[Tiber] Spaziergang am Tiber

  • Rambosius wunderte es etwas, dass Valerian nicht wussten, was ein Säbelzahntiger war, bei den vielen Höhlen in Germanien, aber man musste ja nicht alles wissen, wie Sokrates so schön formuliert hat: Scio me nihil scire! Ich weiß, dass ich nichts weiß!
    Ein Säbelzahntiger ist eine Tigerkatze, die vorne zwei lange elfenbeinartige Zähne herausragen hat. Bei uns in Germanien gibt es einige Höhlen mit interessanten Malereine und komischen Inschriften darin. Ein Druide erzählte mal meinem Großvater davon. Druiden sind allgemein im Wissen dieser Katzen. Sie behaupten, dass unsere Ururvorfahren in diesen Höhlen gelebt hatten und diese Tiere noch erlebten und sie dann als Erinnerung daran an die Höhlenwände schmierten.
    Er war höchst erfreut, dass er nicht noch mehr Details von der Schlacht erzählen musste. Und irgendwie fand er es offen und tolerant gegenüber ihm selbst, dass sich Valerian so dafür interessierte. Er musste wohl von diversen verdeckten Handlungen in Germanien nicht viel wissen.
    Brigantium liegt direkt am Bodensee, ich weiß nicht, was das auf lateinisch heißt. Es ist ein recht nettes römisches Städtchen. Doch in den Randbezirken ist es von vielen allemanisch abstammenden Germanen besiedelt. Klarerweise liegt die Verwaltung bei den Römern. Aber durch ihre Toleranz haben sie auch die germanischen Fürsten verpflichtet, sich in die Verwaltung zu integrieren. Nicht alle wurden umgebracht. Natürlich sind wir Germanen immer noch untereinander in Kontakt, und die verschiedenn Stämme gibt es eben noch. Du hast Recht, solche großen Auseinandersetzungen sollte es nicht mehr geben. Deshalb hat man Attentäter wie mich ausgeschickt, die sich verdeckt um Angelegenheiten der Fürsten kümmern. Wie du sicher weißt, ist jeder germanische Stamme für sich ein eigener Verband und da kann er durchaus sein, dass sich das mehrere Stämme nicht verstehen. Und diese Missverständnisse sollten die Attentäter, wie auch ich, aus dem Weg räumen. Davon bekommen die Römer ja kaum etwas mit und in Prinzip ist es ihnen auch egal, solang sich das Volk unter ihrer Herrschaft ruhig verhält und die römischen Gesetze beachtet. Und ihr wisst gar nicht, dass es auch nomadenähnliche Stämme bei uns gibt, die sich tief in den Wäldern verstecken und natürlich für unsere zivilsierten Stämme eine Bedrohung darstellen. Eben um solche Sachen musste ich mich kümmern. Vielleicht warten meine Verfolger nicht auf offenem Feld auf mich, aber sie kennen mich, mein markantes Gesicht. Sie würden mir auflauern, viele und solange bis ich tot wäre.
    Die Frage mit den Göttern wunderte ihn auch, denn für Rambosius waren Götter nicht so das Wichtigste der Welt. Trotzdem versuchte er es dem Centurio zu erklären.
    Weißt du Valerian, ein Mann, wie ich, kommt irgendwann in seinen Leben zum Punkt, dass die Götter einen verlassen haben, in den wichtigsten und notgedrungensten Situationen. Ich weiß, dass Römer den Cultus Deorum pflegen, dass ihr an die Götter glaubt, die den griechischen ähneln. Auch wir in Germanien haben Götter, aber ich glaube nicht daran. Ich toleriere sie. Wenn andere an Götter glauben, habe ich nichts dagegen.
    Er starrte kurz gen Himmel.
    Ich glaube an mich selbst und meine Fähigkeiten!
    Nun wollte Rambosius wissen, wie die Römer so kämpften, wenn sie nicht in der Kohorte kämpften.
    Valerian, sag mir, wie kämpft ihr Römer eigentlich.
    Wie würdest du kämpfen, wenn du im Wald stündest und jemand ergreift dich von hinten und versucht dir mit dem Messer die Kehleaufzuschlitzen, das würde mich ernsthaft interessieren? Vielleicht kann ich ja auch noch was lernen, von einem so ehrenhaften Centurio. Dabei setzte er eine freundschaftliche Miene auf, die doch etwas erwartungsvolles hatte.

    Lebe für nichts, oder stirb für etwas!

  • Valerian hatte inzwischen das Gefühl, völlig abgehängt zu werden. Natürlich besaß er kein großes Wissen über die Germanen oder die Gegend, aus der Rambosius kam. Auch nicht über Druiden oder Höhlen, in denen große Raubkatzen mit merkwürdigen Zähnen an die Wände gemalt waren. Aber bisher hatte er immer gedacht, Druiden gehörten zu den Kelten und nicht zu den Germanen? Hatte er sich so sehr geirrt? Und dann diese Attentätergeschichte. Sicherlich war es nicht abwegig, daß verfeindete Fürsten sich gegenseitig Mörder auf den Hals schickten. Aber die bisherigen Schilderungen von Rambosius handelten immer von vielen Gegnern, die abgeschlachtet worden waren. Das war sehr eigenartig.


    Aber am erschreckensten waren die Äußerungen über die Götter. Nicht nur, daß Rambosius sich um die Götter offenbar nicht im Mindesten bekümmerte, nein, er vertraute sich selbst und den eigenen Fähigkeiten mehr als den Göttern, stellte sich somit nicht nur auf eine Stufe mit ihnen, sondern irgendwie gleich über sie! "Du bist ein gefährlicher Mann, Rambosius. Nicht, weil Du sehr stark bist und im Kampf geschult. Nicht, weil Du schon viel getötet hast. Sondern weil Dich irgendwann der Zorn der Götter treffen wird und nicht nur Dich, sondern auch alle in Deiner Umgebung zerschmettern wird. Überlege Dir gut, ob Du ihnen nicht doch huldigen willst. Es gibt auch Kriegsgötter. Müßten die Dir nicht eigentlich liegen?" Nein, er würde Calvena doch besser davon abraten, diesen Mann einzustellen. Er wollte seine Frau nicht in Gefahr bringen.


