Mons Capitolinus | Epulum Iovis der Ludi Romani

  • Erste Vorbereitungen


    Es war schon früh am Morgen, dass sich Piso, ausnahmsweise nicht in Trauergewändern, sondern in ritueller weißer Kleidung, zum Kapitol begab, um dort eine der wichtigsten römischen Feste überhaupt zu schmeißen – das Epulum Iovis, ursprünglich der einzige Grund, wieso die Septemvires einst gegründet wurden; wobei sie mittlerweile aber für ziemlich jedes öffentliche Lectisternium zuständig waren. Das Epulum Iovis hob sich aber von anderen Lectisternia durch seine rituelle Wichtigkeit ab. Es war die Einladung Roms an die drei wichtigsten Götter, Iuppiter, Iuno und Minerva, mit ihnen, dem Volk, symbolisiert durch die Senatoren der Republik, zu speisen. Natürlich war noch kein Senator eingetroffen, und das war auch gut so. Schließlich hatten die Septemviri noch einiges zu tun.
    Draußen vor der Villa traf Piso seinen Calator, Lollius Tubulus, der leicht untersetzte Beamtentypus par excellence, der schon seit Pisos Beginn bei den Epulonen sein Calator gewesen war.
    Die Stadt erwachte eben erst zum Leben, da begrüßte Piso schon die mittlerweile eingetroffenen Septemviri, darunter auch den Magister Septemvirorum. Der letzte Epulone, der eintraf, war Fulvius Frugi, einst ein bemerkenswert guter Priester, aber leider der Völlerei erlegen. Die letzten tage hatte er etwas trunken auf den Ludi Romani zugebracht, welche zum Anlass des Epulum Iovis gehalten wurden (oder aber umgekehrt... wie es wirklich war, und ob das Epulum oder die Spiele zuerst waren, lag im Dunkel der Geschichte).
    Der Flavier warf einen kurzen Blick auf die capitolischen Tempeln. Einst hatten sie ihn sehr beeindruckt. Doch nun war er an ihren Anblick gewohnt. Wiewohl er sie noch immer schön fand. Doch nun gab es nur noch eine Sache, die daran wirklich interessant war – die Götterstatuen in ihnen.
    Die Epulonen hatten die Pflicht, zum Epulum Iovis die Götterstatuen zuerst aufzuputzen (das heißt, ankleiden, schminken, sie auch sich selber in Spiegeln betrachten lassen) und sie dann öffentlich zu präsentieren. Sie würden am Bankett den Ehrenplatz einnehmen, und die Epulonen würden sie persönlich bewirten, während sie auch darauf aufpassen würden, dass der Rest der Senatoren etwas zu essen bekommen würde. Das Essen freilich wurde schon vorbereitet von einer Heerschar von Küchensklaven, alles gestellt von Vater Staat, die, abgeschirmt vom Bankett, welches am Vorplatz der Tempel aufgestellt war und genug Platz bot für alle Senatoren, durch eine Trennwand, schon fast fertig waren mit Brutzeln und mit Kochen – Axius Serenus hatte das ganze Essen organisiert, von daher hatte sich Piso keinen Kopf machen müssen darüber.
    Was nun wichtig war, war, die Götterstatuen herauszutragen. Natürlich, nachdem man sie vorbereitet hatte. Die Epulonen hatten schon im Vorhinein etwas ausgeheckt – Piso, der Ästhet, war Feuer und Flamme für so etwas gewesen – dass die Götter, einer nach dem anderen, hergerichtet wurden. Dann eskortierten 4 Epulonen Iuppiter raus, und jeweils 3 Iuno und Minerva. Vorm Iuppitertempel würden sie sich zu einem Zug vereinigen und zum Parkett mit einem Mordstheater geleitet werden, während auch schon die Senatoren eintreffen würden. Als Erstes würden sie sich in den Tempel der Minerva begeben, um dort, mit der Hilfe von Tempeldienern, die sich auch hier eingetroffen hatten, die Göttin der Weisheit ihre Aufwartung zu machen. Beziehungsweise, sie herzurichten, wie es sich für eine Dame von Welt geziemte. Denn sowas dürfte Minerva als Göttin ja sein.

