• Endlich hatte sich Celsus an den Unterschlupf der Banditen herangearbeitet. Diese schienen sich in Sicherheit zu fühlen, denn von einer Wache war nichts zu sehen. Er bemühte sich, nicht entdeckt zu werden und blieb fest an den Boden gepreßt.


    Die Banditen redeten im Flüsterton. Aber dennoch konnte er sie, wenn auch nicht alles, verstehen. Er konnte sogar ihre Stimmen unterscheiden und sie ihren Namen, die er ebenfalls ihren Reden entnahm, zuordnen.


    Sie sprachen von allem Möglichen, wo sie einen Bauerhof überfallen hatten, was sie erbeuteten und wie sie ihre Beute weiter zu Geld machen konnten.


    > Der Regen hat aufgehört <
    ... an der Stimme erkannte er Silio,
    > die Römer haben wir abgehängt, daß sie Cethegus erwischten, das macht nichts, kriegen wir eben mehr, aber wo bleiben die anderen? <


    Celsus wurde hellhörig.


    > Vielleicht haben die vor dem Unwetter irgendwo Schutz gesucht und stoßen dann nach Anbrechen des Tageslichts zu unserem Versteck. <
    ... das mußte Trogus sein.


    Celsus hatte genug gehört. Langsam schlich er zu seinen Posten zurück.


    "Was ist da vorne los?"
    wollte Capito wissen.


    "Die Banditen erwarten Verstärkung."
    kam es enttäuscht zurück,
    "Ich habe nur nicht herausbekommen, wie viele das sind."


    "Und wir? Was machen wir?"
    fragte Capito, und man konnte ihm ansehen, daß sein Mut zu schwinden begann.

  • Celsus` Enttäuschung darüber, daß er nichts über die Anzahl der noch erwarteten Banditen erahren hatte, legte sich schnell.


    "Ihr beide bleibt weiter auf euerem Posten. Ich gehe nach hinten, weise die anderen in die neue Lage ein, dann kommen wir wieder. Bis dann!"


    Damit verschwand der Patrouillenführer.


    Bei seinen Kameraden angekommen, winkte er sie zu einem Halbkreis heran.


    "Hört zu! Wir werden die drei Halunken in ihrem Unterschlupf überraschen. Dann werden ich, Veratius und Ofella sich in deren Kleidung werfen und ihren Platz im Unterschlupf einnehmen. Capito und Antipater bleiben weiter auf ihrem Posten, Aquilinus sowie Caesulenus und Damasippus verbleiben als Reserve bei den Posten und Rupus bleibt bei den Pferden. Wenn er das Alarmzeichen mit der Trillerpfiefe vernimmt, versucht er auf schnellstem Wege Hilfe aus der castra zu holen."


    "Und was ist, wenn die anderen Banditen kommen?"
    fragte Veratius.


    "Ich vertraue auf die Hilfe der Götter und gehe davon aus, daß wir weiter in der Überzahl bleiben werden. Sobald er erste der ankommenden Banditen den Unterschlupf betritt, wird er noch nicht mitbekommen, wer da drinnen auf ihn wartet. Es wird als der zweite folgen. Dann werden Veratius, Ofella und ich tätig. Auf welche Art, das wird sich dann schon zeigen. Währenddessen tritt die Reserve in Aktion und bei Bedarf die beiden Posten."


    "Klingt gut,"
    nickte Veratius.


    "Wenn es keine Fragen gibt, fertigmachen und mir folgen!"


    Jegliche Geräusche vermeidend schlichen sie hinter Celsus her: Veratius, Ofella, Aquilinus, Caesulenus und Damasippus.

  • Langsam näherte sich die kleine Gruppe den Posten und langsam begann der Tag zu grauen. Ein leichter Wind fuhr durch die Bäume. Die equites begannen zu frösteln, aber keiner maß dem irgendeine Bedeutung zu, denn die Spannung, die in der Luft lag, war stärker.


    Kurz vor den Posten veranlaßte Celsus seine Gruppe zum Anhalten.


    "Ich informiere die Posten und auf meine Zeichen folgt ihr."


    Ein kurzes Zischen.
    "Capito, hier Celsus."


    "Alles klar", kam es zurück.


    Celsus robbte zum Posten.
    "Wie steht es da vorne?"


    "Nichts Neues. Die unterhalten sich, aber wir können sie nicht verstehen."


    "Hör` zu! Ich schleiche mich mit Veratius und Ofella zum Unterschlupf. Wir werden die Halunken überraschen. Wir werden sie so behandeln, daß sie für einige Zeit außer Gefecht gesetzt sind. Dann werfen wir uns in ihre Kleidung und erwarten die anderen Banditen. Den ersten, der die Behausung betritt, erledigen wir. Während die weiteren Banditen versuchen, in den Unterschlupf zu gelangen, gebt ihr, also Du, Antipater, Aquilinus, Caesulenus und Damasippus denen den Rest. Alles weitere entscheide ich vor Ort."


    "Und wieviele von denen werden zu den anderen stoßen?"


    "Ich gehe davon aus, daß wir in der Überzahl bleiben."


