Pferde in der Antike

  • Da bei einigen anscheinend ein erhebliches Unwissen herrscht, dachte ich, versuch ich mal ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen und erzähl mal einen vom Pferd :D Vielleicht interessiert es ja den einen oder anderen und die abstrusen Geschichten nehmen mancherorts etwas ab.


    Ein Pferd war ein absolut teures Luxusgut. Die wenigsten besaßen Pferde, da sich ihre Haltung nicht wirklich rentierte. Weite Reisen unternahm Caius Normalrömer nicht, wenn es sich vermeiden ließ, und wenn doch, nahm er viel Gepäck mit. Das ein Pferd nicht tragen konnte und erst recht nicht hinter sich herziehen. Der Eques heißt deshalb Eques, da er sich ein Pferd (ein equus) leisten konnte. Ein Normalbürger konnte das ganz sicher nicht.


    Römische Wägen kannten nur zwei Arten, ein Tier daran festzuschnallen. Über ein Brustgeschirr (wie bei einer Biga), wobei man pro zu ziehender Person 2 Pferde benötigt. Hierbei wird vor die Brust des Tieres eine Querstange gespannt, die mit der Achse verbunden ist. Die Kraft des Zuges liegt dann beim Tier im unteren Brustbereich und an der Seite, die der Mittelachse zugewandt ist. Ist brauchbar für Pferderennen und Streitwagen, aber nicht zum Transport von schweren Gütern, da würden die Riemen reißen.
    Die zweite Art war ein Joch, das über den Hals eines Tieres gelegt wird und da von oben runterdrückt und so die Kraft des Zuges auf die Schultern verteilt. Aufgrund der Anatomie des Pferdes kann man die nicht unter ein Joch spannen, da ihre Hälse nach oben gehen, und nicht wie bei einer Kuh nach vorne.
    Kurz gesagt, Pferde waren als Transporttiere für längere Reisen absolut ungeeignet. Wenn eine Person ohne Gepäck schnell von A nach B kommen musste, konnte sich die sicher auf ein Pferd setzen und lospreschen. Aber wenn es etwas schweres zu transportieren gab, wie einen massiven Holzwagen, dann spannte man Ochsen davor.
    Das änderte sich erst gegen die Jahrtausendwende, als das Kummet erfunden wurde. Da sind wir aber schon mitten im Mittelalter, und selbst dann blieb der Ochse das verbreitetste Zugtier.


    In der Landwirtschaft war aus selbigem Grund ein Pferd absolut nicht zu gebrauchen. Zum einen war es viel zu teuer, nicht nur was die Anschaffung anging. Pferde sind schlechte Futterverwerter, da sie nicht wiederkäuen und ihren Energiebedarf so direkt aus Pflanzen gewinnen müssen. Jeder, der sich mal einen Pferdeapfel etwas genauer angeguckt hat, wird feststellen, dass da noch viel nur teilweise verdautes Gras enthalten ist, da Pferde die Zellulose nicht aufspalten können. Während man also einen Ochsen problemlos mit Heu ernähren kann, muss man beim Pferd zufüttern. Und dann kann das Tier noch nicht einmal einen Pflug ziehen, da man das Kummet ja noch nicht kannte, Brustriemen reißen würden und man ein Pferd nicht unter ein Joch spannen kann, ohne dass das Tier sich erwürgt.
    Was aber so ziemlich jeder Bauernhof hatte, war ein Esel. Die fraßen nur die Hälfte von einem Pferd und konnten klaglos (trotz aller nachgesagter Sturheit) dasselbe Gewicht schleppen, wenn nicht sogar mehr. Und sie nahmen wesentlich weniger Platz weg.


    Rassen gab es nicht. Um mal den kleinen Pauly zu zitieren: „Unterscheidung nach Rassen im mod. Sinne war unbekannt, nur den Körperbautypen schrieb man Erfahrungswerte zu.“ Man hat zwar gezüchtet, nannte die Tiere auch Vollblut und Halbblut, aber das war weit entfernt davon, sowas wie eine Pferderasse zu sein. Man züchtete vielleicht weiße Pferde mit kurzem Rücken, aber sicher keine Rassen.


