Auf dem Markt

  • Als Caelyn sagte, sie wolle nicht dass ich Ärger bekomme, musste ich grinsen. „Ach weiß du seid ich hier in Germanien bin ist Ärger mein zweiter Vorname, darauf kommt es nun auch nicht mehr an. Wenn ich dir helfe dann mache ich endlich was sinnvolles, in meinem bisher armseligen Leben. Was habe ich von dem ungehinderten Aus- und Eingang bei den Toren drum sitze ich doch hier fest.“
    Dann legte ich eine kurze Denkpause ein, denn sie bot mir wirklich an mitzukommen. Das war doch eigentlich die Lösung, endlich hier wegkommen. Wer konnte schon wissen wie viele Jahre ich sonst noch hier bleiben musste und dann bekam ich irgendwann nicht weniger Ärger. Zunächst sollten wir aber eine Lösung für Caelyn finden, ich konnte mich dann immer noch entscheiden.
    Schon gab es wieder ein kleines Problem, für die Tempel hier in Mogontiacum hatte ich mich nun wirklich nicht interessiert.
    „Hm ja weiß du, mir würden auf Anhieb über zehn Götter einfallen, die für dich und deine Situation zuständig wären.“ Was war es doch bei den Christen einfach, man betet zu einem Gott und damit hatte es sich. „ Welche Tempel es hier gibt kann ich dir kann ich dir nicht sagen, denn eigentlich….“, den Rest behielt ich zuerst einmal für mich. „Zum Glück kann man aber Tempel gut erkennen, gehen wir doch einfach los und schauen welche es gibt oder weißt du genauer wo und welche es hier gibt? ... Obwohl es vielleicht nicht schlecht wäre, eher einen Kleineren etwas abseits gelegenen aufzusuchen, denn dort kommen dann auch weniger Leute hin. Was meinst du?“

  • Etwas sinnvolles machen. Das hatte noch niemand zu mir gesagt, er würde was sinnvolles machen, wenn er mir helfe. Ich war eigentlich nur noch froh, dass mir Linos über den Weg gelaufen war. Gerade jetzt, wo alles noch unerträglicher zu werden schien. Das fühlte sich gut an, mit jemand reden zu können, der es gut mit mir meinte. So was hatte ich nicht mehr erlebt, seit ich von Aretas fortgerissen worden war.


    Auf mein Angebot, ihn mitzunehmen war er gar nicht eingegangen. Es kam ja auch ziemlich überraschend. So einfach konnte man sich nicht für so etwas risikoreiches entscheiden. Das brauchte Zeit. Drum hakte ich auch nicht mehr nach, wenn er nicht von selbst darauf zu sprechen kam. Vielleicht hatte er ja ein gutes Zuhause, wo man ihn einigermaßen anständig behandelte. Nicht alle Römer waren so wie Sermo.


    Linos schien ein wenig ratlos zu sein, in welchen Tempel wir gehen sollten. Aber das hing nur daran, weil er sich hier noch nicht gut genug auskannte. Ich überlegte kurz. Schließlich war ich schon dutzende Male an einigen der Tempel vorbeigelaufen. Wobei ich da auch nicht immer genau darauf geachtet hatte, welcher Tempel welchem Gott oder Göttin geweiht war. "Also, es gibt glaube ich einen Tempel für Mars. Aber den können wir uns glaube ich schenken. Dann einen für die kapitolinische Trias. Naja, da wäre wenigstens Iuno mit dabei. Und dann gibt es da noch den Tempel der … ähm wie heißt sie gleich noch mal. Na, du weißt schon, diese ägyptische Göttin. Öhm Isis, ja genau. Der Tempel der Isis und der Magna Mater." Das war´s dann auch schon, was mir dazu einfiel. Ich überlegte aber weiter, zu wem wir denn gehen konnten. Ich hoffte ja immer noch, Linos würde mich begleiten, dann alleine kam ich mir ziemlich aufgeschmissen von. "Naja, Magna Mater, klingt doch gut, oder?" Wenn schon eine Göttin große Mutter hieß, dann war das doch klar, wohin wir gingen. Ich sah ihn fragend an, was er dazu meinte. Schließlich hatte er da viel mehr Ahnung als ich. Glaubte ich jedenfalls.