  • In den Tempeln


    Der Weg zum Minervatempel war nicht sonderlich weit, und so wurden der Epulonen Füße auch nicht übermäßig von Blasen malträtiert, bis sie dort ankamen. Die Statue der Minerva, die von ihrem Sockel gehoben werden konnte, um zum Bankett transportiert werden zu können – die Bänke würden mittlerweile schon von Sklaven aufgestellt werden – saß auf ihrer Sella im Tempel. Fleißige Sklaven trugen hinter den Epulonen eine offene Sänfte hinterher, worauf man die auf einer Sella sitzende Statue stellen konnte. Doch zuerst kam das Ankleiden.
    Piso, der Ästhet, hatte sich freiwillig für das Herrichten der beiden Göttinnen gemeldet, sodass dies vorwiegend seine Aufgabe war. Fulvius Frugi hingegen hielt einen Spiegel hoch, vors Gesicht der Göttin, dass sich diese auch ausgiebig bewundern konnte.
    Zuerst musste die Statue gewaschen, gesalbt und eingeölt werden. Den Septemviri wurden Wasserkrüge gereicht, wo sie Tücher eintauchten und unter dem Murmeln ritueller Formeln die Statue der Göttin rituell wuschen. “Möge dieses Wasser alle Unreinheit von deinem Körper waschen wie das Verwandeln von Blei in Gold. Reinige den Verstand. Reinige das Fleisch. Reinige den Geist. So ist es.”, raunte auch Piso, als er sorgfältig den Bauch der Göttin mit Wasser befeuchtete. Danach kam die Ölung, diese bestand darin, dass ein Septemvir – Vitellius Rufio in diesem Fall – die Statue einölte, von oben bis unten. Propertius Secundus schmierte noch salbungsvoll eine Salbe auf die Statue, und erst jetzt konnte der Feinschliff begonnen werden.
    Piso warf der Statue erst einmal einen Chiton über und fixierte ihn an den Schultern. So weit, so einfach. Eine Palla würde die jungfräuliche, unverheiratete Minerva schon nicht haben, dachte er sich und langte wieder hinunter, um eine Puderkiste heraufzuholen, die er aus der Villa Flavia gefladert hatte, und begann, die Wangen der Statue einzupudern, während Frugi den Spiegel um ihr gesicht herum hielt, peinlichst darauf bedacht, dass die Göttin auch ja sah, wo Piso so rumpuderte. Ein wenig Goldstreusel teilte Piso noch über die Haare der Statue aus, bevor er noch mit Rußstiften die Augenlider nachzog – es sollte alles ganz fein und damenhaft aussehen! Der Flavier legte noch zwei, drei Kissen auf ihren Schoß, und zu guter Letzt band er Minerva noch eine schwere Goldkette um den Hals.
    Dann stieg er herab. Es war getan. Jetzt musste die Statue nur noch auf die Sänfte gestellt werden. Ein Sklavenkontingent stemmte die Statue hoch und stellte sie auf die Sänfte hinaus. Gut, dort konnte sie einmal eine Weile lang bleiben.
    Denn die Epulonen zogen weiter zum Iunotempel, sie würde Minerva später abholen.
    Dort wiederholte sich das Prozedere ganz gleich wie das letzte Mal. Waschen, Ölen, Salben. Piso puderte ein, Frugi hielt den Spiegel hoch. Nur gab es ein Problem – die Palla über dem Chiton. Jener verhedderte sich hoffnungslos in den Armen, musste von Axius Serenus, einem begeisterten Freizeithandwerker, entknotet werden, und nur er und Piso schafften es gemeinsam, der Göttin auch die Palla überzuziehen. Schließlich wickelte Serenus noch die Palla um, und nachdem Piso der Göttin einen Schmuck umgelegt hatte, der noch ein wenig prunkvoller war als jener der Minerva, wurde auch diese Statue auf die Sänfte gestellt, umkränzt von ein paar Kissen.
    Und nun kam der wirklich große Brocken. Iuppiter.
    Die Septemviri traten gemeinsam in den Tempel ein, gefolgt von einem Sklaven, der mit größtem Respekt Blut von einem geopferten Ochsen im Krug trug. Die Septemviri wuschen wieder, sie ölten, sie salbten. Und sie warfen Iuppiter ein prunkvolles purpurnes Imperatorengewand über, wie es sich ziemte für den obersten aller Triumphatoren.
    Am Schluß war es Opimius Naso selber, der Iuppiters Gesicht mit Blut einschmierte, sodass ein sauberes rotes Oval auf seinem Gesicht entstand. Dann gab der Magister Septemvirorum geflüsterte Anweisungen – drei würden zurückgehen zum Minervatempel, drei zum Iunotempel, und 4 würden hier bleiben. Piso gehörte zu jenen, die bei Iuppiter selber blieben, zusammen mit Opimius. Jetzt war alles bereit schon für die Prozession nach draußen – wo schon Temepldiener bereit standen, um Blümenblüten zu werfen – doch man wollte noch etwas warten. Denn die Senatoren waren noch nicht eingetroffen.

