Tablinum | Das kann doch nicht wahr sein...

  • Albina wollte es noch immer nicht glauben. Genauso wenig wie sie es die letzte Viertelstunde auf dem Rückweg vom Markt nach Hause hatte glauben können. Sie hatte es so eilig gehabt, dass sie auf die Sänfte verzichtet hatte und strammen Schrittes gegangen war, weshalb sie jetzt ein wenig außer Atem war. Ebenso wie die Sklaven die in demselben Tempo die Sänfte hinter ihr hertragen hatten müssen. Aber besser ohne ihr zusätzliches Gewicht als mit, hatte Albina sich gedacht.


    Jetzt stand sie etwas kurzer Atmung vorm Tablinum ihres Mannes, klopfte einmal kurz an die Tür und trat ein, ohne auf eine Antwort zu warten. "Salve, mein Lieber. Entschuldige den Überfall, aber ich muss unbedingt mit dir sprechen. Du glaubst nicht, was ich gerade für Gerüchte auf dem Markt gehört habe. Es wird behauptet, dass Laevina Durus verlassen haben soll. Schwanger von einem anderen mit ihm durchgebrannt!! Das kann doch unmöglich wahr sein!" Sie sprach so schnell, dass sie nicht sicher war, ob es bei ihrem Mann in diesem Tempo auch angekommen war, als sie aufhörte zu sprechen.

  • Macer starrte Albina einen kurzen Augenblick entgeistert an angesichts ihres plötzlichen Erscheinens und ihrer offensichtlichen Kurzatmigkeit. "Ich entschuldige den Überfall", antwortete er erst einmal mechanisch, denn natürlich entschuldigte er seiner Frau und Herrin im Hause notwendigerweise eine ganze Menge von dem, was sich eben innerhalb des Hauses abspielte - und außerdem gewann er so etwas Zeit. "Was ist los? Wer hat wen verlassen?" Der Name Durus war wohl im Redefluss an ihm vorbeigerauscht, wäre aber sein einziger klarer Anker gewesen, an dem er sich hätte festhalten konnte, denn wie dessen nunmehr Ex-Frau hieß, wusste er natürlich nicht auswendig.

  • Albina war ein wenig irritiert von der Frage ihres Mannes. Konnte er denn nicht zu hören? Dass ihr Redeschwall für einen Außenstehenden zu schnell und aus dem Zusammenhang gerissen sein könnte, konnte sie sich in diesem Moment selbstverständlich nicht vorstellen. "Na Aurelia Laevina hat meine Schwager Durus verlassen." meinte sie daher, als wäre es selbstverständlich. "So heißt es jedenfalls auf den Straßen. Bei den Göttern, wenn daran etwas wahr sein sollte. Der Arme..."

  • "Durus ist die Frau weggelaufen?" wiederholte Macer nun noch einmal weniger eloquent, was er verstanden hatte und was Albina verständlicherweise in einige Aufregung versetzte. "Das ist in der Tat überraschend." Was wiederum nicht verwunderlich war, schließlich war für Macer selbst seine eigene Hochzeit mehr oder minder überraschend gekommen. "Und sie hat ihn verlassen, weil sie schwanger von einem anderen ist?" fragte er nach. Erst langsam wurde ihm klar, dass das für einen ehemaligen Consul eine ziemliche Katastrophe darstellte.

  • "Ja, das haben zumindest die einen behauptet. Andere wiederum meinten, sie sei mit einem Sklaven auf und davon." Über die Abwegigkeit einer solchen Tatsache jedoch schwieg Albina aus eigener Erfahrung. Schon beim Hören dieses Gerüchts war ihre Erinnerung an Verres schmerzvoll wieder hervorgebrochen. "Ich weiß garnicht was ich dazu sagen soll.", gestand sie dann ein. "Irgendetwas wird daran sicher wahr sein, wie bei den meisten Gerüchten. Nur wo der eigentliche Kern ist, ist im Nachhinein immer so schwer zu ermitteln." Am liebsten wäre sie sofort zu Durus geeilt um ihn danach zu fragen. Doch das verbot der Anstand.

  • Letzteres war auch Macer klar, so dass seine Ideen zur Klärung der Lage auch reichlich limitiert waren. "Und die, die das eine behauptet haben, sind halbwegs verlässlich?" fragte er nach. Dann kam ihm eine Idee und er rief seinen Sekretär hinein. "Weißt du etwas von einer Trennung von Tiberius Durus und seiner Frau?" fragte er ihn neutral. Jener verneinte. "Dann finde heraus, ob an diesem Gerücht etwas dran ist", trug Macer ihm als Antwort auf und schickte ihn wieder fort. Dann blickte er Albina zuversichtlich an. "Wenn etwas dran ist, wird er es herausfinden", sagte er überzeugt, auch wenn er annahm, dass sich Albina inzwischen auch selber von der Zuverlässigkeit des Sekretärs hatte überzeugen können.

