cubiculum opulentum | Flavius quidam et consortes

  • Weil Quintus Flavius es gar nicht erst darauf ausgelegt hatte, standesgemäße Unterkunft im Statthalterpalast von Mogontiacum zu finden, um nicht am Morgen mit einem Dolch im Bauch herausfinden zu müssen, dass der Annaeer der coniuratio offenbar doch nicht so gewogen war, wie er es zu sein den Anschein geweckt hatte, war einer seiner Begleiter damit betraut worden, eine halbwegs passable Unterkunft in einer nicht allzu zwielichtigen taberna zu suchen, wo man sein römisches Geld ohne langes Nachfragen stillschweigend annehmen, und die Männer nicht weiter behelligen würde. Das cubiculum opulentum, so jedenfalls war es angekündigt worden, stand für den Flavier frei, welcher die Annehmlichkeiten des Zimmers, welches "alles, was man braucht" zu bieten hatte, durchaus zu würdigen wusste und lobende Worte fand, wenngleich es für seine im Hinblick auf die Reise ohnehin nach unten geschraubten Bedürfnisse auch ein weitaus einfacherer Raum getan hätte. So jedenfalls fand er sich am Abend beim Licht einiger Kerzen germanischen Wachses mit einer kleinen Rolle papyrus wieder und starrte nachdenklich aus dem Fenster in den schwarzen Himmel über dem Dorf. Auch seine drei Reisebegleiter würden im selben Zimmer schlafen, wobei im Moment lediglich Luca im Zimmer weilte, während Quintus den anderen beiden Männern gestattet hatte, im Schankraum der taberna auf Tuchfühlung mit germanischem Bier und hiesigen Schankmägden gleichermaßen zu gehen.

  • Luca lag mit dem Rücken auf seinem Bett, welches etwas entfernt von dem Bett seines Herren stand und ziemlich nahe der Tür. Luca hatte darauf bestanden, dort seine Schlafstatt aufzubauen, so bekam er sofort mit, wenn sich hinter der Tür etwas tat. Denn Luca hatte einen leichten Schlaf, seit dem er Rebell geworden war. Er hatte seine Hände hinter seinem Kopf verschränkt und starrte an die Decke. Dann aber nahm er eine Hand weg und fasste sich an seinen Hals, als würde er dort den Anhänger einer Kette berühren, doch da war nichts zu sehen. Leicht versonnen dachte er an das einstige Geschenk seiner Frau: Ein Lederband mit einem aus Holz geschnitzten Delphin. Obwohl es keinen sonderlichen Wert hatte, wurde es ihm damals abgenommen und das hatte dafür geführt, dass zwei Helfer des Sklavenhändlers, der Luca nach Rom gebracht hatte, mit gebrochener Nase am Boden gelegen hatten, bevor schliesslich drei weitere Helfer sich auf Luca gestürzt hatten. Für Luca aber hatte diese Kette eben einen besondern Wert gehabt, war er doch ein Geschenk seiner geliebten Frau.


    Doch schliesslich glitten seine Gedanken zu seinem Herren, welcher nahe dem Fenster saß und wohl irgendwas auf ein Papyrus zu schreiben schien, auch wenn auch dieser gerade etwas versonnen aus dem Fenster schaute.
    Draussen und unten auf der Strasse war nur ein wenig des üblichen abendlichen Treibens zu hören und es war schwül war.
    Luca setzte sich schliesslich auf und stellte seine Füsse vors Bett, lehnte seine Ellenbogen auf seine Knie und blickte zu Flaccus hinüber.
    »Dominus?« fragte Luca auf griechisch. »Verzeiht, sollte ich Euch stören. Aber auf Grund der doch recht heiklen Mission schlage ich vor, dass wir drei ...« er deutete auf die leeren Betten der zwei anderen Sklaven. » ... uns heute Nacht abwechseln, Wache zu halten!« Es war nicht einmal eine Frage, sondern fast schon in Lucas Augen ein Muss. Schliesslich nahm er seine Arbeit als Leibwächter sehr ernst. »Ich werde auch die Wache zwischen den beiden anderen übernehmen.« Das war zwar die unangenehmste, weil man erst davor schlief und dann danach und so nicht einige Stunden im Stück, aber das machte Luca nichts aus.
    Luca wusste sicherlich nicht alles über diese Mission, nur einen Teil, aber vielleicht würde ihn sein Herr ja noch einweihen in das Geheimste.


    ---
    Signatur für Luca's Sprache in Posts: Luca spricht griechisch | Luca spricht gebrochen Latein

  • Und so harrten die beiden Männer, einer einige Jahre jünger als der andere, an jenem späten Abend im prächtigsten cubiculum einer germanischen Schänke, welches doch kaum den Vergleich mit dem schäbigsten Zimmer der flavischen Villa zu Rom würde für sich entscheiden, jeder für sich in tiefe Gedanken versunken, schweigend miteinander aus. Wie es der Zufall oder vielmehr die Götter wollten, hingen sie sogar beide in Gedanken an Frauen fest. Der eine dachte an seine geliebte Frau, die, durch ungünsties Schicksal allzu früh dahingerafft, nun wohl im Reich der Schatten weilte - der andere an eine kleine Sklavin, die sich in Rom befand, ihm aber dennoch so weit entfernt war, wie jenem die Seine. Eigentlich konnte er sich selbst nicht so recht erklären, weshalb seine Gedanken schon auf dem einzigen ausgedehnten Ritt, den die letzten Wochen dargestellt hatten, immer wieder um jenes Mädchen gekreist waren, ihm immer aufs Neue ihr jugendliches Antlitz vor Augen geführt hatten, ihre braunen Augen, ja selbst die sanfte Berührung glaubte er zuweilen an seiner Wange zu spüren, da ihn ihre zarte Hand einst berührt hatte. Mit seinem für gewöhnlich messerscharfen Geist das Problem einer eingehenden Betrachtung unterziehend, war er doch zu keinem befriedigenden Schluss gekommen, hatte lediglich erreicht, dass seine Überlegungen ihm mit der Zeit immer stumpfer und trüber zu werden schienen. Auch jetzt also hing er in Gedanken an ihrem Bild fest und vermochte doch keine Zeichen aufs papyrus zu bringen. Er hatte gehofft, dass es ihm Erleichterung verschaffen würde, seine Empfindungen vielleicht in das Gewand eines kleinen Gedichts zu kleiden, doch versiegte die Quelle der sonst so munter sprudelnden Worte kläglich, und ließ ihn doch nicht vorwärts kommen in seinem sonderbaren Zustand.


