Alle Straßen führen zum Rhein

  • Die junge Iulia war es nicht gewohnt, dass immer überall ein Sklave dabei war, der auf sie Acht gab, als wäre sie ein kleines Kind, das Gefahr lief jeden Augenblick eine Dummheit anzustellen. Natürlich hatte auch sie als kleines Mädchen ein Kindermädchen gehabt, das aber so viel nebenher noch um die Ohren gehabt hatte, dass sie zumeist viel Freiheit besessen hatte, um dorthin und hierhin zu stromern. Oder aber Publius ihr Bruder hatte herhalten müssen, um auf die kleine Schwester Acht zu geben. In letzter Zeit – eigentlich erst seit sie hier im Praetorium untergebracht worden war – schien sich die Anzahl der Sklaven in ihrer Nähe aber exorbitant gesteigert zu haben. Ein Umstand, der sie doch sehr störte, gehörte sie schließlich nicht zu den wehrlosesten Frauen.
    Calvena tat es ihr unter den Blicken Elissas gleich. Offensichtlich stand auch die Germanica unter strenger Bewachung. Es rief ihr jenen kurzen Gedanken in den Sinn, der sie veranlasste hatte, die Körpermitte der Frau unauffällig verstohlen zu mustern. Aber da war natürlich (noch) nichts.
    „Das ist wahr...“, Die Sterblichkeit war so unglaublich hoch. Vor allem Kinder und Frauen starben wie Eintagsfliegen. Und dennoch, die Masse linderte den Verlust des Einzelnen nicht. „Ich glaube, irgendwann muss man sich eine nüchterne Sicht auf die Dinge zulegen, sonst bleibt nicht als Verzweiflung...“, Urplötzlich meinte sie lächelnd: „Calvena! Hör uns einmal zu! Es ist ein wunderbarer Tag, das Leben pulsiert, die Bäume atmen – und wir sprechen über Tod und Verlust!“, und schüttelte den Kopf. „Wir sollten über das Leben sprechen!“

  • In Elissa sah sie nicht jemand der auf sie aufpasste, sondern jemand mit dem sie reden konnte. Deshalb nahm sie die Keltin zu solchen Ausflügen mit. Nur war Elissa diesmal nicht so angetan gewesen von der Idee einen Ausritt zu machen, eben weil sie sich Sorgen um die werdende Mutter machte. Aber sie hielt sich zurück und vermied es auch übermäßig viele besorgte Blicke in Calvenas Richtung zu werfen. Zumal diese ja nun wieder mit beiden Beinen auf dem Boden war. Elissa war alles in allem zurückhaltend und nicht ganz so aufdringlich wie die Begleiter der Iulia, welche wohl befürchteten, dass Cara jeden Augenblick ertrinken konnte.
    Das Cara sie erneut unauffällig musterte fiel ihr nicht auf, vielmehr betrachtete sie gerade ein paar der kleinen Fische, welche sich nun auch zu ihr vorwagten.
    „Ich bin der Meinung man darf durchaus trauern, aber man sollte dies nicht zu seinem Lebensinhalt machen“, meinte sie nachdenklich. Ihre Miene hellte sich dann aber auf, als Cara meinte, dass sie den Tag genießen sollten. „Das Leben ist zu schön um immer nur Trübsal zu blasen“, stimmte sie ihr zu.

  • „Wir legen uns schon genug Fesseln an“, stimmte Cara zu. „Eigentlich ist das ziemlich ungesund. Letztendlich gewinnen aber die meisten Menschen eine recht nüchterne Sicht auf den Tod. Auch aus Selbstschutz. Man will kein zweites Mal verletzt werden….“ Der Tod ihres Vaters hatte Cara mitgenommen. Das eigentlich Erschreckende war jedoch nicht sein Ausscheiden aus dem Leben gewesen, sondern sein fiebriges Dahinsiechen. Es gab Momente, da die Trauer, die Wut und die ohnmächtige Fassungslosigkeit wie eine Sturmflut sie überrollten, sie hilflos paddelte, im Allgemeinen war die Iulia aber viel zu lebenslustig – und durstig, als dass sie sich selbst gestattete sich allzu lange den aufwühlenden Gefühlen hinzugeben.


