Die Neugier einer Zugezogenen

  • Sie versteckte ihre Hände.Nervös wegen ihm? Nein, das konnte er sich nicht vorstellen, dazu war er zu gewöhnlich. Er war so was ähnliches wie sie, Anstandsherr für ein Gespann.
    Und dann war da die Frage, auf die er gewartet hatte und die ihm nicht angenehm war. Gleich würde sie ihn ansehen, die Nase rümpfen und eine Ausrede finden um sich nicht mehr mit ihm unterhalten zu müssen. Er schaute sie verlegen an.


    "Ich bin noch nie in der Villa Tiberia gewesen.Ich arbeite in den Stallungen der Factio und schlafe dort."


    Es war raus. Er sah in die Menge. Eine Antwort oder eine weitere Frage erwartete er nicht. Als Stallbursche konnte man nichts weiter erwarten und er hatte die Villa Tiberia wirklich bis heute nicht einmal gesehen.Er hatte zwar vorher schon in einer Villa gelebt und als Haussklave gearbeitet, aber wer will schon einen der die Pferde hütet in einer Villa haben. Er wäre unpassend. Für ihn war es ein Vorteil, er konnte tun und lassen was er wollte, solange die Pferde trainiert und gepflegt wurden.


    " Was machst du in der Villa? Ist sie groß? "
    Die Fragen waren der Versuch das Gespräch aufrecht zu erhalten und ein bisschen Neugier steckte auch dahinter.

  • Wurde er da etwa verlegen? Weshalb nur, weil er noch nie in der Villa war? Oder eher, weil er im Stall schlief? Wahrscheinlich eher zweiteres. Sehr wahrscheinlich sogar. Den Geruch der Pferde bekam man kaum ab, wenn man mit den Tieren arbeitete, erst recht nicht, wenn man dort auch noch schlief. Er sah in die Menge und sie nutzte den Moment, unauffällig zu schnüffeln. Ja, nun wußte sie, wieso man ihn nicht in der Villa haben wollte. Trotzdem, hätte er es nicht erwähnt, es wäre ihr nicht aufgefallen.


    Bei der Frage nach der Villa bekam sie leuchtende Augen. Sie war wirklich groß, größer, als ihr Zuhause in Griechenland. Das, was sie bisher davon gesehen hatte, war beeindruckend gewesen und sie hatte noch lange nicht alles gesehen.


    "Du warst noch nie da? Ja, sie ist sehr groß, du solltest sie dir einmal ansehen."


    Zumindest von außen, dachte sie, dann konnte er es sich ein bisschen vorstellen. Vielleicht war es aber auch besser, er würde sie nicht sehen. Er könnte neidisch werden und Neid brachte nie etwas Gutes. Er könnte sie hassen, sie alle hassen und dann... Schnell vertrieb sie den unheilvollen Gedanken wieder.


    "Meine Aufgabe ist es, für meine Herrin zu sorgen. Ich bin nur für sie da."


    Die Erinnerung an die Nacht zauberte ein Lächeln auf ihre Züge und dieses Lächeln schenkte sie ihm, mit einem direkten Blick in seine Augen. Es gab für sie keinen Grund, sich nicht weiter mit ihm zu unterhalten, nicht einmal der leichte Pferdegeruch, der ihn umgab. Und neugierig war sie immer noch.


    "Wieviele Pferde gibt es dort? Dolabella hat sicher nur die Besten, oder?"