    Als Luca sich also an den jungen Flavius wandte, drangen dessen Worte erst mit geraumer temporaler Verzerrung in die bewussten Sphären seiner ohnehin etwas getrübten Wahrnehmung, sodass den Dalmaten zunächst ein etwas entgeisterter Gesichtsausdruck verbunden mit einem sinnarmen "hmmm?" traf. Die Worte im Geiste langsam rekapitulierend nahm der Audruck des Flaviers langsam wieder gewohnt aufmerksame Formen an. "Ähm, ja. Wenn du das für nötig hältst...", meinte er, der zunächst nicht ernsthaft daran dachte, dass ihnen hier tatsächliche Gefahr drohen könnte, wusste doch außer dem Legatus Augusti niemand von dem wahren Grund ihres Aufenthaltes, sich jedoch schon im nächsten Moment innerlich für seine Leichtfertigkeit schalt. Natürlich drohte ihnen hier potentielle Gefahr, nicht alleine deshalb, weil Quintus der Träger verschwörerischen Gedankenguts war, sondern schon aus dem viel profaneren Grunde, da eine beträchtliche Geldmenge sich im Raum befand, die wohl jeden Germanen mit wenig überragenden Zukunftsaussichten durchaus zu Unsinn verbunden mit versuchter oder tatsächlicher Gewaltanwendung verleiten mochte. Durch den aufmerksamen Geist seines custos corporis jedoch wieder einigermaßen beruhigt, ertappte sich der Flavier schon im nächsten Augenblick wieder dabei, gedankenverloren aus dem Fenster zu starren.

  • Luca hatte nun mitbekommen, dass er seinen Dominus wohl doch sehr aus den Gedanken mit seiner Frage gerissen hatte. Eine Frage, die nicht mal wirklich eine war, sondern eigentlich nur eine Tatsache, die er ihm hatte mitteilen wollen. Aber der so geistesabwesende Gesichtsausdruck seines Herren zeugte deutlich davon, dass dieser sich gerade in anderen Spähren bewegte. Und auch die irgendwie leicht entrückte Antwort deutete ganz genau darauf hin. Luca hob nur leicht und ernst eine Augenbraue und nickte dann stumm, als Antwort darauf, das Luca es für nötig hielt. Aber nun wollte er seinen Herren auch nicht weiter damit belangen. Er konnte das auch mit den zwei anderen Sklaven besprechen, sobald die von ihrem "Ausflug" zurück waren. Hoffentlich nicht sturzbetrunken, denn dann würde Luca die ganze Nacht alleine Wache halten und das wäre nicht förderlich für den nächsten Tag.


    Und schon schaute sein Herr auch schon wieder versonnen aus dem Fenster in die Dunkelheit hinaus und Luca fragte sich, was ihn wohl gerade beschäftigte. Denn angestrengt grübeln über ein bestimmtes Problem sah in Lucas Augen anders aus.
    Aber im Grunde waren sie alle geschafft von der Reise. Wenn wohl sich die zwei anderen Sklaven wohl unten in der Taberna sicher amüsierten und Luca gönnte es ihnen auch.
    Aber Luca merkte auch, dass er sich sich irgendwie langweilte. Er war kein Mann, der einfach untätig rumsaß. Entweder er arbeitete was, oder er schlief oder aß. Gut, machmal hing er seinen Erinnerungen und Gedanken nach. Aber ansonsten besaß er auch nichts, womit er sich beschäftigen hätte können. Und sein Herr hatte sicherlich nicht das Soldatenspiel eingepackt. Und zum Unterhalten hatte er hier oben in dem wirklich sehr noblen Zimmer, welches er schon am Anfang ausgiebig bestaunt hatte, momentan nur seinen Herren, welchen er aber in seiner inneren Abgeschiedenheit nun nicht stören wollte.


    Also erhob sich Luca schweigsam und schnappte sich den Umhang seines Herren, kramte eine Bürste aus seinem spärlichen Gepäck hervor, setzte sich wieder auf sein Bett und begann, den Mantel auszubürsten. Eigentlich hätte er das draussen oder wo anders tun sollen, aber da sein Bett eh nahe der Tür stand und entfernt von seinem Herren, glaubte er, dass es in Ordnung war. Immer wieder schaute er unauffällig zu Quintus hinüber und erneut fragte sich Luca, an was er wohl dachte, oder was er gedachte, aufzuschreiben. Vielleicht gab es ja doch eine Frau in seinem Leben. Und dann stellte sich Luca vor, wie sein Herr plötzlich Vater war und ein Kleinkind auf dem Schoß sitzen hatte. Obwohl er seinen Herren noch nicht all zu gut kannte, stellte Luca, der selbst zwei Kinder gehabt hatte, sich Quintus als fürsorglichen Vater vor und er schmunzelte, während er weiter den Mantel ausbürstete.

  • Irgendwann schien es dem tatkräftigen Kämpfer wohl zu langweilig, einfach untätig herumzusitzen, sodass Luca sich nach einiger Zeit eine Bürste aus seinem kargen Gepäck schnappte und damit begann, den Mantel seines Herrn vom Staub, der sich in den letzten Tagen in arger Weise im Gewebe angesammelt hatte, auszubürsten. Quintus selbst saß immer noch nachdenklich da und starrte abwechselnd aus dem Fenster in den klaren germanischen Nachthimmel und auf das vor ihm befindliche Stückchen papyrus, auf dem, abgesehen von den Lettern Q. FLACCVS PRISCAE SVAE S. gähnende Leere herrschte. Einige Male schon hatter beherzt zu schreiben angesetzt, es dann allerdings stets mit einem unzufriedenen Gesichtsausdruck bleiben lassen. Er fand es notwendig, die Familie und vor allem auch den alten Tiberier, gleichsam der Initiator dieser Unternehmung, von seiner glücklichen Ankunft in Mogontiacum in Kenntnis zu setzen, ohne jedoch, da das Schreiben den amtlichen Weg des cursus publicus würde nehmen, die Namen der in die Verschwörung verwickelten Männer darin aufscheinen zu lassen. Schließlich stellte das flavische Siegel, welches die Rolle am Ende würde verschließen, letzten Endes doch lediglich ein moralisches Hindernis dar, welches einen etwaigen Spitzel des Vesculariers wohl in kaum nennenswerter Weise würde davon abhalten können, das heikle Schreiben zu lesen. Aus diesem Grunde hatte der junge Flavius es als klüger erachtet, den Brief an seiner Onkel statt der Aurelia Prisca zu widmen, um jene, im besten Falle für sie selbst unwissentlich, als Übermittlerin der verschleierten Botschaft zu verwenden. Zweifellos würde sie ihm eine solche zugegebenermaßen etwas plumpe Instrumentalisierung später verzeihen, in Anbetracht der Größe und Gefährlichkeit der Angelegenheit. Und doch wollten ihm keine rechten Worte einfallen den Brief zu beginnen, kannte er Prisca doch noch nicht gut genug, um in belangloser Weise auf etwaige gemeinsame Interessen anspielen zu können. Seufzend wandte sich der Flavier zu Luca um, der mittlerweile energisch dem verstaubten Reisemantel zu Kragen rückte. "Hast du eigentlich schon Aurelia Prisca kennengelernt? Pisos Frau?", fragte er den Sklaven, der ihm in dieser verzwickten Angelegenheit unter Umständen würde ein wenig zur Hand gehen können.