    "Ich denke, ich würde das Gleiche tun wie Du: Mit allen Mitteln um mein Leben kämpfen und alles daran setzen, den Gegner unschädlich zu machen. Die Besonderheit der Römer im Kampf ist die Zusammenarbeit. Wir kämpfen am Besten, wenn wir als Gruppe kämpfen. Was nicht heißt, daß wir schlechte Einzelkämpfer wären. Aber Barbaren sind stets eine große Gruppe von Einzelkämpfern, während wir eine kämpfende Einheit sind. Deshalb waren wir so oft siegreich. Deshalb ist Rom so groß."

  • Rambosius hörte nicht zum ersten Male, dass er gefährlich sei. Aber das er mit seinem Unglauben auch andere gefährden könnte, wusste er bis jetzt nicht und das gefiel ihm gar nicht, denn unschuldigen Menschen wollte er noch nie schaden. Er blickte Valerian etwas geschockt an.
    Also das passt mir gar nicht, dass ich damit andere Leute gefährde. Glaubst du ich töte einfach so unschuldige, friedliche Leute? Ich habe nie Zivilisten getötet, nur Krieger und Soldaten! Falls du das von mir verlangst, könnte ich versuchen, dich und deine Familie vor dem Zorn der Götter zu schützen?! Er wurde wieder etwas nachdenklich. Aber mit den Kriegsgöttern war er etwas vertraut, immerhin war er ja, wenn er kämpfte mit ihnen im Bunde.
    Ihr habt ja Ares oder Mars als Kriegsgott. Ich mag ihn sehr, er strahlt für mich nicht nur das Kämpferische aus, sondern auch das Starke und eine ungeheuerliche Kraft in seinem Tun aus. Ich glaube Quirinus und Bellona gibt es auch noch, aber da bin ich mir nicht mehr so sicher.
    Wir in Allemanien haben da Camulos, Teutates, Asarualimnunna, Belatucadros, Bodb, Cnabetius, Cicollus, Leucetius, Medocius, Rudianus und Segomo als Kriegsgötter!
    Nun wollte ihm Rambosius seine Taktik erzählen, wie er so jemanden überwältigen würde.
    Wegen des Beispiels mit dem Würger. Am besten du drückst dein Kinn so weit wie möglich nach unten, dann kann er deine Kehle mit seinem Arm nur noch schwer erwischen und sein Griff wird sich etwas lockern. Nun hast du folgende Möglichkeiten offen. Entweder du versuchst seine Arme zu greifen, lenkst ihn mit einem Ellbogenschlag ihn den Bauch kurz ab und wirfst den Mann dann über deinen Rücken zu Boden oder du versuchst andein Messer ranzukommen, um ihn irgendwo im Gesicht oder in der Bauchregion zu verletzen. Wenn er dann am Boden liegt, drückst du ihn am Besten mit deinem Knie und deinem ganzen Körpergewicht nach unten, damit er nicht mehr so leicht aufkommt. Dann ist es deiner Fantasie überlassen, was du mit ihm machen willst, grinste er etwas.

    Lebe für nichts, oder stirb für etwas!

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  • "Und ich dachte, die germanischen Götter hießen Odin oder Wodan. Und Thor oder Donar, Loki gabs auch noch, glaub ich, das war so ein Tunichtgut..." Es war mehr ein lautes Grübeln, als eine Erwiderung. Teutates, war der nicht ein Gott der Kelten? Inzwischen schwirrten all diese Götternahmen in Valerians Überlegungen wie wild herum, er war schon ganz durcheinander. Außerdem war es doch egal, wenn Rambosius eh nicht daran glaubte. "Ares und Mars mögen einander ähneln, aber sie sind nicht das Gleiche. Vermutlich ist das schwer zu erkennen für jemanden, der nicht an unsere Götter glaubt." Es war ja auch nicht leicht zu erklären.


    "Sag mal, wenn Du so ein gezielter Attentäter bist: Wie sieht denn die Bezahlung aus? Ich meine, so etwas muß doch gut bezahlt werden. Warum bist Du nicht unendlich reich?" Ganz langsam formte sich eine Idee aus, aber noch war es ein Gedanke und kein Plan. Es kam ganz darauf an, wie Rambosius sich noch machte. Zu der erzählten Taktik nickte Valerian. "Es kommt ja immer auf die Situation an. Das könnte funktionieren. Es könnte aber auch eine andere Taktik angebrachter sein. Je nachdem, wie fest er Dich schon im Griff hat, wie groß er ist, ob er allein ist oder Du schon umringt bist von Gegnern. Wie Du siehst, bin ich noch aus jeder kitzligen Situation herausgekommen. Wie Du auch."

