Zunächst fand Caelyn keine Worte. Doch dann endlich rezitierte sie Verse, die Sermos Stimmung umkippen ließen. Seine Miene verhärtete sich, denn die Worte riefen die Erinnerung an seine Brüder wach, die er verloren hatte und um die er auch heute noch trauerte, wenn auch nicht so offen und rührselig wie Caelyn es dann tat. Sie musste sogar inne halten und ihre Tränen unterdrücken, bevor sie weitermachen konnte. Sermo seufzte leise. Bona dea, welch ein erbärmlicher Anblick. Diese Sklavin tat immer aufmüpfig und bissig. Im Grunde genommen erkannte Sermo jetzt jedoch wieder einmal, wie kaputt sie nur war. Vom Schicksal gehasst, vom Unglück geschunden, von Sermo gebrochen. Wenn er das denn überhaupt schon geschafft hatte. Immerhin hatte das kleine Biest sich seiner ja noch im ausweglosesten Moment vor wenigen Nächten widersetzt.
Ob er es wohl noch einmal versuchen sollte? Ihren Körper zu seinem Instrument herabwürdigen, sie zu seinem Spaß benutzen? Nein, Sermo war nicht danach. Eben noch hätte er Gefallen daran finden können seine keltische Unterhaltungssklavin erneut zu sich ins Bett zu nehmen. Jetzt aber hatte er keine Lust mehr auf diese verheulte, jämmerliche Figur. Er nickte also nur und gab ihr einen unbestimmten Wink. "Gut," beendete er diese deprimierende Situation nach einem Räuspern. "Leg dich schlafen," befahl er einfach leichthin und machte es sich in seinem Bett so bequem wie möglich.
M&M - Von Massilia nach Mogontiacum
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Tja, das letzte Gedicht war nicht gerade das, was man vielleicht anregend nennen konnte. Eigentlich zog es jeden runter, der es hörte, ganz egal, ob man um jemand trauerte oder nicht. Bei Sermo war das nicht anders gewesen. Keine Ahnung, was er bis vor wenigen Minuten noch mit mir vorgehabt hatte, jetzt war ihm alles vergangen. Das war mein Glück, denn nun würde er mich nicht zu sich in sein Bett holen, auch wenn es da viel bequemer gewesen wäre, wie auf dem harten Boden.
Aber ich ging mit Freuden in meine Ecke und dankte meinem Bruder, dass er mich in dieser Nacht gerettet hatte. Ich versuchte, mich so gut es ging, in meine Decke einzuwickeln, damit ich nicht so fror. Es hatte dann doch ganz schön lange gedauert, bis ich endlich einschlief. Meine vertane Chance heute, einfach vom Wagen zu springen, als wir Augustodunum passiert hatten, ging mir noch ziemlich lange nach. Ich war so nah dran gewesen! Nur ein Katzensprung. Dann wäre ich in die Stadt hineingerannt und wäre zu Iustus gelaufen. Ob Iustus überhaupt noch lebte? In meinem Traum tat er es. Ja, Iustus lebte! Und er hatte sich gefreut, mich wieder zu sehen. Mit offenen Armen und seinem großen Herzen hatte er mich willkommen geheißen. Von nun an würde er mir helfen. Das hatte er mir versprochen! Damit alles wieder gut wurde…
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