  • Aufmerksam hörte ich zu als Caelyn, galt es doch für ihr anliegen den richtigen Tempel zu erwählen. Kapitolinische Trias, richtig Iuno das war schon einmal nicht schlecht aber dann, was sie dann sagte ließ mich glaube ich erblassen.


    Ein Tempel der Isis und der Magna Mater. Isis störte mich ja nicht weiter, obwohl ich mich fragte wieso man sie gerade hier in Germanien verehrten. Was mir aber den Schreck in die Glieder fahren ließ war das dort auch zur Magna Mater gebetet wurde. Bilder der Vergangenheit tauchten vor mir auf. Der Glaube meines Elternhauses, die Aufgabe die sie für mich vorgesehen hatten. Ich sollte Galloi werden beim nächsten Märzfest sollte die rituelle Selbstkastration stattfinden. Das mir, der ich schon lange an den einzigen und wahren Gott glaubte. Darum war ich doch weg und wollte mich taufen lassen, um dann die Botschaft Jesu Christi zu predigen.


    Ich zwang mich in die Wirklichkeit zurück. Hoffentlich hatte Caelyn nicht all zuviel von meinem Schock mitbekommen, hernach glaubte sie noch, ich würde sie im Stich lassen. Um einen Grund für meine kurzzeitige geistige Abwesenheit anzubringen meinte ich: „Wusstest du schon das man in diesem Tempel für einen Fluch bitten kann? Dazu braucht man allerdings eine Fluchtafel und eine Opfergabe wäre auch ganz gut.“

  • Während ich so daher plapperte und mich über die mogontiacische Tempellandschaft ausließ, hatte ich nichts von Linos inneren Veränderung mitgekriegt. Ich war viel zu sehr mit mir selbst und der Frage beschäftigt, in welchen Tempel wir gehen sollten. Als er dann plötzlich was sagte, schaute ich ihn ganz verdutzt an. Um einen Fluch bitten? "Öhm, ich will ja nichts sagen, weil ich eh nicht viel Ahnung habe, aber ist sowas nicht verboten?" Ich konnte mir beileibe nicht vorstellen, dass ich einfach in den Tempel stiefelte, dem nächstbesten Priester mein Fluchtäfelchen in die Hand drückte und dann unbeschadet wieder rauskam. Allerdings, wenn ich so darüber nachdachte, ich hätte da schon jemanden gewusst, den ich hätteverfluchen können.
    "Und wo kriegt man so eine Fluchtafel her?", fragte ich interessiert weiter. Irgendwie freundete ich mich immer mehr mit diesem Gedanken an. Endlich hatte ich was gefunden, womit ich es ihm heimzahlen konnte. Irgendeine Opfergabe würde sich bestimmt auf dem Markt auch noch auftreiben lassen. Ich hatte ja noch genug Geld, was eigentlich für den Einkauf bestimmt gewesen war. Bei dem Gedanken daran musste ich plötzlich schmunzeln. Ich kaufte mit Sermos Geld eine Opfergabe und so ein Täfelchen, um ihn anschließend damit zu verfluchen. Wenn das nicht dreist war!

  • Ich musste nun doch lächeln, da fragte mich Caelyn doch, ob so etwa nicht verboten wäre. „Verboten ist vieles, verboten ist auch die Flucht eines Sklaven und dabei erwischt zu werden bringt bestimmt eine weit größere Strafe ein, als ein Fluchtäfelchen zu deponieren. Man darf sich nur nicht erwischen lassen.“ Nach kurzem Nachdenken, wie wir am besten vorgehen sollten, strich ich mir eine Locke aus der Stirn und rieb mir mit der gleichen Bewegung den Hinterkopf. „Wir brauchten zunächst Geld, zum ersten für die Opfergabe und dann für den Priester. Ein Priester ist bestimmt, so wie ich sie einschätze, für ein entsprechendes Entgelt bereit solch eine Fluchtafel herzustellen. Bliebe jetzt nur noch zu überlegen was wir zuerst erledigen,... ach ja und bevor wir den Tempel betreten müssen wir noch etwas klären.“
    Besser gesagt muss ich dir etwas gestehen, fügte ich in Gedanken hinzu.