  • Er kannte zwei Villen. Die der Familien, bei denen er die ersten Monate seiner Gefangenschaft verbracht hatte. Sie waren weiträumig, hatten viele Zimmer, waren luxuriös eingerichtet gewesen. Was er nicht verstand, sie lächelte, als sie sagte sie ist nur für Tiberia Faustina da. Seine Erfahrungen waren nicht sehr erfreulich. Er war Prügelknabe für den Sohn des Dominus gewesen, das hatte ihm irgend wann gereicht. Nach der Schlägerei wurde er mit der Maßgabe „ab in die Minen“ verkauft. Sein Glück war Dominus Dolabella, der ihn in die Stallungen holte.
    „ Ich werde mir die Villa mal ansehen, wenn ich Zeit habe.“ Er glaubte nicht, dass er Einlass bekommen würde. Irgendwann einmal, ganz sicher, würde er sie sich ansehen.
    „ Du bist so was wie eine Vertraute für Tiberia Faustina. Sie behaltet sich gut. Dein Lächeln macht den Eindruck. Ich hatte bis zu Dominus Dolabella nicht so viel Glück. Er hat mir eine Aufgabe verschafft, die mir liegt, aber meist rede ich mit den Pferden, es ist keiner zum Reden da. Die Stallburschen haben anderes zu tun und verschwinden abends.“ Er hatte Caelyn, wie lange das gut ging. Sie hatten keine Möglichkeiten zusammen zu kommen, es waren immer nur Notlösungen. Ganz zu schweigen vom Ärger den es geben würde, wenn man sie entdeckt.
    „Ja, die Pferde. Es ist eine ansehnliche Stallung. Da stehen einige Gespanne. Bunt gemischt, Schimmel, Füchse und Rappen . Das neueste Gespann sind vier Schimmel. Es sind sehr gute Pferde, richtig trainiert, wird es eine gute Quadriga. Du kannst sie dir mal ansehen. Tiberia Faustina hat sicher keine Einwände. Sie kennt sie selber nicht. Ich habe ihr nur das Renn-Gespann gezeigt.“ Er ließ die Bemerkung mit einfließen, Tiberia Faustina hatte ihr nichts davon erzählt. Neugierig war das Reh und fragte sicher bei Faustina nach. „ Zur Zeit ist wenig zu tun. Nur die täglichen Arbeiten und das Training für die Pferde. Danach vertreibe ich mir die Zeit. Das ist der Vorteil, wenn man nicht in der Villa untergebracht ist. Das spart mir Körbe tragen und andere Arbeiten. “ Er schmunzelte.

  • Die Hände unter ihrem Umhang begannen zu schwitzen und sie wischte sie an ihrer Tunika ab, während sie ihm lächelnd zunickte bei seiner Bemerkung über Faustina.


    "Ja, das bin ich wohl, eine Vertraute. Ich kann mich nicht beklagen und wenn ich das Leid mancher Sklaven sehe, wird mir bewußt, wieviel Glück ich habe."


    Soweit man es als Glück empfinden konnte, als Sklave zu leben, ohne eigene Entscheidungen treffen zu dürfen und in dem Bewußtsein, dass Freiheit wohl ein lebenslanger Traum sein würde. Aber sie war schon so lange bei Faustina, dass sie sich kaum an ein anderes Leben erinnern konnte. Manchmal, in ihren Träumen, tauchten bruchstückhafte Erinnerungen auf, die sie meist am nächsten Morgen viel zu schnell wieder vergaß. Einzig der Tag, der alles veränderte, war unauslöschlich in ihre Seele eingebrannt.


    Er erzählte von den Stallungen, seiner Arbeit und sie genoß es, ihm zuzuhören. Es war Abwechslung für sie und ihm war es wohl ein Bedürfnis. Seine Augen schienen zu leuchten, während er von den Pferden und deren Qualitäten berichtete. Er schien richtig in seiner Arbeit aufzugehen und das schürte wiederum ihre Neugierde. Zu gerne hätte sie sich von ihm auf der Stelle die Stallungen zeigen lassen, doch sie mußte sich in Geduld üben. Sie würde den richtigen Zeitpunkt abwarten, und dann Faustina bitten, sie einmal mitzunehmen.


    Als er mit seinen Ausführungen endete und das Körbe tragen erwähnte, mußte sie herzhaft lachen, erschrak jedoch selbst so darüber, dass sie sich schnell auf die Lippe biss und es mit einem Kichern ausklang. Die Vorstellung eines Stallburschen, mit Korb auf dem Kopf, hatte sich in ihre Gedanken geschlichen.


    "Entschuldige, es ist nur... Ja, ich denke, es ist wirklich ein Vorteil für dich."


    Diese Vorstellung wieder aus ihrem Kopf zu vertreiben, war nicht so einfach und ihr Grinsen wollte auch nicht verschwinden. Sie bemühte sich wirklich zur Ernsthaftigkeit.


