[Cohors II, Centuria VI] Auf dem Campus

  • Gefühlt verging kaum eine Sekunde, bis die Schilde der Truppe wie eine geschlossene Mauer vor dem Centurio standen. Beinahe jedes Mal seit seiner Einberufung in die Garde, wenn die Centurie exerzierte, musste Avianus daran denken, wie provisorisch alles in seiner Grundausbildung ausgesehen hatte, wie lange sie anfangs gebraucht hatten, um etwas auf die Beine zu stellen, das dann nur mit viel Fantasie eine wirkliche Schildmauer war. Hier war es etwas vollkommen anderes. Er war Teil eines eingespielten Teams und jeder wusste voll und ganz, was von ihm erwartet wurde und was er zu tun hatte.
    So auch, als der nächste Befehl kam, und sich die Männer ohne Zögern hinter die Schilde zurückzogen. Der Iunier ahnte bereits, was kommen würde, hatte er gerade noch einen Blick auf Seneca werfen können, wie er mit seinem Vitis geradewegs auf sie zukam. Jetzt vollkommen geschützt von seinem Schild war seine Sicht natürlich mehr als eingeschränkt. Aber im Ernstfall war man ja auch nicht besonders scharf darauf zu sehen, wie die Pfeile auf einen zuflogen. Vermutlich war das dann auch das letzte, was man dann in seinem Leben zu Gesicht bekam.

  • Seneca knüppelte mit der Vitis ein paar mal auf die Schilde ein, denn so ein Pfeil, je nach Entfernung und Winkel natürlich, schlug durchaus auch mit einiger Wucht ein. Plötzlich entdeckte er nur ein paar Schilde von Avianus entfernt eine Lucke im "Wall", und natürlich ließ er es sich nicht nehmen mit seiner Vitis in diese Lücke zu dreschen und einen Soldaten einen Klaps in die Seite zu geben, "Ich hoffe ihr habt genug Geld in eurer Sterbekasse Milites, Fella hier hätte es jedenfalls jetzt nötig." spottete er laut, doch dabei war es nicht Fella selbst der sein Schild falsch hielt, sondern sein Nachbar, "Höher, näher an seinem Schild.", der Iunier zerrte an dem Mann herum bis er richtig stand...


    Er ging ein paar Schritte zurück und betrachtete die Reihe, dann gab er den nächsten Befehl, "Ad Anciem Formate!"*, brüllte er und wartete kurz ab, "Tarda Movete!"*, rief er dann und stellte sich seitlich neben die Truppe, er freute sich schon tierisch darauf, denn beim Vorrücken in Angriffsformation gab es so gut wie immer was zu meckern, und natürlich waren alle Soldaten gleich, aber manche waren gleicher, sodass er auch ein besonderes Auge auf Avianus hatte..


    Sim-Off:

    *Angriffsformation bilden*Langsam vorrücken

  • Wie Avianus es erwartet hatte schepperte es einige Male, als sein Vetter Gebrauch von seinem Vitis machte, unter anderem auch an seinem Schild. Irgendwo ein Stück weiter hatte die Formation wohl nicht perfekt gepasst. Er spähte durch die Reihen seiner Kameraden, aber natürlich bekam er nicht wirklich etwas zu sehen, bis auf das leichte Lächeln seines Nebenmannes, der wohl froh war, dass bei ihnen alles funktioniert hatte. Noch einmal klapperte es, bevor ihr Centurio den Fehler seines Kameraden ausgebessert hatte.


    Sie stellten die Schilde wieder zu einer ansehnlichen Angriffslinie auf. Avianus hatte selbstverständlich immer wieder einen Blick auf Seneca und es entging ihm nicht, dass unter anderem auch er genau beobachtet wurde. Er hatte nicht das Gefühl, sich deswegen mehr Mühe geben zu müssen, er versuchte ohnehin schon sein bestes, allerdings konnte er nicht leugnen, dass es ihn zumindest ein wenig nervös machte. Mit Schulter und Knie stützte er sein Scutum und achtete beim schrittweisen Vorrücken natürlich auch darauf, dass die Reihe der Schilde halbwegs geschlossen blieb, während er über den Rand seines Schildes spähte.

  • "Schneller!", rief Seneca und lief neben der Angriffsformation her, "Bis ihr in dem Tempo den Feind erreicht ist er bereits verhungert!", fuhr er fort, gut, das hätte ja auch Vorteile gehabt, aber dummerweise erwartete er bei seiner verfressenen Truppe dass sie vorher schlappmachen würde..