  • Wo er recht hatte, da hatte er einfach recht. Es war ja ziemlich blauäugig, sowas zu fragen. Wenn ich später abhauen würde, war das garantiert viel schlimmer, als so ein läppischer Fluch. Wenn´s dumm lief erfüllte er sich nicht mal. Aber na gut, einen Versuch war es mir wert. Wenn´s dadurch Sermo nur richtig dreckig ging!


    "Geld ist kein Problem. Ich hab hier noch reichlich", und deutete an die Stelle meines Umhanges, unter der sich der Geldbeutel befand. "Das reicht sogar, um sich danach noch was zu essen zu kaufen." Und falls nicht, dann hatte ich ja immer noch den Käse. In der Not schmeckte Käse auch ohne Brot.
    Gerade noch wollte ich den Vorschlag machen, loszustiefeln, da sagte Linos was ziemlich komisches, was mich verwirrte. Ich war mir nicht sicher, wie ich das aufnehmen sollte. Er wollte was klären. Hatte ich irgendwas dummes gemacht, oder so? "Was willst du denn klären?", fragte ich vorsichtig.

  • Eigentlich war es doch ganz einfach, so wie ich es mitbekommen hatte, lag Caelyn bisher nicht sonderlich viel an ihrem Glauben. Gut die Götter wurden bei bedarf angerufen, aber sonst war es doch wie bei vielen, man hatte den Glauben und nutzte die Feste. Aber das war jedem selber überlassen. Mein Problem war ein ganz anderes. Sie hatte, wie ich meinte Vertrauen zu mir, da war es nicht mehr wie fair, wenn auch ich ihr vertraute. Tief einatmend begann ich dann: "Also es ist so, ich habe den Glauben an die Götter abgelegt und bin Christ.“ Nun war es raus, auch wenn die Taufe noch fehlte, so zählte doch der Glaube. Fast bittend schaute ich sie nun an. „Es soll aber nicht bedeuten, dass ich dir nicht helfen werde, als Christ bin ich eher dazu verpflichtet. Nur weiß ich nicht ob es dir hilft wenn ich als nicht daran glaubender den Tempel betrete. Solltest du es aber wünschen, bin ich selbstverständlich bei dir. Schließlich weiß es ja außer uns beiden keiner.“

  • Im Prinzip war es mir ja ziemlich Wurscht, woran einer glaubte und ob er überhaupt glaubte. Ich für meinen Teil hatte auch irgendwann das Vertrauen in die Götter verloren, ganz egal ob es nun die alten gallischen oder die römischen waren. Die Götter hatten es schließlich zugelassen, dass meine Mutter elendig krepiert war, dass mein Bruder und ich auf der Straße gelandet waren und dass er jetzt tot war. Naja, dass ich jetzt Sklavin war, daran war ich wohl selbst schuld gewesen. Aber was war mit all dem anderen? Wo waren da die Götter gewesen?
    Was mir aber nun Linos eröffnete, war schon ganz schön hart! "Du bist Chr…", rief ich laut, konnte mich aber gerade noch bremsen und reduzierte empfindlich die Lautstärke. "Du bist Christ?", wiederholte ich flüsternd.Scheiße noch eins! Man hatte ja schon allerhand über diese Christen gehört, und dass sie kleine Kinder aßen und das Blut von anderen Leuten tranken. Und so einer sollte Linos sein? Das konnte ich mir irgendwie gar nicht vorstellen.
    Naja, er war Christ. Das hieß wohl, meinen Fluch und die Bitte für mein Kind konnte ich jetzt den Häschen geben. Oder ging das trotzdem, wenn jemand dabei war, der Christ war? Warum eigentlich nicht? Schließlich hatte Linos ja keine Tunika an, auf der mit riesig großen Buchstaben 'Ich bin Christ!' draufstand.
    "Öhm ja, also… wenn du mit mir gehen könntest, wäre das sicher ganz toll. Ich meine, du musst ja nicht zu den Göttern dort beten. Oder wenn du beten willst, dann betest du eben zu deinem Gott. Ist doch eigentlich Wurscht, wo man betet. Hauptsache man betet, meine ich." Öhm ja, irgendwie war das jetzt eine komische Situation.

