Es war immer noch bitterkalt. Den Mantel noch fester um mich geschlungen, ging ich an diesem Morgen zum Markt. Auch wenn´s schon ein paar Jahre her war, kannte ich mich noch immer ganz gut aus. Mogontiacum war ja auch ein ganzes Stück kleiner, als Rom. Rom, wenn mir je einer gesagt hätte, dass ich mal Sehnsucht nach Rom haben könnte, den hätte ich als total verrückt gehalten! Eigentlich hatte ich ja nicht nach der Stadt Sehnsucht, sondern nach Aretas. Irgendwie musste ich ihm mitteilen, dass es mir und dem Kind gut ging und dass ich jetzt hier war. Aber einfach zur Postannahme zu Stiefeln und ´nen Brief an ´nen Sklaven abzuschicken, war nicht! Da musste ich mir echt was Besseres einfallen lassen. Und ich ließ mir auch was einfallen.
Am Abend zuvor hatte ich meinen Brief geschrieben. Zum Glück hätte ich mein Schreibzeug noch, dass mir Ursus mal geschenkt hatte. Und ein Stück Papyrus hatte ich auch noch auftreiben können.
Der Brief steckte nun unter meiner Tunika, wo er am Sichersten vor allzu neugierigen Nasen war. Ich hatte mir überlegt, nach einem Händler zu suchen, der demnächst wieder nach Rom reiste. Mit ein wenig gutem Willen und ein paar Sesterzen in der Tasche, nahm er den Brief dann mit und ließ ihn Aretas zukommen. Die Suche kombinierte ich gleich mit den Einkäufen, die ich machen musste. Irgendwie war Sermo das Papyrus ausgegangen. Er konnte gar nicht verstehen, wieso. Er hatte doch einige Bögen mitgenommen. Aber die waren einfach weg gewesen. Zufälle gab´s! Naja, ein Grund mehr, mich zum einkaufen zu schicken. Und bei der Gelegenheit konnte ich auch gleich noch ein paar andere Sachen für ihn besorgen.
Ich streifte also über den Markt, schaute mir die Waren an, unterhielt mich mit den Händlern und ab und zu kaufte ich auch was. Durch Zufall bekam ich dann eine Unterhaltung zwischen zwei Händlern mit. Der eine sagte, er würde sich in einigen Tagen wieder auf die Reise nach Rom machen und dass er auch den Weg über Gallien nehmen würde. Ich tat so, als würde ich mich für seine Waren interessieren, hörte aber der Unterhaltung zu.
"Suchst du was Bestimmtes, Mädchen? Kann ich dir helfen?", fragte mich der Händler nach einer Weile. Ich sah ertappt zu ihm auf und kriegte auf einmal Panik, wegen dem Brief. "Ich? Öhm..äh.. ja vielleicht." Ich war mutig genug, um den Händler zu fragen. "Ja also, ich hab ein wenig eurer Unterhaltung gelauscht und mitbekommen, dass du demnächst wieder nach Rom reist. Ich hab mich gefragt, ob du mir vielleicht einen Gefallen tun könntest." Der Händler sah mich etwas verwirrt an, nicht nur weil ich ihn belauscht hatte. "Einen Gefallen? Was denn für einen Gefallen?" Ich zog den Brief aus meiner Tunika hervor. Während ich das tat, schaute mich der Händler noch unverständlicher an. "Könntest du diesen Brief mit nach Rom nehmen und ihn bei den Tiberern abgeben?" Es dauerte zwar eine Weile, aber der Händler begann zu begreifen. Dann grinste er ganz verschmitzt. "Ist ein Liebesbriefchen, was?" Uups, jetzt wurde ich auch noch rot im Gesicht! "Ja," sagte ich mit voller Überzeugung. Der Händler sah mich an, dann den Brief und schließlich wieder mich. "Ich kann dir auch ein paar Sesterzen für deine Mühe geben." Aber der Händler lächelte nur. "Nein, lass mal stecken, Mädchen. Deinen Brief nehme ich auch so mit."
Puhh, da fielen mir gleich mal ein paar Steine vom Herzen! Endlich gelang mir mal was! Ich gab dem Händler meinen Brief, dankte recht schön und ging dann weiter.