  • Wenn Luca ehrlich war, so war nicht gerade glücklich damit, was er gerade tat: Er bürstete einen Mantel aus. Einen Mantel von seinem Herren. Einem Menschen, der ihn gekauft hatte und für den Luca nun nicht wirklich arbeitete, sondern dessen Sklave er war. Denn Luca erhielt dafür lediglich Kost und Logis. Wenn es sein eigener gewesen Mantel wäre, ok. Aber für gewöhnlich tat dies seine Frau. Nicht weil er sich damals dazu zu fein gefühlt hatte, sondern weil er einfach mit sehr viel anderen und sehr wichtigen Aufgaben zu tun hatte: Schlachtpläne mit seinen Männern aushecken, Formationen und Taktiken ersinnen, Späher entsenden, die die Lage auskundschaften sollten, wo denn die Truppen der Römer waren, Gebietsformationen aus erkunden, welche vielleicht ihnen als Rebellen zum Vorteil gedachten, all solche Dinge. Er musste sich auch um seine Leute kümmern, eilweise einfache Bauern, denen er und seine Männer erst das kämpfen beigebracht hatten. Er musste sie motivieren.
    Und nun saß er hier und bürstete einen verdammten Mantel seines "Herren" aus. Innerlich seufzte Luca, ohne dass er seinem Herren selber gegenüber ungnädig war. Er war ein guter Mensch auf seine Weise. Aber warum hatten es die Götter nur zu gelassen, dass Luca nun an diesem doch sehr erniedrigenden Punkt angelangt war?
    Sein Herr erwartete Ehrlichkeit, wollte Vertrauen. Aber was hatte er Luca eigentlich dafür geboten? Was hatte er Luca eigentlich gefragt, um ihn kennen zu lernen. Wollte er den Menschen eigentlich kennen lernen, der sein Leben schützen sollte, der sein Auge und Ohr sein sollte. Was erwartete der Mann eigentlich? Hatte er sich je Gedanken über Sklaven gemacht? Erwartete er etwa Dankbarkeit? Wofür? War Quintus doch nur einer dieser verwöhnten Römer, für die Sklaven eben Sklaven waren. Gekauft und nun gehörten sie ihm und sollten ihm gehorchen. Hatte Quintus sich nie gefragt, was wäre, wenn sein "Leibwächter" einfach das Weite suchte? Luca war erfahren im Feldkampf, er wüsste sich auf dem Land zu verstecken. Er war sich sicher, dass er den Verfolgern entkommen würde. Etwas, was Quintus sicherlich nicht wusste, denn er kannte so gut wie nicht von seinem Sklaven.
    Außer, dass Luca sich bisher ehrenhaft verpflichtet hatte. Nie aufgemuckt oder ein schlechtes Wort oder die falschen Fragen gestellt hatte. Aber Luca war sich sicher, dass sein Herr fast schon naiv daran gegangen war, was Luca anging. Weil Luca sich gut verstellen konnte. Dabei hatte Luca sich nicht mal verstellt. Er war sicherlich auf seine Weise ein Ehrenmann. Aber er war auch ein Sklave und er war der Meinung, dass Quintus keinerlei Ahnung hatte, was das für Luca bedeutete. "Untertan" zu sein ...


    Aber auch wenn Luca inzwischen über all das nachhing und nachdachte, bürstete er fast schon akribisch diesen verdammten Mantel aus. Was sollte er such sonst auch machen? Lca hielt sich bisher sehr zurück mit all seinen Fragen. Auch wenn er vernommen hatte, vor ihrer Abreise, dass er ehrlich sein sollte. Was auch immer das in den Augen seines Dominus heissen sollte. Ehrlich soweit, wie er es wollte. Luca war da einfach noch extrem vorsichtig. Das sein Herr zum Beispiel eben nur gemeint hatte, dass Luca Wachen aufstellen solle, wenn er es für richtig hielt, zeigte dem Hünen, dass sein Herr in anderen Gefilden unterwegs war, was dessen Gedanken anging. Und Luca war nicht mal enttäuscht deswegen. Schliesslich war Luca ja der Leibwächter. Aber dazu geboren war der Sklave auch nicht. Und über was sein Herr auch immer grübelte, scheinbar war ihm seine Sicheerheit doch nicht so wichtig. Warum dann einen Leibwächter? Weil es chik war?
    Luca merkte, dass er etwas innerlich aggressiv wurde wegen seiner Gedanken. Er kannte seinen Herren einfach nicht, er schätzte ihn, aber es würde noch dauern, bis er ihn wirklich kennen und vertrauen würde können. Es war einfach eben alles andere als das: Einfach. Zumindest für den Mann aus Dalmatien, welcher ein anderes Leben gewohnt war. Ein freies Leben, wenn gleich auch anders als des Römers, der sicherlich auch so einiges auf seinen Schultern zu tragen hatte.


    Dann auf einmal riss sein Herr nun Luca aus seinen Gedanken. Fast fühlte er sich erwischt, wurde sich aber gewahr, dass stille Gedanken ja frei waren wie der Geist. Nun war es Luca, der nicht sofort bei der Sache war, aber er schämte sich nicht, denn Luca war nicht unterwürfig und stand immer zu dem, wie er reagierte. Wollte es sein Herr nicht auch so?
    »Wie? Was?« fragte er erst vollkommen irrtiert.« Dann erst liess er sich die Frage erneut durch den Kopf gehen, legte seine Arbeit beiseite und blickte seinen Dominus offen an, wenn erst auch etwas irritiert, oder verwirrt.
    »Ich habe Sie vielleicht mal gesehen, aber nein, ich kenne sie nicht wirklich!« gab Luca als Antwort. Und dann verengte er leicht seine Augen und fragte sich, warum sein Dominus dies eigentlich wissen wollte. Doch bevor Luca dies fragte, hielt er plötzlich inne und merkte, dass dies vielleicht nicht so klug war. Denn Luca wollte nun erst einmal unbewusst ein Spiel spielen, seinen Herren austesten. Er hatte Luca eine Frage gestellt. Er wollte also etwas wissen, was auch immer. Wäre es nun klug, danach zu fragen, oder war es vielleicht klüger, eben nicht zu fragen? Oder ihn weiter fragen zu lassen? Oder war genau das auch unklug? Luca mochte solche Spielchen eigentlich nicht.


    Es gab nun viele Möglichkeiten:
    Quintus fragte nicht weiter, weil Luca die Frau ja nicht kannte, vielleicht nur mal gesehen hatte. Quintus würde dennoch weiter fragen, weil er ein Anliegen hatte, oder auch nicht. Und wenn, dann wusste Luca noch immer nicht, worum es ging, woraus Luca schloss, dass er selber nachfragen würde müssen. Warum sein Herr ihn also nach der Frau fragte. Hei, das war doch recht kompliziert.
    Luca aber schwieg erst einmal. Dennoch ratterte es in seinem Hirn und eigentlich hatte er auch so viele Fragen. Und er würde sie bald stellen. Aber vorher wollte er noch die Reakttion seines Herren abwarten ...


    Und dennoch war Luca auch ein sehr neugieriger Mensch und so fragte er extra beiläufig: »Warum? Solle ich sie kennen?« Kaum war es ausgesprochen, ärgerte er sich über sich selber. Um seinen Ärger über sich selber zu kompensieren, legte er sehr lässig den Mantel zusammen, der nun so gut es ging, eben sauber war.


