Die Dunkelheit brach herein. Es wurde ruhig in der Villa. Fast alle schliefen. Auf diese Zeit wartete sie um dann, leise und unauffällig, aus dem Schlafraum der Sklaven zu verschwinden. Sie lief ohne Schuhe in die Culina sündete eine Öllampe an und ging in den Hortus. Ein schwerer süßer Duft schlug ihr entgegen. Die Lilien blühten.
Der Mond war heute Nacht hell. Sein fahles Licht tauchte alles in ein silbergraues Gewand. Der kleine Brunnen plätscherte vor sich hin, das Wasser schlief nie. Die Statuen sahen aus, als ob sie sich jeden Moment von ihren Sockeln lösen wollte um im Garten zu wandeln. Sie setzte sich, die Beine angezogen, die Arme auf die Knie gelegt. Die Sterne leuchteten heute klar. Sie funkelten regelrecht. Immer wieder faszinierte sie dieser Anblick. Langsam kam die Müdigkeit,mit dem Kopf auf den Knien, an das Geländer angelehnt, schlief sie ein.
Hortus | am Abend
-
-
Gegen Morgen wurde sie wach,ihr war kalt. Fröstelnd rieb sie sich die Arme. Die Sonne ging langsam auf. Die ersten Strahlen kamen über die Mauer und schienen in den Garten. Mansuri ging sich die Pflanzen näher ansehen. Da standen Lorbeersträucher und dort einige Büsche Rosmarien. Efeu rangte sich um eine Statue. Die Buchsbäume war aus der Form geraten. Ihre Hände streiften einen Myrtenstrauch. So ein reicher Garten. Wenn man nur ein bisschen Ordnung hier hinein bekam.
"Autsch."...ein Stich im Finger machte sie ganz munter. sie nah den Finger in den Mund um das Tröpfchen Blut abzulecken. Eine Rose und es war nicht die einzige die da stand und da waren die Lilien, die gestern Abend so stark geduftet haben. Es war ein schöner Garten. Wenn sie abends bevor es ganz dunkel war hierher kam...Lächelnd sah sie den Lorbeerstrauch an und pflückte ein paar Blätter, nahm ein paar Zweige Rosmarien und ging in die Culina. -
Kühl und unangenehm war der Abend. An solchen Abenden gab es vor nicht all zu langer Zeit eine starke Schulter an die sie sich anlehnen konnte. Die sie heute wieder gebrauchen konnte.
Marius, sie hatte ihn fast vergessen. Er war wie ein Bruder zu ihr gewesen, hatte sie vor den Männern im Ludus beschützt. Er war der Beste der Gladiatoren. Die Leute kamen in Massen um ihn zu sehen. Der Lanista verdiente gut mit ihm. Mit der Zeit wusste sich Mansuri im Ludus zu behaupten. Sie sah oft beim Training zu. Marius hatte sie beobachtet, sie war Feuer und Flamme, wenn sie den Gladiatoren zusah und wollte um jeden Preis kämpfen lernen. Er hielt sie davon ab. „ Du lernst es und wirst nie die Arena betreten. Es wird sich für dich nichts ändern. Die Sehnsucht wird nur umso größer in der Arena zu kämpfen. Ich muss nur noch ein oder zwei gute Kämpfe machen, dann kann ich dich freikaufen. Mir wird man die Freiheit schenken.“ Sie vertraute ihm. Es sollte nicht sein. Der Lanista wettete, nahm Marius als Wetteinsatz und verlor. Marius musste gehen, hatte keine Zeit sich von ihr zu verabschieden. Mansuri wusste nicht einmal wohin man Marius brachte. Der Ludus seiner Attraktion beraubt nahm nichts mehr ein, verfiel. Der Lanista verkaufte alle Sklaven um seinen Wettschulden zu tilgen. Sie wurde mit ein paar anderen nach Rom gebracht. Hier bot sich die Gelegenheit in die Arena zu kommen, ihr wurde sie wieder verwehrt.Trotzdem wollte sie kämpfen lernen. Nach dem ersten Training mit Morrigan wusste sie, was Marius gemeint hatte. -
Hier im Hortus hörte man nicht viel vom Lärm der ausgelassen Feiernden. Die meisten waren in den Straßen, auf den Plätzen und Häusern der Stadt unterwegs. Sie hatte genug und setzte sich, fast schon ein Ritual, auf die Stufe zum Hortus. Es war kühl, ein Tuch um die Schultern wärmte sie. Der Sternenhimmel versteckte sich hinter einer Wand von Wolken. Eine Öllampe spendete ein wenig Licht. Ein Becher Wein hatte sie sich aus der culina geholt und neben sich gestellt.
Die Saturnalien waren ein schönes Fest. Man musste nicht Arbeiten, konnte Essen und Trinken was sonst nur beim Dominus aufgetragen wurde. Ausgelassen Tanzen und Singen. Sagen was man sonst nur dachte.
Bei ihr war keine richtige Feierstimmung aufgekommen. Es lag an den vergangen Tagen und Wochen. Sie ließen sich nicht so einfach wegdrängen und vergessen.
