So kam also Piso von der Kanzlei, eingedeckt mit dem, was man wohl als Arbeitspensum bezeichnen konnte, und einer Auswahl von Kanzleibeamten, keine unsubstanielle Menge von ihnen seine eigenen Klienten, die er damals schon als Primicerius sich verschafft hatte. Es schwärmten sie nun aus, durch die ganze Stadt. Straßenzug um Straßenzug wurde abgearbeitet, Stadtviertel um Stadtviertel. Immer mehrere Notarii nahmen sich ein Stadtviertel vor, zogen durch die Straßen, klopften bei jedem Haus an und nahmen eine Liste der römischen Bürger auf, immer darauf bedacht, jeden Bürger zu erfassen und die Ritter und Senatoren getrennt aufzuschreiben. Die Ianitoren waren viel beschäftigt zu jener Zeit, ebenso die, die bei den Insulae unten lebten und deren Gedächtnis nun auf die Probe gestellt wurde. Voll und völler wurden die Wachstafeln, und ein immer größerer Berg stapelte sich auf Pisos Schreibtisch. Groß und lang zu beschreiben, was hier an Arbeit vorging, wäre verdrießend und ermüdend, doch sollte man wissen – es ging viel schneller voran, als Piso es sich erträumt hätte. Er und die Haussklaven, die ihm halfen, kamen kaum noch nach mit der Arbeit, auch, weil immer mehr Volkszählungen von Städten und Provinzen eintrudelten. Als erstes kam Material aus Hispania und Illyricum, womit Piso wieder einmal sehr lange beschäftigt war – wie gut, dass es sich nur um Bürgerlisten handelte!
In Rom derweil arbeiteten die Notarii die inneren Stadtvierteln ab, wühlten sich durch die Subura, durch Trastevere und über den Esquilin mit seinen prunkvollen Villae. Bald schon hatten mehr als halb Rom abgearbeitet.
Jubilate heißt jeder Tag, auf dem der Arbeit Segen lag
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Villae, Casae, Insulae, heruntergekommene Bruchbuden, die jeder Beschreibung spotteten, Domi, Güter, Atrienhäuser, Ställe, Höhlen, Katakomben – was Pisos Notariusgruppe nciht abarbeitete in Rom, das gab es nicht. Natürlich nur die Notariusgruppe. Piso selber bewegte sich nicht aus der Villa Flavia heraus. Wozu auch? Er hatte dort drinnen genug zu tun. Während das Vigintivirat noch ein kleines lustiges Ämtchen gewesen war, war das hier richtig viel Arbeit. Arbeit, verbunden mit aufkeimender Panik. Denn von der Amtszeit blieb nicht mehr viel. Und er hatte von einigen wichtigen Städten un Provinzen die Listen noch nicht! Und so trieb Piso die Notarii immer mehr, immer hektischer an. Manch ein Notarius ging im Stress unter und tauchte 2 Tage später wieder auf, sich in der Subura schreiend im Dreck am Boden suhlend, vor lauter Arbeit ganz deppert im Hirn geworden. Denn die von Natur aus schreckhaften Mitarbeiter der Kanzlei wurden nun mit etwas konfrontiert, was sie so nicht kannten – dem wahren Leben. Gar mancher fiel beim Anblick einer schlecht hergerichteten Insula in Ohnmacht. Manch anderer beim Anblick einer protzigen Villa.
Und doch ging es vorwärts. Die Notarii, nicht an Druck gewöhnt, arbeiteten sich trotzdem langsam vorwärts. Wenn Rom einmal abgehandelt war, würde Piso erst einmal ausschnaufen können. -
Es kam nun der Tag, da stießen zwei Trupps von der Kanzlei auf einer Straße zusammen. Es waren nicht 2 beliebige Horden von Kanzleibeamten, nein, es waren die beiden Kanzleitrupps, die unter Pisos Fuchtel standen und sich durch den letzten Stadtbezirk Roms, Transtiberim, arbeiteten. Mit dem letzten Stadtbezirk gemeint ist hier freilich der letzte Stadtbezirk, der bei jener unsäglichen Volkslistung, über der Piso schon so lange saß, abgearbeitet werden musste, von Türe zu Türe, von Ianitor zu Ianitor (wobei sich die Ianitoren als verschiedentlich bissig erwiesen).
Und nun trafen diese beiden Trupps zusammen, und nach kurzer Absprache stellten sie fest, dass sie die letzten Notarii waren, die noch beschäftigt waren, und sie gerade die letzten Häuser Roms abgearbeitet hatten.
Es war vollbracht. Rom war gezählt. Eilenden Schrittes wurde die Botschaft sowie die letzten Tafeln der Volkszählung zu Piso gebracht.
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