atrium | Schmetterlinge im Bauch

  • Das Gefühl, welches Avianus verspürte, war unglaublich. Zwar hatte er selbst schon viele Mädchen gehabt, manche davon länger, manche kürzer, doch sie alle vermochten ihm nicht die Gefühle zu vermitteln, wie es diese Eine Tat. Ein unbeschreiblich herrliches Gefühl war es, wirklich verliebt zu sein, welches jeden Moment, jeden Tag wunderschön werden ließ. Hach, am liebsten würde er wieder in ihrer Nähe sein - sie in den Armen schließen und leidenschaftlich küssen, so wie er noch nie Eine zuvor geküsst hatte. Wann war er letztes Mal schon wieder so glücklich gewesen? Froh darüber, jemandem seine Liebe schenken zu können, wohl in dem Wissen, dass die Andere ebenso fühlte und erleichtert über die Erkenntnis, dass man selbst über die rohe Hülle hinausgewachsen war und dass Schmerzen von gestern mit einem Schlag hinfort sein konnten, wenn man am richtigen Ort die richtige Frau traf. Es war schön und wie das göttliche Werk der liebenden Venus, dass sie sich ausgerechnet in ihrem Tempel verliebt hatten. Zweifel, dass es zu schnell ging? Nein, die hatte Avianus nicht. Er war sich sicher, Helvetia Silana war die Richtige!


    Frohen Mutes und eine glückliche Melodie vor sich her summend lief er aufgeregt, beinahe ekstatisch das Atrium hin und her, war gar untypisch hibbelig. Er wusste nicht mehr, wohin mit seinen Gefühlen, so sehr quillten sie schon aus ihm heraus! Noch wusste niemand von ihnen - wie würde aber die eigene Familie reagieren und die Gens Helvetia?



    Sim-Off:

    Wer will, der ist herzlich eingeladen! :)

  • Nigrina kam gerade zurück von einem Park – sie wusste selbst nicht so genau, warum sie sich überhaupt dorthin hatte tragen lassen in der Sänfte, unförmig, wie sie nun nach und nach geworden war, aber sie hatte nun mal frische Luft gewollt, und die im Garten hatte nicht gereicht so einfach war das, nur hatte es dann das Problem gegeben, dass ihr die frische Luft plötzlich etwas zu viel wurde, zumal die dämlichen Sklaven einen Park in der Nähe des Tibers gewählt hatten, der selbst im Frühling keine allzu angenehme Brise von sich gab, und der Wind hatte schlecht gestanden, und...


    Nun ja. Nun war sie jedenfalls wieder hier und betrat gerade das Atrium, als sie Avianus erblickte, der durch das Atrium lief wie eine Katze, die durch die Straßen streunte. „Avianus“, grüßte sie ihn, mit einem Lächeln auf den Lippen, und dankte den Göttern, dass sie sich immer, immer, herrichten ließ. Es spielte gar keine Rolle ob sie vorhatte die Sänfte zu verlassen – sie ließ sich herrichten, wenn sie das Zimmer verließ. Gerade in ihrem schwangeren Zustand war das von noch größerer Bedeutung als sonst, dass ihre Erscheinung entsprechend strahlte, wenn schon ihre Figur im Augenblick wenig hermachte. Sie kontrollierte sich zwar streng, aber dass sie zunahm, und dass ihr Bauch immer runder wurde, das... ließ sich leider nicht vermeiden.
    „Wie geht es dir, du... wirkst richtig ausgelassen.“ Nigrina ließ etwas von der Neugier, die sie durchaus empfand, auf ihrem Gesicht aufblitzen, und lächelte ihn ein wenig schelmisch an. „Es trifft sich übrigens gut, dass wir uns über den Weg laufen. Ich hätte eine Angelegenheit mit dir zu besprechen... Hast du einen Augenblick Zeit für mich, oder nehmen dich deine Pflichten gleich wieder in Anspruch?“