Das Flämmchen tanzte im Wind. Mansuri stützte den Kopf auf ihre Fäuste und sah dem flackenden Flämmchen zu. Sie horchte nach drinnen. Es war ruhig. Keiner zu sehen.Sie ging hinein und zog die Lorica Hamata über. Im Hortus nahm sie sich das Parma und den hölzernen Gladius und begann zu üben. Blocken und Angreifen. Das übte sie so lange bis der Arm schwer wurde. Das Parma legte sie beiseite und nahm den zweiten Gladius. Sie stellte sich auf, wie Morrigan es ihr beigebracht hatte und begann mit dem Schwerttanz. Es war schwieriger mit der Lorica. Das Gewicht drückte auf die Schultern, machte das leichtfüßige Bewegen schwerer. Verbissen übte sie die Schritte bis es nicht mehr ging. Außer Atem packte sie alles wieder an seinen Platz. Setzte sich in der Lorica auf die Stufe und ruhte aus. Ein Schluck vom Wein war gut gegen die Trockenheit im Mund.
-
Im Garten angekommen, stapelte Morrigan das Bettzeug von Mansuri auf und zündete es an. In Sicherem Abstand, setzte sie sich hin, zog ihre Knie an und umschlang diese mit den Armen. Sie starrte in die Flamme.
„Möge alles was heute passiert ist mit diesen Flammen untergehen. Es möge vergessen werden und Keywan, soll sterben dafür.“ Murmelte sie auf persisch vor sich hin. -
Was tust du da? wollte sie fragen. Stattdessen setzte sie sich neben Morrigan. Sie hatte gehört, dass Morrigan etwas vor sich hin murmelte. In ihrer Muttersprache, Mansuri verstand es nicht, es klang nicht sehr freundlich. Das Feuer hatte alles erfasst und verschlang es im wilden Tanz. Es war gut gemeint von Morrigan, aber so einfach ließ sich die Nacht nicht vergessen.
-
Morrigan zog eine kleine Amphore unter ihrer Tunika hervor.
„Trink.“ Sie reichte sie Mansuri. „Es wird es dich zumindest für heute vergessen lassen.“
Morrigan verriet ihr nicht, dass dies ihr letzter Vorrat an Opium war, sie nahm gern mal einen kleinen Schluck Abends, wenn sie im Ludus mal wieder einen ordentlichen Treffer kassiert hatte oder ein Pferd im Stall mal testen wollte, wie gut sich seine Hufe an Morrigans Körper machte. Ja das Zeug lies einen vergessen und man konnte in einen schönen traumlosen Schlaf fallen. -
Sie nahm einen Schluck aus der kleinen Amphore. Der Geschmack war nicht der erwartete. Das war kein Wein. " Morrigan was hast du mir..." Ihr Verstand begann sich auszuklinken. Es rückte alles in weite Ferne, was eben noch Realität war. Wie durch einen Schleier sah sie Szenen und Bilder aus vergangenen, glücklicheren Tagen. Mansuri legte den Kopf an Morrigans Schulter und lächelte mit verklärtem Blick. Sie streckte sich auf den Boden aus und schlief ein. Tiefe ruhige Atemzüge begleiteten ihren Schlaf.
-
Morrigan war nur kurz weg eine Decke holen, sorgsam deckte sie ihre Freundin zu, sie blieb die ganze Nacht bei ihr, wachte über sie ohne selbst ein Auge zu schließen.
Die ganze Nacht hatte sie ins Feuer gestarrt, ihre Wut war nicht verraucht, so wie die Sache von denen nur noch ein Häufchen Asche über war, ihre Wut brannte immer noch in ihr. -
Am Morgen war ihr trotz Decke kalt. Anstatt munter und frisch, fühlte sie sich immer noch müde und schlapp. Der brennende Haufen war nur noch Asche. Morrigan saß da. " Guten Morgen. warst du die ganze Nacht hier?" Sich streckend und darauf hoffend, dass sie endlich munter wurde. Setzte sie sich in die Decke eingewickelt neben Morrigan. " Frierst du nicht? Hier nimm die Decke. Ich gehe uns ein paar Kräuter aufgießen." Alles ging wie in Zeitlupe von statten. Mansuri fühlte sich elend. Der Weg in die culina kam ihr heute doppelt so lang vor.
-
Morrigan nickte auf die Frage ob sie die ganze Nacht hier war. Nein sie fror nicht, aber sie sagte dazu nichts. Erst als Mansuri losging, erhob sie kurz ihren Blick. „Mansuri? Geh es langsam an, das Zeug hat dich gut schlafen lassen, aber du wirst dich noch ein paar Stunden schlapp fühlen. Soll ich lieber die Kräuter…?“ Aber da war Mansuri schon auf dem Weg. Morrigan schaute wieder auf die Asche. Sie wünschte sich so sehr dass über die Nacht von gestern sich bald der Mantel des Vergessens legen würde.