  • Auch Rambosius kannte sich nicht so richtig damit aus, es fielen ihm auch im Moment nur diese Gottheiten ein.
    Er sagte darauf: Das waren die keltischen Gottheiten! Meiner Ansicht nach sind Kelten auch eine Art von Germanen, aber ich hab mich selber nie so richtig damit beschäftigt!
    Nun, weißt du Valerian, für das, was man leistet, ist die Bezahlung eigentlich schlecht. Früher, vor der Expansion der Römer, wäre sie vielleicht noch besser gewesen, aber heute......, stöhnte Rambosius kurz.
    Im Durchschnitt, wenn man gut dabei ist, kann man bis zu 30 Sesterzen verdienen, nicht mehr. Davon kann man dann gerade gut leben, aber eben nicht mehr. Und so viele Aufträge gab es nun auch wieder nicht.
    Er bemerkte noch scherzhaft. Wenn mal ein Opfer tot ist, steht es nach einigen Tagen leider nicht wieder auf, und kann wieder getötet werden. Wenn das so wäre, gäbe es, glaub ich, mehr Attentäter....
    Auch Rambosius nickte Valerian zu, denn die Situation musste vorher immer erst geprüft werden.
    Ja, du hast noch ein makelloses Gesicht! Was ich mir in solchen Situationen immer vorsage innerlich, ist: Nicht der gewinnt, der den härtesten Schlag hat, sondern der, der am meisten Schläge einstecken kann!
    Rambosius wollte jetzt nicht sentimental werden, aber es interessierte ihn trotzdem:Wie siehts bei dir mit den Frauen aus? Schöne Frauen habt ihr ja hier.lächelte Rambosius.
    Eine Frau und ein Killer, das passt nicht zusammen. Ich dachte nie über das nach. Ich war der Meinung, wie viele meiner Kampfesbrüder, das Frauen in diesem Beruf keinen Platz haben. Ich vermute bei dir das gleiche, ich meine, welche Frau nimmt sich jemanden, der das nächste Mal von der Schlacht nicht mehr lebend heimkehrt?!

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  • Das konnte Valerian tatsächlich kaum glauben. "Dreißig Sesterzen? Für den Tod eines Fürsten oder eine anderen sehr hochrangigen Mannes? Bitte sei mir nicht böse, wenn ich das sage, aber ich glaube, da hat man Dich geradezu ausgebeutet! Es wird doch wohl auch bei den Germanen so sein, daß solche Männer selten allein unterwegs sind und jede Menge guter Krieger um sich sammeln. Oder nicht?" Somit war solch ein Auftrag nicht nur schwer durchzuführen, sondern auch mit großen Gefahren verbunden. Und dafür dreißig Sesterzen?


    Als Rambosius auf Valerians makelloses Gesicht anspielte, lachte er nur. "Ich kann durchaus einige Narben vorweisen. Aber ja, mein Gesicht habe ich zu schützen gewußt. Unsere Schilde sind recht groß, weißt Du? Sehr praktisch, die Dinger." Vielleicht nicht für einen Mann von Rambosius' Profession, aber für einen Soldaten schon.


    "Frauen? Römische Soldaten dürfen nicht heiraten. Erst Angehörigen des Ritterstandes ist es erlaubt, zu heiraten. Ein Mann, der eine Familie zu versorgen hat, eine Familie, die auf ihn angewiesen ist, wird sich nicht so risikobereit in den Kampf stürzen wie einer, der ungebunden ist. - Aber manchmal, sehr sehr selten, gibt es Ausnahmen, dann wird eine besondere Erlaubnis zur Eheschließung erteilt. Ich bin so eine Ausnahme, ich bin verheiratet. Mit der schönsten und wunderbarsten Frau, die überhaupt auf Erden wandelt." Er grinste dabei breit.

  • Rambosius wusste, dass er ausgenutzt wurde. Das wurden alle Attentäter, kein Wunder, denn die Überlebenschance war sehr gering.
    Ja, du hast richtig gehört - 30!
    Augenutzt ist das richtige Wort, aber wenn du spürst, dass da irgendetwas in dir drin ist, dann machst du das fast aus Leidenschaft. Ich war ja auch zu nichts anderem fähig, man hat mich ausgebildet und gesagt, dass mein erster auftrag auf mich wartet. Wie viel ich dafür bekommen sollte, wurde mir nicht gesagt, aber prompt war man drin im Geschäft!
    Rambosius und Valerian trafen den Nagel gemeinsam auf den Kopf.
    Man ist bei großen Aktionen selten allein, aber eine größere Gruppe ist man auch nicht, da die Gefahr zu groß ist, dass man erwischt wird.
    Bie kleinern Aufträgen probiert man es allein! Allein zu sterben ist besser, als wenn dir jemand zuschauen muss, wie du stirbst!
    Ja, die großen Schilde. Für Rambosius mehr ein Hindernis des Kampfes, dafür musste er aber auch gewaltig einstecken können, was er auch konnte, wie man es an seinen unzähligen, oft fürchterlich aussehenden Narben sah.


    Rambosius überlegte bei den Worten über die Heirat und kam zu dem Schluss, dass sein Gegenüber sich wohl bei einem Kampf eher in der Defensive bewegen würde. Er sprach ihn darauf an:
    Du solltest das Kämpfen eigentlich lassen. Ich hörte von vielen Frauen, die ihren Mann im Kampf verloren haben. Ihr Leid ist schlimmer als der Tod einer ganzen Armee. Und Odin weiß das!
    Er riet ihm darauf, in dem er sein Gesicht in so typischer Weise verzog.
    Nimm dir einen Leibwächter, einen starken Burschen, der ordentlich was auf der Faust hat und leg dich zur Ruhe!
    Als Rambosius sein Grinsen sah, erwiderte er es: Hey, bist du verliebt? Ja, du bist verliebt! Und lächelte mit.
    Darf ich erfahren, wer die Geliebte ist?

    Lebe für nichts, oder stirb für etwas!

  • Töten aus Leidenschaft? Valerian bekam immer mehr das Gefühl, daß bei der Erziehung dieses Mannes wohl einiges schief gelaufen war. „Nun, wenn Deine Auftraggeber Dich ausgebildet haben, dann hast Du natürlich durch diese Ausbildung auch eine Art von Bezahlung erhalten. Trotzdem finde ich 30 Sesterzen extrem wenig. So viel verdient ein einfacher Soldat in der Woche.“ Es war kein schlechter Sold, aber für ein Attentat mußte doch mehr herausspringen. „Du solltest hier in Rom entweder solche Dinge ganz unterlassen, oder aber erst Kontakte schließen. Es gibt hier durchaus Organisationen, die sich nicht gerne in die Suppe spucken lassen. Aber mal davon abgesehen, würdest Du Dir zutrauen, hier in Rom eine hohe Persönlichkeit anzugreifen? Auch wenn diese Person sich wirklich gut bewachen läßt?“ Natürlich dachte Valerian dabei an eine ganz bestimmte Person. Doch noch wollte er das Gespräch allgemein verlaufen lassen. Ein Attentat war schließlich nicht irgendetwas, sondern ein schweres Verbrechen. Würde Rambosius erwischt, so wäre sein Tod unvermeidbar. Und wurde er gefoltert und rückte Namen heraus, würde auch Valerian mitsamt seiner Familie dafür büßen müssen.


