Immer den Spuren folgen...

  • ...jenen, die von denen getreten wurden, welche bereits länger als er im Amt waren oder in der Hierarchie über ihm standen. Und das waren nicht wenige.


    Mit diversen Schreibutensilien ausgestattet begleitete er mit zwei weiteren Scribae einen der Magistraten durch die Stadt. Es galt Bestandslisten aufzunehmen und zu denen gehörten nicht nur eine erneute Überprüfung der Opferzahlen der Seuche - ein trauriges Thema - sondern auch die Überprüfung der gesamten architektonischen Verhältnisse. Am Ende dann mussten Listen und wieder Listen erstellt werden und diese dann sollten irgendwann zur Legio getragen werden, denn dort wollte man sich einmal mehr Unterstützung einfordern.


    Marcus schrieb bereits seit den frühen Morgenstunden auf den Tafeln herum und hielt immer mal wieder inne um sich die Hände von dem Dauerniesel, der sie begleitete, zu trocknen. Ihm oblag die Aufgabe ausführliche Notizen auf Grund der Angaben des altgedienten Magistratus zur Bausubstanz diverser Örtlichkeiten zu machen. Bereits zwei Straßen, die unter den Witterungsbedingungen der letzten Wochen sehr gelitten hatten und teilweise unter-oder in Teilen weggespült worden waren, standen auf seiner Liste wie auch zwei Brücken. Eine davon hatte scheinbar schwere Fundamentschäden erlitten, was nicht gut war. Der Beamte hatte bereits einen Boten zu höheren Stellen gesandt um diese vorübergehend sperren zu lassen. Es war zu gefährlich weiter den Verkehr über sie laufen zu lassen. Artorius Celer... wo bleibst Du denn! Das man auf Euch Schreiber immer warten muss...


    Schnell folgte er dem Beamten und betrachtete einen Brunnen, auf den dieser deutete. Was fällt Dir auf? Was fiel ihm auf? Ein paar Dellen, abgebrochene Stückchen, ein Auslauf, der nicht mehr ordentlich war, als hätte wer gegen getreten und ihn damit kaputt gemacht und... eine riesen Lache neben dem Brunnen, die sich weiter ausbreitete. "Der Brunnen hat ein Lecke, unter Anderem." Aha, Augen scheinst Du ja im Kopf zu haben. Also: geh hin, untersuche alles, schreibe es auf und scheue Dich nicht vor nassen Füßen! Ergeben nickte er und tat, wie ihm geheißen war. Obwohl es bedeutete, dass er für mehrere Minuten in knöcheltiefem - verflucht kaltem - Wasser und Schlamm neben dem Brunnen stehen musste.

  • Bah waren seine Füße nun kalt und matschig. Aber er hatte alles aufgeschrieben und sogar in das Wachs einer weiteren Tafel eine Skizze geritzt, die den Schaden genau darstellte. Nun ja, versuchte genau darzustellen. Endlich fertig? meinte sein Vorgesetzter zu ihm, als er wieder bei der kleinen Gruppe erschien. Gut, wurde auch Zeit. Wir gehen weiter. Zum See. Ach ja, Celer... Er musterte den Neuling in der Gruppe. Du wirst mich später zum Praefectus Castrorum begleiten. Lass Dir nach dem Rundgang alle Wachstafeln aushändigen. Du erhältst die ehrenvolle Aufgabe jene zur Legion mit zu tragen.


    Ehrenvoll durchaus, wie die Anderen wussten, aber auch ein Geaste und ein stundenlanges zuhören und protokollieren, wenn man eigentlich besseres zu tun hatte. Entsprechend feixte der ein oder andere, während der Rest es eher stoisch aufnahm. Da musste eben jeder Schreiber mal durch.

  • Es war erstaunlich die Gruppe der Scriba mit dem Magistraten durch die Stadt laufen zu sehen, wo diese doch immer noch von der Seuche heim gesucht wurde. Aber der Vorgesetzte hatte eindeutig klar gemacht, dass das Leben weiter gehen musste. Sicher...man starb in Mantua momentan wie die Fliegen aber man musste durchhalten, den Anschein eines normalen Lebens wahren, das Gefühl vermitteln, dass nicht alles Dunkel und Trübe, nicht alles Hoffnungslos war. An diesem Abend würden zwei der sechs Männer sich auf das Krankenlager legen und einer davon würde sich nie wieder davon erheben. Noch in der Woche würde es zwei Weitere erwischen und hier würde es keinen geben, der eines Tages zurück an seinen Schreibtisch kehrte. Die Stadt schien zu sterben und doch, wenn man genau hinsah, sah man auch Leben. Diesen, genau diesen Eindruck versuchten die Männer hier zu vermitteln und auch wenn viele sie für verrückt erklärten, so gab es doch auch den ein oder anderen, der sich von diesem Anblick vielleicht einen Schimmer Hoffnung bewahrte.


    Die Liste der Reparaturarbeiten wurde an diesem Tag lang und sie würde noch länger werden, wenn man erst einmal überall durch war. Angesichts des Schwundes in der Stadt, würde die Legio noch mehr als sonst gebraucht werden - wenn erst einmal alles vorbei war oder wenigstens die Gefahr etwas gehemmt, das Sterben etwas weniger würde. Doch die Arbeit würde bis dahin sicher nicht wirklich weniger und Celer sah sich am Ende der Woche einem riesigen Stapel an Wachstafeln gegenüber, die er zunächst einmal fein säuberlich abzuschreiben und auf Bögen zu bannen hatte, wie auch die Zeichnungen zu übernehmen galten. Anschließend, irgendwann in der kommenden Woche, würde er dann den Vorgesetzten begleiten - wenn dieser vielleicht von seinem Krankenlager zurück kam. Wenn nicht, dann hatte er Anweisungen und die behagten ihm nur bedingt. Aber das Leben musste weiter gehen. Auch im Angesicht des Todes. Normalität war die Antriebsfeder der Hoffnung, auch in diesen verrückten und beängstigenden Zeiten.

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