Adieu, ma belle ...

  • Wegen der ewig latenten Liebe zu Arete war auch die Beziehung mit Lysias von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Wie es dazu gekommen war, obwohl er doch schon die ganze Zeit Berenices rechte Hand angehimmelt hatte? Die vollkommene, perfekte Arete, laut Evanoridas‘ Überzeugung seine große Liebe, hatte er sich nie anzureden getraut, mit irgendwelchen anderen Leuten zu schäkern aber schon. So hatte es nicht lange gedauert, bis er mit Lysias zusammengekommen war. Der hatte allerdings bald gemerkt, dass Evanoridas nicht wirklich was von ihm wollte, und hatte es beendet. Ja, da war Evanoridas wieder dagestanden und hatte sich immer noch nicht dazu durchringen können, sich endlich an Arete zu wenden. Aus der Sache mit Lysias hatte er aber gelernt. Mago wusste, dass er sich keine großen Gefühle von ihm zu erhoffen brauchte – und tat es deshalb auch nicht.
    Nur wie er jemals Arete erreichen sollte .... keine Ahnung ...
    Im Prinzip hatte er sich schon mit dem momentanen Zustand abgefunden.


    Ja, apropos momentaner Zustand – diese ewigen Grübeleien! – ; inzwischen standen Duccius Vala und Evanoridas im Atrium, weshalb der auch prompt das übliche Programm abspulte: „Ja, der Herrin wurde schon Bescheid gesagt.“ Als würde er sagen wollen, ‚alles andere liegt an ihr‘. „Die Klinen stehen natürlich jederzeit zu deiner freien Verfügung.“

  • Doch es kam anders vor, als vermutlich erwartet. Denn statt der gewünschten Vinicia trat Petronilla gedankenverloren und über ein Pergament gebeugt in das Atrium. Sie wollte das Atrium eigentlich nur durchschreiten und hob beiläufig den Blick als sie bemerkte, dass sich jemand im Atrium befand - noch dazu jemand Fremdes.


    Es dauerte nicht lange um ihn mit geschultem Blick abzuwägen und von einem Sklaven oder einfacheren Bürger zu unterscheiden. Was insofern wichtig war, dass sie ihn nicht einfach weiterhin ignorierte. Ihre linke Augenbraue zog sich nach oben und ein neutrales "Salve." kam hervor.

  • Nachdem Vala dem Sklaven, wie immer, einen Dupondius in die Hand gedrückt hatte, ward er allein gelassen. Allein mit dem Atrium, dass er sich jetzt schon wieviele Male genauer angesehen hatte? Er wusste es nicht mehr... einige Male.. aber nicht oft genug, um die Statuen und das restliche Dekor des Hauses nicht noch einmal genauer in Augenschein zu nehmen. Hier blätterte Farbe ab. Da nicht. Da auch nicht. Hier auch nicht. Und dort... oh, die war neu.
    Fasziniert blieb Vala vor einer Statue der Venus stehen, an die er sich nicht erinnern konnte (und sowas merkte er sich immer ganz genau!), musterte die Machart, und hielt sie für äußerst gelungen. Die neue Mode der Venus schien auf größere Brüste hinzudeuten.. oder das Modell des Bildhauers war etwas üppiger gewesen.


    Als es raschelte, drehte Vala sich mit einem gekonnten Lächeln um, nur um mitten in der Drehung innezuhalten. Wer war das? Ihre Aufmachung und ihr Ausdruck strahlten Selbstbewusstsein und Würde aus. Vala war selbstverständlich sofort fasziniert, was man durchaus auch der Statue zugute halten konnte, die perfekte Vorarbeit hinsichtlich Valas Denkvermögen geleistet hatte.


    "Eh.. salve!", sprach Vala erst einmal recht unintelligent, bevor er sich seiner entsann, und mit einem Ruck einen Schritt auf die Unbekannte zuging. Egal ob sie diesem Haushalt gehörte, oder zu irgendeinem anderen: er wollte sie haben.
    "Mein Name ist Titus Duccius Vala, ich warte auf.." Ah, stop. Keine Frau erwähnen, wenn man ein Gespräch mit einer anderen aufbauen will, um später noch etwas zu erreichen, "..ich warte auf den Senator Vinicius Lucianus. Ich muss mich entschuldigen, aber wir sind uns noch nie begegnet.. ich hätte nicht erwartet, dass die Villa Vinicia noch Überraschungen für mich übrig hat. Und dann gleich noch so schön anzusehende.."

  • Petronilla konnte nicht verhindern, dass ihre Augenbraue noch weiter nach oben wanderte. Das lag weniger an der recht üblichen Wirkung, die sie auf diesen wie auf die meisten Männer zu haben schien, sondern das wenig kreative Geschmeichel des Fremden. Sie musterte ihn ein weiteres Mal, keineswegs unauffällig, bevor sie sich um eine Antwort bemühte.


    "Ich freue mich, deine Bekanntschaft zu machen, Volo..." kurze Pause, "oder wie war das nochmal? Naja, wie auch immer. Ich bin Vinicia Petronilla, Lucianus Schwägerin." Dann kam ihr ein Gedanke, der sie leicht die Stirn runzeln ließ. "Du wartest auf ihn, meintest du? Das wundert mich... er ist nämlich soweit ich weiß nicht im Haus, und das sollte der Ianitor eigentlich wissen..."