  • Die Prozession


    Ein Sklave blickte durch eine Lucke am Fenster durch und blickte hernach zum obersten Septemvir. “Es haben sich schon die ersten Senatoren eingefunden, Dominus. Die Prozession sollte bald beginnen.“ Opimius Naso nickte. “Sehr gut. Ich denke, wir beginnen jetzt. Gib das Startzeichen.“ Der Sklave nickte, hiefte eine ziemlich große Flagge heraus und steckte sie durch die Lucke hindurch. Trompeten erschallten, tädärätä. Langsam, grollend, knirschend, schleifend, ächzend, quietschend, öffnete sich die Tür der Cella des Tempels. Jeder Epulone zog sich die Toga über den Kopf, und stellte sich an einer Ecke der Sänfte hin – Piso vorne links, vorne rechts ging Naso – und die Sklaven hoben die Sänfte, auf der Iuppiter sanfte vor sich hinschaukelte, hoch. Unter Getrappel ging es hinaus aus der Cella, zum Tempelvorplatz, wo sich ein Ehrenspalier aus Temepldienern gebildet hatte. Unter vorgetäuschtem Jubel warfen sie Blütenblätter auf den Weg hin und über die offene Sänfte. Man konnte auch die Sänften erkennen, die sich vom Tempel der Iuno und vom Tempel der Minerva herbewegten, jeweils mit 3 Epulonen an ihrer Seite. Naso blickte sehr zufrieden drein, es schien alles nach Plan zu gehen. Fulvius Frugi, hinter ihnen, zog unentwegt den Rotz in die Nase ein, was Pisos ästhetisches Empfinden gewaltig störte, aber er konnte nicht mehr tun, als in Gedanken die Götter zu bitten, dies nicht als Störung der Pax Deorum zu sehen.
    Langsam, nur sehr langsam, bewegte sich die Sänfte dem Bankett zu, um den beiden anderen Sänften Zeit zu lassen, sich an die Seite des Göttervaters zu begeben. Iuno traf zuerst ein, dann Minerva. Seite an Seite schritten die Epulonen mit ihren auf Sänften getragenen Statuen zum Bankett hin, welches die Sklaven bereits tüchtig aufgestellt hatten. Schon vor dem Ritual an sich schenkten sie Wein an die Senatoren aus, was zwar nicht zum Kult gehörte, aber die Leute bei Laune halten sollte. Die Sänften wurden hingestellt, ein bisschen vorm Bankett, sodass man zwischen dem Tisch und den Statuen noch drei Foculi hinstellen konnte und auch noch einen Priester davor.
    Bei Iuppiter war dies Opimius Naso, eh klar. Minerva würde Propertius Secundus übernehmen. Und Iuno? Ja, Piso bekam Iuno zugeeilt. So war es zuerst Propertius Secundus, der zu dem tragbaren Feueraltar hinschritt, welches vor Minerva stand, und dort Weihrauch hineinschmiss, bevor er seine Hände ausbreitete.
    “Oh große Minerva, Göttin der Weisheit! Hör mich an! Erweise uns die Gunst, dich heute bewirten zu dürfen! Sei unser Gast! Nimm dieses Mahl an zu deinen Ehren!“ Er schmiss abermals ein wenig Weihrauch in den Foculus, als preliminäre Opfergabe. Dann drehte er sich nach rechts.
    Piso tat es Secundus nun mit Iuno gleich. Weihrauch zackig rein, und dann mit ausgestrecketn Armen und gerade Körperhaltung im Dunst reden. “Oh große Iuno, Muttergöttin! Hör mich an! Erweise uns die Gunst, dich heute bewirten zu dürfen! Sei unser Gast! Nimm dieses Mahl an zu deinen Ehren!“ Nochmal Weihrauch. Drehung nach rechts.
    Opimiuns Naso war der letzte. Er warf auch Weihrauch in den Foculus, der vor Iuppiter stand. Mit vom Alter schon ein wenig angekratzter Stimme und auch in Betstellung machte er dann: “Oh großer Iuppiter Optimus Maximus! Hör mich an! Erweise uns die Gunst, dich heute bewirten zu dürfen! Sei unser Gast! Nimm dieses Mahl an zu deinen Ehren!“ Noch mehr Weihrauch. Drehung nach rechts.
    Die Foculi wurden abgeräumt und die Götter von den Sklaven ganz respektvoll zum Ehrenplatz am Tisch hingeschoben. Die Septemviri beeilten sich, auch den Gottheiten erstmal Wein einzuschenken.


