[Tablinum] Das Geständnis

  • Lang hatte ich es vor mir her geschoben, es zwischendurch wieder vergessen, als ich die Möglichkeit gehabt hätte es zu sagen und dann hatte ich mich wieder nicht getraut, es endlich anzusprechen. Auf diese Weise waren jetzt schon einige Wochen vergangen, in denen mein Bauch weiter gewachsen und meine Oberweite üppiger geworden war. Tagsüber hatte ich mir Tücher um meinen Leib gebunden, damit man nichts sah. Aber jetzt nütze das auch nicht mehr viel. Selbst ein Blinder mit ´nem Krückstock konnte ahnen, was los war mit mir.
    Heute sollte es soweit sein! Heute, gleich nach dem Frühstück. Ach, nein, lieber am Nachmittag. Oder doch besser erst nach der Cena? Oder kurz bevor er zu Bett ging? Ich merkte schon, wenn ich mich nicht dazu aufraffte, wurde wieder nichts draus.


    Als Sermo sich am Nachmittag in sein tablinum verzog, war der rechte Augenblick gekommen. Aber bevor ich zu ihm ging, bestückte ich noch ein Tablett mit verdünntem Wein und leckeren Keksen, die ich am Morgen gebacken hatte. Das sollte ihn milde stimmen, falls er sich zu sehr aufregte. Und das würde er garantiert, wenn ich erst mit der Sprache raus kam, dass ich schwanger war. Und vor allem , von wem. Schließlich bissen einem die wenigsten Hunde, denen man vorher ´nen Knochen gegeben hatte. Ob das gleiche auch für Löwen galt? Denn mit dem Tablett in der Hand begab ich mich sozusagen in die Höhle des Löwen.
    Bevor ich eintrat hatte ich brav geklopft, dann öffnete ich die Tür und stieß sie hinter mir wieder zu. Da stand ich nun.
    Zögerlich trat ich an seinen Schreibtisch heran. "Hier, ich hab dir heute Morgen Kekse gebacken," sagte ich vorsichtig und stellte sie neben ihm ab. "Und was zu trinken hab ich dir auch gebracht."Statt ´nen Abgang zu machen, blieb ich einfach stehen und machte auch keine Anstalten, so schnell wieder zu verduften. Außer er würde mich gleich rausschmeißen. Vielleicht schmiss er mich ja gleich raus, dann musste ich nicht… Doch musste ich! Er musste sich heute anhören, was ich zu sagen hatte! Ob er wollte, oder nicht.

  • Die Wahlen in Ostia waren überstanden und Sermo war nun endlich wieder ungebunden. Jetzt gönnte der Quintilius sich einige ruhige Tage in Rom, die er hauptsächlich mit Thermenbesuchen, gemütliche Lesestunden, Salutatio bei seinem Patron oder einiger kleinerer Anstandsbesuche bei Freunden verbrachte. Heute Nachmittag hatte er sich wieder Literatur zur Hand genommen, die er jetzt im Tablinum durchstöberte. Gerade hatte er ein weiteres Mal mit dem zweiten Buch von Ciceros De Legibus begonnen, das er bereits im Studium gelesen hatte, aber häufig in Rechtsfragen konsultierte.
    Überrascht hob er den Blick, als Caelyn eintrat und ihre Kekse präsentierte. Die Augenbrauen hochgezogen schürzte er anerkennend die Lippen. "Dankeschön. Was verschafft mir die Ehre?" Er nahm einen Schluck vom Wein, der wie immer mundete. Caelyn erntete ein dankbares Lächeln und einen fragenden Blick, als der erste Keks zwischen Sermos Zähnen zermalmt wurde. Ciceros Schriften hatte er derweil etwas zur Seite gelegt. Irgendwie wirkte sie nervös, oder bildete er sich das ein?

