Es hatte kaum einen halben Tag gebraucht, bis die Worte des gallischen Sklaven Aedan sich soweit in mich hinein gefressen hatten, dass ich den Ägypter zu mir rufen ließ. Während ich wartete, lehnte ich rückseitig an meinem Schreibtisch, die Arme vor der Brust verschränkt und den Blick auf die nur angelehnte Tür gerichtet. Ungeduldig tippte ich ab und an mit der rechten Fußspitze auf den Boden. Vielleicht würde ich auch mit Celerina darüber noch reden, obgleich mir nach allem anderen der Sinn stand außer nach dieser Unterhaltung. Ich war es so müde, immer wieder davon zu beginnen.
officium MAC | Römer leben länger...
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Mit einigermaßen klopfendem Herzen trat Okhaton ein; zwar wusste er, dass es nichts gab, was ihm, objektiv gesehen, irgendwelche Probleme machen konnte - aber das es auf wirkliches Verschulden nun einmal nicht ankam in der Welt, das wusste er trotz seiner jungen Jahre recht gut. "Was kann ich für dich tun, Corvinus?"
Sim-Off: Courier ist wie immer griechisch.
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Schon bei unserem ersten Aufeinandertreffen hatte ich unterbewusst nach Dingen gesucht, die mir an diesem Sklaven missfielen. Nach den Worten Aedans hatte ich mir vorgenommen, den Sklaven näher unter die Lupe zu nehmen. Es war mir bereits sauer aufgestoßen, wie er sich verhalten hatte, als ich zu Celerina hinzugestoßen war an jenem Tage, da sie ihn zum Geschenk erhalten hatte. Nun trat der Sklave ein, sprach mich auf Griechisch an, und sogleich missfiel mir erneut etwas. Er nannte mich beim cognomen, wie es Freunde taten oder auch - wohlgemerkt - langjährige und treue Sklaven. Mit ihm jedoch hatte ich bisher kaum mehr als fünf Sätze gewechselt. Ich deutete auf den runden Tisch vor dem Fenster mit seinen vier Stühlen. "Setz dich", forderte ich ihn auf. "Ich möchte von dir wissen, für welche Aufgaben dich meine Frau vorgesehen hat", erklärte ich, ohne etwas an meiner Haltung zu verändern. Zwar sprach ich Griechisch, da ich es dank meiner Abstammung und der damit verbundenen, hervorragenden Ausbildung recht gut beherrschte, doch würde dieser Sklave schnellstmöglich sein Latein aufbessern müssen. Ob ich ihn auf Latein antworten lassen sollte?
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Okhaton nahm Platz. Gut - offenbar hatte der Mann der Herrin sich noch keine abschließende Meinung gebildet. Er zog die Augenbrauen zusammen, während er die richtigen Worte suchte - er durfte jetzt nichts Missverständliches sagen, obwohl die Wahrheit unproblematisch war. "Für was deine Frau mich vorsieht, weiß ich nicht, ich habe nur länger mit ihr gesprochen, als ich herkam. Ich bin kein Vertrauter für sie. Ich kann dir nur sagen, was ich bisher gemacht habe - Geschichten erzählt, Musik gemacht, gesungen und als Wächter ausgeholfen. Ohne dass sie es mir gesagt hätte, versuche ich die Buchstaben zu lernen und mehr Latein... und mehr habe ich bisher in deinem Haus nicht getan." Auf Latein wiederholte er: "Ich bin nur Sänger, Erzähler, vielleicht Wächter."