    "Wenn Domina Faustina es erlaubt, würde ich mir die Stallungen wirklich gerne einmal ansehen. Gehört habe ich schon viel davon, es wird sich sicher einmal eine Gelegenheit ergeben."


    So langsam wurde es ihr warm in der Sonne und die Beine taten weh vom langen Stehen. Schweiß sammelte sich auf ihrer Stirn und irgendwie fiel ihr keine Frage mehr ein, die sie ihm hätte stellen können. Natürlich gab es einiges, dass sie gerne erfahren hätte, seine Vergangenheit zum Beispiel, oder, ob es ihm nichts ausmachen würde, so ganz alleine im Stall zu schlafen. Sie selbst war in ihrem ganzen Leben noch nie alleine gewesen und konnte es sich daher überhaupt nicht vorstellen. Aber all das war viel zu persönlich und er ihr noch fremd. Nach einem kurzen Moment der Stille fiel ihr doch noch etwas ein, das sie ihn fragen konnte.


    "Wie lange bist du schon hier, bei Dolabella und den Pferden?"

  • Sie wurde nervös, die ersten kleinen Schweißperlen waren auf ihrer Stirn zu erkennen. Ging es ihr nicht gut, oder war es seine Anwesenheit die ihr unangenehm war. Der Gesprächsstoff ging zu Ende, das wie ein kleiner Wink zu gehen.
    "Ich bin seit fast einem Jahr bei Dominus Dolabella. Seitdem arbeite ich bei den Pferden." Mit ihnen hoffte er seine Freiheit zurück zu bekommen. Das es nicht so einfach war wie er es dachte, das erzählte er ihr ein anderes Mal. Hier und heute war nicht die richtige Gelegenheit.
    "Ich will dich nicht weiter langweilen. Wir sehen uns, wenn du Lust und die Erlaubnis hast in die Stallungen zu kommen." Er sah sie an. " Gehts dir gut?" War ihr nicht gut, konnte er sie hier nicht einfach alleine lassen. Er versicherte sich lieber.

  • Ein Jahr war noch nicht wirklich lange, davor schien er genügend erlebt zu haben und Chiomara würde das gerne herausfinden. Nur schade, dass er gehen wollte, aber das war vielleicht auch besser so. Und es gab sicher irgendwann eine Gelegenheit, in die Stallungen zu kommen. Zumindest hoffte sie das.


    Sie sah die Sorge in seinen Augen. Kurz ging ihr durch den Kopf, sich einfach fallen zu lassen, dann hätte sie noch ein bisschen Unterhaltung und müsste auch nicht länger stehen. Kopfschüttelnd vertrieb sie den kindischen Gedanken aber gleich wieder und lächelte ihn stattdessen mit festem Blick an. Dafür war sie dann doch zu stolz.


    "Ja, mir geht es gut. Es ist nur etwas warm hier in der Sonne."


    Das sollte ihn überzeugen, aber ihn in dem Glauben zu lassen, er würde sie langweilen, konnte sie dann doch nicht. Schließlich hatte er ihr eine kleine Weile der Ablenkung geschenkt. Sie senkte wieder die Stimme, um niemanden an dieser Unterhaltung teilhaben zu lassen.


    "Du hast mich nicht gelangweilt, im Gegenteil. Du hast mich ein wenig abgelenkt, hier zu stehen ist nicht unbedingt... interessant. Wenn ich die Stallungen besuchen darf, wirst du mir dann alles zeigen?"


    Sie wußte, er würde gleich gehen und irgendwie wollte sie das noch hinauszögern. Wenn er ging, war sie wieder alleine und würde die Sonne und ihre Beine umso mehr spüren, ganz zu schweigen von ihrer Schulter.