    „Das Kämpfen ist mein Beruf, Rambosius. Natürlich würde meine Frau leiden. Aber sterben kann man auch so jeden Tag. Ein einstürzendes Haus, ein wild gewordener Bär, ein wütender Mob, der alles niedertrampelt, ein verdorbenes Mahl... Auch als friedliebender Mensch kann jeder Tag der letzte sein. Finanziell ist meine Familie gut versorgt, darum brauche ich mir keine Sorgen machen. Außerdem weiß meine Frau, daß ich von ganzem Herzen Soldat bin. Sie würde mich auch gar nicht anders haben wollen.“ Rambosius kannte ihn zu wenig, sonst würde er wissen, daß Valerian nur so lange in der Defensive blieb, bis er eine Schwäche des Gegners ausgemacht hatte, um sie nutzen zu können. Fand er keine, war seiner Meinung nach Angriff die beste Verteidigung.


    „Meine Geliebte? Selbstverständlich meine Frau!“ Ganz so selbstverständlich war das natürlich nicht, denn wer konnte schon die Liebe seines Lebens heiraten? Dementsprechend grinste Valerian breit. „Fortuna war mir sehr zugeneigt. Nicht nur, daß es in meinem Leben echte Liebe gibt, sondern ich hatte auch das Glück, sie heiraten zu dürfen. Was ganz bestimmt nicht selbstverständlich war. Denn sie gehört einer vornehmen, sehr reichen Familie an. Ihr Onkel, er ist ihr Tutor, ist immerhin Senator. Und auch ein zweiter Onkel, der noch viel reicher ist, hat einen Sitz im Senat. Meine Familie ist keine schlechte. Wir haben einige Ritter hervorgebracht. Aber kaum vergleichbar mit der Familie meiner Frau. Ich konnte kaum hoffen, die Zustimmung zu dieser Heirat zu erhalten.“

  • Wenig Geld waren 30 Sesterzen, das hatte er letzten Endes in Rom bemerkt. Aber hier würde ein keltischer Attentäter sicher nicht zugelassen werden, außerdem wollte er sich nicht an einem Römer vergreifen, da sonst nicht nur die germanischen Fürsten hinter ihm her waren, sondern auch das ganze römische Reich und das wäre dann doch zu viel für Rambosius.
    Einen Kontakt habe ich ja jetzt bereits geschlossen! und war darüber sehr erfreut.
    Die nächste Frage war für Rambosius sehr sachlich, und auch dementsprechend zu beantworten. Auf diesem Gebiet hatte Erfahrung und es schon mit so manchen gefährlichen und gut bewachten Fürsten zu tun gehabt.
    Nun wie du sicher bemerkt hast, ist das Leben eines so quasi Mörders wie mir nicht viel wert. Ich wäre also so gesehen viel weniger Wert als du. Und weil ich in meinem Leben nichts anderes kenne, aber ich die Begabung habe, erfolgreich zu sein und trotzdem zu überleben, würde ich es mir schon zutrauen.
    Jetzt musste Rambosius etwas nachhaken, denn offensichtlich war es etwas Bestimmtes, was Valerian mochte.
    Gut bewacht, was heißt das. Nichts kann von Menschen so gut bewacht werden als wie von einer Mauer und einer dicken Eisentür! Schnelligkeit, Beobachtung, ein scharfes Messer, schwarze Farbe und Mut zum sterben, das hält keine Bewachung aus!


    Diese Einstellung über Frauen verblüffte wohl auch Rambosius, denn dass die eigene Frau so hinter einem Mann stand, war für keltisch-germanische Verhältnisse ungewöhnlich. Aber diese komplizierten Sitten mit dem Heiraten war etwas perplex.
    Dürft ihr denn eure Frauen nicht so ohne weiteres heiraten? Bei uns Kelten sucht sich der Mann oder die Frau einfach sein Gegenüber aus. Natürlich alles zweckgebunden und praxisbezogen. Es gibt natürlich auch bei uns Außnahmen, die sich lieben. Aber erzähl mehr von deiner Heirat. Hat deine Frau auch einen Namen?, warf Rambosius noch kurz ein.

    Lebe für nichts, oder stirb für etwas!

  • Valerian grinste ein wenig schief. „Es ist ja nur eine theoretische Frage.“ Noch zumindest. „Sagen wir, es wäre ein sehr wichtiger, hochrangiger Mann. Wohnhaft in einem großen Haus mit vielen Sklaven, von denen nicht wenige gut kämpfen können. Und arbeiten würde er in einem streng bewachten Gebäude. So wie zum Beispiel der Palast oder gar die Castra Praetoroia. Hätte ein Attentäter bei so einem Mann eine Chance? Natürlich würde der Mann, paranoid wie ein solcher Mann sein muß, auch den Weg durch die Stadt nur mit vielen kampfestüchtigen Männern unternehmen. Ist das alles nicht ungleich schwerer als bei einem keltischen oder germanischen Fürsten?“ Ob Rambosius zu so etwas fähig wäre? Und wenn, würde er ihm trauen können?