    ---
    Signatur für Luca's Sprache in Posts: Luca spricht griechisch | Luca spricht gebrochen Latein

  • Luca teilte seine Gedanken nicht mit seinem Herren. Verbissen schien er den Mantel zu bearbeiten und hätte er seine Überlegungen in Worte gekleidet, sie hätten doch nur Unverständnis beim Flavier hervorgerufen. Luca war schließlich einst selbst Krieger gewesen - und Rom unterlegen. Es war zweifelsfrei nicht nur zu ahnen, sondern regelrecht vorherzusehen gewesen, dass die besiegten Männer, wenn sie mit dem Leben davon kommen sollten, ein Dasein als Sklaven fristen würden. So war es immer gewesen, und ganz bestimmt hätte Luca mit seinen Soldaten nicht anders gehandelt, wären die Dinge konträr verlaufen. Doch noch kaum ein Volk hatte dem römischen Stahl auf Dauer zu trotzen vermocht. Andererseits könnte Luca genauso gut die Vergangenheit ruhen lassen, und dies als Neuanfang betrachten. Er erhielt bessere Kost, Kleidung und Unterkunft als der größte Teil aller anderen Menschen - die römischen Bürger miteingerechnet - hatte die Chance, etwas von der Welt zu sehen, gewissermaßen in den höchsten Kreisen Roms zu verkehren, und bei ehrenhaftem Verhalten und Treue zu seinem Herrn die Aussicht auf ein künftiges Leben in Freiheit, die Möglichkeit abermals eine Familie zu gründen.


    Tatsächlich mochte es naiv gewesen sein, dem unbekannten Sklaven ein so großes Maß an Vertrauen entgegenzubringen, und möglicherweise würde Quintus auch mit bitterer Enttäuschung dafür bezahlen, doch selbst wenn Luca hier in den germanischen Wäldern das Weite suchen würde - seine eigenen Aussichten für die Zukunft waren als entlaufener Sklave nicht gerade rosig, und der Flavius würde, zwar um einige Sesterzen ärmer, doch ebenso viele Erfahrungen reicher, keinen nennenswerten Verlust davontragen. Doch damit hatte sich Quintus noch nicht beschäftigt, und würde es auch in Zukunft nicht tun. Es gab eben freie und unfreie Menschen, das Schicksal, die Götter oder Moiren hatten das vor Urzeiten entschieden, und es als natürliche Ordnung eingerichtet. Wer war Quintus, es zu hinterfragen?


    Vielmehr beschäftigte sich jener nämlich mit dem Brief, den er zu schreiben im Sinn hatte, und der sich ihm als so schwieriges Unterfangen widerstrebend entgegenstreckte. Dass Luca - wenig verwunderlich - die Aurelia auch nicht näher kannte, oder wenigstens erbauliche Dinge von den anderen Sklaven erfahren hatte, gestaltete die Dinge nicht einfacher. Beiläufig fragte er, ob er Prisca den kennen sollte, und Flaccus zuckte lediglich mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Vermutlich nicht, aber es wäre schon hilfreich gewesen...", meinte er dann ein wenig kryptisch, um das papyrus schließlich mit seinen schlanken Fingern zur Seite zu schieben. Er würde sich später noch einmal mit dem Brief befassen, im Moment wollte ihm ganz einfach kein sinnvoller Gedanke kommen, und dass das kleine Sklavenmädchen ihm ständig durch den Kopf geisterte, machte die Sache nicht unbedingt einfacher. Mit wenigen Schritten ging der Flavier zu seinem Bett und ließ sich darauf fallen. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt starrte er zur Decke. Um sich auf andere Gedanken zu bringen, machte er schließlich einen Vorschlag. "Luca, ich möchte, dass du mir eine Frage stellst. - Ganz egal worüber. Dann stelle ich dir eine Frage, und dann kommst wieder du an die Reihe. So wird die Nacht kurz und ich kann dich besser kennenlernen.", meinte er in griechischer Sprache und blickte mit seinen dunklen Augen den Dalmaten aufmunternd an.

  • Auch wenn Luca seinen Herren kaum kannte, aber er war doch froh, dass er genug Respekt und Achtung hatte und sich zurückhalten konnte, was seine Gedanken angingen. Denn diese waren nun mal frei. Und Luca neigte nun mal eher dazu, sich Gedanken zu machen und sprach nicht immer alles gleich aus.
    Natürlich war sich Luca seines Schicksals gewahr, aber dies bedeutete noch lange nicht, es einfach stumpf hinzunehmen. Er dachte seit Monaten an Flucht, dies war ein zentrales Thema. Frei sein war alles. Egal, ob man besiegt worden war. Und vielleicht hatte Luca sogar noch Glück. Er lebte. Und ja, es ging ihm wirklich nicht allzu schlecht. Aber wie würde sein Herr sich fühlen wenn ...


    Wenn und aber ... das war eigentlich nicht wichtig im Moment. Luca fügte sich ja bisher auch recht gut. Er hatte nie aufgemuckt. Und natürlich wusste er nicht, was seinem Herren so gerade durch den Kopf ging, so wie dieser auch nicht Lucas Gedanken lesen konnte.


    Sein Herr räumte dann ein, dass er es nicht wüsste, ob es wichtig sei, dass Luca die Frau kannte, sagte aber, dass es hilfreich gewesen wäre. Und der Mann hatte mit den Schultern gezückt. Nun, Luca kannte diese Frau nun einmal nicht. Und was auch immer sein Herr von ihm wollte, es war nun mal nicht sehr hilfreich, dass Luca sie nicht kannte, sei's drum. Sein Herr sprach wirklich kryptisch. Aber Luca versuchte zu verstehen. Doch er hatte nun auch keine Lust, seine Gehirnwindungen anzustacheln, um zu überlegen, was sein Herr damit nun wieder meinte. Er hätte doch einfach sagen können, was er beabsichtigt hatte, wem was zu schreiben. Aber er tat es nicht. Und so konnte Luca ihm auch keine Hilfe sein.


    Allerdings wendete sich dann alles auf einmal, als sein Herr gedankenverloren und fast enttäuscht sein leeres Papyrus beiseite legte und sich aufmachte, Platz zu nehmen auf seinem eigenen Bett, wo er dann seine Hände hinter seinem Kopf verschränkte und zur verzierten Decke starrte, wo ein paar Abbildungen von schönen Frauen zu sehen waren und aber auch Weinstöcken.
    Luca wollte es sich dann auch erst gemütlich machen auf seinem Bett, aber dann sprach sein Herr Luca an und der Hüne blieb aufrecht auf seinem Bett neben der Tür sitzen und blickte zu dem jüngeren Mann und war leicht verwirrt, wegen dessen Frage und Vorschlag. Luca hob eine Augenbraue. Damit hatte er nun nicht gerechnet. Konnte der Mann etwa Gedanken lesen? Nein, bei den Göttern sicherlich nicht. Hoffentlich nicht. Dennoch hatte der Römer Luca nun leicht irritiert, doch Luca war sich auch der Chance gewahr. Aber auf die schnelle eine Frage stellen? Es gab so viele. So viele wichtige und auch unwichtige. Aber eigentlich gab es keine unwichtigen oder dummen Fragen, denn jede Frage bedurfte einer Antwort.