  • Ihr war warm. Die Sonne schien heute unvermindert stark. Kein Wölkchen war am Himmel zusehen. Er zeigte zu einem kleinen Stand. Der Besitzer hatte ein Sonnensegel gespannt um seine Ware zuschützen. Ein Blick zu Faustina und dem Senator. Die beiden waren mit ihrer Unterhaltung beschäftigt. " Lass uns rüber gehen, dort ist Schatten.Tiberia Faustina ist in Hörweite." Wie es meist seine Art war,wartete er nicht auf eine Antwort. Er nahm ihre Hand und zog sie zu dem kleinen Stand unters Segel. Hier war es angenehmer. Aretas sah sich um und fragte so nebenbei." Wer ist das, der da mit Tiberia Faustina spricht?"
    Herrliche Weintrauben hatte der Händler im Angebot.Aretas kostete. Er feilschte mit dem Händler, drückte ihm das Geldstück in die Hand, was er von der Aurelierin bekommen hatte und nahm zwei Trauben. Eine hielt er Chiomara hin. " Nimm sie, die Tiberia wird nichts dagegen haben. Sie schmecken herrlich." Er steckte sich eine Beere in den Mund und verzog das Gesicht. " Die war sauer." lachend auf der sauren Weinbeere kauend, kam er zu dem zurück was sie wissen wollte. " ich zeige dir alles. Die Pferde, jedes einzelne wenn du magst, die Wagen, was die Pferde alles können, die Arena." Seine Blicke gingen immer wieder zu Tiberia Faustina. Sollte sie nach ihrer Vertrauten verlangen,wollte er ihr Bescheid geben. Chiomara sollte durch ihn keine Probleme bekommen.

  • "Nein, ich kann doch nicht... "


    Sie sträubte sich, aber ihr Protest war sinnlos. Noch bevor sie zuende schimpfen konnte, zog er sie zu dem Stand. Hilfesuchend ging ihr Blick zu ihrer Herrin, doch die war in das Gespräch vertieft und bekam scheinbar nichts mit. Sich von Faustina zu entfernen, ohne vorher um Erlaubnis zu fragen, das war ihr noch nie in den Sinn gekommen und schon gar nicht mit einem Fremden. Aber der Schatten tat gut. Wenn da nur nicht ihr schlechtes Gewissen wäre...


    Ihr Blick hing immer noch bei den beiden, als Aretas sie nach Faustinas Gesprächspartner ausfragte. Nur widerwillig drehte sie sich zu ihm um und zuckte mit den Schultern.


    "Ich weiß es auch nicht, irgendein Senator."


    Natürlich wußte sie es, zumindest seinen Namen, aber weshalb sollte sie ihm das auch verraten. Sie beobachtete ihn, während er kostete und den Preis aushandelte. Zögernd nahm sie dann die Traube aus seiner Hand, steckte sich ebenfalls eine Beere in den Mund. Ihre war süß und sie mußte lachen, als er das Gesicht verzog.


    "Solange es nur die eine ist? Meine ist süß... Danke."


    An Weintrauben konnte sie sich satt essen, gerade, wenn es so warm war. Während sie noch kaute, war er schon dabei, ihre letzte Frage zu beantworten.
    Damit schürte er weiter ihre Neugier, bis sie stutzte.


    "Die Arena?"


    Achja, die Wagenrennen. Irgendwo mußten die ja stattfinden. Es gab noch sovieles hier, das sie nicht kannte.


    "Die würdest du mir auch zeigen? Ich will natürlich alles sehen."


    .. und noch viel mehr darüber erfahren. Aber zuerst mußte sie einmal dorthinkommen können.


    "Hier, die ist sicher süß."


    Vorsichtig pflückte sie eine Beere aus ihrer Traube und hielt sie ihm mit einem kurzen Zwinkern vor die Nase. Faustina und deren Gesprächspartner hatte sie mittlerweile schon fast vergessen.

  • Die Weinbeere vor einer Nase war sehr verlockend. Sie ist süß, konnte ja jeder sagen ohne sie vorher zu kosten. Er schnappte zu. Ihre Finger hatten Glück. Die Weinbeere nicht. "Zuckersüß." sagte er kauend und lächelte. " Eine, von mir? Eine gute saure?" Er schüttelte den Kopf. " Du beißt mir nur die Finger ab, so wie du guckst." nachdenklich sah er sie an. " Was machst du wenn du nichts für Tiberia Faustina zu tun hast? Wie ist es denn so in der Villa? Seid ihr in einem Raum zusammen untergebracht, so wie es bei uns in den Stallungen ist, oder hast du als Vertraute ein extra Zimmer?" Die Fragen waren sehr gewagt und befremdlich. Sie kannten sich ja erst seit...naja, ein paar Minuten. Die Sonne und die Wärme brachten einen auf sonderbare Ideen und Fragen, stellte er fest und runzelte die Stirn.