  • Verwunderung, Verwirrung, Schreck, was weiß ich was sonst alles noch, lag bestimmt gerade in meinem Blick, nach Caelyns heftiger Reaktion. Gut ich war Christ, aber wieso reagierte sie jetzt so heftig? Mir kam es vor als wäre sie entsetzt oder sie hätte für einen Moment Panik geschoben, aber gut später gab es bestimmt noch öfter eine Gelegenheit für eine Frage zu diesem Thema, denn mittlerweile war ich auch fest entschlossen mit ihr zu fliehen.
    Ich nickte bejagend. „Ja eben Wurscht ist es.“ Kaum wurde das Essen erwähnt verstärkte sich mein Hungergefühl. „Also gut was machen wir jetzt als erstes? Ich würde vorschlagen, zuerst eine Opfergabe besorgen, sonst müssen wir wieder zurück, außerdem sollte der Priester sofort deinen festen Wunsch erkennen.“

  • Zugegeben, meine Reaktion war vielleicht ein bisschen überzogen. Aber wann hatte man es schon mal mit einem waschechten Christen zu tun? Normalerweise lebten die doch im Verborgenen, wo sie ihren komischen Bräuchen nachgingen. Naja, so hatte ich es jedenfalls gehört. Aber wenn ich mir Linos so betrachtete, konnte ich das kaum glauben.
    "Öhm, ja genau!", versuchte ich mich irgendwie herauszuwinden und an was anderes zu denken. Zum Glück wechselte Linos auch ganz schnell das Thema. Die Frage, die er stellte, war echt berechtigt, denn wir oder besser gesagt ich musste mal langsam in die Pötte kommen,wenn ich heute noch weg wollte. Zum Schluss war Trutmo schon weg und ich saß hier fest. Ich hatte ja noch keine Ahnung, dass ich Linos längst schon mit meinem Freiheitswillen angesteckt hatte.
    "Wenn du meinst. Ja, so machen wir´s! Komm, lass uns gleich losgehen!"

  • “Warte noch einen Augenblick, ich möchte mich vergewissern ob der Kerl uns nicht doch gefolgt ist.” Kaum ausgesprochen war ich auch schon an der Ecke und spähte in beide Richtungen. Nichts war von ihm zu sehen beruhigt kehrte ich zu Caelyn zurück. “Er scheint uns nicht gefolgt zu sein. Es wäre gut wenn du jetzt die Führung übernehmen würdest, denn wie du weißt kenne ich mich noch nicht so gut aus. Ich halte folge dir und halte dir den Rücken frei.”
    Ein Glück das sie Geld bei sich hat, dachte ich sonst wäre unser Vorhaben von vorne herein zum Scheitern verurteilt.

  • Zum Glück hatten sich die beiden vom Käsestand aus dem Staub gemacht. Linos hatte sie edenfalls nicht mehr entdecken können. Trotzdem kehrte ich mit einem flauen Gefühl auf den Markt zurück um Opfergaben für den Tempel zu kaufen.
    Nach einigem Suchen und einer guten Beratung durch Linos, obwohl er ja eigentlich Christ war, hatten wir ein paar Opfergaben zusammengekauft, die nicht so furchtbar teuer waren. Den Rest des Geldes brauchte ich noch für andere Dinge. Aber ein paar Kekse und Blumen waren drin. Außerdem hatte ich noch ein Täfelchen aus Blei erstanden, was man unternormalen Umständen als Votivtäfelchen hätte nutzen können. Naja, im Prinzip wollte ich ja auch um etwas bitten, nämlich dass Sermo es für den Rest seines Lebens bereuen sollte, was er mir angetan hatte.
    "So, dann nichts wie zum Tempel!", sagte ich zu Linos und deutete in die Richtung wo es zum Tempel der Isis und Magna Mater ging.