    Sim-Off:

    Für jeden hier im Thread Anwesenden gibt es zehnmal Wein in der Wisim! :D

  • Öffentliche Feiertage waren Gracchus stets eine Freude, nicht einzig des feierlichen Anlasses wegen, sondern weit mehr, da an solchen Tagen keine senatorischen Sitzungen stattfanden. Indes bedingte ein Vorteil zumeist eine Gegenleistung, welche an diesem Tage darin bestand, mit den übrigen Mitgliedern des Senates an der Speisung der Götter teilzunehmen. Ein lauer Luftzug wehte durch das spätsommerliche Rom und strich über die Kuppe des Mons Capitolinus, auf welchem allmählich Senatoren und Volk sich sammelten. Gracchus blickte suchend zu den Pforten des Tempels der kapitolinischen Trias, doch die Epulonen waren bereits mit ihren Aufgaben beschäftigt, dass er seinen Vetter Piso nirgends konnte entdecken. Einigen Senatoren, deren Namen er sich nicht konnte entsinnen - pedarii aus den Reihen der homines novi - nickte er knapp zu, ehedem er zu den aufgereihten Tischen und Bänken sich begab und einen Platz in dem für Senatoren bestimmten Bereich sich suchte. Nicht allzu lange musste er hernach warten, bis dass bereits die Prozession um die Götter aus dem Tempelinneren hervor zog, die Statuen bereitgestellt wurden zum Mahl und die Opferzeremonie begann. Nun erst erkannte Gracchus seinen Vetter, welcher sich an dem foculus vor Iuno hatte eingefunden, das dortige Opfer vollzog.