  • Erschrocken zuckte sie zurück, als er direkt zubiss. Glücklicherweise nur in die Beere. Und sie bekam keine von ihm? Sah sie wirklich so aus, als würde sie ihm in die Finger beissen? "Dabei mag ich sauer wirklich gerne." Nicht ganz ernsthaft zog sie eine Schnute und pflückte sich eine von ihren, schob sie genüsslich in den Mund.


    Nun wurden seine Fragen aber wirklich ziemlich privat. Argwöhnisch beäugte sie ihn, während sie kaute und überlegte, was davon sie beantworten wollte. Schließlich verzog sie schmunzelnd ihr Gesicht und lächelte ihn keck an.


    "Du bist ja mal gar nicht neugierig. Warst du noch nie in einer Villa? Hm.. also eigentlich habe ich immer irgendetwas für Faustina zu tun. Selbst, wenn sie nicht da ist. Wie ist es denn in den Stallungen? Ich dachte, du bist dort nachts alleine mit den Pferden? Oder schläfst du ... direkt bei den Pferden?"


    War es das, was er meinte mit, in einem Raum zusammen untergebracht? Irgendwie konnte sie sich überhaupt nicht vorstellen, wie es war, in einem Stall zu schlafen, deshalb war sie auch so neugierig darauf. Und sie entging damit ziemlich geschickt seiner Frage.

  • Er hatte übertrieben. Pflückte eine von den grünen Beeren, nahm sie zwischen Daumen und Zeigefinger und hielt sie ihr hin. Diese Schnute verunstaltete ihr hübsches Gesicht. Lieber eine saure Beere geopfert. " Ich tausche eine saure Beere gegen deine Schnute." Er kniff die Augen zu, in Erwartung, dass sie ihm in die Finger biss. Verdient hatte er es für seine Neugierde.
    " Wie kommst du darauf, dass ich direkt bei den Pferden schlafe? Es gibt einen großen Schlafraum für alle Auriga und die Sklaven, die in den Stallungen arbeiten." Sollte er ihr sagen, dass er nicht dort schlief, sondern eine Kammer für sich hatte, die direkt hinter den Boxen der vier Neuzugänge lag ? Nein, das wäre reine Angeberei.
    Wo sie schlief, hatte sie ihm geschickt verschwiegen. Naja es war nicht wichtig. Wann bekam er schon Gelegenheit in der Villa zu arbeiten und zu schlafen. Wahrscheinlich nie.

  • Er machte sich über sie lustig, dafür sollte sie ihn tatsächlich beissen. Den Mund schon geöffnet, sah sie, wie er die Augen zusammenkniff. Er erwartete scheinbar genau das, also nahm sie ihm die Beere mit den Fingerspitzen ab und steckte sie selbst in ihren Mund. Sauer... sie bemühte sich, das Gesicht nicht zu verziehen und mit einem Grinsen auf den Lippen wartete sie, bis er die Augen wieder öffnete.


    Ein bisschen peinlich war ihr, dass sie gedacht hatte, er würde vielleicht direkt bei den Pferden schlafen. Alles hatte irgendwie darauf hingedeutet.


    "Ich dachte, weil du sagtest, du wärst dort nachts alleine. Da habe ich dich wohl falsch verstanden. In der Villa gibt es auch extra eine Unterkunft für die Sklaven. Dort muß ich aber glücklicherweise nicht schlafen, Tiberia Faustina hat mich gerne in ihrer Nähe. "


    Ihre Herrin.. die hatte sie tatsächlich für einen Moment vergessen. Ängstlich drehte sie sich um, doch die war immer noch mit dem fremden Mann in ein Gespräch verwickelt, also hoffentlich nichts, um das sie sich Sorgen machen müsste. Dann konnte sie sich auch noch ein wenig unterhalten. Nun hatte sie ihm doch ein wenig verraten, dann konnte sie ihn auch weiter ausfragen.