  • "Va...", wollte Vala die Fremde gerade korrigieren, als das Weib einfach fortfuhr, "..la. Ja, auf den Senator... wieso? Oh... ist er nicht? Sehr bedauerlich.. ich wollte mich verabschieden, wurde vor kurzem zum laticlavischen Tribun der ersten Legion ernannt worden, und plane so bald wie möglich aufzubrechen."
    War es gewollt, dass seine Brust bei diesen Worten anschwoll? Was tat er da? Nun, ein wenig Imponiergehabe hatte noch niemandem geschadet..

  • Dieser Duccier, dessen Namen Petronilla durchaus auch beim ersten Mal verstanden hatte, war eigentlich gar nicht mal so häßlich. Allerdings schmälerten seine anscheinenden Bemühungen sich interessant zu machen Petronillas Interesse. Längst nicht ihre Kragenweite, stellte sie dann fest, konnte sich ein Schmunzeln jedoch nicht verkneifen.


    "Tribun, ja? Das freut mich sehr für dich. Und keine Sorge, ich bin mir sicher, mein Schwager wird es verwinden, wenn du dich nicht verabschiedest. Ich werde ihm aber gerne ausrichten, dass du da gewesen bist."


    Sie wollte sich gerade verabschieden, als sie etwas hörte, sich umwandte und Vinicia Sabina den Raum betrat...

  • "Meinen Dank dafür, Vinicia.", parlierte Vala, der sich Mühe gab zu seiner alten Form zurück zu finden. Just in dem Moment kam dann auch seine... nun... Angebetete? Klang zu exklusiv. Gespielin? Zu anrüchig. Fiancee? Zu gallisch. Sie war... sie war... eine Tagesabschnittsgefährtin, so war das.


    Vinicia Sabina
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    Nach eigener Darstellung war Sabina mit so gut wie allen Wassern gewaschen. Und sie gab sich größte Mühe die fehlenden Wässerchen ihrem Fundus alsbald hinzuzufügen. Zu ihrem bisherigen Fundus an Hinterhältigkeiten gehört natürlich auch die Informationsgewinnung durch vorgebliche Abwesenheit. Während sie also Vala belauschte, bzw. ihre Leibsklavin lauschen ließ, wurde ihre Miene immer ernster. Was sollte das? Wer war das? Das war nicht Vala, der germanische Herzensbrecher.. das war.. ein Welpe. Und warum? Nur weil ihre Tante aufgetaucht war.
    Die Beziehung der beiden Frauen zueinander wäre mit 'kompliziert' stark schöngeredet. Was auch immer Sabina sein wollte: Petronilla war es. Was immer Sabina wollte: Petronilla hatte es. Was immer Sabina forderte: Petronilla bekam es.
    Tatsachen, die das Selbst der jüngeren Vinicia nicht leicht verkraftete... und immer wieder hart daran zu knabbern hatte. Heute würde sie sich wenigstens revanchieren können. Glaubte sie. Bei beiden.


    "Vala.", sprach sie, nachdem sie mit einer adäquaten Portion von Geräusch auf sich selbst aufmerksam gemacht hatte, "Ita sum.. du hast nach mir rufen lassen?"


    "Ehm...", entwich es Vala, der nicht umhin kam eine Sekunde lang deutlich ertappt dreinzuschauen, "..japp. Und nach deinem Onkel. Ich bin gekommen, um mich zu verabschieden, ich werde in Kürze mein Tribunat bei der ersten Legion antreten."


    "Aber wieso?", hakte die Unschuld in Persona nach, "Du wusstest doch, dass er nach Misenum gereist ist. Man hat dich eigens davon unterrichtet."


    "Oh... ist er das?", war Vala alles in die Schale der Unwissenheit, um hier noch irgendwie etwas retten zu können, "Das.. muss ich wohl vergessen haben. Nun, wie dem auch sei... da bist du ja. Wie ist es dir ergangen, Sabina?"


    "Seit gestern, meinst du?", floss die destillierte Süffisanz von den Lippen der jungen Frau, "Gut, danke der Nachfrage. Und wie ich sehe, hast du es gestern noch sicher zurück geschafft, dank den Göttern dafür."


    "Jaaaaaah...", druckste Vala herum, ohne überhaupt rumdrucksen zu wollen, er wollte entschlossen klingen, und dieses Maleur mit sturer Männlichkeit durchstehen, "Japp. Japp. Japp. Es scheint auf den Straßen Roms nicht genug Gesocks zu geben, dass es mit mir aufnehmen will... haha." Bei den Göttern, was war das? Könnte mal jemand den Mann erschlagen? Jetzt? Gleich? Sofort?


    "Natürlich.", drückte Sabina gleich noch einen kompletten Salzkristall in die Wunde, "Aber wie ich sehe, wurdest du gut unterhalten... ich gehe davon aus, ihr kanntet euch noch nicht vorher? Petronilla ist die Witwe des Vinicius Ingenuus. Er hat sich vor seinem Tod in Germania an der Ala versucht, wusstest du das?" Was klartext bedeutete: Petronilla war ein Niemand, ehemals verheiratet mit einem Niemand, der im Bestreben ein Jemand zu werden jämmerlich versagt hatte. Sie selbst war wenigstens die Tochter eines aufstrebenden Ritters Roms. Was sie gesellschaftlich weit über den Status ihrer Tante verfrachtete, eine Tatsache, die sie nur allzu gern einsetzte um ihrer Tante klarzumachen wo sie ihrer Meinung nach hingehörte.


    "Aaaaahja.", brummte Vala sehr diplomatisch, das untrügliche Gefühl habend, dass sich hier gleich die Erde öffnen würde.

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