Es roch nach Herbst. Die Sonne brach nicht mehr oft durch die Wolkendecke, die ein frischer Meereswind ins Inland trieb. Die Markstände auf dem Forum waren nicht so stark besucht wie noch wenige Stunden zuvor, während der Tag sich dem Ende zuneigte. Sermo hatte die Curia bereits verlassen, er war den Papierkram leid. An eine Säule gelehnt betrachtete er schweigend das Treiben auf dem Forum, wo noch immer Händler ihre Waren an den Mann zu bringen versuchten. Einige Nachzügler huschten eilig an ihm vorbei. Sie betraten Schreibstuben oder suchten Geldwechsler auf, oder versuchten noch auf den letzten Drücker eine spezielle Anfertigung bei ihrem persönlichen Handwerker abzuholen. Sermo sog die feuchte Herbstluft genüsslich ein. Er mochte diese Jahreszeit, wenn es nicht mehr so ekelhaft heiß und schwül war und doch noch nicht die kalten Wintertage begannen. Für einen Moment schloss er die Augen und versank in Gedanken. Und er musste sich so einige Gedanken machen, etwa ob er einen Kredit bei seinem Patron aufnehmen sollte, um sich endlich die Ritterwürden zu erkaufen. Und ob er nicht langsam mal aus seiner funzeligen Wohnung beim alten Gabinius Fundulus ausziehen und sich eine neue, für einen Duumvir repräsentativere Bleiben suchen sollte. Und eine Frau sollte er sich langsam mal suchen, wenn er sich das so recht überlegte...
"Duumvir! Duumvir Quintilius!" Eine hohe Jungenstimme ließ ihn aus seinen Gedanken hochschrecken. Verdammter Bengel, was brüllte der denn so? "Hier!" rief Sermo nur, sich dem Burschen zuwendend, der da den Säulengang entlang auf ihn zurannte. "Endlich...." Schnaufen. Der Junge hatte sich ziemlich beeilt, schien es. "...finde ich dich. ... Duumvir, es schickt... mich Tiberius..." Langsam kam der Kleine wieder zu Atem. "...Cornificius..Mugillanus. Er steckt in....Schwierigkeiten!" Sermo runzelte überrascht die Stirn. "Bring mich zu ihm," befahl er barsch und eilte dem Pimpf hinterher, der sofort in die Richtung losrannte, aus der er gekommen war.
Cornificius Mugillanus war der und gleichzeitige Scriba Personalis von Caius Cornificius Mugillanus, der wiederum ein Geldwechselbüro in der Südstadt betrieb, von dessen Gewinn er einen Teil an Sermo abtrat. Er zahlte Schutzgeld an den Quintilier, wenn man so wollte. Da ließ Sermo es sich natürlich jetzt nicht zweimal sagen, dass sein 'Klient' Stress hatte und kam natürlich sofort zu seiner Rettung. Zumindest so eilig wie es sich für einen Duumvir in Toga geziemte. Die Sonne hatte sich bereits komplett verzogen und war nun endgültig der dunkelgrauen Wolkendecke gewichen, als der Pimpf und der Duumvir endlich das Geschäft des Cornificius erreichten. Dort trafen sie Tiberius Cornificius an, der in einem völligen Durcheinander, das wohl einmal ein geordnetes Arbeitszimmer gewesen sein musste, auf einem Hocker saß und das Gesicht aus Verzweiflung in den Händen vergraben hatte. Als Sermo die Ladenräume betrat und sich fragend umschaute, hob der junge Cornificius den Blick.
"Quintilius, da bist du ja! So ein Unglück, sieh dir nur an was sie angerichtet haben! Sie haben meinen Vater mitgenommen, die Schweinehunde!"
"Wer sind die?" fragte Sermo. "Und wann ist das passiert?"
"Kaeso Cartilius Pictor und seine Halunken!" spuckte der Cornificius aus. "Sie kamen vor etwa einer Stunde her und verlangten Geld von uns. Wir sollten ab jetzt dem Cartilius Abgaben leisten und nicht mehr dir. Diese..."
"Wohin haben sie deinen Vater gebracht?" unterbrach Sermo den wutschnaubenden Mugillanus.
"Ich weiß es nicht," jammerte der Cornificius daraufhin. "Aber ich meine, dass Cartilius Pictor ein Warenhaus beim Tempel des Hercules besitzt."
Sermo nickte zufrieden. "Das sollte reichen. Ich regele das." Und mit diesen Worten verließ er das Chaos der Wechselstube, vor deren Tür er dem Botenjungen eine Münze in die Hand drückte. Es gab Arbeit. Doch die würde bis zum Einbruch der Nacht warten müssen. Bis dahin hatte er nun noch etwas Zeit, sich Verstärkung zusammenzutrommeln...