    "Wieviele seid ihr denn dort? "

  • Die Finger waren noch dran. Die Beere in ihrem Mund verschwunden. Erleichtert atmete er auf.
    Das war mal eine Neuigkeit. Jetzt hatte sie es ihm verraten. Sie schlief nicht in der Sklavenunterkunft, hatte ein extra bei der Tiberia in der Nähe. Ging's ihr gut.
    Bei ihm war es ähnlich. Er war nicht im großen Schlafraum untergebracht. Er hatte eine extra Kammer für sich, in der Nähe der Pferde. In gewisser Weise waren viele da, aber er war alleine.
    "Jaa, wieviele sind wir denn? Kann ich dir nicht sagen. Das interessiert mich nicht. Es ist ein Kommen und Gehen. Ganz genau weiß das Sixtus, ein ehemaliger Fahrer. Er trainiert sie."
    Die Trauben waren fast aufgegessen. Er wusste nicht recht über was er sich mit Chiomara weiter unterhalten konnte. Was sie interessierte. Frauen redeten gern und viel. Meist über Sachen die ihm nicht zusagten. Es war ihm ein Rätsel wie man sich so ausdauernd unterhalten konnte. Verlegen kaute er auf den letzen Beeren.

  • Er wußte nicht, wieviele sie waren? Waren die Stallungen so groß? Oder interessierte er sich nicht für andere? Letzteres konnte aber eigentlich nicht sein, sonst hätte er sie liegenlassen und schon gar nicht die Trauben mit ihr geteilt. Eine verlegene Stille breitete sich zwischen ihnen aus und Chiomara suchte verzweifelt nach einem Gesprächsthema.


    Faustina zu unterhalten war einfacher. Ihr erzählte sie, was tagsüber geschehen war, und wenn es nichts zu berichten gab, erfand sie eben etwas. Aber bei ihm? Abgesehen davon, dass Pferde sein liebstes Thema war und er vielleicht noch ein bisschen neugierig auf die Villa war, wußte sie einfach zu wenig von ihm. Eine Beere nach der anderen verschwand in ihrem Mund.


    Vielleicht sollte sie auch langsam wieder zu ihrer Herrin zurück. Sie warf einen Blick in die Richtung, aber noch interessierte sich niemand für sie. Während sie sich so umsah und gerade die letzte Beere in den Mund schieben wollte, bemerkte sie ein Augenpaar, das sie anstarrte. Da war er wieder, der kleine Junge, der sie umgerannt hatte. Mit der Hand deutete sie in dessen Richtung.


    "Da... da ist er wieder. Der kleine Zwerg hat mich vorhin umgerannt. Am liebsten würde ich ihm die Ohren langziehn."


    So wirklich sauer war sie zwar nicht mehr, obwohl sie ihre Schulter noch immer ein wenig spürte. Eigentlich müsste sie ihm dankbar sein, immerhin stand sie nun nicht mehr dumm in der Gegend herum und hatte auch noch nette Unterhaltung. Und zuckersüße Trauben... die letzte verschwand in ihrem Mund und der Junge aus ihrem Blickfeld.

  • Was nun,sprach Benaris. Alle Trauben waren verzehrt. Ihm wurde es zu müßig hier mit ihr zu stehen. Die Füße vertreten, ein Stück laufen danach war ihm jetzt. Sie könnte mitkommen, aber es ging nicht. Sie saß in einem goldenen Käfig.
    Ging es ihm besser? Die Pferde,täuschten darüber hinweg. Alles nur leere Versprechungen. Der Freiraum, den er hatte, war das einzige was ihm zu gute kam. Er war eine große Hilfe bei der Verwirklichung seines Entschlusses, den er vor ein paar Tagen gefasst hatte. Nach Hause,nach Thrakien wollte er. Mehr in Gedanken sagte er zu Chiomara," Ich werde wieder zurück gehen. Die Quadriga, da ist noch eine Reparatur fällig. Ich begleite dich bis zu Tiberia Faustina, nicht das du wieder umgerannt wirst." Er sah sich nach dem Jungen um. Keiner zu sehen.