    Avianus machte seine Aufgabe ganz gut, genauso wie der Rest der Truppe, und auch das Tempo konnten sie nach dem Ansporn mitgehen..
    "Ad Dextram!", rief Seneca nun und schaute wie sich die Truppe verhielt, normalerweise war solch ein Umschwenken nicht ohne Chaos zu handhaben, besonders nicht im Kampf, aber gerade die neuerlichen Erfahrungen hatten Seneca gezeigt dass es wohl trotzdem besser wäre einigermaßen rasch auf Flankenangriffe reagieren zu können..

  • "Ja was will er denn? Hat er nicht langsam gesagt? Hat er doch, oder?", raunte Canus neben dem Iunier, als sie nun doch etwas schneller ihrem imaginären Feind entgegensteuerten.
    "Hat er", kommentierte Avianus nur knapp.
    "Aber wenigstens machen wir nix kompliziertes", meinte sein Nebenmann und sah das vergleichsweise gemütliche Vorrücken deshalb als passende Möglichkeit, ein wenig zu plauschen. "Ach ja, was war eigentlich gestern Abend?"
    "Wovon redest du?" Avianus setzte ein gekonntes Pokerface auf.
    "Als wir uns schlafen gelegt haben, warst du nicht in der Habitatio", gab Canus unbeeindruckt zurück.
    "Ach das. Ich war in den Horti Lolliani. Spazieren", antwortete der Iunier fast schon automatisch.
    "Mitten in der Nacht? Ich bin dein Freund, du kannst mir alles erzählen."
    "Wie kommst du darauf?", fragte Avianus erst stirnrunzelnd und schürzte dann kurz die Lippen. "Ich… äh… ich hatte was mit einer Lupa." Das war ja auch irgendwie die Wahrheit. Er musste ja nicht erwähnen, dass er nicht bezahlt hatte.
    "Du machst dir einen schönen Abend und sagst mir nichts davon?" Canus klang merklich enttäuscht. "Aber egal. Und ich will ja auch nicht immer selbst Hand anle…" Sein Satz wurde vom nächsten Befehl unterbrochen, was den Prätorianer zu Avianus' Rechten vollkommen aus dem Konzept brachte. Während der Rest der Truppe nach rechts wendete, war der Kamerad des Iuniers der einzige, der ganz offenbar nach links wollte und dabei unweigerlich mit diesem zusammenprallte. Avianus konnte dabei kaum verhindern, in den nächsten Soldaten hineinzustolpern, von dem er ein grimmiges "Was zum…?" zu hören bekam, während er selbst ein entnervtes "Canus, du Flasche!" zischte.
    Seneca konnte unterdessen das kleine Durcheinander kaum übersehen haben, selbst wenn die beteiligten Milites wieder unschuldig wie eh und je weitermarschierten und dreinblickten, als wäre nichts gewesen.

  • Seneca war ja soweit ganz zufrieden gewesen, sicher, die Soldaten plauderten ein wenig während sie marschierten, nichts was dem Centurio mehr als einen Kommentar abgerungen hätte.
    Doch plötzlich lief da was gewaltig schief, Avianus und sein Nebenmann krachten ineinander und zerstörten so dass ansonsten recht gelungene Umschwenken auf die rechte Flanke..
    "State!", rief Seneca und lief dazwischen, "Milites Avianus et Canus progredi!", befahl er noch während die Truppe marschierte als wäre nichts gewesen, es war eine Sache etwas zu tratschen, es war eine andere dafür aber das Exerzieren zu vernachlässigen..


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    Sim-Off:

    Stillgestanden
    Vortreten ;)

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  • Ihre unschuldige Miene hatte wohl nichts geholfen, vielleicht auch aus dem Grund, weil man sie aus Senecas Blickwinkel dank Helmen und Schilden praktisch nicht sehen konnte. Das Durcheinander, das gerade eben passiert war, allerdings sehr wohl.
    "Wenn ich jetzt für deine Scheiße geradestehen muss, kannst du echt was erleben", murmelte er verärgert, so, dass es nur Canus hören konnte. Er merkte aber durchaus, wie unangenehm seinem Mitsoldaten die Sache war.
    "Es tut mir leid, echt", flüsterte Canus nur kaum hörbar, bevor sie vor Seneca traten.
    Dort nahmen die beiden Milites Haltung an und verzogen keine Miene. Ich kann nichts dafür, ich kenne die Kommandos in- und auswendig, verdammt nochmal, hätte er seinem Cousin am liebsten gesagt. Avianus hatte absolut keine Ahnung was er jetzt zu erwarten hatte. Er hoffte, dass Seneca mitbekommen hatte, wer in die falsche Richtung gelaufen war. Egal was passiert war, seinem Kameraden die Schuld in die Schuhe zu schieben, kam nämlich auch nicht in Frage, schon gar nicht vor der ganzen Centurie.