  • Früher oder später wäre ihm unweigerlich jemand über den Weg gelaufen und wenn dieser jemand nicht unbedingt ein persönliches Anliegen hatte, würde er zumindest fragen, warum Avianus gut gelaunt war. Der Zufall wollte es so, dass die schwangere Flavia Nigrina mit ihrem runden Bauch seinen Weg kreuzte. Natürlich wollte er die Flavierin nicht konkret auf die Last ansprechen, welche sie in Form ihres gesteigerten Gewichtes und der veränderten Form im Bauchbereich hatte, weshalb Avianus diesen Umstand gekonnt ignorierte und die Gemahlin von Lupus völlig alltäglich begrüßte. Einerseits, um ihr die Pflicht, einen Nachkommen für die Familie zu tragen, nicht unnütig zu erschweren und andererseits, um sich selber nicht den Launen einer Schwangeren auszusetzen. Der Tag war schießlich zu gut, um in ein Fettnäpfchen zu treten!
    "Salve, Nigrina", grüßte er mit einem aufrichtigen Lächeln zurück.


    Für ihn gab es keinen Grund, seine Freude und die Umstände, welche diese verursachten, in irgendeiner Form zu verbergen. Nein, viel mehr noch befand er sich in einem Stadium, wo er sie am liebsten in alle Welt hinausposaunt hätte - dies tat er natürlich nicht, denn seine eigene Disziplin setzte auch kleine Grenzen diesbezüglich. Dennoch, Gefühle waren nichts, was man hinter dem Berg halten sollte!
    "Ja, weißt du... ich habe da ein nettes Mädchen kennengelernt. Nun ja, genauer gesagt: Lieben gelernt", nickte er, "Und für die Gemahlin von Lupus werde ich sicherlich etwas Zeit erübrigen können. Worum geht es denn?" Nun war es Avianus, in dessen Augen die Neugier aufblitzte.

  • Nigrinas Lächeln verstärkte sich noch ein wenig, als sie bemerkte, dass Avianus den vollendeten Kavalier gab. Kein Kommentar, keine Frage wie es ihr wohl erging, keine heuchlerische Versicherung, wie gut sie doch aussähe – was sie nun, hochschwanger wie sie war, einfach nicht mehr glauben konnte –, und auch nichts Verdächtiges in seinem Mienenspiel, noch nicht einmal ein verräterischer Blick.


    „Ein Mädchen?“ fragte sie nach, als er erwähnte, warum er so gut gelaunt war. Ein Mädchen. Ein nettes Mädchen. So weit so gut. Dann allerdings sagte Avianus das böse L-Wort. Lieben gelernt hatte er sie. Nigrina behielt ihr Lächeln bei, obwohl sie in diesem Augenblick nun am liebsten die Augen verdreht hätte, weil sie nicht begriff, was alle Welt – und vor allem Patrizier – immer mit der Liebe hatten. Ihren Bruder, so viel stand fest, machte die Liebe zu einem Trottel, fand sie. Aber von diesen Gedanken ließ sie sich nicht das Geringste anmerken. Vielleicht meinte er ja auch nur, dass er eine neue Geliebte hatte, die ihn gerade besonders erfreute. Aber würde er ihr dann davon erzählen? Das wäre dann vielleicht doch irgendwie... unpassend.
    „Oh, das kann noch einen Moment warten“, lächelte sie den Aurelier schelmisch an, als dieser sie nach ihrem Anliegen fragte. „Erzähl mir lieber erst von diesem Mädchen, das dich so zum Strahlen bringt. Wer ist sie?“

  • Er war vielleicht nicht ganz der vollendete Kavallier. Aber er war Politiker und hatte daher ein gewisses Maß an Selbstbeherrschung entwickelt, konnte gut agieren, Gesten unterdrücken und hervorheben wie es ihm beliebte. Er wusste, wie man sich verhielt, was man sagte und was man lieber unterschlug, als hätte man keine Ahnung davon. Dies hatten schon einige Jahre in der Politik ihm gebracht. Diese Jahre auf einem unblutigen Schlachtfeld namens "Senat", die ihm zu dem machten, was er heute war - jemand, der sich gut aus einer Affäre ziehen konnte, jemand, der sagen konnte, was andere gerne hörten und der das so gut verkaufte, dass sie ihm meistens sogar glaubten. Und auch wenn manchmal das politische Geschick so aus ihm herausquoll, so war letzten Endes das Privatleben weiterhin das Privatleben, weshalb er sich ruhig über seine neu erworbene Liebe freuen konnte, die sein erkaltendes Herz wieder mit Wärme füllen mochte.