    Luca starrte nun zu seinem Herren in einiger Entfernung und Luca räusperte sich und strich sich seine Stirnhaare nach hinten. Sein Herr wollte ihn kennenlernen. Das nun wieder ehrte seinen Herren und Luca fand es wirklich freundlich und nachsichtig. Aber sollte sein Herr nicht lieber schlafen? Aber er war erwachsen. Und so wollte er nicht erneut zweifeln und grübeln.
    »Wie Ihr es wünscht, auch wenn ich mich frage, warum Ihr nicht einfach schlafen wollt, wo es doch sicherlich morgen anstrengend wird ... aber gut. Frage gegen Frage und Antwort gegen Antwort und ich will ehrlich sein. Denn Ihr sagtet, egal welche Frage.« Und Luca war nicht entgangen, wie sein Herr ihn nun wirklich aufmunternd anschaute. Das freute den Hünen innerlich irgendwie und dennoch musste er kurz nachdenken. Es gab so viele Fragen. Aber Luca war nun milde gestimmt und wollte es auch nicht zu schwer machen. Aber zu persönlich wollte Luca seinen Herren auch nicht befragen. Ach verdammt, sein Herr hatte es geschafft, ihn etwas zu verunsichern. War es nicht eben noch Luca, der alles noch als Spiel ansah? Nun war es vielleicht umgekehrt. Und Luca brauchte schnell eine Frage, eine, die intelligent war und nicht zu profan, denn inzwischen kannte er ein wenig von seinem Herren. Und doch war es gar nicht so einfach. Doch da es hier anscheinend darum ging, sich kennen zulernen, versuchte es Luca mal vorsichtig mit einer Frage, die ihn wirklich interessierte, wie viele andern Fragen natürlich auch: »Was wolltet Ihr schreiben? Ich hätte gerne geholfen. Aber was hat Euch eben noch bewegt?« Oder war die Frage dann doch zu persönlich?
    Aber Luca war es einfach wichtig, auch seinen Herren kennen zulernen. Ob er nun eine ehrliche Antwort bekommen würde, würde sich zeigen. Aufmerksam schaute Luca seinen Dominus an.



    ---
    Signatur für Luca's Sprache in Posts: Luca spricht griechisch | Luca spricht gebrochen Latein

  • Die Gabe, Gedanken fremder Menschen zu lesen, war dem jungen Flavius, so nützlich sie mitunter auch sein würde, in der Tat nicht gegeben. Und so war es wohl dem Zufall, oder dem unscheinbaren Wirken eines Gottes zuzuschreiben, dass Quintus just in diesem Moment seinem Drang nachgab, den ehemaligen Kämpfer, der nun in seinen Diensten zu stehen schien, näher kennenzulernen. Er hatte von Beginn an den seltsamen Eindruck gehabt, diesem Mann vertrauen zu können, es mochte vielleicht an dem aufrichtigen Ausdruck in seinen dunklen Augen liegen, und doch hatte sich durch den etwas überstürzten Aufbruch nach Germanien bisher keine geeignete Gelegenheit geboten, sich eingehender mit Luca zu beschäftigen. In den wenigen wachen Stunden, die sie nicht im Sattel verbracht hatten, war stets viel zu tun gewesen. Pläne für die Weiterreise und mögliche Unterkünfte waren zu entwerfen, nicht zuletzt auch Nahrung zu beschaffen und zuzubereiten. Nun jedoch mussten erstmals keine Gedanken an den nächsten Tag verschwendet werden, sodass man sich mit freiem Geist den gegenwärtigen Stunden widmen konnte.


    Etwas irritiert schien Luca zunächst jedoch ob des außergewöhnlichen Vorschlags Flaccus', räusperte sich und strich mit seiner Hand jene Teile seines schwarzen Haares, die über die Stirn ins Gesicht fielen, etwas verwirrt nach hinten. Offenbar mochte ihm so schnell keine Frage in den Sinn kommen, wenngleich gewiss unzählige hinter seiner Stirne kreisten, ja kreisen mussten. Dann jedoch erklärte er sich mit dem Vorschlag des jungen Mannes einverstanden und kleidete seine Gedanken in wohlklingende griechische Worte. Flaccus machte eine beiläufige Handbewegung. "Zum Schlafen bleibt noch genug Zeit. Mein Körper ist zäher als du vielleicht denkst ...", meinte er grinsend und kleine Falten erschienen an seinen Wangen. Tatsächlich vermochte der etwas schlacksige junge Mann mehr wegzustecken, als man einem Angehörigen des Patriziats mitunter zumuten mochte. Tatsächlich hatte der aufgeweckte Flavius wenig mit den dekadenten und schlichtweg fetten Angehörigen seines Standes gemein, die den Großteil ihres Tages damit zuzubringen pflegten, sich von ihren Sklaven bewirten zu lassen.


    Dann allerdings kam Luca auch schon die erste Frage über die Lippen, und Flaccus musterte etwas widerwillig das zuvor beiseite geschobene Stück papyrus am Tisch. Schon bald aber traf sein Blick wieder die dunklen Augen des Dalmaten und er begann zu sprechen. "Ich wollte einen Brief an Aurelia Prisca schreiben. Ich muss der Familie und meinem Patron unbedingt Nachricht vom guten Verlauf unserer Reise geben. Es wäre jedoch zu riskant, das Schreiben direkt an einen meiner Verwandten zu adressieren, denn, wie wir schon besprochen haben, ist der Grund unserer Reise ein überaus geheimer, und niemand darf erfahren, dass Mitglieder der Flavia darin verwickelt sind. Mir wollten aber einfach nicht die richtigen Worte einfallen, die dem Brief einen harmlosen Anschein gegeben, ihren Zweck aber dennoch erfüllt hätten ...", erklärte er das Dilemma. Dann strich er sich nachdenklich über das Kinn. "Jetzt bin wohl ich an der Reihe ...", meinte er zögernd, um dann langsam fortzufahren, "Bitte versteh' meine Frage nicht falsch, ich möchte dir keine Trauer oder Wehmut bereiten, doch es ist wichtig, dass ich über deine Vergangenheit Bescheid weiß. Bitte erzähl' mir ein wenig davon. Sicherlich hattest du eine Frau, etwa auch Kinder? Und womit hattest du deinen Lebensunterhalt verdient, bevor du die Führung der Rebellen übernommen hast?" Vielleicht etwas viele Fragen auf einmal, doch Flaccus wollte einfach wissen, welches Leben Luca geführt hatte, bevor er in Kollision mit den Interessen des römischen Staates gestoßen war.

  • Immer noch saß Luca auf seinem Bett und schaute zu seinem Dominus rüber, welcher es sich auf seinem Bett nun bequem gemacht hatte. Nur sehr gedämpft kannte man ab und an das Treiben unten im Schankraum vernommen, wo immer noch keine Ruhe eingekehrt war und wo sich wohl die zwei anderen Sklaven köstlich und hoffentlich friedlich amüsierten. Aber Luca hatte die zwei ebenfalls zähen Sklaven inzwischen ein wenig kennen gelernt und traute ihnen zu, dass sie nicht all zu sehr über die Stränge schlugen.