    Auch das war ein Grund, weshalb sie nun nahezu radikal das Thema wechselte. „Genau bei Iuppiter!“, meinte sie lächelnd und ließ den Blick über die nahen Bäume schweifen. Noch ein paar wenige Wochen und das Blattwerk würde einem bunten Flickenteppich weichen. „Was hast du die nächsten Tage vor? Hast du dir schon einmal das Umland Mogontiacums angesehen? Warst du schon in Confluentes?“

  • Es war gut, dass sie das Thema wechselten, Tod und Trauer gab es oft genug. Der Tag war viel zu schön um Trübsal zu blasen. „In den nächsten Tagen? Noch nicht viel, ich werde immer wieder bei den Tempeln der Stadt vorbei schauen. In Confluentes war ich noch nicht. Lohnt sich ein Ausflug?“ fragte sie dann direkt nach. So lange sie so schönes Wetter hatten würde sie sich nur zu gern ein wenig mehr von der Umgebung ansehen wollen. Es gab sicherlich viel zu sehen. Germanien war von Wäldern geprägt und hatte seine eigenen Reize, welche sie gern erkunden wollte.
    Denn wenn der Winter kam und sie eingeschneit waren, dann würde sie wohl kaum eine Gelegenheit bekommen einen Ausflug zu machen. Besonders, weil sie dann wohl auch schon kugelrund sein dürfte. „Wie lange wirst du eigentlich in Mogontiacum bleiben?“ fragte sie dann nach. Es wäre schön, wenn Cara auch über den Winter bleiben würde, dann wäre es nicht ganz so furchtbar langweilig. Aber sicherlich hatte Cara auch noch andere Pläne und wollte sicherlich zurück nach Roma. Das konnte ein langer Winter werden…

  • Die Tempel. Cara nickte ihre Zustimmung. Es lag schon eine geraume Zeit zurück, da sie den Göttern für ihre glückliche Ankunft gedankt hatte. Zudem war im Tempelbezirk immer etwas los. Ein guter Platz also, um den Tag zu verbringen. Sie ging also nicht davon aus, dass es ein spezieller Grund war, der die Germanica zu den Tempeln führte.
    „Es ist eine rege Stadt mit 1000 Einwohnern und einem Markt auf dem Forum. Sehr viele Soldaten leben dort. Ansonsten ist es der Ort an dem Mosel und Rhenus zusammenfließen. Es gibt ein paar recht idyllische Plätze. In der Regel gibt es hier in Germania nicht sehr viel mehr als Natur zu sehen, schon allein daher stellt eine Siedlung von solcher Größe eine gewisse Abwechslung dar…“antwortete sie. „Daher ist sie zumindest den Ritt wert…“ Immerhin kam man so zumindest einmal aus dem Alltag hinaus.
    „Ich weiß ehrlich gesagt nicht so genau…ich hatte vor, vor dem Wintereinbruch wieder nach Rom zurückzukehren.“ Mit einem Schulterzucken fügte sie hinzu: „Meiner Mutter geht es ja offensichtlich wieder besser…“ Ein leiser Kälteschauer durchzog ihren Körper. Nicht wegen der Vorstellung, dass sich ihre Mutter bester Gesundheit erfreute – ihre Füße waren im stetigen Fluss des Rheins allmählich kalt geworden. „Wollen wir uns vielleicht setzen?“, schlug sie vor.

  • So ein Ausflug war sicherlich ein kleines verlockendes Abenteuer. Nur würde Elissa ihr das Ausreden wollen und auch Valerian würde nicht begeistert sein. Schließlich war sie ja schwanger. Zumindest Elissa wurde es ja nicht müde, es ihr andauernd vor Augen zu führen. Calvena vergaß diesen Umstand nicht, nur fand sie es albern, nun in allem eingeschränkt zu werden. Ihr ging es gut, sie gab auf sich Acht, nur wollte sie nicht eingesperrt werden oder wie ein rohes Ei behandelt. Aber so ein Ausflug nach Confluentes war ja nicht wirklich ein Risiko, außerdem würde der Winter noch lang genug werden und ein wenig mehr von Germanien würde sie gern noch sehen wollen. „Wir sollten einen kleinen Ausflug planen. Weit ist es ja nicht und ein wenig raus kommen, schadet uns beiden nicht.“ Warf ihr Elissa da etwa gerade einen kritischen Blick zu? Vermutlich dürfte sie sich eine Standpauke anhören, sobald sie allein waren.
    „Schade, dann wird es etwas langweiliger werden. So schnell werde ich ja nicht zurück nach Rom kommen und eine Freundin hier zu haben, wäre schön!“ meinte sie mit leisem bedauern. „Setzen ist gut. Es ist doch etwas kalt hier im Wasser“, meinte sie schmunzelnd und verließ den Bach. Ihre Sandalen ließ sie erst einmal stehen. Erst einmal setzte sie sich auf den Baumstamm.