  • Keine Ahnung, wie lange es gedauert hatte, bis wir alles erledigt hatten und wieder zurück auf dem Markt waren. Ich hatte ja schon die Befürchtung, Trutmo könnte vielleicht schon weg sein und ich hier festsaß bis in alle Ewigkeit. Naja, aber was machte mich eigentlich so sicher, dass Trutmo mich überhaupt mitnahm? Nur weil er mal freundlich zu mir gewesen war, konnte ich nicht von ihm verlangen, dass er den Fluchthelfer spielte. Aber wie so oft schon in meinem Leben, klammerte ich mich an einen Wunschgedanken und hoffte, dass er sich erfüllte.
    Der Andrang auf dem Markt hatte merklich nachgelassen. Alles war ziemlich übersichtlich geworden. Die meisten Leute hatten ihre Besorgungen schon am Vormittag gemacht und die, die es sich leisten konnten, saßen schon eine Weile ein paar Ecken weiter in den Thermen und ließen es sich gut gehen. Ich hätte drauf wetten können, dass Sermo auch dort war! Ach Mist, jetzt dachte ich wieder an Sermo? Das war doch jetzt nicht der Moment, wo ich kneifen würde? Nee, ich kniff nicht. Ich grinste nur gemein, als ich mich fragte, ob er schon leichte Kopfschmerzen hatte.
    "Da ist er noch!", sagte ich zu Linos, der immer noch bei mir war. Trutmo war noch an seinem Platz. Seine angebotenen Waren hatten sich sichtlich dezimiert und dass, was noch da war, hatte er schon begonnen, wegzupacken. Als wir dann direkt vor seinem Stand zum stehen gekommen waren, blickte er auf und erkannte zumindest mich gleich wieder.


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    Trutmo


    "Nanu, die betrübte junge Frau von heute Morgen! Was führt dich her? Hast du was vergessen?", fragte der Händler freundlich und sah uns dabei ziemlich erwartungsvoll an. "Öhm ja", druckste ich so vor mich herum. Ich spürte so ein komisches kribbeln in mir, was wahrscheinlich eine Mischung aus Angst und Aufregung war. Wenn ich jetzt was Falsches sagte, dann setzte ich alles in den Sand!
    "Ich wollte dich noch was fragen… nämlich… ob du… mir vielleicht…äh… helfen könntest." Mannomann, war das ´ne schwere Geburt!
    Trutmo sah mich mehr als erstaunt an, denn mit so etwas hatte er garantiert nicht gerechnet. "…Ob ich dir helfen könnte? Ja, natürlich… vielleicht? Was kann ich denn für dich tun?" Wie immer war er freundlich, nur jetzt merkte man ihm die eine oder andere Unsicherheit an, was man ihm ja nicht verdenken konnte.

  • Nun ging es vom Tempel aus wieder zurück zum Markt. Die ruhigere Zeit am Nachmittag, bereitete mir etwas Sorge. Während Caelyn vor mir her eilte, hatte ich meine liebe Not damit die Umgebung ab zu taxieren. So ganz traute ich dem Frieden nicht. Jeden Augenblick erwartete ich den Kerl vom Vormittag. Zumal wesentlich weniger Marktbesucher unterwegs waren. Von einem guten Standplatz aus, hätte man uns gut sehen können.
    Beim Käsehändler angekommen stellte ich mich neben Caelyn, damit ich dem Gesprächsverlauf folgen konnte und gleichzeitig die Bewegungen in der Umgebung verfolgen konnte.
    Ein seltsames kribbeln im Nacken stand ich halb schräg neben ihr und schaute, mich darum bemühend meine Nervosität nicht zu zeigen, den gelangweilten vortäuschend, durch die Gegend.
    Hin und wieder warf ich einen kurzen Blick auf den Käsehändler. Heute Morgen hätte ich noch gedacht, er würde ohne wenn und aber helfen, aber jetzt…. entweder hatte er Angst oder wollte er er jetzt verdienen. Etwas hatte sich geändert. Vielleicht sollte ich ihn mehr im Auge behalten, nicht das er irgend ein Zeichen gab und danach die Hölle über uns hereinbrach.