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  • Sim-Off:

    Tschuldigung, dass ich nichts mehr in der Wi-Sim anbiete. Irgendjemand hat mir meinen Wein gestohlen, das törnt leicht ab. ;)


    Die Vorspeise


    Es war reiner Zufall, dass Pisos Augen dorthin wanderten, wo Gracchus saß. Er lächelte und nickte seinem Vetter kurz zu, bevor er sich wieder mit Konzentration der Durchführung des Rituals widmete. Denn er war ja schließlich dafür bezahlt, und zwar nichtmal allzu schlecht. Denn ohne sein Geld könnte er es sich abschminken, seinen exquisiten Lebenswandel zu führen und gleichzeitig sein Luxusschwesterchen durchzufüttern.
    In letzten Jahren war manchmal ein Rind benutzt worden für ein Voropfer, aber dieses Mal hatte sich Opimius Naso dagegen entschlossen. Der hutzelige alte Mann hatte gesagt, es wäre nicht der Sinn und Zweck des Epulum, vor dem Essen groß rumzuopfern – sowas bekamen die Götter alle Tage, ein Epulum Iovis geschah aber nur zweimal pro Jahr! Aus diesem Grund sollten die Götter statt jenes Opfers eine reichhaltigere Bewirtung bekommen. Reichhaltig, als ob die Teller nicht schon das letzte Mal übergequollen wären, hatte Piso eingeworfen. Und der findige Vitellius Rufio hatte sofort eine Idee gehabt – zwei Teller für die Götter, mit der eigentlichen Speise auf dem ersten Teller und den Beilagen auf dem zweiten. Was für Beifall sorgte, denn die Septemviri pflegten – was geheim gehalten wurde – nach jeder Götterspeisung die Speisen selber zu verzehren (denn es waren ja nur noch schließlich die weltlichen Hüllen, die Essenz des Essens hatten die Götter, im übertragenen Sinne des Wortes und in einer absolut religiös-geistlichen Interpretation schon bekommen). Weihrauch sollte also genug sein.
    Die Septemviri sorgten dafür, dass die Foculi nahe bei den Göttern stehen blieben, damit es auch schön weihräuchelte. Dann und wann würde ein Septemvir noch etwas Weihrauch hinzufügen, damit die Götter weiterhin aufmerksam blieben.
    Piso wurstelte um Iuno herum, es war seine Aufgabe, sich um die Gattin des Iuppiter zu kümmern. Die Statue war überaus ansehnlich, dachte sich Piso, der versuchte, Ähnlichkeiten mit Prisca zu finden. Nun ja, wenn jemand Ähnlichkeit mit ihr hatte, war das wohl Venus. Oder so.
    Die Vorspeise also! Ein griechisch zubereiteter Salat mit Ziegenkäse und einer dicklichen, süßen Soße, die Fulvius Frugi irgendwo aufgetrieben hatte, die Piso auf den Salat goss. Er hielt mit der Kanne inne und wandte sich an Iunos Statuengesicht. “Noch etwas mehr, Iuno?“ Keine Reaktion von der Statue. “Ja?“ Keine Reaktion von der Statue. “Nun gut. Aber nicht beschweren, wenn es dir nachher zuviel ist.“ Er entleerte den Rest der kanne über den Salat, und nickte Axius Serenus zu, sodass dieser das bereits vorgebrutzelte Spiegelei auf den Salat raufklatschen konnte. Ein anderer, Sulpicius Quadratus, ein aler Senator, schnetzelte derweil Schinken auf den Beilagenteller rauf, mit Mühe freilich, schließlich waren die Hände des alten Mannes nicht mehr die Besten. Ein paar Gewürze drauf von Axius. Piso selber stellte ein Garum auf den Beilagenteller rauf und steckte metikulös Gurkenschnitze hinein. Was sonst noch? Genau, Bohnensalat. Piso griff nach hinten und lud großzügig auf den Beilagenteller auf.
    Dann traten die Septemviri respektvoll zurück. “Auf dass es euch schmecke!“, rief Opimius Naso, der nachher die Augen schloss, um zu erforschen, ob er aus dem Kau- und Schmatzgeräuschen der Senatoren, welches nun einsetzte, auch das herzhafte Futtern der Götter heraushören konnte.