    „Einfach so heiraten? Warum sollte man das tun? Das wäre doch verrückt!“ Viel zu sehr war Valerian von den Ansichten seiner Welt überzeugt. „Eine Heirat ist immer ein Bündnis zwischen zwei Familien, nicht nur zwischen zwei Menschen. Es muß sichergestellt werden, daß beide Familien ihren Gewinn daraus ziehen. Und auch, daß die junge Familie abgesichert ist. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es irgendein Volk auf der Welt gibt, in dem nicht auf diese Dinge geachtet wird.“ Den Namen seiner Frau ließ Valerian einfach unter den Tisch fallen. Da Rambosius sie bereits kennengelernt hatte, wollte Valerian noch ein wenig mit dem Namen hinter dem Berg halten.

  • Rambosius wollte ihm erst die Frage mit der Ehe beantworten.
    Bei uns ist es so, dass man eine Ehe eingehen kann, wenn beide Teile damit einverstanden sind.Vielmehr geht man aber nur eine Ehe ein, wenn man sich auch über Wasser halten kann, wenn man genug Geld verdient, um ein Kind groß zu ziehen. Nur bei uns ist es nicht so, dass man für eine Heirat ausgesucht wird, einige Zuneigungen für den Partner müssen da schon sein.
    Verrückt ist man nur nach der Frau, die man heiratet, lachte Rambosius, weil bei er war es gewohnt, dass man Frauen eben heiratete, wenn man sich verstand und auf sie stand.
    Das Schöne einer Ehe ist nicht nur das Kindergroßziehen und die gegenseitige Unterstützung. Nein, wir erinnern uns stets nach einem Jahr und einem Tag durch das Eheritual an die Hochzeit!
    Valerian war sich bewusst, dass er es bereits nur mit Germanen auf sich genommen hatte, er kannte den Kampfstil der Römer nur aus Erzählungen. Er war starr und diszipliniert, und ratterte wie eine Dampfwalze auf den Feind zu, jedoch lag die Schwäche darin, wenn sich eine römische Formation auflöste.
    Wenn dieser Jemand von einem ganzen Militärlager bewacht würde, musste es eine wichtige Persönlichkeit sein, und sein Tod hatte vermutlich schlimmere Konsequenzen als nur seiner. Wenn dieses Lager mitten in der Stadt liegen würde, schien fast eine Unmöglichkeit. Sollte man da etwas machen können, dann nur mit mehreren Männern.
    Ich hab noch keinen Römer ermordet und noch nie gegen römische Einheiten gekämpft. Gegen ein Militärlager zu kämpfen ist nicht gerade leicht. Wär dieser Mann in einem einfachen Lager, wie ich es dir geschildert hätte, wäre das weniger das Problem!
    Rambosius überlegte, und er war sich nicht im Klaren, ob das sein Tod sein würde oder nicht. Sich mit dem römischen Reich anzulegen, war wie ein Kampf gegen eine ganze Wiese. Man konnte ihn einfach nicht allein bezwingen!
    Und hier an diesem Ort, der recht idyllisch war, stellte sich Rambosius die Frage, ob er sein Leben weiterhin auf Messer's Schneide prüfen wollte oder ob ihm doch etwas daran lag. Er wollte sich davon nichts anmerken lassen.
    Wenn ich so etwas durchführen wollte, würdest du an meiner Seite mit einigen Söldnern oder Anhängern kämpfen?

    Lebe für nichts, oder stirb für etwas!

  • „Ernsthaft? Ein merkwürdiges Volk seid ihr.“ Eine Feststellung, die für Valerian ganz spontan und mit fester Überzeugung kam. Aber jedem Volk seine Eigenheiten. Solange diese sich nicht gegen Rom richteten. „Und was ist mit Dir? Hast Du nicht die Absicht, eine Familie zu gründen? Oder hast Du gar Frau und Kinder?“ Alt genug war Rambosius dazu, allerdings fand Valerian es bei dessen Beruf doch eher unwahrscheinlich.


    Valerian wußte sehr wohl um die Stärken und Schwächen der römischen Kampfweise. Es war keineswegs so, daß der Einzelkampf völlig vernachlässigt wurde, auch wenn der Schwerpunkt auf der Handlung innerhalb der Gruppe lag. Gerade hier bei den Stadteinheiten legte Valerian sogar großen Wert darauf, daß die Männer auch im Einzelkampf gut geschult waren. Aber das alles mußte er natürlich Rambosius nicht auf die Nase binden.


    Anscheinend spürte der Mann, daß es um eine reale Person ging. Valerian mußte das also noch ein wenig abwiegeln und lachte daher fröhlich, wenn auch nicht echt. „Nunja, natürlich braucht man nur dann einen Attentäter, wenn man sich selbst die Hände nicht schmutzig machen will. Hier in Rom wird nicht nur ein Täter selbst bestraft. Sondern das kann auch die ganze Familie treffen.“ Vor allem in derartigen Fällen. Valerian hätte es längst versucht, müßte er nicht seine Familie schützen. „Schau, wenn ich einen solchen Mann töten wollte, dann könnte ich das viel leichter selbst tun, denn ich bin Soldat und darf ganz offen Waffen tragen. Ich wollte nur wissen, wie Du es anfangen würdest in solch einem schwierigen Fall. Eigentlich hätte ich gedacht, daß gerade in so einem Fall ein Einzeltäter eher Erfolg haben könnte als eine Gruppe. Doch natürlich bin ich kein Attentäter und kann die Schwierigkeiten, die bei solch einem Auftrag entstehen können, nicht beurteilen.“


    Schade, es wäre eine schöne Möglichkeit gewesen. Aber natürlich war Rambosius hier noch fremd. Wie könnte er vollbringen, woran selbst Einheimische sich nicht herantrauten? Feinde hatte Salinator ja wohl mehr als genug. Eigentlich war es ein Wunder, daß nicht schon viel mehr versucht worden war.

