Nach dem Besuch der Tempel

  • Einen Krug Wein, Brot, Käse und Hühnchen, hatte er bestellt. Schweigend saß er neben Chio und starrte Löcher in die stickige Luft der Taverne. Voll war es. Wie lange es dauert bis das Essen kam war schwer zu sagen. Die Schüsseln, der Krug und die Becher landeten eins nach dem anderen auf dem Tisch. Aretas bezahlte gleich, betrinken konnte er sich nachher in den Stallungen.
    Er schenkte Chio und sich ein und leerte seinen Becher in schnellen Zügen, bevor er ein Stück Brot und Käse nahm. Kauend sah er in die Runde. Es war angenehmer, die Legionäre hatten die Taverne verlassen. Vielleicht gab es bald eine Schlägerei, die käme ihm gerade gut, ihm war danach.
    Er drehte dem Hühnchen eine Keule aus und biss hinein. "Gut." sagte er kauend.

  • Keiner hatte ein Wort gesprochen auf dem Weg hierher, und auch jetzt saßen sie nebeneinander wie Fremde. Wenigstens war es laut genug und das Essen kam auch so nach und nach. Allerdings musste sie sich etwas einfallen lassen, sie konnte nicht immer alles von ihm bezahlen lassen. Sie nahm ihren Becher und leerte ihn ebensoschnell. So ein Fußmarsch durch Rom machte durstig, und hungrig, eigentlich. Aber irgendwie.. sie nahm sich ein Stück Käse und von dem Brot, biss kleine Stücke ab und dachte nach.

  • "Vor was hattest du Angst." fragte er aus heiterem Himmel und schenkte ihr Wein nach. Den sauber abgenagten Knochen der Keule legte er in die leere Schale. " Da oben am Venus-Tempel." Ein Stück Käse fiel ihm aus der Hand und rollte über den Tisch. Er sah zu wie es über den Tisch hüpfte.

  • Seine Frage kam so urplötzlich, dass sie vor Schreck nach Luft schnappte und sich dabei prompt an einem Stück Brot verschluckte. Nach einem kurzen Hustenanfall und einem kräftigen Schluck Wein nahm sie das Stück Käse, das mittlerweile auf ihrer Seite des Tisches zu liegen kam und hielt es ihm hin. Ihre Gedanken überschlugen sich. .. dass du mich küsst. Nein, dafür fehlte ihr dann doch der Mut, aber es wäre die einzig richtige Antwort gewesen. "Ich weiß nicht, du.." .. warst mir so nah. Allein der Gedanke daran ließ ihr Herz schon schneller schlagen. ".. du wolltest mich etwas fragen."

  • Was gab war so erschreckend an seiner Frage, dass sie sich verschluckte? Hatte ihn seine Gefühle getäuscht ? Es war Angst, Angst vor ihm und vor.....nicht vor ich weiß nicht und einer Frage. Er fragte ins Blaue. "Hattest du Angst vor mir, weil ich dich angefasst habe?" Das konnte er sich nicht vorstellen. Angst vor ihm....Was war an ihm so schrecklich, dass sie Angst haben könnte. Weil er sie angefasst hatte ? Die Möglichkeit hatte er noch nie in Betracht gezogen, dass sich jemand dabei unwohl fühlte.
    Das Käsestück, da war was. Er lehnte ab, puhlte ein Stück Fleisch vom Hühnchen und aß es.Schenkte ihr Wein nach.

  • "Vor dir? Nein.. nein, ich glaube nicht, dass ich vor dir Angst haben muss, oder?" Wenn er ihr etwas tun hätte wollen, dann wären da mindestens schon hundert Gelegenheiten gewesen. "Es ist nur.. " Sie besah sich das Stückchen Käse und knabberte ein bisschen daran, beobachtete ihn, wie er vom Fleisch aß. Ihn konnte wohl auch nichts vom Essen abhalten. Seufzend atmete sie tief durch und nahm all ihren Mut zusammen, möglicherweise half ihr auch die Venus dabei. ".. ich hatte Angst vor dem, was du vielleicht tun könntest." Oh, war das schwer, vor allem, weil sie absolut nicht wußte, ob er mehr in ihr sah als nur eine kleine Schwester. Verliebt in den großen Bruder, er würde sich noch Wochen später über sie lustig machen. Völlig durcheinander tunkte sie das Stück Käse in ihren Wein. "Ich hatte Angst, dass ich.. dass ich das zugelassen hätte." Nun war es raus, und sie wäre am liebsten aufgestanden und gegangen. Stattdessen schob sie sich das Stück Käse in den Mund und verzog das Gesicht. Sie vermied es, ihn anzusehen. Hoffentlich hatte er wenigstens verstanden, was sie sagen wollte.

  • Er hörte auf zu kauen. " So,... was ich hätte tun können..." Er kaute weiter. " Und du hattest Angst es zu zulassen..." Er nickte verstehend. Und dann legte er los, flüsternd , es musste ja nicht jeder hier in der Taverne hören. " Aber dieser Eunuch darf dich anfassen. Du kannst mir doch nicht erzählen, dass er das noch nicht getan hat. So wie er dir und Tiberia Faustina hinterher sieht." Der Rest des Becherinhaltes verschwand in einem Zug. Ein letztes Stück Brot, Aretas war satt, mehr als satt. Er beugte sich zu ihr. " Und bei mir hast du Angst vor einem Kuss??" Er verstand die Welt nicht mehr, lehnte sich zurück. " Ich bringe dich zur Villa, es ist spät und Ahala wird hier nicht auftauchen." bezahlt hatte Aretas. Es bestand kein Grund länger hier zu sitzen und Löcher in die Luft zustarren oder sich Gedanken über das Gespräch zu machen. "Lass uns gehen." Er erhob sich und ging zur Tür.

  • Entgegen ihrer Erwartungen fing er nicht an zu lachen, aber mit dieser Reaktion hatte sie am allerwenigsten gerechnet. Bei seinen Worten wurde sie knallrot. Das konnte er doch nicht wissen. Und außerdem war das etwas ganz anderes. Völlig perplex beobachtete sie, wie das letzte Stück Brot in seinem Mund verschwand. Der Hunger war ihr nun gründlich vergangen. Wut stieg in ihr hoch. Wie konnte er ihr so etwas vorwerfen? Und dann stand er einfach auf und ließ sie sitzen. Wütend schüttete sie den Rest Wein in sich hinein, stand auf und lief ihm hinterher. "Moment mal.. " fuhr sie ihn an. Ob die anderen Gäste alles mitbekamen oder was sie dachten, interessierte sie im Moment kein bisschen. "Kyros hat damit überhaupt nichts zu tun. Und überhaupt.. es ist nicht der Kuss, vor dem ich Angst habe. Falls du dich erinnerst... " Sie sah Köpfe, die sich neugierig nach ihnen umdrehten. Nun wurde sie doch ein wenig leiser, das mußte jetzt wirklich niemand mitbekommen. Was aber ihre Wut nicht im mindesten dämpfte. ".. du hast eine Freundin. Was, wenn du dein Rennen gewinnst, dann bist du weg. Ich bin keine deiner Figuren, die du dann einfach weglegen kannst..." Sie war so in Fahrt, dass sie sich zügeln musste, nicht noch mehr ihrer Gefühle preis zu geben. "Und jetzt bring mich nach Hause." Für sie war alles gesagt. Die Wut ließ nach, während sie an ihm vorbeiging und wurde von tiefer Enttäuschung abgelöst. Sie öffnete die Tür und ging hinaus.

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