  • "Auf die Gerüchte der Straße kann man wenig geben, daher weiß ich nicht, wie verlässlich sie sind. Ich hoffe er findet heraus, was passiert ist." Sie wusste um die Verlässlichkeit des Sekretärs und wartete schon jetzt sehnsüchtig auf dessen Rückkehr und die Antworten, die er mitbringen würde.
    "Was für eine Schmach für Durus... und was für eine Schande für die Aurelier im Allgemeinen." Der Ruf einer gens wurde nur allzu leicht von Gerüchten in Verruf gebracht. Und gerade patrizische gentes wurden vom Pöbel bei jedem noch so kleinen Anlass gerne verhöhnt und verrufen.


    "So wie ich meinen Vetter kenne, so ist er sicherlich ein guter Ehemann... so etwas hat er nicht verdient." Natürlich wurden Ehen in der Nobilitas längst nicht aus romantischen Ambitionen geschmiedet. Aber das war seit jeher so... und selbst sollte es andere Gefühle geben, so sollte man doch vernünftig und diskret genug sein, diese im Verborgenen zu halten. Albina hatte Macer auch nicht aus Liebe geheiratet. Aber er war ein guter Ehemann und solch eine Schmach würde sie ihm nie zufügen.

  • Obwohl Macer auch unter den Aureliern Klienten hatte, machte er sich um den Ruf der Gens in diesem Augenblick weniger Sorgen. Es gab ohnehin einige Aurelier, von denen er eher unterdurchschnittlich viel hielt, da kam es auf eine Person mehr oder weniger auch nicht an. Das Verhältnis zwischen den Tiberiern und den AUreliern war da schon spannender. "Ob Durus das wohl so ernst nehmen wird, dass es sich allgemein auf das Verhältnis zwischen Tiberiern und Aureliern auswirkt?" grübelte er daher halblaut. "Dann wäre es früher oder später auch ein halbwegs politischer Skandal."

  • "Nunja, wie sollte er soetwas nicht ernst nehmen?" fragte Albina mehr rhetorisch. "Die Frage bleibt, wie die Aurelier darauf reagieren. Ob sie sich von ihrer eigenen Verwandten oder von Durus abwenden... doch so verrückt kann Corvinus nicht sein, dass er eher eine politische Verbindung aufgibt als eine... nunja, unkeusche Verwandte zu verstoßen."


    Noch immer wollte Albina nicht in den Kopf wie die Aurelierin so etwas hatte tun können. Doch was wenn sie selbst damals älter und selbstbewusster, noch dazu Vitamalacus nicht informiert gewesen wäre? Sie verbannte erneut solche Gedanken. Das waren Dinge die sie später an einem ruhigen Ort mit sich selbst ausdiskutieren konnte.


    "Das macht Durus zum Gespött...ein Konsul der seine Frau nicht halten kann." seufzte Albina leicht. "A propos Konsul..." begann sie dann von selbst drauf gekommen ein anderes Thema. "Wie sehen eigentlich deine Pläne aus, Macer? Denkst du nicht es wäre an der Zeit für dich, nach dem Konsulat zu streben?" Sie hatte schon länger darüber nachgedacht und fand, es war an der Zeit dies anzusprechen, da ihr Ehemann es von selbst noch nicht getan hatte.

  • Macer grübelte selber noch über die verschiedenen politischen und familiären Konsequenzen nach, so dass ihn der recht überraschende Themenschwenk seiner Frau etwas unvorbereitet traf. "Nun ja...", begann er und schaute sie an, als würde die Antwort in ihrem Kopf sein und nicht in seinem. "Ich komme wohl nicht drum herum", stellte er dann mit einem leicht gequälten Lächeln fest. "Aber wenn man sieht, wie es derzeit im Senat teilweise zugeht lädt das nicht gerade dazu ein, als Consul dessen Vorsitzender sein zu wollen."

  • Stunden später. Der Sekretär war wieder da und meldete sich gleich bei seinem Herrn und der Herrin. Auch wenn er selten eine größere Gefühlsregung zeigte und auch diesmal wenig aufgeregt wirkte, merkte man doch, dass er ein Ergebnis erzielt hatte. Zielgerichtet wandte er sich direkt an Tiberia Albina. "Herrin, es ist zutreffend, was du vernommen hast. Tiberius Durus und seine Frau haben sich auseinander gelebt und sie hält sich nicht mehr in Rom auf."

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