  • "Och," sagte ich verlegen, "einfach nur so." Ich band ihm natürlich nicht auf die Nase, dass ich was bestimmtes damit bezweckt hatte. Das würde er noch früh genug selbst feststellen können.
    Während er nun gemüsslich in einen der Kekse biss und zu kauen begann, luchste ich mal auf seinen Schreibtisch. Nicht dass ich mich dafür interessierte, was er da las. Das war sowieso meistens nur langweiliger Kram. Aha, Cicero De Legibus. Na also, langweiliger Kram. Wie gut, dass ich jetzt gekommen war, und ihn ablenkte.
    "Schmecken sie denn gut?" Mit meiner Frage schweifte ich mal wieder selber von meinem eigentlichen Vorhaben ab. Drum gab ich Sermo keine Chance, sich noch weiter über die leckeren Kekse auszulassen und kam stattdessen gleich zur Sache. Ich war schon nervös genug. Wenn ich noch länger gewartet hätte, dann hätte ich nur wieder Mist gebaut. Naja, mal abgesehen davon, dass ich den sowieso schon baute, ohne noch aufgeregter zu sein.
    "Öhm, ich muss mit dir reden. Es ist dringend und wichtig. Ganz wichtig," sprudelte es aus mir raus. Ich musste mich richtig zügeln. "Es ist was passiert. Mit mir. Vielleicht hast du ja schon was bemerkt." Ich redete schon wieder um den heißen Brei herum. So wurde das nix!
    "Also, ich äh, ich bekomme äh… ich öhm... tja also ich bin schwanger." Puh, das war ´ne schwere Geburt! Aber jetzt war es raus. Wie dann erst die richtige Geburt werden würde? Naja, das lag noch in weiter Ferne. Erst mal schauen, was Sermo dazu sagte.

  • Einfach nur so? Das war ja eine Überraschung. So freundlich hatte er Caelyn lange nicht erlebt. Na, da ließ er sich die Kekse doch doppelt gern schmecken! "Vorzüglich," lobte der Hausherr, dem die Kekse wirklich schmeckten. Er nickte anerkennend und nahm sich noch ein Gebäckstück vom Teller. Er kaute bereits auf der abgebissenen Hälfte jenes wohlschmeckenden Teigplättchens, als ihm in einer unseligen Stotterpartie abrupt der Appetit verdorben wurde.
    Erst hatte er nur argwöhnisch geschaut, als Caelyn ihre 'ganz wichtige' Ankündigung langsam vorbrachte. Eine stark gerunzelte Stirn kam hinzu, als sie davon sprach, dass er es ja vielleicht schon bemerkt haben könnte. Was wollte sie damit sagen? Hatte sie sich die Haare gefärbt? Oder war sie einfach fett geworden? Er vergewisserte sich schnell, dass dem nicht wirklich so war, um im nächsten Moment vom Hocker - oder von der Kline - gehauen zu werden.
    "SCHWANGER?!?!?" platzte Entsetzen und Verblüffung aus ihm heraus. Er ließ den Keks auf den Teller zurückfallen und starrte Caelyn mit weit aufgerissenen Augen an.

  • SCHWANGER?!?!? Mannomann, ich hatte doch nicht Lepra oder die Pest! Ich war doch einfach nur schwanger! Klar, sicher fragte er sich, wie so was passieren konnte. Wobei er ja garantiert wusste, wie so was geht. Mann und Frau hüpfen in die Kiste, haben ein bisschen Spaß miteinander und neun Monate später ist dann ´ne kleine Heulboje da.
    Jetzt gab es ja mehrere Möglichkeiten, wie ich weiter verfahren konnte.


    1. Ich erzählte ihm was vom Pferd und sagte ihm, dass er der Vater war. Wahrscheinlich könnte er dann erhebliche Zweifel daran haben, denn es war schon ´ne ganze Weile her, seitdem er und ich… Naja, andererseits ließ er mich dann vielleicht frei oder er sperrte mich in das berühmt berüchtigte feuchte Loch, weil ich ihn angelogen hatte.