    Und Lucas Gedanken hatten sich inzwischen beruhigt. Und er nickte einfach nur ernst und stumm, als sein Dominus schliesslich meinte, dass später noch genug Zeit wäre, seinen Körper zu erholen. Luca widersprach nicht. Schliesslich war der Mann erwachsen. Und als dieser dann meinte, dass er zäher wäre, als man ihm zutraute, grinste Luca sogar ein wenig. Ja, schlaksig war er, aber warum sollte er deshalb nicht auch was aushalten? Ausserdem war es ja seine Entscheidung. Und Luca war nur sein Leibwächter, nicht seine Amme.
    Und dann vernahm Luca das Lächeln und es bildeten sich kleine Lachfalten um den Mund des Flaviers. Dies war erneut ein Zeichen für Luca: Er mochte den Mann, denn er kaum kannte, irgendwie.


    Doch schliesslich beantwortete Flavius Flaccus Lucas Frage und der Hüne nickte und hatte aufmerksam zugehört. »Vielleicht kann ich ja helfen.« Er wollte dann noch etwas fragen, nämlich ob die Familie denn wusste, warum er nach Germanien gereist war, oder den Grund, auch wenn es ein ausgedachter war. Aber dann stellte sein Dominus Luca eine Frage, die er nicht erwartet hatte und dennoch irgendwie hätte voraussehbar sein können.
    Als sein Dominus wirklich einfühlsam meinte, dass er Luca nicht unnötig verletzen oder in ihm Trauer auslösen wollte, winkte Luca mit einer Hand ab. Dennoch kam die Frage irgendwie nicht zur rechten Zeit. Wahrscheinlich kam sie nie zur rechten Zeit. Aber er verstand seinen Herren schon. Er wollte ihn kennen lernen und das ehrte Flaccus. Auch wenn Luca eigentlich ungern darüber reden mochte. Aber er riss sich zusammen.


    Nun aber legte er sich auch auf seine Schlafstatt, allerdings nicht auf den Rücken, sondern auf die Seite und stütze seinen Kopf seitlich an und blickte in die Richtung seines Herren, ohne ihn dabei wirklich anzusehen. Und Lucas Antlitz wurde nun ernster denn je. Und der Hüne brauchte nun tatsächlich einen Moment, bevor er antwortet.
    »Ich war Handwerker, Schmied und Bauer. Ein einfacher Mann. Ich half im Dorf, wo ich konnte, bestellte mit meiner Frau ein wenig Land.« begann er dann zu erzählen, fast ein wenig ausdruckslos. Denn die Erinnerung ging ihm schon nah. Aber er versuchte es nicht zu zeigen. Er starrte ins Nichts vor sich. Doch bei seiner Erzählung lächelte er manchmal etwas versonnen, immer dann, wenn er sich an seine Familie erinnerte. Doch dann seufzte Luca, aber er gab bereitwillig eine Antwort, auch wenn er wusste, dass er das nicht musste.
    Aber es ehrte seinen Herrn ja, dass es ihn wirklich interessierte. Dann machte Luca eine tiefe Pause, versuchte sich aber nicht anmerken zu lassen, dass ihm die folgenden Worte schwer fielen.
    »Meine Frau, welche ich sehr liebte, und ich, wir hatten zwei kleine Kinder, ja. Einen Sohn und eine Tochter. Zwei ganz liebe kleine Kinder ... so offen und lieb, so lebenslustig und unbeschwert ... aber wer sagt das nicht über seine Kinder ...« Luca lachte etwas seltsam, irgendwie unecht, traurig. Dann sog er scharf die Luft ein, riss sich zusammen. Er wollte hier und jetzt nicht emotional werden. Seine Gesichtszüge verhärteten sich auf einmal.
    Und die Erinnerung an seine Familie schnürte Luca die Kehle zu und er hauchte nur fast tonlos: »Ich habe sie sehr geliebt.« Den Umstand, wie und warum sie starben, erwähnte Luca dann aber nicht. Er wollte daran nicht denken, denn er fühlte sich schuldig. Luca starrte weiter in die Richtung seines Herren, aber es wirkte, als schaute er ins Nichts. An einen imaginären Punkt.
    Und dann, bevor sein Herr etwas sagen konnte, sprach Luca: »Aber das gehört nun der Vergangenheit an. Sie haben nun ein besseres Zuhause, als das, was ich ihnen hatte zum Schluss bieten können. Ich bete, dass die Götter es mit ihnen gut meinen ...« Luca biss sich kurz auf die Unterlippe. Er wollte stark sein. Und war es.


    Und dann war er ja dran mit seiner Frage und dies lenkte ihn gut ab. Und so fragte er, ohne seinen Herren anzusehen: »Nun bin ich wohl dran, richtig?« Lucas Grinsen war etwas unecht, denn immer war er noch in Gedanken an seine Familie. »Warum ist ein so intelligenter und toleranter Mann wie Ihr noch nicht verheiratet?« Es interessierte Luca wirklich, und da Flavius ihm ja nun gleich mehrere sehr intime Fragen gestellt hatte, wollte auch Luca etwas wissen. Auch wenn ihm andere Fragen eher wichtig waren, aber er wusste einfach nicht, wo er anfangen sollte.


    Aber dann brach es aus ihm plötzlich heraus: Die Frage die ihn immer beschäftigte und auch wenn es eine weitere war, er konnte nicht anders.
    »Verzeiht Dominus, aber eigentlich interessiert mich doch eines noch mehr: Habe ich Chancen, einmal wieder frei zu sein?« Und nun schaute Luca doch offen zu seinem Herren herüber. Fast borte sich sein Blick in den seines Herren. Denn dies war alles, was er momentan wissen wollte, egal, wie nett dieses "Kennenlern-Spiel war. Und wer konnte es dem Hünen verübeln?



    ---
    Signatur für Luca's Sprache in Posts: Luca spricht griechisch | Luca spricht gebrochen Latein

  • Die Frage des jungen Flavius, so umsichtig sie auch gestellt sein mochte, ließ den ehemaligen Kämpfer zunächst abwinken, als um die Befürchtungen seines Herren beinahe beiläufig aus dem Wege zu streichen. Dennoch fühlte Quintus, dass ihm die Sache verständlicherweise sehr nahe zu gehen schien, antwortete Luca doch nocht sofort, sondern ließ sich zunächst auf seine Liege nieder, stützte den Kopf in die Hand und sah mit ernstem Ausdruck zum Flavier, ohne diesen jedoch tatsächlich anzublicken. Dann allerdings antwortete Luca, und seine Stimme klang gefasst, die Erzählung zunächst knapp und nüchtern. Bevor er jedoch auf seine Familie zu sprechen kam, stieß der Sklave noch einen Seufzer aus, gefolgt von einer tiefen Pause, und begann schließlich - stets im Bemühen sich die Schwermut nicht anmerken zu lassen - von einem Leben zu erzählen, welches in seiner einfachen Art doch glücklich und durchaus erstrebenswert schien. Zweifellos hatte der Verlust seiner Frau und der Kinder tiefe Wunden in die Seele des Mannes geschlagen, umso bewunderswerter erschien jedoch die Tatsache, dass er nicht gänzlich in misanthropische Gefilde seinen Geist gleichsam eingekerkert, sondern seinen fröhlichen, gutmütigen und durchaus lebensfrohen Charakter bewahrt hatte. Jedenfalls erschien es Quintus so, der den Worten des Dalmaten aufmerksam lauschte, es jedoch vermied, ihn dabei direkt anzublicken, um ihn frei und ohne Drang erzählen zu lassen.