    Ponys sind was gänzlich neumodernes. Irgendwann im 19. Jhdt. kam der Begriff auf und bezeichnete ein besonders kleines und zierliches Pferd. Nach moderner Definition ist jedes Pferd ein Kleinpferd (Pony), wenn seine Rasse im Mittel nicht mehr als 1,48 m Stockmaß erreicht. Nach dieser Definition wären aber SÄMTLICHE römischen Pferde Ponys.
    Man muss sich hierbei von dem Bild des großen und schweren Kaltblüters oder von Springpferden verabschieden. Das römische Pferd war klein. Sehr klein. Das ideale Pferd war keinesfalls größer als 1,40 Stockmaß. Und das hatte auch einen sehr einfach zu erklärenden Grund:
    Der römische Sattel kennt keine Steigbügel! Wenn man also nicht ständig jemanden um sich hatte, der einem aufs Pferd half, oder überall ein Trittleiterchen mit sich rumzuführen pflegte, tat man sich mit dem Aufsteigen sehr schwer. Vor allem, da der durchschnittliche Römer selber mehr so um die 1,50 war. Steigbügel kamen erst ein paar Jahrhunderte nach unserer Zeit mit dem netten Herrn namens Attila nach Europa, der sehr eindrucksvoll bewiesen hat, dass diese nützlich sind.
    Da man aber durchaus öfters vom Pferd fällt, vor allem wenn der Sattel keine Steigbügel hat, musste man auch irgendwie alleine wieder hochkommen. Da war jeder Pferderücken, der höher ging als die eigene Brust, ein ziemlich großes Problem. Ein Klimmzug an einem Sattel ist äußerst kraftraubend und kein Garant dafür, am Ende auf dem Pferd zu sitzen.
    Und wie bereits gesagt gab es keine Rassen. Alle Pferdearten in ganz Europa hatten ähnliche Stockmaße, irgendwo zwischen 1,20 und 1,40, waren möglichst robust und kräftig. Simon von Athen beschrieb das ideale Pferd folgendermaßen: Hohe Hufe, weiche Beugen, starke Polsterung an Brust und Schenkeln, knochiger Kopf mit kleinen Ohren und kleinem Kinn, hoher Widerrist, tiefe Flanken, kurze, flache Hüften, kleine Hoden.
    Mannus oder mannullus (was häufig mit Pony übersetzt wird) hingegen war ein Schimpfworf für ein besonders klein und struppig geratenes Pferd und keinesfalls ein Rassemerkmal.


    Frauen ritten nicht. Und zwar aus mehreren Gründen. Zum einen, weil so ein Pferd wie gesagt verdammt teuer war und als Prestigeobjekt dann eher einen Mann unterstützte. Damensättel gab es auch nicht, und mit einem römischen Kleid kann man nicht breitbeinig auf einem Pferd sitzen. Seitlich auf einem Pferd sitzen geht, dann darf sich das Tier aber nur im Schritttempo bewegen.
    Darüber hinaus war man der festen Überzeugung, reiten könne unfruchtbar machen. Das ist auch einfach nachzuvollziehen: Ein Pferd schaukelt einen beim Reiten ganz schön durch. In einer Zeit, in der medizinische Betreuung eher rudimentär war, konnte es schon einmal passieren, dass eine Schwangerschaft frühzeitig abgebrochen wurde, weil sich die Plazenta durch heftiges Schütteln gelöst hat. Dazu noch die nicht unerhebliche Gefahr, vom Pferderücken zu stürzen – was wie jeder Sturz zu einem Abort führen kann. Selbst heutzutage raten die meisten Frauenärzte wegen der Sturzgefahr davon ab, während der Schwangerschaft zu reiten.
    Darüber hinaus trainiert reiten den Beckenboden und stärkt dort die Muskulatur. Die wird aber in Vorbereitung der Geburt bei Frauen weicher und elastischer, damit das Kind durch den Geburtskanal passt. Wenn dem nun durch aktives Training, wie beispielsweise Reiten, entgegengewirkt wird, resultiert daraus eine besonders langwierige Geburt. Heutzutage wird das mit einem Kaiserschnitt gelöst, in der Antike standen da die Überlebenschancen der Frau wohl eher schlecht.



    So, ich hoffe, ich konnte das eine oder andere im Bezug aufs Pferd erhellen...

  • Well done.


    Aber: mir fehlen Belege! Zumindest die Bücher aus denen du es hast kannst du hier ja noch reinschreiben, Seitenzahlen sind für Professoren und Klugscheisser (wie mich). :D


    Oder noch besser: mach gleich nen Wiki-Artikel draus. Aber lass es dann trotzdem hier stehen. Die Wiki liest ja kaum jemand. ;)


    Edit: und nein, Wikipedia ist kein Beleg!


    Edit²: und noch etwas pädagogische Lobhudelei: trotzdem sehr gut und aufschlussreich gemacht. :)

  • Okay, für Klugscheißer wie dich:
    Der kleine Pauly, Lexikon der Antike in 5 Bänden. Ich hab die Ausgabe von 1979 daheim von dtv.
    Jane Kidd, Pferde - Rassen, Zucht, Ausbildung, Eine Enzyklopädie mit 450 Farbabbildungen, Karl Müller Verlag 1985


    Und auch wenns kein Beleg ist: Wikipedia (denen ich da mal vertraue, von wann die ältesten Funde eines Kummet waren, ohne das in der Fachliteratur nochmal nachzurecherchieren ;) )


    Und das traurige ist ja, dass das meiste davon schon in der Wiki hier schon steht und es dennoch keiner liest...

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