  • Die Hauptspeise


    Leise und harmonisch dudelten diverse Tibicines vor sich hin, etwas, was den Schöngeist Piso trotz seiner momentanen desolaten Lage durchaus ergötzte. Ja, Musik war Musik in seinen Ohren. Oder so ähnlich. Sklaven waren es, die die Speisen abräumten und an einen klandestinen Ort brachten, sodass sich die Septemviri später daran laben konnten – ja, so eine Götterspeisung war doch etwas Feines. Stoisch warteten sie, bis Sklaven die nächsten Speisen auffuhren. Ja, Schweinsbraten. Vitellius Rufio war dafür gewesen, dass man den Göttern dies bieten sollte, was mit Zustimmung aufgenommen wurde – schließlich war dies wie ein Schweineopfer, nur besser, da schon durch und gewürzt, was wichtig war. Schweinefleisch war außerdem erheblich teurer als Rinderfleisch, sodass auch den anspruchsvollsten Göttern damit Genüge getan werden würde. Natürlich bekamen auch alle Senatoren in der Runde ihren Anteil.
    Axius Serenus schnetzelte im Sekundentakt mit durchaus bewunderswertem Geschick von den dargereichten Schweinehälften Scheiben ab. Fulvius Frugi wendete sie in der Soße. Und Piso hiefte sie auf den Teller der Iuno hinauf, darauf bedacht, nichts zu verkleckern. Ein anderer garnierte den Teller mit gekochtem Gemüse und gab schwungvoll viel Erbsenpüree dazu. Als Beilage bekamen die Götter numidischen Hummus und spanische Oliven, dazu reichhaltig bestes römisches Brot, dazu, wer hätte es sich gedacht, abermals Garum.
    Als die Hauptspeise gerichtet war, warteten die Septemviri andächtig darauf, dass die Götter zu Ende gegessen hatten – man sollte Gottheiten halt nicht drängen. Das war nciht in Ordnung und könnte den Pax Deorum empfindlich stören.

  • Der Nachtisch


    Die Hauptspeise wurde ebenso abgeräumt wie die Vorspeise, sowohl den Göttern wie auch den durchaus mittlerweile satt erscheinenden Senatoren, denn nun kam der eigentliche Höhepunkt des Banketts – die Nachspeise. Insbesondere Minerva, so hatte Piso es sich sagen lassen, stand enorm drauf. Aber sie schien nicht sonderlich erfettet zu sein darob, und wer hatte schon davon gehört, dass eine Göttin je an einem zu hohen Zuckerspiegel im Blut gestorben wäre?
    Leise knarrten die Räder der Beistelltische – so einen will ich auch haben, dachte sich der Flavier, als er die Tischchen daherrollen sah – mit den deliziösen Süßspeisen darauf. Sklaven schaufelten die den menschen zustehenden Portionen auf die Teller der Senatoren, und die Septemviri selber bewirteten wieder mal die Götter. Piso erpackte eine großzügig bemessene Portion Mehlspeise und patzte selber ebendiese auf den Teller der Iuno drauf.
    Ein paar Rosinen kamen dazu, viel Honig, einfach nur so und auch auf Brötchen, und dazu frische, gesüßte Molke.
    Brav warteten die Septemviri, bis die Götter fertig gespeist hatten – sie nahmen einfach das Tempo der langsamsten Senatoren ein – bis sie befahlen, dass die Speisen weggeräumt werden würden.
    Opimius Naso erhob die Stimme. “Werte Senatskollegen, ich danke euch für euer zahlreiches Erscheinen. Die Götter werden zufrieden sein. Geht hin und genießt noch die letzten Tage der Ludi Romani!“ Mit diesen Worten entließ er die Senatoren mit einem Wink mit der Hand.
    Anschließend signalisierte er hektisch zu den Sklaven und den Tibicines hin. Die Tibicines fingen wieder an zu dudeln, und die Sklaven erhoben die Sänften, um sie, begleitete von den Septemviri, wieder in die Tempel zurückzutragen.

