Macer erwartete Decimus Mattiacus in seinem Arbeitszimmer. Schließlich war es kein Geschäftsessen, was die beiden absolvieren wollten. Das genaue Thema war Macer allerdings auch nicht bekannt, so dass er einigermaßen gespannt war. Viel Zeit hatte er für die Anfrage allerdings auch nicht freimachen können.
[Tablinum] Ein Gespräch in einer dringenden Angelegenheit
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Mattiacus folgte dem Sklaven in das tablinum der Casa. "Geschmackvoll eingerichtet" dachte sich Mattiacus.
Schließlich kam er zum Herrn des Hauses.
"Salve Spurius Purgitius Macer. Lass mich dir zuerst für deine Wahl zum Konsul gratulieren. Außerdem danke ich dir, dass du ein wenig Zeit für mich gefunden hast."
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"Danke schön", erwiderte Macer knapp, aber freundlich. Der Glückwunsch zur gewonnen Wahl war in letzter zeit eine ziemlich häufige Grußformel ihm gegenüber. Aber das würde sich sicher bald wieder geben. "Deine Anfrage machte einen recht dringlichen Eindruck, so dass ich dir ein wenig Zeit freimachen konnte. Worum geht es denn?" wollte er dann aber doch rasch zur Sache kommen.
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Mattiacus räusperte sich kurz.
"Es geht um meinen Bruder und das Urteil: Du warst ja selbst gegenwärtig beim Prozess gegen Livianus. Mir erschien es irgendwie, als ob es da nicht um irgendeinen Amtsakt ging, der nicht hätte durchgeführt werden sollen, sondern um mehr. Gerade der Auftritt des Praefectus Urbanus bei der Urteilsverkündung hat mir gezeigt, dass die Sache höchst politisch war und irgendjemand etwas gegen uns Decimer im Schilde führt. Livianus sollte politisch und moralisch beschädigt werden. Ein ehemaliger Prätor, der des Amtsmissbrauchs überführt ist, sojemanden wählt der einfache Plebejer auf der Straße nicht. Die Sache um die es da ging, die Adoptionen, waren schon ewig her und eigentlich schon verjährt. Ich habe mich überhaupt gewundert, dass der Prätor es überhaupt ein Verfahren eröffnet hatte."
Mattiacus räusperte sich nocheinmal, irgendwie saß ihm heute ein Frosch im Hals.
"Kurzum ich bitte dich im Namen von Livianus darum, wenn du Konsul bist, ein Iudicium extraordinarium einzuberufen, um die Sache nocheinmal aufzurollen. Ich hatte es ja schon in meinem Abschlussplädoyer anklingen lassen, dass dieser Fall wegweisend ist für alle Amtsträger. Mein Warnhinweis ging leider in die völlig falsche Richtung under Prätor dachte, ich wollte ihm drohen. Vielmehr wollte ich ihn warnen, nicht eine solche kleine Lapalie über Zuständigkeiten zu einem Amtsmissbrauch zu machen. Denn jeder Amtsträger muss jetzt Angst haben, für jeden kleinen Fehler gleich vor den Prätor gezerrt zu werden."
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Macer lehnte sich in seinem Stuhl zurück und machte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck, während er zuhörte. Die Spekulationen über mögliche politische Beweggründe konnte er verstehen, aber sie taten für ihr nichts zur Sache. "Die Verjährung hast du in der Verhandlung aber nicht erwähnt, oder ist mir dies entgangen?", erkundigte er sich zwischendurch, auch wenn die Antwort wohl offensichtlich war.