    Er lächelte weiter - und dies nicht geheuchelt, sondern aus ehrlicher Freude. Und wie vorprogrammiert stellte Nigrina diese "Wer"-Frage - natürlich wollte sie wissen, in wen sich Avianus verliebt hatte. Dieser stockte kurz, wühlte für Sekundenbruchteile in seinen Gedanken. Dabei schossen ihm Unterbewusst tausende kleiner Fragen durch den Kopf: War das klug, das jetzt Nigrina zu sagen? Würde sie es weitererzählen, der ganzen Familie? Und war es klug, wenn die Familie vorzeitig von ihnen wusste? Doch was war schon klug, hatte Klugheit und Verstand neben der Liebe noch einen Platz? Wer würde schon zusammengehen, wenn er nur mit Hirn und Verstand dachte, die Sinnlichkeit gegen Besinnung eintauschte? Vielleicht nur aus machtpolitischen Gründen - aber dann würde er sich eine Frau aus den renommiertesten Familien suchen. Er hätte das Zeug dazu. Aber er wollte nicht, denn er hat sein Herz verloren an die Eine.
    Es verstrichen wenige Sekunden. "Nun", sagte er etwas zögerlich, aber das Lächeln nicht verlierend, "Es ist Eine aus dem Geschlecht der Helvetier. Helvetia Silana heißt sie."
    Jetzt war es raus. Irgendwann hätte eh jeder davon erfahren. Ob früher oder später, das spielte nun keine Rolle.

  • Ihre Frage brachte Avianus erst mal dazu, zu stocken. Und auch das führte dazu, dass Nigrina noch ein wenig misstrauischer wurde als sie es ohnehin schon bei der Erwähnung des bösen L-Worts geworden war. Was für einen Grund hätte der Aurelier haben können, nun zu zögern? Entweder es war tatsächlich eine neue Geliebte, und ihm war jetzt erst bewusst geworden, dass es sich vielleicht nicht schickte mit ihr darüber zu reden – oder aber er war tatsächlich verliebt, und das Ding war – unpassend.


    Und dann rückte er doch mit der Sprache heraus. Und Nigrinas Gesichtsausdruck gefror. „Helvetia.“ Helvetia. Helvetia?!? Da konnte aber doch wohl bitte nicht von Liebe die Rede sein! Ins Bett holen konnte er sich wen er wollte, aber Liebe, Liebe, das klang so endgültig, so... so... unwürdig! Wenn schon Liebe eine Rolle spielen musste – was sie faktisch nicht tat, nicht in ihrer Welt, nicht in diesen politischen und gesellschaftlichen Höhen, in denen sie sich bewegten –, aber wenn, dann doch bitte eine Patrizierin. Aulus hatte ja den Göttern sei Dank auch von seiner Schwärmerei für diese Plebejerin abgelassen und sich dann für Prisca begeistern können, was so ziemlich alles darüber sagte, was es bedeutete, wenn ein Mann von Liebe sprach – nämlich nicht mehr als die Angebetete ins Bett zu bekommen, und dann war es auch schon wieder vorbei mit der Liebe. Nicht dass Nigrina etwas dagegen hatte, Spaß im Bett zu haben. Das hatte sie ganz und gar nicht. Aber eine Ehe sollte auf etwas Fundierterem aufbauen als darauf, wenn sie nicht nur halten, sondern darüber hinaus auch für beide erfolgreich sein sollte.