  • Nun ging Rambosius die Sache wieder umgekehrt an, diesmal wollte er zuerst auf die Frage des Attentats antworten, und dann erste auf die Ehe.
    Rambosius kannte die Bewachungen der Germanen und Kelten, doch die der Römer noch nicht und außerdem waren sie an der Weltherrschaft und das sollte einiges sage. Und wenn dieser jemand so bewacht würde und das wusste auch ein erfolgreicher Attentäter, würde er sich damit nur in den Tod schmeißen. Und auch Attentäter wollen erfolgreich sein und weiterleben.
    Oft liegt die Lösung schon vor einem, man muss sie nur rechtzeitig finden. Ein Römer will diesen Kerl sicher nicht umbringen. Ein Attentäter ist auch nicht blöd, und greift eine Armee an, auch wenn er seine Taktiken beherrscht.
    Rambosius wollte auf etwas bestimmtes hinaus, und führte den Hörer gespannt drauf zu.
    Mit ein Gruppe Attentäter könnte man es versuchen, doch dann wäre ganz Rom hinter mir und denen her. Außerdem hab ich eh schon Feinde da draußen, wie ich erzählt habe.
    Jetzt war er schon fast euphorisch bei der Sache, wie ein Geistesblitz kam es.
    Und genau das ist der Punkt. Umpolung feindlicher Natur!
    Die germanischen Fürsten sind naiv. Sie wissen, das es mich gibt. Und sie wissen, dass ich ihr Männer töte, doch wie wissen oft nicht, wie ich aussehe. Einige wissen es schon bzw. wussten es. Da kam ihm ein Lachen hervor.
    Die Germanen können nun nicht jeden einfach so umbringen in der Hoffnung sie finden mich, sie sind auf Spitzel und Berichten von andern Leuten angewiesen. Knapp und kurz. Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, ist, wir machen den germanischen Fürsten klar, dass nicht ich ihr gesuchtes Opfer bin, sondern dieser Jemand. Dann werden sie versuchen, ihn aufzuspüren. Und wenn sie wissen, wo er ist, würden sie auch töten. Natürlich müsste man das geschickt einfädeln, dass nicht Rom glaubt, es würde von Barbaren angegriffen.
    Vielleicht bekäme dieser Jemand auch Angst und würde versuchen zu fliehen und dann wäre er leichte Beute! Rambosius grinste etwas und war gespannt, was Valerian dazu sagte.


    Er kam nun zur Ehe:
    Wie du dir sicher denken kannst, ist es für mich besser, wenn ich keine Familie gründe und keine Kinder bekommen. Der Schmerz meines akuten Todes würde nur noch mehr Leid über einen geliebten Menschen bringen, als der Status meines Berufes selbst.

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  • Valerian hörte sich den Plan des Barbaren an und grinste breit. "Nicht dumm eingefädelt. Und würde gewiß bei vielen Zielen hinhauen. Aber bei wirklich wichtigen Persönlichkeiten wirkt das nicht. Eine große Gruppe bewaffneter Barbaren würde auch gar nicht erst in die Stadt gelassen. Eine kleine Gruppe würde leicht von den Stadteinheiten im Schach gehalten, wenn sie es tatsächlich durch List in die Stadt schaffen würde und sich dann an das Ziel heranmachen würde. Wären die Barbaren, die Dich jagen, wirklich so dumm zu glauben, Du wärest das, wenn man auf einen dicken, glatzköpfigen Mann in edler Kleidung zeigen würde, der von einer großen Gruppe von Leibwächtern und Soldaten begleitet wird? Nur mal so als Beispiel." Das konnte Valerian sich kaum vorstellen. Selbst wenn diese Leute nicht wußten, wie Rambosius aussah, so konnten sie sich wohl denken, daß sie es mit einem kraftvollen, beweglichen Mann zu tun hatten, der sonnengebräunt war und sicherlich nicht die edelste Kleidung trug.


    "Hast Du nie daran gedacht, einen anderen Beruf zu ergreifen? Ein Handwerk zu erlernen, vielleicht? Dich könnte ich mir gut als Schmied vorstellen. Oder im Bauhandwerk brauchen sie immer kräftige Leute." In so einem Beruf war dann auch eine Familie möglich.

  • Als Rambosius das mit dem Glatzkopf hörte, musste er grinsen, was langsam ein Lachen überging.
    Also, ich glaub, so viel Hirn haben die Germanen auch, dass sie einen Barbaren von einem Adeligen unterscheiden können!
    Er konnte kaum mehr aufhören zu lachen und im Ausklang hauchte er noch mit ein: Nein, so kanns nicht gehen!
    War es nun wirklich so weit, dass er zum Sterben verurteil war. Vielleicht würde er sich kurz vor seinem Tod noch an diese Situation erinnern - wenn auch an die einzig positive. Der laute Wind, der einem die Haare aus dem Blickfeld kämmte, der rauschende Fluss, das duftende Moos, die Farne, die ihm Wind schaukelten, die Wärme der Sonne. Und die freundliche Kameradschaft eines Centurio würde er wohl nie vergessen. Eines jedoch wusste er jetzt schon, wenn er stirbt, und sein Leben im Zeitraffer noch einmal vor seinen Augen vorüber glitt, würde diese Szenerie bestimmt vorkommen.
    Wegen was war er eigentlich nach Rom gekommen? Eigentlich doch, weil er ein ruhiges Leben führen wollte und sich vor den Verfolgern zu retten. Doch wie stünde es um ihn, wenn er dann auch hier in Rom seine Feinde hatte? War es dann nicht schöner, Abschied zu nehmen?
    Würden sich an diesem Attentat auch noch andere Leute beteiligen? Er machte eine kurze Pause.
    Weißt du, ich möchte dich nicht vor den Kopf stoßen, aber Rom war meine letzte Hoffnung. In Rom sah ich meinen Frieden. Keine Verfolgung mehr, keine Angst mehr. Vielleicht seh ich nicht so aus, aber.......
    Den Satz brachte er nicht zu Ende, weil man sich ja denken konnte was folgte. Er sah etwas enttäuscht aus. Vielleicht hatte der Centurio ihn ja nur angesprochen wegen einem Attentat und wollte gar keinen Kontakt haben. Er vermutete, dass er ihn jetzt verließ, in dieser Idylle zurückließ. Doch vielleicht brachte er ja auch Hoffnung auf ein normales Leben. Sein langer treuer Freund, das Messer, ging ihm gar nicht mehr ab. Das Gefühl, danach zu greifen, verstummte immer mehr.Um was handelt es sich genau? Wenn du hier nicht darüber reden willst, können wir ja auch irgendwo anders hingehen, zu dir vielleicht?!