  • Ich spürte, wie mich langsam der Mut verließ. Trutmo war meine einzige Hoffnung. Wen hätte ich sonst bitten sollen? Jedes Mal wenn ich an seinen Stand gekommen war, war er nett zu mir gewesen und behandelte mich zuvorkommend, als ob ich was Besonderes wäre. So was passierte mir nicht sehr oft. Aber jetzt, als ich ihn bat, mir zu helfen, wurde er nervös. Trotzdem traute ich mich und fragte ihn. Ich kam ganz dicht an ihn heran. "Könntest du mich heute Abend mitnehmen? Aus der Stadt raus? Ich bin hier nicht mehr sicher. Ich muss weg!", sagte ich im Flüsterton.
    Trutmo sah mich ziemlich entgeistert an, als ob ich ihm ein unmoralisches Angebot gemacht hatte. Naja, im Grunde war´s das ja auch. Schließlich forderte ich ihn ja zur Fluchthilfe auf.
    "Ich soll was???", fragte er schließlich, als hätte er nicht richtig verstanden. Aber er hatte jedes einzelne Wort verstanden.
    "Ich bitte dich, hilf mir aus der Stadt zu kommen. Mein Kind…" Besorgt strich ich über meinen Bauch und Trutmos Augen folgten meiner Hand. "Es ist in Gefahr, wenn ich länger hier bleibe. Bitte!"


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    Trutmo


    Trutmo war schon immer ein grundehrlicher Mann gewesen, der einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hatte und nichts mehr verabscheute, wenn Frauen, die zudem auch noch schwanger waren, ein Unrecht zugefügt wurde. Dabei war doch die junge Frau im Grunde nichts weiter als eine Fremde für ihn, die zwei oder drei Mal bei ihm am Stand gewesen war und Käse gekauft hatte. Und doch hatte sie zu ihm Vertrauen gefasst. So sehr, dass sie ihn nun darum bat, ihr zu helfen.
    Er saß ganz schön in der Zwickmühle! Was sollte er tun? Ihr helfen und damit sich, seine Familie und sein Geschäft ins Unglück stürzen? Oder sie wegschicken und die ihrem Schicksal überlassen? Was, wenn die junge Frau zu allem Unglück auch noch eine Sklavin war? Flüchtigen Sklaven zu helfen- darauf standen schwere Strafen!
    Während er mit sich selbst einen inneren Kampf ausfocht, fiel sein Blick auf den Begleiter der jungen Frau. "Und was ist mit ihm hier?" Konnte er ihr nicht helfen?

  • Der Händler tat mir nun doch irgendwie leid. Etwas wie Angst, Entsetzen, Panik, Hilflosigkeit oder gar Verzweiflung lag in seiner Stimme, als er nur die kleine kurze Frage stellte, *Ich soll was???* Die Angst vor Verrat schob ich vorerst etwas beruhigter Seite.
    Ich selber bekam nun auch einen Anflug von Panik. Was wäre wenn der Händler Caelyn nicht helfen würde? Wieso hatte ich mir bisher nicht diese Frage gestellt? Einfach ein Versprechen in völligem Gottvertrauen abzugeben, fand ich jetzt hinterher auch leichtsinnig. Hatte ich denn noch immer nicht begriffen, ich war nur Sklave. Nur irgendeine Sache, aber nein ich nun wieder, gab voreilig ein Versprechen.
    Trotz meiner aufkeimende Sorge beobachtete ich den Händler genau. Dann sprach der Händler das aus, was nahe liegend war.
    Arme Caelyn zuerst, die Reaktion des Händlers und dann diese Frage. Sie wusste wo ich wohnte und hatte selber festgestellt, zu mir wäre nicht so gut.
    Caelyn die Antwort abnehmend meinte ich selber: “Zu mir wäre nicht so gut.” Oh mein Gott ich brauche eine Idee, flehte ich.
    “Mir kommt gerade ein Gedanke, ob dies eine Lösung ist müsst ihr entscheiden. Wie sieht es mit deiner Hilfe aus, wenn wir es schaffen aus der Stadt rauszukommen?” Nun musste auch ich dem Käsehändler vertrauen und ihm sagen wer ich war. “Ich bin der Scriba des Legaten aus dem Castellum der Legio II Germanica. Wenn ich nun Caelyn mit zum Stadttor nehme und wir sagen, sie müsste mir helfen die Ware zum Castellum zu bringen?“ Erwartungsvoll richtete sich mein Blick auf die Beiden. „Nein, das geht auch nicht,“ meinte ich selber dann schon enttäuscht. "Wo sollen wir denn soviel Ware her bekommen?“

