Gut drei Wochen waren seit den ausschweifenden Hochzeitsfeierlichkeiten zu Ehren von Senator Piso und meiner ihm nun anvertrauten Herrin Prisca Aurelia vergangen und noch immer hatte ich mich nicht so recht an die neue Umgebung gewöhnen können. Die Leute hier waren mir einfach fremd und vor allem fehlte mir die Nähe und Zuneigung meiner Herrin, welche jetzt viel zu damit beschäfftigt war, ihrem purpurverbrähmten flavischen Wichtel einen überlebensfähigen Erben zu schenken. Aulus Flavius Piso war das Klatschthema Nr.1 bei seinen Sklaven, denn über die Fehler und Marotten dieses hohen Herren ließ sich wohl manch amüsante Anekdote spinnen, besonders im Speisesaal der Sklaven beim gemeinsamen Frühstück oder Abendessen, wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand und außerhalb der Reichweite eines Aufsehers, denn ansonsten drohte "Das Loch" oder noch was schlimmeres. Jedenfalls gab sich das Gesinde alle Mühe, jenes idealisierte Bild, welches die schwerverliebte Aurelia Prisca einst nackt in meinen Armen liegend von Aulus Piso gezeichnet hatte, Schritt für Schritt zu demontieren bis nur noch das verschwommene Zerrbild eines "Traumprinzen" davon übrig war. Wie auch immer, was Sklaven dachten oder tratschten, war für die Herrschaft ohnehin bar jeder Wichtigkeit und Relevanz, zumindest ich gehörte zu jenen Domestiken, welche keinerlei Spott oder Klage über den Senator vorbringen konnten, behandelte er mich doch überaus freundschaftlich und jovial und ermöglichte mir durch seinen Reichtum ein Arbeitsklima und künstlerische Schaffensmöglichkeiten, wie es sich nur sehr wenige Maler und Bildhauer in Rom erträumen durften. Mäzenatentum und Protektion durch einen kunstsinnigen, mächtigen Herren war schon eine sehr feine Sache, auch wenn man dafür das eine oder andere Opfer bringen musste. Mein Sehnen und Verlangen nach Aurelia Prisca erstickte ich in Arbeit, sehr viel Arbeit, schon am zweiten Tag nach meiner Ankunft hier erbat ich mir vom Dominus sämtliche Buchrollen und Dokumente, welche Auskunft über die Familiengeschichte der Flavier gaben, insbesondere die Biografien des Vespasian und Titus, um dort nach passenden Motiven für monumentale Wandfriese oder Gemälde zu suchen. Durch das gründliche Studium der Fresken, Mosaiken und Statuen welche hier in überaus großer Zahl und Qualität vorhanden waren, konnte ich mir ein genaueres Bild vom kostspieligen Geschmack und Prestigedenken des Eigentümers verschaffen, so das es mir möglich wurde, meine Kunst, mit den Vorstelllungen und Wünschen des Hausherren in Einklang zu bringen und so schickte ich mich an, ein monumentales Bildprogramm zu entwerfen, welches die politischen Leistungen und militärischen Erfolge der beiden mächtigsten Flavier feiern und verherrlichen sollte. Ohne Frage musste es etwas großartiges und einzigartiges sein, etwas, womit Aulus Piso später vor seinen Senatorenkollegen protzen und prahlen konnte: "Nichts einfacher als das." sagte ich mir und legte los.
Eines Tages, es war in den frühen Morgenstunden und ich war grade dabei die benötigten Farbmischungen für die heutige Arbeit vorzubereiten, stand da plötzlich ein braunhaariger Junge von etwa 12 oder 13 Jahre an der Türschwelle und blickte sich neugierig um. "Guten Morgen!" warf ich ihm gutgelaunt zu. "Du musst bestimmt der neue Geselle sein, der mir hier bei meiner Arbeit zur Hand gehen soll." "Hätte nicht gedacht das Piso so schnell einen auftreibt...nur keine Scheu, komm herein und setz dich erstmal." "Mein Name ist Patraios und wie du eventuell schon an meinem Dialekt bemerkt hast gebürtiger Grieche." Ja ich freute mich wirklich, das endlich der neue Geselle da war, welcher mir all die ganzen lästigen Nebenarbeiten wie Leinwandgrundierung, Wachsschmelzen und Pinselreinigung abnehmen würde, auf das ich mich von Stund ganz auf das Malen an sich konzentrieren konnte. Das es sich dabei allerdings nicht um den versprochenen Malerlehrling, sondern um Caius Flavianus Aquilius, den unehelichen Sohn eines flavischen Familienmitgliedes handelte, welcher sich irrtümlicherweise auf dem Weg zu den Schulräumen direkt vor die Pforte meines Ateliers verlaufen hatte, konnte ich bis dato natürlich nicht wissen geschweige den ahnen.
reserviert für Patraios und Caius Flavianus Aquilius