    Und so schloss Luca seine Erzählung schließlich ab, und wenngleich er es gefasst tat, trugen seine Worte für das Empfinden seines Herren doch jenen bitteren Hauch, den melancholische Erinnerungen an eine bessere Vergangenheit oftmals an sich zu tragen pflegten. So auch das Grinsen, welches Lucas Züge formten, als jener die entstandene Stille durchbrach, um das Spiel fortzusetzen, welches den Anschein trug, als hätten die Muskeln des Antlitzes es ohne willentliches Zutun des Geistes geformt und einer starren Maske gleich dem Krieger ins Gesicht gelegt. Die Frage allerdings, die dem Mund nun entwich, hatte Quintus nicht erwartet, kaum kommen gesehen, sodass nun er es war, der einen Moment lang schwieg, ehe er zur Antwort ansetzte. "Nun..." Doch bevor er den sonderbaren Umstand erklären, ja beinahe rechtzufertigen sich anschicken konnte, brach plötzlich eruptiv eine gänzlich andere Frage aus dem Sklaven heraus, die mit einem unerwartet offenen, aber doch so intensiven Blick einherging, dass Quintus einen Moment gefangen schien von der Ehrlichkeit Lucas. Langsam allerdings schlich sich ein zartes, seltsam versöhnliches Lächeln auf die feingeschwungenen Lippen des jungen Mannes, als dieser mit warmer Stimme und in einem Ton, in welchem unendliche Selbstverständlichkeit mitzuschwingen schien, antwortete: "Aber natürlich. Es liegt mir nichts daran, dich als Sklaven zu besitzen. Doch wirst du dich auch noch in meiner Nähe aufhalten, wirst du die Dinge tun, um die ich dich gebeten habe, als wir zum ersten Mal miteinander sprachen, wenn ich dir die Freiheit schenke? Kannst du mit dem Gedanken der Treue und Loyalität gegenüber mir und der ganzen gens Flavia über die Verpflichtung hinaus leben?", fragte der Flavier, dem viel daran lag, vollkommene Ehrlichkeit in der Beziehung zwischen sich und seinem Sklaven herrschen zu lassen, und der deshalb auch erfreut über die aufrichtige Frage war.

  • Luca bekam natürlich nicht mit, wie der junge Flavier ihn einschätzte, vielleicht heimlich beobachtete oder eben was er so analysierte. Das war auch nicht so ganz Lucas Welt, wenn gleich er glaubte, eine einigermaßen gute Menschenkenntnis sich in seinen Lebensjahren an Erfahrung angeeignet hatte. Aber ebenso sah er in dem Flavier einen Menschen, der sehr gut darin war, im Antlitz seines Gegenübers zu lesen und ehrliches Interesse hatte er ja nicht nur heute durch das "Spiel" geäussert.
    Luca mochte den jungen Römer einfach. Er mochte seine Forderung nach Offenheit und Ehrlichkeit und selbst war er nie arrogant oder herrisch über seine Begleiter, welche ihn nach Germanien begleitet hatten. Er hatte mit ihnen alle Strapazen genauso auf sich genommen, hatte voller Anstrengung geschwitzt, wenig gegessen und geschlafen und zeigte damit um so mehr, dass er sich nicht als etwas besseres fühlte.


    Das gefiel Luca.


    Sicher war der Mann um einiges gebildeter und eloquenter, in seinen Adern floss ein kaiserliches Blut. Und dennoch gab er Luca immer wieder das Gefühl, dass vielleicht sicherlich nicht alle Menschen gleich waren, denn das waren sie nun mal nicht, aber Luca war einfach fasziniert von Quintus Weitsicht und eben dieser Toleranz, ohne dabei plump zu wirken. Quintus strahlte eine angenehme und ruhige Würde aus, ohne den negativen Anstrich von Arroganz.
    Er nahm es seinem Dominus auch keineswegs übel, dass dieser nach Lucas vergangenem Leben gefragt hatte oder somit auch unausgesprochen nach Lucas Familie und als Luca dann bereitwillig, wenn auch knapp davon erzählt hatte, hatte Quintus zugehört, ohne seinen Sklaven mit Blicken unter Druck zu setzen. Luca hätte sich ja auch weigern können. Aber es sprach eben einmal mehr für Quintus Flavius Flaccus, dass es ihn interessierte, dass die Menschen in seinem Umfeld ihn interessierten. Und Luca ging es nicht anders, nur traute er sich noch lange nicht, so offene Fragen zu stellen, obwohl er es dann letztendlich ja auch getan hatte. Und dies ohne falschen Hintergedanken.
    Es war schon seltsam. Luca merkte immer wieder, dass er diesen Mann mochte, auch wenn sie eigentlich so verschieden waren, zumindest vom Stand her. Und hätte er damals die Gedanken seines Dominus lesen können, dass dieser sich einen Vertrauten, einen Freund wünschte, so hätte Luca innerlich gelacht: Denn auch Luca wünschte sich natürlich vertraute Menschen. Zwar würde niemand mehr seine verstorbene Familie ersetzen, aber er hatte nicht nur sie, sondern damals auch viele Freude und Kampfgefährten verloren.


    Nun aber saß er hier mit seinem Dominus alleine auf dem Zimmer und sie unterhielten sich. Und auch wenn Luca erst eine andere Frage gestellt hatte, welche sicherlich genauso persönlich gewesen war, wie die seines Herren, hatte er den Mut und die Offenheit aufgebracht, schliesslich das zu fragen, was ihm das Wichtigste war: Ob er jemals wieder ein freier Mann sein würde ... gesetzlich und anerkannt und nicht nur im Herzen, wenn er fliehen würde. Schon lange hatte er nicht mehr an seine Flucht gedacht, auch wenn dieser Gedanken ihn zeitwährend seit seiner Gefangennahme beschäftigt hatte.


    Und nun war die Frage raus. Und er blickte den jungen Flavier an, neugierig, offen. Aber nicht flehend oder hoffend, denn Luca konnte auch vieler seiner Emotionen verschlossen halten. Denn erst einmal traute er nur sich selbst.


    Aber als sein Dominus dann seine Antwort auf Lucas Frage in Worte fasste, da blitzte es ehrlich in Lucas Augen fast ungewollt etwas auf. Denn in den Worten, welche der junge Flavier sprach, lag so viel Selbstverständlichkeit, dass es Luca fast schon erstaunte. Dabei wusste er eigentlich gar nicht, was er erwartet hatte. Aber Luca spürte, dass es sein gegenüber vollkommen ernst und aufrichtig meinte. Auch wenn er Luca dann sehr ernste und wichtige Fragen stellte. Doch Luca glaubte den genauen Sinn und Zweck dahinter zu verstehen.
    Und Luca blickte seinen Herren einfach nur an, versuchte sein Erstaunen zu verbergen, seine innere Freude, welche gepasst war mit unendlicher Dankbarkeit und der schieren Aussicht, hoffen zu können. Natürlich, wollte er erst einfach nur sagen, aber das wäre zu plump.
    Und Luca liess sich alle Worte der Antwort erst einmal noch durch den Kopf gehen. Hatte sein Herr nun gemeint, wenn er Luca sofort die Freiheit schenken würde, ob er dann noch loyal sei? Warum sollte ihm sein Herr aber so schnell die Freiheit schenken? Nein, dass konnte er doch nicht meinen und so schnell hatte Luca auch dar nicht damit gerechnet.