    Lebe für nichts, oder stirb für etwas!

  • Der Mann konnte ja tatsächlich lachen! Valerian stimmte in das Lachen mit ein. Die Vorstellung war auch ziemlich erheiternd, wie eine Horde von Barbaren den PU beobachtete und darüber diskutierte, ob es sich dabei um den von ihnen gesuchten Attentäter handelte.


    Valerian sah die Enttäuschung in der Miene seines Gegenübers. Seine Worte verwirrten ihn. Immerhin hatten sie gerade noch über ein Attentat gesprochen. „Deine Verfolger brauchst Du hier nicht zu fürchten. Wie sollen sie Dich finden? In dieser Stadt leben Millionen von Menschen. Nach dem, was Du sagtest, werden sie hier kaum Freunde, Unterstützer oder auch nur eine kostenlose Unterkunft haben. Das Leben in Rom ist teuer und ohne Kontakte kommst Du nicht weit. Du merkst es doch an Dir selbst. Und Du bist nur ein einzelner Mann, der noch leicht irgendwo unterschlüpfen kann. Eine ganze Gruppe? Ihre Waffen können sie hier vergessen. Unsere Männer sind auf Zack, einzelne können mal durchschlüpfen, aber keine Gruppen. Nein, diese Kerle werden sich nach wenigen Tagen verziehen. Frieden? Den findet man hier vielleicht auch. Aber nur, wenn Du selbst ein friedliches Leben führst. Warum bietest Du Dich nicht einem reichen Mann als Leibwächter an? Müßte das nicht die ideale Arbeit für Dich sein?“ Fragend blickte Valerian den Mann an, der auf einmal ein wenig mutlos wirkte. Mutlos nicht in kämpferischer Hinsicht, sondern was seine Möglichkeiten hier in der Stadt anging. „Aller Anfang ist schwer. Gerade wenn man als Fremder in eine Stadt kommt, die so riesig und unübersichtlich ist wie Rom. Aber über diese schweren Anfänge muß man sich hinwegkämpfen. Viele werden auf Dich herabschauen. Ein Barbar, der nichts hat und nichts ist. Bleib dran! Zeig ihnen, was in Dir steckt!“ Ein Mann wie Rambosius, stark und im Kampf ausgebildet, aus dem mußte doch was zu machen sein!


    „Bei mir? Ich lebe in der Castra, in der Höhle des Löwen. Nein, dort haben die Wände viele Ohre. Bei meiner Familie? Nein, ich möchte nicht, daß sie in solche Sachen mit hineingezogen wird. Du willst wissen, um was es geht? Du möchtest, daß mehr Leute dabei mitarbeiten? Weißt Du, ein Attentat auf einen großen Mann kann man nicht groß planen. Zu viele Menschen bedeuten zu viele Unsicherheitsfaktoren. Jeder könnte ein Verräter sein. Nein, diesen Mann kann man auch nicht einfach so umbringen. Das muß schon sorgfältig geplant werden. Er hat viele Schwächen. Frauen. Gutes Essen. Wein. Ich frage mich schon lange, warum es nicht schon unzählige Versuche gegeben hat. Er hat viele Feinde. Mächtige Feinde. Sind sie alle zu feige? Oder ist er immer noch nicht bösartig genug, um zum Ziel zu werden? Oder gibt es schon mehrere Gruppen, die seinen Tod planen und wissen nur nichts voneinander?“ Er war einfach nicht in der Position, diese Fragen beantworten zu können.

  • Blitzschnell antwortete er auf die Sache mit dem Leibwächter eines reichen Mannes: Du bist ein reicher Mann, ich kann dein Leibwächter sein. Du bist zwar irgendwie dein eigener Leibwächter, aber was solls, ein zweiter schadet dir auch nicht?!
    Rambosius bedachte die Worte von Valerian!
    Ich glaube, viele Leute sind zu feige, vor allem bei einflussreichen Personen. Vielleicht mag diese Person gut geschützt sein, aber die Person selbst ist sicher nur reich und hohl in der Birne! Bei uns heißt es: Reich macht dumm und blind!
    Wenn er so viele Soldaten um sich schart, müsste ich mich rekrutieren lassen und dann ist glaub immer noch nicht klar, ob ich auch diese Person bewachen darf!
    So, wie seine Schilderungen waren, schien es fast eine Unmöglichkeit, diesen Mann zu töten. Solche Männer in Machtpositionen fertig zu machen, da bedarf es auch Leute in höheren Positionen, die gegen ihn sind.
    Ich schätze, diesen Mann direkt durch das Schwert umzubringen, ist zu gefährlich. Da müsste man wohl anders vorgehen.

    Lebe für nichts, oder stirb für etwas!

  • "Reich? Ich habe mein Auskommen, aber reich bin ich sicherlich nicht." Valerian lachte leise. Es ging ihm nicht schlecht, zu klagen hatte er gewiß nicht. Aber reich, das war doch eine andere Klasse. "Ich habe achtzig Leibwächter, wenn man so will. Meine Centuria eben. Aber wäre das denn eine Arbeit, die Dir zusagt? Würdest Du Deinen Arbeitgeber mit Deinem Leben schützen? Ihm gegenüber absolut loyal sein? Selbst wenn Dir jemand viel Geld bietet, um ihn umzubringen? Deine Profession läßt mich eben zweifeln. Ich kenne einige reiche Leute. Und ich wäre wohl bereit, Dich zu empfehlen. Aber natürlich möchte ich ihnen keinen Mann an die Seite stellen, der zu einer Gefahr werden kann."