    2. Ich hatte mal so eine total irre Geschichte gehört. Von den Christen. Ja, genau die, deren Gott die Römer vor zig Jahren an ein ans Kreuz genagelt hatten. Seitem behaupteten sie, er hätte das überlebt, obwohl er gestorben war. ?( Naja, vielleicht hatten die Römer auch gepfuscht. Also die behaupteten doch tatsächlich, das ihr Gott durch eine unbefleckte Empfängnis zur Welt gekommen war. Also, dass Frau nicht mit Mann in der Kiste war und Spaß gehabt hatte. Naja, mit der richtigen Sorte Pilz glaubte man irgendwann alles… Die Konsequenzen aus so ´ner Geschichte waren dann wahrscheinlich die Gleichen wie in Szenario 1.


    3. Ich erzählte ihm einfach die Wahrheit, das ich mit Aretas in der Kiste war und wir ein bisschen Spaß miteinander hatten und dass in neun Monaten… naja. Am Ende würde ich wahrscheinlich auch im Loch landen. Oder noch viel schlimmer.


    Also war es eigentlich Wurscht, was ich Sermo erzählte. So oder so würde er nicht gerade entzückt sein.
    "Ja, schwanger." Ich sah betreten auf meine Füße. Was hätte ich denn sonst machen sollen? Es mir aus dem Leib reißen?

  • Sermo schaffte es recht schnell sich wieder unter Kontrolle zu bekommen. Caelyns kleinlaute Bestätigung seines Ausrufs vereinfachte dieses Bestreben. Vollkommen überrumpelt runzelte er die Stirn in tiefen Furchen und sah seine Sklavin eindringlich an, während in seinem Kopf die Gedanken rasten. "Aber...von mir ist es nicht, oder?" Völlig unmöglich! Das war schon viel zu lange her. Seitdem hatte er Caelyn nicht wieder angerührt. Großartig. Wenn er sich seine Sklavin jetzt so ansah, bekam er beinahe schon Mitleid. Aber nur beinahe. Denn: Wer war denn nun der Vater? Wo trieb diese kleine Lupa sich nur herum, dass sie ihm hier ein Balg anschleppte? "Wer ist der Vater?" fragte er daher gerade heraus und mit keiner Spur Freundlichkeit in der Stimme.

  • Sermo hatte seine Sprache wiedergefunden und für mich wurde es immer enger. Letzte Möglichkeit für eine faustdicke Lüge! "Nein, du bist es nicht." Nein, das war keine Lüge. ´Ne Lüge wäre gewesen, wenn ich jetzt behauptete, Diomedes hätte sich auf mich gestürzt und mich geschwängert. Aber mal ehrlich, das war nicht besonders einfallsreich. Der Alte war durch und durch Sklave, um zu wissen, dass er das Eigentum seines Herrn nicht anfassen durfte. Außerdem wäre Sermo wahrscheinlich ausgeraste, wenn ich so was gesagt hätte.
    Also blieb ich doch bei der Wahrheit, die ihn bestimmt nicht minder zum ausrasten brachte.
    "Ein Auriga. Ein Sklave, den ich…vor einigen Monaten kennengelernt habe." Na, das war doch ganz einfach! Jetzt war es raus, wenn auch etwas kleinlaut. Aber das war ja auch kein Wunder. Immer noch guckte ich auf meine Sandalen und wartete auf das große Donnerwetter, was jetzt garantiert kam.