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    Trutmo


    Trutmo wünschte sich, er wäre nie in diese Patsche geraten. Der Begleiter der jungen Frau machte auch nicht den Eindruck, ihn da rausholen zu wollen. Dabei hätte er einfach nur "Nein" sagen müssen. Was scherte ihn das Schicksal dieser Frau? Wie sich nun langsam herausstellte, war sie wahrscheinlich auch noch zu allem Überdruss Sklavin. Was war nur über ihn gekommen, als er es nicht einfach unterband, als ihr Begleiter sich den Kopf zerbrach, wie man sie aus der Stadt bekommen konnte.
    "Die Ware könnt ihr von mir bekommen. Aber wie wollt ihr dann aus dem Castellum kommen?", hörte er sich auf einmal sagen. "Besser ich nehme sie mit auf meinem Wagen und erzähle den Wachen am Tor, sie sei die Schwester meiner Frau, die ich zur Niederkunft mit zu mir nach Hause nehme."

  • Warum denn nicht gleich so, dachte ich bei mir nachdem der Käsehändler seinen Vorschlag endlich gemacht hatte. Ich hätte ihm das gleich vorschlagen können, aber es war immer besser wenn die Leute ihre Lösung selber fanden. Erstens fühlten sie sich danach gut und zweitens konnten sie hernach, sollte wider erwarten etwas schief gehen, niemanden einen Vorwurf machen.
    Zufrieden nickte ich ihm deshalb zu. „Eine gute Idee, wenn ich das so sagen darf. Da ich vorhabe Caelyn zu begleiten, vorher muss ich nur noch zurück um einiges zu erledigen und etwas zu holen, ich muss nur wissen wo wir uns dann treffen können.“ Für die Flucht hatte ich mir schon etwas überlegt dazu musste ich noch einmal zum Castellum, danach nur weg aus dem verfluchten Germanien.

  • Ich hatte mich doch gerade eben verhört! Nee, doch nicht. Er hatte es gesagt. Linos hatte es eben gesagt. Er wollte mitkommen. Das war das erste Mal heute, dass mir die Kinnlade runter geklappt war. Aber als ich endlich kapierte, dass ich mich nicht allein durchschlagen musste, war ich echt froh darüber und lächelte ihm verschmitzt zu. "Ja, also ich hätte da auch noch was zu erledigen," warf ich noch schnell ein.


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    Trutmo


    Trutmo dürfte es nicht anders ergangen sein, nur zeigte er es nicht so. Nur ein feststellendes "Aha", kam. Wahrscheinlich konnte ihn jetzt sowieso nichts mehr erschüttern. Wenn herauskam, dass er zwei Sklaven bei der Flucht geholfen hatte, konnte er sowieso einpacken. Zum Glück wusste seine Frau noch nicht davon. Die hätte ihm was erzählt!
    "In der Via Borbetomagna, nicht weit vom Stadttor, gibt es eine Taberna, die "Viva Moguntia" heißt. Dort treffen wir uns in einer Stunde. Seid pünktlich! Wenn ihr nicht da seid, fahre ich ohne euch." Ein kleiner Hoffnungsschimmer keimte in ihm auf. Vielleicht kam den beiden ja "etwas" dazwischen.

  • In einer Taverne eine Pause zu machen kam mir recht gelegen. Ich nickte und meinte zu dem Käsehändler, „eine gute Idee“, zu Caelyn gewandt „der was meinst du dazu?“
    In der Taverne ergab sich dann bestimmt eine Gelegenheit etwas näher auf den Fluchtplan einzugehen.

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