    " Vielleicht sehen wir uns irgendwann. Danke für die Unterhaltung." Er verabschiedete sich und verließ gemächlich das Forum.

  • "Ja, vielleicht, danke für deine Hilfe... und die Trauben."


    Dann war er weg. Schade eigentlich. Zu gerne wäre sie ihm gefolgt, aber sie konnte nicht, konnte ihm nur solange nachschauen, bis er verschwand. Bislang dachte sie, sie wäre zufrieden, dachte, wie gut sie es doch hatte, nun kam der Neid. Auf ihn, er konnte gehen, wohin er wollte, mußte niemanden fragen.


    Vielleicht sehen wir uns irgendwann... Das konnte morgen schon sein, oder überhaupt nie, dabei würde sie so gerne die Pferde sehen. Und das nicht nur, weil er sie neugierig geredet hatte. Da war etwas, von dem sie nicht wußte, was es war. Das wollte sie herausfinden, und zwar bald.


    Und sollte Faustina nicht wollen, dann würde ihr vielleicht Dolabella helfen. Seufzend stand sie wieder in der Sonne und wartete. Wenn doch wenigstens etwas aufregendes passieren würde...

  • Schön fand Faustina es schon das Chio endlich Kontakt gefunden hatte. Aber ausgerechnet mit dem Fahrer, der sie über die Übungsstrecke mitgenommen hatte, das war ihr etwas unangenehm. Schliesslich konnte der Bursche mit einem unbedachten Wort für einen kleinen Skandal sorgen.


    Trotzdem beschloss Faustina, es für jetzt auf sich beruhen zu lassen. Dafür sollte die Bestrafung Chios heute Abend, etwas ausgedehnter als sonst sein. Sie war zwar mehr Freundin als Sklavin, doch ab und zu musste man Chio an ihren Stand erinnern.


    "Nein, verirrt haben wir uns nicht ... hoffe ich mal. Jedenfalls ... wird meine Sklavin wissen, wie wir zurück zur Villa Tiberia kommen.", das war ein Wunschdenken, eine Art Hoffnung. Dabei schaute sie Aurelius Avianus verlegen an.

  • Avianus hingegen hatte (normalerweise) nicht viel mit fremden Sklaven zu bereden und ignorierte diejenigen Sklaven, die nichts mit seinen Eigenen zu tun hatten. Stattdessen konzentrierte er sich auf die junge Tiberierin, die ihn verlegen anblickte. Und der Aurelier fand sie gar hübscher, wenn sie das tat.
    "Vielleicht... kann ich dir ja den Weg erklären, wenn du irgendwo hin musst. Also, wenn du willst, meine ich", bot Avianus an und setzte ein freundliches Lächeln auf.

  • Irgendwie hatte Faustina mit diesem Angebot gerechnet, es vielleicht sogar erhofft. Jedenfalls war sie dankbar.


    " Das Angebot nehme ich gerne an. Zumal gewisse Sklavinnen sich offensichtlich für andere Dinge interessieren.". Allerdings belohnte sie Avianus mit einem immer noch verlegenen, aber nun dankbaren Lächeln.


    Die Wahrscheinlichkeit das Chiomara heute Abend bestraft werden würde, war nun fast schon Gewissheit.

  • Dumm wäre es auch gewesen, wenn die Tiberierin dieses Angebot abgeschlagen hätte, dachte sich Avianus und lächelte freundlich zurück. Er sah zur Seite, dort war diese Sklavin, auf die sich Faustina offenbar bezog. Ungern wollte der Aurelier in ihrer Haut stecken, doch die Dienerin hatte sich etwas erlaubt, ohne die Herrin um Erlaubnis zu fragen. Und das war doch ein immenser Unterschied, fand er.


    "Sehr gut! Wenn du zum Mons Esquilinus findest, erledigt sich der Rest von selbst... ich kann dir den Weg zeigen", sagte Avianus und ging eine der Straßen Richtung Nordosten entlang, um die Tiberierin zum Ziel zu bringen.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!