    Celsus gab seiner Gruppe ein Zeichen und als alle bei den Posten waren, wandte er sich noch kurz an seine Kameraden.


    "Ihr wißt alle Bescheid. Veratius und Ofella mir folgen! Marsch!"


    Dann schlichen sie auf den Unterschlupf der Banditen zu.

  • Sie hatten sich an den Unterschlupf der Banditen herangearbeitet. Nichts war zu hören gewesen, so dachten sie ...


    ... da: von drinnen ein nicht zu überhörendes Flüstern.


    > Ich glaube, draußen ist wer! <
    Das war Trogus.


    > Wer soll da draußen sein? <
    Und das Silio.


    > Bestimmt sind die anderen schon da! <


    > Wie denn? Hast du das verabredete Signal gehört? <


    > Hab` ich nicht! Aber besser, ich schau` mal nach! <


    "Besser kann es nicht kommen",
    brummte Celsus.
    "Den ersten, der herauskommt, übernehme ich. Ihr kümmert euch um die beiden im Unterschlupf. Macht sie fertig, aber laßt sie am Leben, wir brauchen sie noch!"


    Er hatte das letzte Wort noch nicht ausgesprochen, da streckte schon ein Bandit den Kopf aus dem Versteck, kroch heraus und richtete sich auf. Er rieb sich die Augen und dehnte sich Celsus entgegen, doch bevor der die Gefahr erkanntei, hatte er ihm den Knauf seines pugio über den Kopf gezogen, daß jener ohne einen Laut von sich zu geben zu Boden sank.

  • Aus dem Unterschlupf vernahm Celsus Schreie, Stöhnen und Flüche. Er trat in das Halbdunkel ein. Einer lag am Boden, mit dem anderen, der einige Male zu Boden ging, aber immer wieder aufstand, machten Veratius und Ofella schließlich kurzen Prozeß.


    Nachdem die drei Banditen außer Gefecht gesetzt waren, wechselten die Kleider ihre Besitzer.


    "Die stinken vielleicht!"maulte Ofella.


    "Wenn`s weiter nichts ist!"
    meinte Celsus.
    "Bis hierher hat alles geklappt. Und jetzt brauchen wir noch die Verstärkung. Dann haben wir sie alle!"


    Er machte eine Pause.
    "Wir müssen nun auf sämtliche Geräusche achten. Denkt daran, noch ist die Überraschung auf unserer Seite. Und das müssen wir ausnützen. Also, wenn wir sie hören, lassen wir sie bis kurz vor den Eingang herankommen. Ich gehe als erster, dann Ofella und als letzter Veratius."


    Dann wandte er sich an diesen.
    "Und vergiß` nicht, deinen berühmten Schrei als Zeichen für die Kameraden!"


    "Und der wird den Halunken durch Mark und Bein gehen!"
    grinste Veratius.


    "Gut, dann sämtliche Gespräche einstellen!"

  • Sie wußten nicht wieviel Zeit vergangen war. Noch immer kauerten sie hinter dem Eingang zum Unterschlupf und warteten. Und auch die frühmorgendliche Kühle forderte ihre Rechte.


    "Celsus",
    flüsterte Ofella,
    "Ich kann`s nicht mehr aushalten. Ich muß mal! Und das dringend!"


    "Das auch noch!"
    kam es zurück,
    "dann pinkel da hinten irgendwohin!"


    "Da kann ich aber nichts erkennen!"


    "Egal. Dann pinkelst du eben in die Luft. Nach draußen kannst du auf keinen Fall!"


    "Auf deine Verantwortung. Du befiehlst hier."


    "Eben. Und jetzt halt deinen Mund und geh` pinkeln. Ich habe es so im Gefühl, daß wir in Kürze Besuch bekommen werden."


    Und Celsus` Gefühl sollte ihn nicht trügen.

  • Ofellas zufriedenes Stöhnen wurde von Veratius abrupt unterbrochen.


    "Pst! Da ist etwas! Habt ihr nichts gehört?"


    "Irgendein Rascheln. Bestimmt kein Tier."
    flüsterte Celsus.
    "Seid ihr für den Empfang bereit?"


    Das Rascheln kam immer näher und nun waren auch leise Stimmen zu vernehmen. Knapp vor dem Eingang zum Unterschlupf blieben sie stehen. Es waren vier Ankömmlinge, die ihrer Kleidung nach zu schließen ebenfalls zu den Banditen gehören mußten.


    > Mhm. Nichts zu hören. <
    brummte eine tiefe Stimme.
    > So wie ich unsere vier Freunde kenne, haben die gestern abend gefeiert und auch das Gewitter verschlafen. Zuzutrauen wäre es ihnen. <


    Er sah seine Begleiter an.
    > Dann werde ich die da drinnen mal aufwecken. >


    Er bückte sich und kroch in den Eingang. Er blinzelte in das fahle Licht und sah Celsus, den er für einen der seinen hielt, an.