Der Ägypter zügelte seine kraftvolle Stimme sorgfältig, Kraftmeierei war hier wirklich nicht gefragt, aber jedes seiner Worte war verständlich, wenn er auch Griechisch mit ägyptischem Akzent und Latein noch etwas unbeholfen sprach. Die letzten beiden Sätze wurden etwas lauter, er legte Entschiedenheit hinein und sah Corvinus direkt an. War dieser Römer ein Menschenkenner? Okhaton hoffte, seine Nervosität würde nicht missdeutet werden. -
Nur Sänger und Geschichtenerzähler? Ich sah den Ägypter zweifelnd an. Kannte ich meine Frau so schlecht, dass ich ihren Wunsch nach einem Gesellschafter bisher nicht bemerkt hatte? Die Antwort war so simpel wie kurz. Ja. Wenigstens schien er mir ehrlich zu sein, dieser Sklave, obgleich er mir durchaus so vor kam, als würde er etwas bocken wollen. Nun, solange er dies nicht tat, sah ich keinen Grund, ihn zu maßregeln. Bei seinem Latein hob ich kurz die Brauen. Er lernte viel schneller als Siv damals, wie mir schien, allerdings lag das Griechische auch weitaus näher am Latein als Germanisch. "Gut. Okhaton, richtig?" vergewisserte ich mich schließlich nochmals ob seines Namens, diesmal auf Latein. "Es kann für dich nur von Vorteil sein, wenn du so viel und so schnell als möglich unsere Sprache lernst, damit du dich auch mit anderen verständigen kannst", fuhr ich dann so fort, dass er mich gut verstand. "Ich gebe dir einen guten Rat. Benutze so oft Latein, wie es geht, auch wenn es den Anschein hat, dass du nicht die rechten Worte findest. Auf diese Weise wirst du schnell lernen. Es gibt allerdings noch eine Sache, wegen der ich dich hergerufen habe." Ich machte eine Pause, entfaltete meine Arme und bettete die Handflächen links und rechts neben mich auf die Schreibtischplatte, an meiner stehenden Position hatte ich nichts verändert. "Ich lege dir nahe, die Finger von meiner Frau zu lassen, ganz gleich, was sie dir auch befehlen mag. Ich sage dir dies nur ein einziges Mal, Okhaton. Sollte es soweit kommen, dass ich es ein zweites Mal sagen müsste, würdest du bereits am Kreuze hängen." Ich sagte dies, ohne mit einer Wimper zu zucken. Vielmehr war ich ernst und sehr deutlich, und fuhr dann auf Latein fort, als wäre dies nicht eben eine Drohung gewesen. "Wie gut kannst du dir Dinge merken?"
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Todesdrohungen waren im Steinbruch an der Tagesordnung gewesen, und gekreuzigt worden war dann doch keiner. Okhaton konnte damit umgehen. Wie er, sollte Celerina auf törichte Gedanken kommen, verfuhr, würde er wohl improvisieren müssen. Es kam auch sehr auf die Situation an - aber von diesen Gedankengängen ließ der Ägypter nichts nach außen dringen. In Ägypten drückte man seine Gefühle anders aus als in Rom, und so fiel ihm das hier nicht besonders schwer. "Sum servus, nec idiota. Idiota sum, tuam muliera tango."* erklärte er nüchtern auf die Drohung hin.
Die allgemeinen Hinweise, die Corvinus ihm gab, nahm er auf - er sprach ja schon immer Latein, wo es sich vertreten ließ. "Ich merke schnell Wörter von Lied und ich merke schnell Geschichte. Und ich lerne sprechen schnell. Also ich merken wohl ein bisschen gut." Die Antwort des Ägypters kam mit der augenscheinlichen Ruhe, wie sie das Vertrauen, notfalls aus jeder Situation einen Ausweg finden zu können, ermöglichte. Okhaton war kein Held - aber Angst, die Angst, die Entscheidungen schlechter werden lässt, die hatte er noch nie erlebt. Er vermutete, sie wäre ihm einfach ganz fremd.
Er hatte das Gefühl, den Patrizier mit seinen Antworten überzeugt zu haben, daher verzichtete er darauf, die offenkundige Frage zu stellen, wo er mit seiner Anfrage hinwollte.
Sim-Off: *"Ich bin Sklave, aber kein Idiot. Ich bin Idiot, deine Frau anfasse." Und ja, seine Grammatik ist saumäßig.