  • Ein Glück! Sermos Ich machte einen Luftsprung, gefolgt von einem Freudentanz. Erleichtert lehnte er sich zurück und fing an zu denken, nachdem der erste Schock überwunden war. Nach wenigen Augenblicken legte sich seine Stirn in tiefe Falten. Ein Auriga? Sklave?! Sein Blick wurde hart, seine Stimmung kehrte sich von Entsetzen zu Zorn. "Du hast also jemanden kennen gelernt," rekapitulierte er mit kalter Stimme. "Und gleich mal ein Balg mit ihm in die Welt gesetzt..." Abrupt erhob er sich, um ein paar Schritte hin und her zu schlurfen. Als er stehen blieb, wandte er sich wieder Caelyn zu. "Caelyn..." Er schnaufte geräuschvoll. "Du wirst bestraft für dein Verhalten. Warum? Weil du ohne meine Erlaubnis durch Rom stromerst. War dieser Auriga hier? Herrje..." Sermo schüttelte den Kopf. Er wusste nicht so recht, was er dazu sagen sollte. Eins stand fest. "Caelyn, ich gehe nach Germania, wo ich einen neuen Posten als Ritter bekomme. Du wirst mitkommen. Und dein Ungeborenes." Seine Stimme war mittlerweile in klaren Befehlston übergegangen, der keinen Widerspruch zulassen würde. "Wir fahren von Ostia aus mit dem Schiff, landen in Massilia und reisen von dort aus weiter. Damit weißt du jetzt alles notwendige. Wir reisen in einer Woche ab*." Mit einer forschen Handbewegung machte er klar, dass sie sich entfernen sollte. "Geh' mir aus den Augen." Sollte ihr Drecksblag doch in Sklaverei geboren werden. Er würde einen Dreck tun und sie vorher freilassen. Wo käme man denn dann hin, wenn Sklaven jetzt auch noch alles tun und lassen durften? Caelyn war immerhin SEIN Lustobjekt gewesen, nicht das irgendeines schmutzigen Taugenichtses! Auriga, wenn er das schon hörte. Verflixte kleine Keltenhure! Schnaubend schenkte er sich Wein nach, diesmal beinahe pur. Er sollte sich lieber eine Möglichkeit suchen seine aufsteigende Aggression abzubauen, bevor er Caelyn noch zu schlagen begann. Da gab es doch so eine schickes Lupanar in der Subura, wo er gelegentlich mal einkehrte. Die Huren waren billig und unerfahren, dafür fragte aber auch kein Schwein nach, wenn sie mal mit Blauen Flecken oder Schrammen zurückblieben...


    Sim-Off:

    *Kaeso Annaeus Modestus ist schon in Germania angekommen. Ich melde mich Morgen um. Komm einfach, wenn du in Rom alles abgehakt hast.

  • Seine übermütige Freude, weil er nicht der Vater war, konnte ich eigentlich gar nicht nachvollziehen. Vielleicht riss sie auch deshalb so schnell ab und formierte sich zu blankem Zorn, als er begriffen hatte, was ich sonst noch so gesagt hatte. Aus Sermos Mund klang alles so ordinär.
    Ich zuckte zusammen, als er sich so plötzlich erhob und meinen Namen aussprach. Mein Blick versuchte ihm zu folgen, als er so ruhelos umher lief. "Aber…" wollte ich dagegen sprechen, als er sagte, ich sei durch Rom gestromert. Aber ich ließ es besser, denn mit ihm war nicht gut Kirschen essen. Ich nickte nur auf seine Frage, ob er auch hier gewesen war. Ich fühlte mich jetzt total beschissen. Mal sehen, was mich jetzt erwartete. Ich machte mich schon mal auf eine feuchtkalte Nacht in einem Verlies gefasst.
    Welche Strafe ich nun genau kriegen sollte, damit hielt er sich noch bedeckt. Was er aber dann sagte, war Strafe genug. Germanien??!! Ich sah zu ihm auf, meine Augen weiteten sich und verstand die Welt nicht mehr. Schon vor einigen Jahren, als ich mit Ursus dort war, fand ich es in Germanien einfach nur zum kotzen. "Aber…?" Nichts aber! Ich behielt meine Meinung jetzt besser für mich. Außerdem wurde mir auch klar, dass ich Aretas dann so schnell nicht mehr wiedersah. Scheiße! Dieser elende Dreckskerl! Wie ich Sermo hasste!
    Dann schickte er mich weg. Ich zögerte auch keine Sekunde, von hier zu verduften.
    In der Nacht tat ich kaum ein Auge zu. Aber einige Dinge hatte ich mir geschworen:
    1. Bevor ich Rom verließ, musste ich unbedingt noch einmal Aretas sehen...
    ...und 2. Sermo würde unser Kind niemals bekommen! Dafür würde ich sorgen.

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