    > Ihr müßt euch hier drinnen wirklich sicher fühlen! <


    "Ganz sicher"
    höhnte Celsus, dann stieß seine Faust nach vorne. Der Treffer im Gesicht des anderen war so sicher, daß dieser wortlos nach hinten über fiel.


    "Jetzt packen wir sie!"Damit stürmte er nach draußen, Veratius und Ofella folgten.


    "T u u u u u u u u u u r m a a a a a a a a a"
    Unheilvoll gellend durchdrang Veratius` Schrei den Wald.

  • Als erster hatte es der folgende Bandit begriffen. Sie waren statt zu ihrem sicheren Unterschlupf geradewegs in die Hände der Römer gelaufen.


    > Stecht sie ab! <
    brüllte der eine.
    > sonst sind wir verloren! <


    Bevor die Banditen ihre Messer ziehen konnten, landeten sie in den Armen der equites. Wieder einmal zahalte sich die gute Grundausbildung aus. Und da hatten sie das Ringen gelernt!


    Mittlerweile waren Antipater und Damasippus zu den Kämpfenden gestoßen. Tatkräftig griffen sie mit in die sich am Boden wälzenden Körper ein.


    "Verdammt!"
    Veratius schrie auf.
    "Der hat mich mit seinem Messer erwischt!"


    Antipater fragte nicht lange und zog den Kameraden zur Seite.


    Aquilinus und Caesulenus standen noch immer bereit, um in die Kämpfe mit einzugreifen. Doch zwei der Halunken waren zu Boden gegangen und der dritte kauerte winselnd am Boden und bat ihn zu verschonen.


    Celsus und seine equites wischten sich den Schweiß von der Stirn. Seiner Meinung nach hatten sie nicht nur gut gekämpft, sondern auch in kurzer Zeit die Halunken bezwungen. Und das sagte er seinen Kameraden. Dann fuhr er fort.


    "Wir haben die Banditen ausgeschaltet. Einen haben wir vom Pferd geholt, vier liegen da drinnen im Unterschlupf und drei haben wir hier. Wir müssen die Kerle im die castra bringen, dort kann man sie verhören."


    Er wandte sich erst an den verletzten Veratius und verband notdürftig den Stich, den dieser in seinen rechten Oberschenkel abbekommen hatte und dann an den am Boden kauernden Banditen.


    "Kommen von euch noch weitere?"


    Ängstlich kam es zurück.
    > Tu`mir nichts! Ich sage alles. Wir sind zu acht. <


    Celsus nickte zufrieden.

  • Celsus wandte sich an seine ein wenig abgekämpften Kameraden.


    "Als erstes werden wir unsere Freunde so adjustieren, daß sie den Fußmarsch zurück in die castra antreten können. Dann werden wir den Unterschlupf genauer erkunden."


    Den im Unterschlupf noch halb benommenen Banditen wurde von den equites in die Wirklichkeit zurückverholfen. Die römischen milites trugen das Nötige dazu bei, daß sie alles willenlos über sich ergehen ließen. Keiner sprach ein Wort. Es war ihnen anzusehen, daß sie nicht mit einem derartigen Ende ihrer Streifzüge gerechnet hatten. Auch die vor dem Unterschlupf am Boden liegenden Banditen wurden rasch mit ihrer Lage vertraut gemacht.


    Celsus und Capito schlüpften in den Unterschlupf. Da es in der Zwischenzeit hell geworden war, konnten sie sich im Inneren gut umsehen. Was sie hier vorfanden, verschlug ihnen die Sprache. Schmuck, Gefäße, Tuche, Gebrauchsgegenstände jeglicher Art, sogar Waffen, alles lag hier fein säuberlich aufgestapelt.

    "Das können wir nicht mitnehmen. Das muß der decurio entscheiden, ob wir alles abtransportieren."


    Wieder im Freien gab Celsus seine Befehle.

  • Mittlerweile waren Celsus und seine equites zusammen mit den Gefangenen bei Rufus und den Pferden angekommen.


    "Hört her! Ofella, Capito und Aquilinus holen die Pferde unserer Freunde. Sie stehen weiter in Richtung Osten ab dem Unterschlupf, denn von dort habe ich des öfteren Wiehern gehört. Anschließend verfrachten wir die Halunken auf ihre Pferde, jeden auf eines, und binden sie dann dermaßen fest, daß sie reiten, aber nicht ohne Hilfe absitzen oder abspringen können. Jeder von uns nimmt dann einen solchen Reiter an seinen Schlaufzügel. Dann allgemeine Marschrichtung: castra!"


    Besorgt sah er Veratius an.
    "Wir helfen dir auf dein Pferd. Schaffst du es bis ins Lager?"


    Der verzog ein wenig seine Miene.
    "Ich habe ein furchtbares Stechen im Schenkel, aber ich schaffe es!"


    Nachdem die Pferde herangeholt, die Gefangenen verschnürt und mit je einem eques verbunden waren, gab Celsus den Befehl zum Abmarsch.


    "Wir reiten im Schritt. Veratius neben mir. Die anderen paarweise je in einem Abstand von einer Pferdelänge hintereinander. Abmarsch!"


    Langsam setzte sich die kleine Kolonne in Marsch.

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