Aber auch diese Frage trat angesichts der dann vorgetragenen Bitte in den Hintergrund. Die Einberufung eines außerordentlichen senatorischen Gerichts war keine Kleinigkeit und als eine seiner ersten Amtshandlungen käme sie einem Donnerschlag gleich. "Du tust dies im Rahmen einer offiziellen Appellatio? Noch bin ich nicht amtierender Consul und damit der falsche Ansprechpartner", gab er dann zu bedenken. Er war gewählt, aber der Amtswechsel war noch nicht vollzogen worden. "Wenn ich im Amt bin, kann ich freilich ein Urteil versuchen aufzuheben, aber das wäre dann keine Appellatio mehr. Daran könnte ich mir dann genauso schnell die Finger verbrennen, wie Livianus es mit seinem Fehler getan hat. Und ich vermute mal, euch ist nur mit einem juristisch einwandfreien Weg geholfen." Dass er selber für alles andere auch nicht zur Verfügung stand, wollte er nicht extra erwähnen.
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"Ich kann deine Bedenken verstehen. Mir scheint es, dass es in Rom eine sehr seltsame Atmosphäre herrscht, seitdem sich der Princeps aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat." sagte Mattiacus mit einem Seufzer.
"Daher erscheint mir auch eine Appelatio sinnlos, denn die würde auf dem Tisch des Praefectus Urbi landen und sein Auftritt hat mir gezeigt, dass er nicht unbedingt wohlwollend an die Sache herangeht."
Er machte eine kleine Pause um seine Gedanken nocheinmal zu ordnen.
"Und du hast recht. In der Verhandlung habe ich die Verjährung nicht erwähnt. Denn soetwas zu prüfen ist normalerweise Sache des Richters, bevor er eine Verhandlung eröffnet. Daher habe ich mir darüber keine großen Gedanken gemacht, das muss ich zugeben. Vielleicht wäre ich dann nicht hier."
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Den Zusammenhang zu der Atmosphäre in Rom konnte Macer zwar nicht ganz verstehen, da er seine Entscheidung nicht davon abhängig gemacht hatte, wo sich der Kaiser gerade aufhielt, aber er wollte auch nicht nachfragen. Für eine längere Debatte darüber hatte er keine Zeit eingeplant.
"Die Verjährung nicht geprüft zu haben, war dann wohl ein beiderseitiges Versäumnis", stellte Macer fest. Da der Praetor sein eigener Klient gewesen war, wollte er ihm daraus natürlich auch nicht gleich einen Strick drehen. "Aber ich fürchte, so direkt kann ich dann wirklich nicht tätig werden. Eine Appellatio scheidet aus, ein Veto kann ich ebenfalls nicht einlegen. Für eine erneute Klage zur Aufhebung des Urteils wiederum wäre erst einmal der nächste Praetor zuständig. Sollte Livianus also größere Hoffnungen in mich gesetzt haben, muss ich ihn diesbezüglich leider enttäuschen."
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Mattiacus nickte bei den Worten des zukünftigen Konsuls. Hier konnte er also nichts mehr für seinen Bruder ausrichten.
"Es wird schwierig sein, aber Hoffnung gibt es immer" sagte er aber zum Trotz. "Ich danke dir dennoch für deine Zeit und Geduld. Und alles Gute und Erfolg für deine Amtszeit."
Mattiacus erhob sich von seinem Sitz.
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Macer erhob sich ebenfalls von seinem Platz, um den Gast wieder zu verabschieden. Dass er die Erwartungen, die dieser in das Gespräch gesetzt hatte, nicht erfüllen konnte, war durchaus offensichtlich, aber Macer konnte nun einmal nicht mehr tun. Allzu mitleidig wollte er aber auch nicht wirken, dazu waren ihm zumindest ein Teil der Verurteilung auch zu klar erschienen. "Ich denke, mit deiner juristischen Erfahrung wirst du eine gute Entscheidung für Livianus treffen können", schloss er sich aber dennoch der positiven Perspektive an. Trotz allem hielt er nämlich immer noch viel von den juristischen Fähigkeiten von Decimus Mattiacus. "Danke, dir ebenfalls alles Gute und Vale!" verabschiedete er ihn dann und begann Augenblicke später, sich auf den nächsten Termin vorzubereiten.
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