  • Natürlich wäre es einfach gewesen den beiden einfach einen mit der Vitis mitzugeben und es damit zu belassen. Doch Seneca wollte natürlich die ganze Centurie teilhaben lassen, und entschied sich für eine andere Art der Bestrafung...
    "Milites, nicht nur habt ihr während dieser Übung gesprochen, nein, ihr habt auch aus diesem Grund die Reihe brechen lassen." sagte Seneca mit lauter Stimme, "Also die Damen, wollt ihr mich und eure Kameraden nicht teilhaben lassen? Was hatten die Waschweiber denn wichtiges zu betratschen? Ist beim örtlichen Händler etwa die Seide im Angebot?", spottete Seneca und ließ nicht los, "Avianus, Canus, erzählt doch mal!"

  • Seneca glaubte wohl, mit seiner Strafe gnädig zu sein, und ahnte gar nicht, in welche Art von Bedrängnis er seinen Verwandten damit brachte. Dabei konnte doch gar nichts passieren. Trotzdem, seine Geschichte mit den Horti Lolliani kaufte ihm schon lange niemand mehr ab. Außerdem würde er sich damit um einiges lächerlicher machen als mit der Wahrheit. Natürlich war die Wahrheit in diesem Fall das, was Canus wusste.
    "Also… der Avianus", begann Canus.
    Avianus schenkte seinem Kameraden einen warnenden Seitenblick.
    "… der hat gestern einen schönen Abend verbracht, denke ich… mit einer Frau", endete sein Kamerad zögerlich und blickte noch einmal zu dem Iunier, der langsam nickte, und doch deutlich schluckte.
    "Das war alles", kommentierte er knapp.
    "Äh... ja."
    Dabei sah er Seneca nicht in die Augen, viel eher starrte er in die Luft hinter seinem Cousin und Centurio. Er wollte gar nicht wissen, was Seneca jetzt dachte, aber auch weil er befürchtete, sein Verwandter könnte irgendeine verdächtige Regung in seinem Gesicht ausmachen. Jetzt wurde er schon paranoid. Und Canus wusste nichts, rein gar nichts. Diese Erkenntnis sollte genügen um ihn zumindest vorerst zu beruhigen. Sein Kollege konnte nichts erzählen, was Sibel und ihn gefährden könnte. Trotzdem wurde ihm vor Nervosität heiß unter seiner Rüstung. Wenn Seneca nur nicht weiter fragte.

  • Eine Frau? Seneca horchte ein wenig auf, auch wenn er sein Gesicht betont unemotional gab und nun von Avianus zu Canus und wieder zurücklief und den beiden dabei tief in die Augen blickte, sofern dies bei den ausweichenden Blicken der Männer überhaupt möglich war..
    "Eine Frau sagst du?", fragte Seneca Canus laut, blickte kurz zur Centurie, und sah einige Gesichter die ihre Schadenfreude nur schwerlich verbergen konnten, "Erzähl mir von dieser Frau Avianus.", hakte er nach, er ahnte ja schließlich nichts von der Situation seines Cousins, "Ich hoffe du hast für sie nicht deinen ganzen Sold auf den Kopf gehauen." scherzte der Iunier, und dachte sich eigentlich nicht viel dabei, schließlich waren solche Ausflüge für Soldaten recht normal.