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Meine Worte schienen ihn entweder gänzlich kalt zu lassen - oder aber er verbarg sehr gut, was er darüber dachte. Nun, mir sollte es recht sein, solange er sich meine Worte nur gut einprägte und sie befolgte. So nickte ich denn schlichtweg auf seine Worte hin, kommentierte sie jedoch nicht weiter.
Das Latein des Ägypters war grauenvoll. Er erinnerte mich an Siv und ihre ersten Gehversuche in meiner Sprache, obgleich er es aus den vormals genannten Gründen schon viel besser meisterte als sie zu Beginn. Dennoch blickte ich ihn an, als hätte ich Zahnschmerzen, als er redete. Und doch war ich selbst Schuld, hatte ich ihn doch noch dazu ermutigt. Die Quintessenz der Antwort an sich jedoch sagte mir zu. Ich nickte. "Gut. Ich werde hin und wieder einen zuverlässigen nomenclator benötigen." Der letzte war schlussendlich an Altersschwäche gestorben. "Falls meine Frau dich entbehren kann, werde ich dich also hin und wieder mitnehmen. Deine Aufgabe wird dann sein, dir die Namen von wichtigen wie unwichtigen Männern zu merken und mir bei Bedarf zu nennen. Traust du dir das zu?" hakte ich nach. Sicherlich wäre es auch für Celerina von Vorteil, wenn Okhaton diese Tätigkeit beherrschte.
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Der Ägypter nickte. Das klang nicht sehr herausfordernd, es würde nur darum gehen, wachen Geistes zu sein. "Ja. Ich kann das machen." Öfter aus dem Haus zu kommen war ihm alles andere als unrecht.
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Ich ließ meinen Blick noch ein wenig länger auf Okhaton ruhen, fragend, prüfend, nicht zweifelnd jedoch. Ich glaubte ihm. Er würde es zumindest versuchen, sich dieser Aufgabe zu stellen. Vermutlich barg er Potential, irgendwo in den Untiefen seines Wesens. Wenn er erst besser Latein sprach, wäre er sicherlich von noch größerem Nutzen. Schließlich nickte ich. "Gut. Dann wirst du bei den salutationes anwesend sein und dir vorerst die Namen meiner Klienten merken. Wir beginnen damit gleich morgen früh." Es würde in Kürze gewiss das ein oder andere Gastmahl geben, bei dem bedeutendere Namen den Weg ins Gedächtnis Okhatons finden würden, doch alles zu seiner Zeit. Als nächstes stellte ich eine Frage, deren Antwort mich indes ebenso interessierte: "Sag, hat der Name Okhaton eine Bedeutung?"
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Die Römer hatten für diese Aufgabe irgendeinen Namen, aber er war Okhaton entfallen. Jedenfalls würde ihm das gefallen - es war nicht anstrengend, und es gab auch etwas zu tun für den Kopf. Corvinus war für ihn allerdings eine einschüchternde Person, mit seiner Strenge und seiner Wichtigkeit...
Das gesellschaftliche Leben der Römer war Okhaton fremd, und er schätzte es kein bisschen. Er hatte das Gefühl, dass all diese Leute es sich viel zu schwer machten. Aber vielleicht musste das so sein, wenn es so reiche Leute wie Celerina und Corvinus und so arme, wie er sie auf der Straße sah, gab...
"Gut. Ich lerne Namen." erklärte er. Bei der Frage nach seinem eigenen Namen zuckte er mit den Schultern. "Weiß nicht. Ist ägyptisch von früher...von den alten...ähm...Königen. Ein Philosoph war einmal Gast bei meinem Haus, er hat gesagt, mein Name hat zu tun mit einem Gott von den Alten, aber weiß nicht, ob das stimmt." Nach kurzem Nachdenken fragte er: "Sagen Namen bei Römern eine Bedeutung? Vielleicht kann ich sie besser mir merken, wenn ich Bedeutungen weiß?"
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