  • Cara, die noch nichts von Calvenas Schwangerschaft wusste, rätselte über den kritischen Blick, den ihre Begleiterin ihr zuwarf. Was hatte die Sklavin ihr vorzuwerfen? Sie war noch ganz in ihre Überlegungen vertieft, dass sie das Zeitfenster ihrer Antwort verpasste. Als ihr Verstand die Situation erfasste, wandte sie sich ruckartig von Elissa ab und Calvena zu. „Unbedingt!“, erwiderte sie etwas gehetzt wirkend. „Wir sollten jede Möglichkeit nutzen…Wann würde es dir denn passen? Ich meine, dass übermorgen Markt ist.“
    Die Iulia folgte ihr, aus dem Wasser hinaus, über das sanft ansteigende Ufer hinauf zu einem Baumstamm, auf den sie sich nebeneinander setzten. Sie konnte Calvena gut verstehen. Jetzt, da ihre Freunde in aller Welt verstreut waren, war es auch für sie sehr einsam hier geworden. Da half nur eines: den Bekanntenkreis vergrößern. Es gab in Mogontiacum auch einige Germanen, mit denen sie bekannt war, aber sie hatte ja keine Ahnung, wie die Germanica zu den Einwohnern dieser Provinz stand. Zumindest eine gab es noch. „Ich könnte dich mit einer meiner Freundinnen bekannt machen…Ihr Name ist Sentia Aemilia*…“, schlug sie vor.


    Sim-Off:

    *bei dem Charakter handelt es sich um einen NPC

  • Cara wirkte ein wenig abwesend, sie hatte den Blick in die Ferne gerichtet und schien ihren eigenen Träumen nach zu hängen. Einen Augenblick lang musste Calvena von daher auf eine Reaktion der Iulia warten. Zeit, in der ihre eigenen Gedanken abschweiften. Zu den Dingen die außerhalb ihres Einflussbereiches lagen. Sie vermisste ihre Freundinnen. Cara war zwar nett, aber sie kannten sich bisher nur flüchtig. Sie war zwar zuversichtlich, dass sie Freundinnen werden konnten, aber da Cara zurück nach Roma wollte, würde sie nur kurze Zeit lang diese Freundschaft genießen können.
    Sie blinzelte, als Cara sie dann aus ihren Gedanken riss und fragte, wann sie denn Zeit für den Ausflug nach Confluentes hätte. Im Grunde hatte sie viel Freizeit. Die Pflichten in den Tempeln der Stadt waren nicht ganz so umfangreich wie in Roma. „Übermorgen wäre gut“, stimmte sie dann der Iulia zu. Sie freute sich schon auf diesen Ausflug. Zumal sich Cara ja auskannte und ihr sicherlich viel zu erzählen hatte.
    Als Cara ihr vorschlug, ihr eine ihrer Freundinnen vorzustellen, zeigte sich ein dankbares Lächeln auf ihren Zügen. „Das würdest du tun? Ich würde sie gern kennen lernen.“ Ein paar Freundinnen hier würden ihr gut tun.
    „Wir sollten vielleicht langsam zurück“, schlug sie ihr vor.

  • Cara nickte zustimmend. „Gut, dann hole ich dich übermorgen ab...“, meinte sie sichtlich erfreut. Sie war auch schon oft allein in Mogontiacums Umgebung unterwegs gewesen. Scheute sich also nicht davor. Doch mit mehreren machte es immer noch am meisten Spaß.
    „Sie ist wirklich sehr nett...“, erwiderte die Iulia, das Lächeln der Germanica erwidernd und nahm sich vor die Sentia mit nach Confluentes einzuladen.
    Schließlich bückte sie sich nach ihren Sandalen, um wieder hineinzuschlüpfen und rutschte letztlich von dem Baumstamm hinunter. Wirklich Lust zu gehen hatte sie nicht. Im Haus des Legaten wäre sie weitestgehend allein, einmal von ein paar Sklaven abgesehen. Dennoch lenkte sie ein. „Vielleicht sollten wir das. Nicht, dass sie noch einen Suchtrupp nach uns los schicken...“ Mit ein wenige Humor ließ sich so vieles leichter ertragen.

  • Der Ausflug nach Confluentes stand nun fest. Cara würde sie abholen und dann würden sie sich einmal in Confluentes umsehen. Dieser Ausflug versprach ein wenig Abwechslung in dem Alltag. Ein neuer Ort, vielleicht auch noch eine neue Bekanntschaft und der Tag würde sicherlich vielversprechend enden. „Dann werde ich dich voller Ungeduld erwarten“, grinste sie schief. Sie freute sich schon darauf.
    Calvena war gespannt darauf, wie die Freundin von Cara sein würde. Ein zwei Freunde in Mogontiacum würden ihr gut tun, denn vor dem Frühling würden sie wohl nicht mehr nach Rom kommen. „Glaubst du wirklich, sie schicken einen Suchtrupp los?“, nahm sie Caras Scherz auf. „Du hast doch schon Schatten die dir nicht von der Seite weichen!“ Mit Humor musste man einige Dinge nehmen, sonst wäre das Leben furchtbar trist. Sie erhob sich und schwang sich anschließend in den Sattel. Sie würden sich gemütlich auf den Rückweg machen. "Wir müssen uns ja nicht beeilen", zwinkerte sie ihr zu.

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