Es schneite, schon wieder. Weiße weiche Flocken fielen vom Himmel hinab und legten sich auf der ohnehin schon weißen Pracht nieder. In einen Mantel gehüllt, lehnte Calvena im Türrahmen. Den Blick nachdenklich auf den verschneiten Garten gerichtet. Im Tablinum war es eiskalt, die Kohlebecken brachten nicht wirklich Wärme, denn die Tür zum Garten stand sperrangelweit offen. Schon eine ganze Weile stand sie so da, ein wenig in der Kälte bibbernd und dabei zusehend, wir ihr Atem sich zu kleinen weißen Wölkchen bildete.
Sie hatte frische Luft gebraucht, auch wenn diese eisig kalt war und recht schnell jegliche Wärme aus den Zimmern vertrieb und durch Mark und Bein ging.
So wirklich nahm sie die Kälte nicht wahr, in Gedanken war sie wo anders. Ihre ganze Miene war verschlossen und nachdenklich. Ein guter Gesprächspartner war sie die letzten beiden Tage nicht gewesen. So ziemlich jeder Bewohner des Hauses schob es auf die Schwangerschaft, doch das war es nicht, was sie so beschäftigte. Vielmehr dachte sie darüber nach, wie sie zu Elissa stand und ob sie nicht einfach nur Egoistisch war.
Es gab nur wenige die sich wohl den Zweifel an den eigenen Motiven stellten, aber sie sah sich ein wenig dazu gezwungen.
Sie bezeichnete Elissa als Freundin, ihre Beziehung ging über das übliche Domina-Servus-Verhältnis hinaus. Doch war es nicht eigentlich Heuchlerei jemanden als Freund zu bezeichnen, wenn man ihn besaß und als Eigentum behandelte.
Mit einem leisen Seufzen löste sie ihren Blick von dem winterlichen Garten und verschloss Tür und Vorhänge wieder um den Kohlebecken und der Heizung die Möglichkeit zu geben, doch wieder Wärme auszustrahlen. Ihr Blick richtete sich auf das Pergament, noch war es leer, aber Tinte und Feder lagen bereit und warteten nur darauf, dass sie es zur Hand nahm. Doch noch zögerte sie und war sich unsicher, ob es wirklich das Richtige war.
Elissa hatte sich als wahre Freundin herausgestellt. Calvena hätte nicht gedacht, dass die Keltin solch ein Opfer auf sich nehmen würde. Elissa wusste nicht, dass sie ihr gefolgt war. Es war ohnehin nicht für ihre Augen und Ohren bestimmt. Sie war einem unbestimmten Gefühl gefolgt. Ob die Götter ihre Hand im Spiel hatten? Dem Wink der Götter sollte man schon folgen. Als Aeditua sollte sie es wohl am Besten wissen.
Während sie das leere Pergament anstarrte rieb sie sich über die Unterarme, nur ganz langsam wurde es wieder Wärmer. Eigentlich hatte sie ja ihre Entscheidung schon getroffen und doch zögerte sie. Einfach aus der Angst heraus, jemanden gehen zu lassen, den sie gern um sich hatte, dem sie vertraute und mit dem sie reden konnte.
Noch einmal seufzte sie leise. Mit einer Handbewegung löste sie die Fibel ihres Mantels und legte das Kleidungsstück auf die Kline neben sich, ehe sie sich setzte und die Feder zur Hand nahm. Es waren nur wenige Zeilen, aber sie würden wohl einige Veränderungen herbei führen.