    Eingedenk dessen, was Männer also für gewöhnlich unter Liebe verstanden, beschloss Nigrina, für den Moment noch nicht auszuflippen. Allerdings konnte sie Avianus auch schlecht fragen, ob diese Helvetia es ihm schon besorgt hatte oder noch nicht. Genauso wenig konnte sie ihn fragen, ob das diese eine Helvetia war, die vor ein paar Jahren mal für einen Eklat gesorgt hatte, weil sie munter durch die Betten sprang, und über die es nach wie vor noch die ein oder andere Tuschelei gab. Aber nun, es gab auch andere Dinge zu fragen. Sie setzte wieder ihr Lächeln auf. „Erzähl mir mehr von ihr. Wie hast du sie kennen gelernt? Oh, und macht es dir etwas aus, wenn wir uns setzen?“ Mit einer Hand strich sie leicht über ihren Bauch, und ihr Lächeln verstärkte sich kurz, ganz wie man es von einer werdenden Mutter erwarten würde. „Mittlerweile ist das doch etwas anstrengend.“

  • Ihr Gesichtsausdruck gefror und ihre Miene drückte aus, was Avianus schon vermutet hatte - ihr passte etwas nicht. Ihr passte etwas ganz und gar nicht! Ja, und er konnte sich schon denken, dass es der Umstand war, dass es keine rassige Patrizierin war, welche die Glückliche war. Aber das waren nur Vermutungen. Nigrina konnte man nicht viel anmerken, aber für Avianus war ein eindeutiges Signal gegeben, mit seinen Informationen ein wenig vorsichtiger umzuspringen. Denn bei aller Liebe zum weiblichen Geschlecht wusste er doch letzten Endes vor allem Eines: Was in die Ohren drang, kam über die Lippen wieder nach außen. Überall, zu jeder Zeit.
    Nun, merkwürdig war es schon ein wenig, dass es ausgerechnet eine Frau aus der Bürgerschicht Roms war. Dass es keine Patrizierin war, mit der er eine Bindung zu einer anderen einflussreichen Familie stärken konnte. Die ihn hätte politisch weiterbringen können. Silana konnte ihm das alles nicht bieten. Doch all dies wollte Avianus nicht, den er er hatte eine Frau mit anderen Qualitäten. Aber dies wollte vielleicht niemand wahr haben.


    Der Aurelier nahm mit einem freundlichen Nicken Platz, als Nigrina vorschlug, dass sie sich setzten. "Du hast Recht. Mir schmerzen auch schon die Beine", machte er wieder einen auf Kavallier und setzte dabei ein Lächeln auf, "Nun, ich habe sie vor dem Tempel der Venus kennengelernt. Wir sind dort zufällig zusammengestoßen." Ob Nigrina daraus jetzt einen Zufall oder göttliche Vorsehung interpretierte, war natürlich gänzlich ihr überlassen. Für Avianus war es der Wille der Liebesgöttin, gegen den er sich nicht stellen konnte, auch wenn er wollte. "Sie selbst ist allerdings erst seit Kurzem in Rom und hat vorher in einem Landgut gelebt."

  • Hach. Ihm taten also auch die Füße weh. Nicht dass Nigrina ihm das wirklich glaubte – aber so behandelt zu werden ließ sie sich gern gefallen. Sie schenkte ihm erneut ein Lächeln, bevor sie sich gemeinsam mit Avianus hinsetzte, sie ein wenig schwerfällig, und einem ihrer Sklaven zuwinkte, dass er etwas zu trinken bringen sollte für sie. „Im Tempel der Venus also...“ Na kein Wunder dass der Kerl sich da verknallt hatte. Zum Tempel der Venus gingen doch nur die Leute, die wollten, dass ihnen so etwas passierte. Leidenschaft, das war es offenbar, was Avianus fehlte, und nun ja, sollte er sich mit der Helvetia ruhig abreagieren. Ein Landei war sie also... nun ja, dann waren die Chancen wohl besser, dass keine Probleme gab, wenn er sie dann abschob. „Wie lang kennst du sie schon?“

  • Der Aurelier presste die Zähne zusammen und ließ kurz sein Hirn rattern. Langsam verstand er, was war. Langsam kam er dahinter, dass Nigrina ihn richtig ausfragte. So war es also! Sie fragte ihn aus! Und das taten meistens nur Frauen, die dahinter auch sehr gesprächig waren. Irgendwie musste Avianus versuchen, sich herauszunavigieren. Lügen konnte er ja als Politiker, ohne mit der Wimper zu zucken.
    "Seit ein paar Tagen." Das war zwar eine knappe Aussage, aber keine Lüge. Er war nun gefasst auf jede weitere Frage. Und die Fragen wurden bestimmt nicht besser...

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