Mansuri würde wenigstens heute erstmal nicht darüber nachdenken, sie würde genug mit sich Selbst zu tun haben. -
Sie bekam die Füße kaum hoch, stolperte fast in den Hortus. Die zwei Becher ballancierend setzte sie sich zu Morrigan und gab ihr einen. " War das gestern Abend nicht ein bisschen zu gut gemeint? Ich fühle mich heute wie nach 3 Tagen Schwerstarbeit?" Mansuri pustete vorsichtig in den Becher. Der Aufguß roch stark nach Minze und war noch zu heiß zum Trinken. Sie mochte nicht über die nächsten Tage nachdenken. Heute hatte sie keine Meinung dazu, hinlegen und nichts tun war das Beste. Die täglichen Arbeiten waren zugeteilt und Sonderwünsche gab es bis jetzt noch nicht.
Mansuri sah nach Osten, dort zeigte sich die Sonne. Nach den letzen bewölkten und teilweise verregneten Tagen ein Lichtblick. Es war der reinste Hohn, dass gerade heute die Sonne hervor kam. -
Sie nahm Mansuri einen Becher ab und pustete hinein. Sie drehte ihn zwischen den Händen hin und her und schaute zum Horizont.
„Das geht vorbei, ich denke so bis zum Mittag, dann fühlst du dich wieder wohl. Du hast heute frei, genieße den Tag.“
Vorsichtig nippte Morrigan an dem Kräutertrank.
„Mansuri? Kann ich dich wirklich allein? Du hast frei, aber ich muss…“ Sie schaute ihre Freundin über den Rand des Bechers hinweg an. -
Den Tag genießen. Sie sollte nichts tun. Wäre der Grund dafür nicht die letzte Nacht gewesen. Sie hätte es in allen Zügen genossen. Ein Marktbummel oder das Forum. Ein Theaterstück oder oder oder.... Mansuri schrack aus ihren Gedanken hoch. " Ja, ja du kannst mich alleine lassen." Mansuri musste selber darüber hinweg kommen. Es versuchen zu vergessen.
Ein vorsichtiger Schluck von der aufgegossenen Minze. Sie schaffte es, sie musste es schaffen. -
Sie ließ es sich nicht anmerken. Äußerlich war es ihr nicht anzusehen. Sie verbarg es vor jedem der ihr in der Villa begegnete und war froh, dass es nicht mehr angesprochen wurde. Die Nächte durchwachte sie oder setze sich in die culina an den Tisch und versuchte dort etwas zur Ruhe zu kommen und zu schlafen. Abends setzte sie sich gern auf die Treppe zum Hortus, wenn sich alles zur zurück gezogen hatte. Die einzige Gelegenheit eine bisschen frische Luft zu schnappen. Die Einkäufe erledigte eine andere Sklavin, Mansuri ging kaum noch auf den Markt. Zu den Saturnalien war sie das letzte Mal so richtig außerhalb der Villa gewesen. Die Römer hatten Recht, ein Sklave war nicht mehr als ein Gegenstand. Ihre Gefühle interessierten keinen,zum Arbeiten waren sie gut genug, oder zum Unmut auslassen. Sehnsüchtig sah sie den Sternenhimmel an. Wie lange hielt sie es so aus? Wann würde sie so abgestumpft sein, dass sie nur noch funktionierte und alles andere ohne Bedeutung war.
-
Müde vom dem Tag in der Arena setzte sich Menochares auf eine Bank im Garten. Ihn hatte weniger der Kampf ermüdet, mehr die Lautsstärke. Die Vielzahl der Geräusche, die zu einem solchen Spektakel gehörte, hatte er schon immer gehasst. Seine Wunde war versorgt.
Nun war die Frage was aus ihm wurde. Würde er hier bleiben dürfen oder würde sein Herr, der ihn für diesen einen Kampf erworben hatte, verkaufen wollen?
Er wusste, dass er in den Augen der Römer versagt hatte.
Wenn er bleiben durfte, würden ihn bestimmt die anderen Sklaven verachten.
Noch schlimmer wäre es wenn die Mitglieder der Familie ihn mehr als üblich als Sklaven verachten würden und dies für den Rest seines Daseins spüren ließen.
Er war sich gar nicht mehr so sicher, dass sein plötzlicher Wille doch leben zu wollen, wirklich gut war. Sorgenvoll blickte er zum Himmel und suchte Trost bei den Sternen, auch wenn er nicht die Sternbilder der Heimat sah, so hatten sie doch etwas Beruhigendes. -
Auch dieser Tag neigte sich dem Ende. Die Menschheit war von Keywan befreit.
Menochares betrachtete die Sterne und den Mond. Er sandte mit ihm einen Gruß an seine Familie. Dachte an seine Kinder die ihren Vater nie wieder sehen würden.
Bald schon würde sein Herr entscheiden was aus ihm werden sollte.
Er beschloss diese Nacht im freien zu verbringen. Nach diesem Tag musste er wenigstens so das Gefühl von Freiheit spüren.
Jetzt mitmachen!
Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!