    Zu den weiteren Ausführungen schüttelte Valerian entschieden den Kopf. "Wer einfach nur reich ist, weil der Vater reich war, ja, auf den trifft das sicher zu. Aber Männer, die sich von unten nach oben gearbeitet haben und so reich wurden, sind niemals dumm. Und gerade diesen Mann darf man auf keinen Fall unterschätzen. Er ist dick und glatzköpfig, das verleitet dazu, ihn auch für geistig behäbig zu halten. Aber das ist er nicht. Du hast vollkommen Recht. Ein direkter Angriff wird nicht funktionieren. Das muß viel geschickter eingefädelt werden." Aber wie? Und mit wem?

  • Rambosius hatte nicht gewusst, dass reich hier in Rom etwas anderes war, als er bisher dachte. Wenn Valerian nicht reich war, wie viel war dann reich? Auf jeden Fall musste Valerian als Centurio genügend Geld verdienen.
    Diese Fragen waren heute leichter zu beantworten als damals. Er hatte sich von dem Tag an, als er den ersten Schritt in die Stadt machte, auf ein anderes Leben eingelassen. Nicht ohne Grund entsandte er sich auch seinen Auftraggebern. Er spürte, dass schon zu viel Blut vergossen wurde, für nichts. Er verpflichtete sich innerlich, dem Guten zu helfen, auch wenn man es ihm nicht anmerkte. Die Chance Fuß zu fassen, hatte man nur, wenn man sich dem ganz hingibt und sich zu integrieren versucht.
    Er antwortete mit der Metapher, die er ganz am Anfang aufgriff:
    Man könnte die Metapher mit dem Fisch und dem Strom auch anders deuten!
    Weil auch der Fisch der Rute am besten entkommt, wenn er flexibel ist und die Kraft hat stromaufwärts, stromseitwärts, und stromabwärts zu schwimmen!
    Meine Proffession hat sich in dem Augeblick geändert, als ich Rom betrat. Wer ohne Geld ist, der kommt auf dumme Gedanken und verpflichtet sich für jeden dahergelaufenen Kerl.
    Meine Zeit bei den Germanen ist vorbei! Die Zeiten änderen sich und auch deine Prioritäten. Ich hab mein Messer verkauft und machte einen Gewinn, davon kaufte ich mir eine Tunika, ich sprach viele Leute an, ich bemerkte einen Streit und war dabei einzugreifen und zu schlichten. Ich glaube, dass sind keine Taten und Gedanken mehr von jemanden, der nur für Geld tötet ohne nachzudenken!
    Rambosius bedachte die Lage, in die er jetzt war. Wer so viele Leute zum Sterben gebracht hatte, war irgendwann auch selbst bereit sich zu opfern.
    Ich glaube, eine gute Tat, ist einen Menschen zu beschützen. Ich habe so viele Leute umgebracht, ich muss irgendwann auch ein Opfer bringen.
    Er lächelte etwas: Im Ernst, wer dich sieht, der denkt gar nicht dran, dich umzubringen. Solch eine Aura macht jeden noch so harten Kerl schwach!


    Das mit diesem Attentat trat etwas in den Hintergrund, doch wand er ein: Dass, mit dem Attentat! Geschickt sind doch Frauen. Frauen sind die beste Waffe gegen Männer, an die man kaum oder gar nicht heran kommt. Was meinst du dazu?

    Lebe für nichts, oder stirb für etwas!

  • Aufmerksam beobachtete Valerian sein Gegenüber. Bei den Praetorianern hatte er gelernt, Lügen zu erkennen. Natürlich klappte das nicht immer. Geübte Lügner konnten diese kleinen verräterischen Anzeichen unterdrücken. Aber er glaubte nicht, daß Rambosius solch ein geübter Lügner war. Oder zumindest nicht alle Merkmale kannte, die ihn verraten konnten. Die Fragen waren wichtig für Valerian. Die Antworten noch wichtiger. Kein Wort ließ er sich entgehen, keinen Blick, kein Zucken der Augenbrauen, keine Geste der Hände. Auch der Tonfall wurde genau mitverfolgt. Schließlich nickte er zufrieden. „Ich will Dir vertrauen, Rambosius. Ich kenne ein paar Senatoren und vielleicht ist einer von ihnen bereit, Dich zu beschäftigen. Natürlich werden sie keiner Empfehlung für einen Mann folgen, den ich erst ein paar Stunden kenne. Daher werde ich zunächst meine Frau fragen, ob sie Dich brauchen kann. Damit wir Dich richtig kennenlernen können. Bewährst Du Dich, dann stellen wir Dich ihren Verwandten vor, die als Senatoren sicher Schutz brauchen können. Was hältst Du von diesem Angebot?“


    Über die hoffentlich als Kompliment gedachte Bemerkung mußte Valerian lachen. „Oh, ich denke, es gibt ein paar Leute, die sich durch meinen Anblick durchaus veranlaßt sehen, einen Tötungsversuch zu unternehmen.“ Im Laufe seines Lebens hatte er sich durchaus ein paar Feinde geschaffen. Aber bisher hatten sie keinen Erfolg gehabt. Offene Angriffe hatte es auch nicht gegeben.


    Mit seiner nächsten Äußerung bewies Rambosius, daß er kein hirnloser Muskelprotz war. „Ja, daran habe ich auch schon gedacht. Frauen sind eine seiner großen Schwächen. Aber ich muß gestehen, daß es mir widerstrebt, einer Frau so etwas zuzumuten. Ihr aufzubürden, was wir Männer nicht gebacken bekommen. Ist es schon so weit gekommen, daß wir unsere Kämpfe von den Frauen ausfechten lassen? Ich bin Soldat...“

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