  • Jetzt hatte er tatsächlich einen Grund ins Schwitzen zu kommen. Zunächst hatte er keine Ahnung was er darauf sagen sollte, zu sehr hatte er genau vor dieser Reaktion Senecas Angst gehabt. Ob es ihm wirklich nur noch um Bestrafung ging oder ob er inzwischen einfach nur neugierig war, konnte Avianus nicht einschätzen. Am liebsten hätte er seinen Cousin hinter die nächste Ecke geschleift und ihm alles erzählt, nur um ihm zu zeigen, was er ihm hier gerade antat.
    Er riss sich wieder zusammen und schüttelte den Kopf. "Nein, Centurio. Aber sie wäre wohl jeden Preis wert gewesen", antwortete er und zwang sich so etwas wie ein leichtes Lächeln auf die Lippen, das recht schnell wieder verschwand. Was machte er hier bloß.
    Dann stand er etwas ratlos da. Was wollte er denn noch wissen? Wie sie aussah? Was sie ihn genau gekostet hatte? Oder was sie getan hatten?
    "Sie war nur eine Lupa", sagte er und spürte wie er sich mit seinen eigenen Worten einen Stich versetzte. Er musste sich zusammennehmen, um seine unbeeindruckte Miene zu wahren. Sibel war so viel mehr. Für ihn war sie nicht einmal eine Lupa. Beroe war eine Lupa, Sibel war die Frau, die ihm an seinen freien Abenden das Gefühl gab, die Sorgen und Zweifel, die er sonst hatte, würden gar nicht existieren.
    Das einzige, was ihm jetzt wohl wirklich helfen konnte, war, einfach ohnmächtig umzukippen. Davon war er jedoch weit entfernt, obwohl er befürchtete, ihm könnte schlecht werden, wenn Seneca noch weiter nachbohrte. Davon konnte er allerdings auch nicht mehr erwarten, als Seneca nach den nächsten zwanzig Fragen irgendwann vor die Füße zu kotzen.
    Neben ihm stand noch immer Canus, der bereits wieder ziemlich fröhlich wirkte, vermutlich weil er sich freute, nicht mehr Teil des Mittelpunktes des Geschehens zu sein.

  • Seneca war innerlich natürlich am tanzen, es machte einfach Spaß seinen Cousin so ins schwimmen zu bringen, noch mehr natürlich hier, wo er sich nicht wirklich wehren konnte..
    Er hörte sich die Antwort an, sie wäre jeden Preis wert gewesen, nur eine Lupa, irgendwie passte das für ihn nicht so wirklich zusammen, aber sie hatten ja hier noch anderes zutun. Einen längeren Moment sah Seneca seinem Verwandten noch mit etwas verengtem Blick in die Augen, "Zurück ins Glied mit euch!", rief er dann laut sodass alle es hören konnten, immerhin standen sie ja etwas entfernt, "Miles Avianus, ich muss dich heute Abend unter vier Augen sprechen.", soweit der militärische Code für Erzähl mir unbedingt was du getrieben hast.' nur wirkte es wesentlich ernster, "Miles Canus, ich habe deine Schadenfreude bemerkt, er ist dein Kamerad, in der Schlacht ist der dein Schutzschild. Er hält dich am Leben. Merk dir das." mahnte der Centurio ernst und wusste natürlich wie das unter den Soldaten lief, er war ja selbst mal ein Miles, aber seine Autorität suchte er dennoch zu wahren.

  • Senecas Befehl, zum Rest der Truppe zurückzukehren, waren die erlösenden Worte, auf die er gehofft hatte. Er hatte allerdings keine Zeit, sich in irgendeiner Weise zu beruhigen. Ein Gespräch unter vier Augen hieß selten etwas Gutes, außer er hatte mit einer Beförderung zu rechnen, was beim derzeitigen Zustand der Garde natürlich nicht in Frage kam.
    "Verstanden, Centurio", brachte er hervor. Seneca hatte dafür gesorgt, dass sich in seinem Inneren innerhalb weniger Minuten ein wirres Durcheinander aus Gefühlen ausgebreitet hatte. Angst – davor ob sein Verwandter tatsächlich etwas gemerkt hatte, Zweifel – ob das mit Sibel wirklich richtig war, Ärger – über sich selbst, weil er wohl wieder einmal auf die größtmögliche Scheiße zusteuerte. Und andererseits der Gedanke an Sibel, der ihm einreden wollte, dass alles andere vollkommen egal war, wenn er sie nur bald wiedersehen konnte. Nur zu gern würde er dem Glauben schenken.
    "Ja, Centurio", kam es von Canus. Der kleine Vortrag ihres Centurios hatte das dämliche Grinsen vorerst aus seinem Gesicht gefegt. Jedenfalls bis sie wieder in den Reihen der anderen standen und sich der Kamerad des Iuniers ein erneutes leichtes Grinsen nicht verkneifen konnte.
    "Fang noch einmal an zu reden und du kannst dir deinen Cassis aus dem Arsch ziehen", flüsterte Avianus ihm zu. Er konnte froh sein, wenn er nur irgendwie zu seiner Konzentration zurückfand. Das Gespräch mit Seneca, so kurz es auch gewesen war, hatte ihm jeden Nerv geraubt. Einen Nebenmann, der noch einmal irgendeinen Blödsinn anstellte, konnte er nicht mehr gebrauchen.
    Den Blicke der anderen Soldaten versuchte er so gut er konnte mit Gleichgültigkeit zu begegnen. Spätestens in der Habitatio würden aber mit Sicherheit Fragen aufkommen, vor denen es ihn jetzt schon grauste.

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