  • Der letzte Rest vom Fest


    Die Senatoren zerstreuten sich wie trockenes Laub im Wind, als unter Getröte und Gedudel und Paukenschlägen Piso und seine Compagnons sich wieder in die jeweiligen Tempel zurückzogen. Piso begleitete die Staue des Zeus zusammen mit Opimius Naso wieder zurück in die Cella des Iuppiterkellers. Dort angekommen, ließen die Sklaven die Sänfte nieder und stemmten die Iuppiterstaue hoch. Anschließend schleppten sie ihn in die Nische zurück, wo sie ihn herhatten. Ein weiterer Sklave, der den Foculus mit dem Weihrauch geschleppt hatte, stellte den vor der liegenden Statue hin, sodass Iuppiter auch weiterhin in den Genuss von Weihrauch, perfekt zum Abklingen, kam.
    Kurz schwiegen die Männer pietätvoll, dann brach Fulvius Frugi die Wortlosigkeit. “Ich habe Hunger!“, verkündete er. Piso grinste schwach. “Wie gut, dass wir uns da an den Überresten der Götterspeise laben können. Denn die Essenz hat den Weg zu den Göttern schon gefunden.“ Naso witzelte: “Es liegt an uns, die Überbleibsel hinwegzuschaffen, oh wie armen wir!“ “Es sollte in der Küche stehen, die die Sklaven da aufgebaut hatten. Los geht’s.“
    Die Epulonen verließen eilig die Cella, und strebten aus dem Tempel heraus, bogen nach rechts ab, nochmal nach rechts, durch die Tür eines hohen Zaunes, und dahinter stand auch schon die eilig aufgebaute Küche – samt Essen für die Götter. Anständig warteten die 4, bis die anderen Epulonen eingetroffen waren – und machten sich dann dran, das gute Essen unter sich zu verspeisen. Gut war es, von den Göttern mit einem gesunden Appetit gesegnet worden zu sein.

  • Die offerierten Speisen waren ausgesprochen köstlich, und ein wenig vermutete Gracchus, dass solcher Genuss das einzige war, was so manchen Senator um ihn herum überhaupt auf das Capitolium konnte locken, da kultische Pflichterfüllung augenscheinlich in solch friedlichen Zeiten nicht zu den dringlichsten aller Obliegenheiten zählte. Ab und an schweifte sein Blick zu seinem Vetter Piso hin, welcher in die Bewirtung der Götter war eingespannt, und da es stets und allerorten galt, dem Wohl der Familie ein wenig nachzuhelfen, wies er auch Senator Cornelius, welcher wie so oft bei diesen oder ähnlichen Anlässen sich zufällig neben ihm hatte eingefunden, auf das tadellose Wirken seines Vetter hin, war jener doch gleichsam ebenfalls Pontifex und mochte beizeiten eine entscheidende, sekundierende Stimme für Pisos Aufnahme in das Collegium sein. Darüberhinaus brachte er bei dieser Gelegenheit ebenso jene Überlegungen zur Sprache, welche er gemeinsam mit seiner Gemahlin bezüglich der Verlobung ihres Sohnes hatte gefasst, so dass zum Nachtisch hin ein Termin vereinbart war, an welchem Cornelius mit seiner Gemahlin in die Villa Flavia war geladen, so dass Gracchus letztlich nicht nur mit gut gefülltem Magen den kapitolinischen Hügel verließ, sondern ebenso zufrieden über die gestellten Weichen der Zukunft.

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