
    Schmetterling? Was für ehrliche Worte. Wieso nicht. Willst du, ich hab gerade Lust? Aber gut. So ging es eben. So machte sie es. Baldemar prägte sich den Weg gut ein.

  • Erstaunt zog der Senator eine Augenbraue nach oben und seine Mundwinkel umspielte ein Lächeln. War das gerade ein offenes Angebot der Tiberia? „Nun denn, zu meinem Haus geht es hier entlang.“ Galant führte er die hübsche Frau an seinem Arm die letzten Meter zu seiner Casa. Sie traten durch die Porta ein und er ließ der Tiberia einen Moment Zeit, sich umzuschauen, während zwei Sklaven mit Wasserschalen und Krügen herbeigeeilt kamen, um ihnen Hände und Füsse zu waschen.


    ~~~~~


    Die Casa des Faberius konnte in den Ausmaßen nicht mit den Villen der Patrizier mithalten, allerdings war das Haus geschmackvoll eingerichtet und zeugte von schlichter Eleganz und edlem Prunkt, in genau der richtigen Kombination. Es war nicht zu übertrieben aber auch nicht zu schlicht. Wohlwollend nickte Septima und ließ sich die Hände und Füsse von den Sklaven reinigen, während sie Agrippinus anlächelte. „Dein Haus gefällt mir. Hat deine Frau es eingerichtet, oder war dies das Werk eines guten Architekten?“ Als die Sklaven fertig waren, schritt Septima langsam durch das Atrium. Mit einem Wink gab sie Baldemar zu verstehen, dass er sie nicht weiter begleiten sollte. Er konnte am Eingang auf sie warten. Auffordernd drehte sie sich um und schaute wo der Senator blieb. Ob er einen weiteren Anstoß brauchte, um endlich zur Sache zu kommen?


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    Agrippinus ließ sich von seinen Sklaven die Toga abnehmen und schlüpfte nach der kurzen Waschung in bequeme Hausschuhe. Dann beobachtete er neugierig die Reaktion der Patrizierin auf sein zu Hause. Sie schien nicht abgeneigt und er folgte einen Schritt hinter ihr ins Atrium. „Es freut mich, wenn es dir gefällt, wehrte Tiberia. Die Einrichtung stammt von einem Architekten.“ erwiderte er nicht ohne Stolz und schloss zu ihr auf. Seine Augen wanderten über ihr hübsches Gesicht, von den Augen beginnend und bei ihren vollen Lippen endend. Sollte er sich wirklich auf dieses Spiel einlassen?


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    Der Senator trat näher und Septima hegte schon die Hoffnung, dass er, ganz Mann, die Initiative ergreifen würde, doch nichts geschah. Er schaute sie einfach nur an. ‚Was bitte schön soll das denn nun?’ „Worauf wartetst du?“ fragte sie keck und erhob sich auf die Zehenspitzen, um einen Kuss von dem ihr fast gänzlich unbekannten Mann zu fordern.


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    Der Moment des Zweifels wurde von ihr und ihren weichen Lippen hinfort gespült und sofort spürte Agrippinus die Wogen der Lust durch seinen Körper fluten. Diese Frau wollte es und ihr Kuss gab ihm ein deutliches Zeichen. Nun hielt den Senator nichts mehr. Mit den Armen fest umschlugen, drehte er sich mit ihr und drückte die junge Frau gegen die nächstbeste Wand. Seine Hände wanderten an ihrem Körper entlang zu ihrer Hüfte und er presste sich fest gegen sie, so dass sie sein Verlangen deutlich zu spüren bekam.

  • Baldemar folgte. Er blieb ruhig. Während die beiden gewaschen wurden, verdrehte er die Augen. Die Casa war nicht groß. Auch nicht klein. An sich ganz angenehm. Um sich abzulenken sah der Germane sich ein wenig um. Nebenbei hörte er das die beiden immer noch redeten. Er sah den Wink. Er sollte wohl am Eingang warten. Er verzog seinen Mundwinkel.
    Das wäre ja noch schöner. Dder Marser wusste wie lange sie brauchte. Da gab es doch besseres als hier herum zu stehen.


    Auf der Suche nach Met die Erste.


    Baldemar musste nicht mitbekommen, was weiter geschah, um es zu wissen. Kaum waren die beiden außer Sichtweite. Da ging er schon auf Erkundung. Sein Ziel fand er schnell. Denn die Küche war oftmals am gleichen Platz, wenn nicht, hatte der Germane ein ausgesprochen gutes Gespür dafür. Doch er musste feststellen, das es nur Wein und kein Met gab. Zumindest verkürzte dies zusammen mit dem Brot und den Datteln die Zeit. Die Köchin machte ihm schöne Augen. Was die Bewirtung vereinfachte. Allerdings sah Baldemar es kaum. War er doch durch und durch treu.

  • Etwa zwei Stunden später verließ Septima im Schutze der Dunkelheit und mit einem politischen Versprechen von Agrippinus, den Gatten von Septima, Aurelius Ursus, im Senat hin und wieder zu unterstützen, die Casa Faberia. Baldemar geleitete seine, in einen Mantel gehüllte Herrin zwei Straßen entlang, bis sie wieder bei ihrer Sänfte ankamen und Septima in dieser Platz nahm. Nun ging es zurück zur Villa Aurelia, wo sie ihrem Gemahl von einer schönen, wenn auch traurigen – da sie ihre Freunde nun so lange nicht wieder sehen würde – Cena berichten würde.


    - finis -

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