    Aber Quintus Flavius Flaccus hatte etwas ausgesprochen, von dem er vielleicht nicht einmal wusste, was es in seinem Sklaven auswirkte: Hoffnung. Allein die Vorstellung, in den nächsten Jahren ein freier Mann sein zu dürfen, beflügelte Lucas Geist ungemein. Da kam es auf ein paar Tage, Wochen, ja fast Jahre gar nicht mehr an. Es war rein die Hoffnung und diese spiegelte sich dann auch offen auf Lucas Antlitz wider. Eine Hoffnung, die der junge Flavier vielleicht sehen, aber vielleicht nicht nachvollziehen konnte. Oder doch? War er so einfühlsam? Sklaven waren nun einmal im römischen Reich ganz normal. Viele wurden wirklich nur wie Gegenstände angesehen. Aber Luca spürte, dass es bei seinem Herren anders war. Ehrlich.


    Und so wollte Luca nun seine Antwort mit bedacht, klug und ehrlich wählen. Und so richtete sich der Hüne auf seiner Liege auf und blickte zu seinem Dominus, auch wenn er erneut nicht sofort antwortete. Denn manche Antworten waren nur ehrlich, wenn man darüber nachdachte.
    »Ich danke Euch! Und ... ja ... oder nein ... ich habe nicht vor, Euch den Rücken zu kehren, sobald ich einmal frei sein sollte. Und auch Eurer Familie nicht. Wirklich nicht und ich spreche ja auch nicht von morgen. Lasst es mich Euch beweisen.« sprach dann der Dalmate vollkommen aufrichtig und ohne List in seinen Worten.
    Luca nickte dann leicht, strich sich mit seinen Fingern der rechten Hand sein Haar etwas nach hinten, da er sich von einigen Strähnen in der Stirn gestört fühlte, was ihn ablenkte.
    »Ihr habt mir eh das Leben gerettet ...« setzte er dann fort und nickte. »Damit bin ich euch nicht nur etwas schuldig. Dies ist eine Ehrensache. Selbst wenn es anders gewesen wäre. Ich habe euch versprochen, euch gegenüber loyal zu sein und Euch mit meinem Leben zu schützen, wenn es nötig ist. Wann also ich auch immer frei sein sollte, macht Euch deshalb keine Sorgen. Ich werde Euch darüber hinaus immer treu sein, ob Sklave oder nicht. Denn Ihr habt mir bewiesen, dass ihr ein guter Mensch seid.« sprach Luca mit seinen eigenen, einfachen, aber ehrlichen Worten, ohne Quintus damit himmelhochjauchzend zu loben.
    Und dann erklärte er noch: »Wenn Ihr mich nicht gekauft hättet, wäre ich wohl in irgendwelchen Mienen oder auf der Galeere geendet, denn wenn ich zugebe, war ich schon einmal verkauft, habe mich aber einfach nicht gut fügen können und bin erneut verkauft worden. Ihr ward meine letzte Chance und die will ich nutzen.«


    Luca ging nun nicht mehr auf seine erste Frage bezüglich Frauen und Heirat ein, dafür war das Thema gerade dann doch zu ernst. Aber vielleicht würde er ja später doch noch eine Antwort bekommen. Denn Luca zeigte deutlich, dass auch er es sehr schätzte, so offen und ehrlich miteinander umzugehen, das war einfach die Basis für aufrichtiges Vertrauen. Und Luca wollte gerne mehr als nur ein Leibwächter sein. Auch Luca wollte mehr über seinen Herren wissen, über dessen Zweifel, vielleicht sogar Ängste oder aber auch Wünsche. Denn alles hatte ein Mensch.


    Luca wirkte auf einmal sehr viel entspannter als noch vorher und auch offenherziger. Und er zeigte damit auch, dass er die Worte seines Dominus ernst nahm. Und dennoch besaß Luca weiter seinen Stolz. Anbiedern war nicht sein Ding. Aber er zeigte Quintus auch, dass er ihn schätzte. Er zeigte es ihm mit seiner fast grenzenlosen Offenheit. Und diese auch nur, weil er seinem Herren traute.


    Und Luca hoffte, dass er richtig lag und sich nicht vollkommen täuschte, aber davon war er weit entfernt.


    Und dann lächelte Luca einfach offen. War gar nicht so schlimm das Spiel. Man kam sich doch tatsächlich etwas näher, so hoffte er.



    ---
    Signatur für Luca's Sprache in Posts: Luca spricht griechisch | Luca spricht gebrochen Latein

  • Einen Funken des Feuers, welches die so selbstverständlich klingende Antwort des jungen Flaviers bei seinem Sklaven entfacht hatte, glaubte er zu erahnen, als in den wachen, dunklen Augen des Kämpfers das untrügerische Funkeln der Hoffnung sacht aufblitzte. Kaum jedoch konnte er das tatsächliche Ausmaß freudiger Erleichterung erspüren, welches Luca in diesem Moment erfüllen mochte. Doch die bloße Tatsache, dass er gerade diese Frage gestellt hatte, ließ Flaccus erahnen, wie wichtig es dem Dalmaten war, auch vor dem Gesetz als libertus, als freigelassener Mann zu gelten. Lucas Frage und die Zeit, die verstrich, ehe der Sklave selbst mit Bedacht antwortete, gaben dem jungen Flavius die Möglichkeit, selbst ein wenig über das Schicksal der Sklaven nachzusinnen. Denn wiewohl er seine engsten Vertrauten unter ihnen durchaus wertschätzte , ihnen freundschaftlich verbunden war, und mit Weitsicht und Toleranz begegnete, sah er den weitaus größeren Teil der unfreien Bewohner der flavischen Villa tatsächlich lediglich als lebendigen Teil der Einrichtung an. Diese tiefe Kluft, die einen kleinen, vertrauten Teil der Sklavenschaft vom namenlosen und völlig austauschbaren Rest abgrenzte, durchschnitt auch seine Einstellung sowie seinen Umgang mit ihnen. So seltsam dieser Umstand etwa Luca, der mit der römischen Kultur kaum noch vertraut war, auch anmuten mochte, es war jene Einstellung und jenes Verhalten, welches der junge Mann durch die Erziehung und das Vorbild seiner Eltern und der anderen Verwandten mitbekommen hatte. Auf diese Weise geprägt, hinderte das Quintus jedoch nicht im Geringsten daran, eine durchaus tiefe persönliche Verbindung zu einzelnen Sklaven zu pflegen, zumal jene, im Gegensatz etwa zu seinen Anverwandten, ja auch ständig um ihn waren. Dass er Luca ein großes Maß an Vertrauen entgegenbringen wollte, hatte der junge Flavius bereits früh, möglicherweise gar zu früh, beschlossen, obgleich der durch und durch aufrichtige Dalmate dieses Vertrauen bisher noch nicht missbraucht hatte.


    Nachdem er ein wenig nachgedacht hatte, setzte Luca schließlich zu einer Antwort an, und gespannt lauschte Flaccus seinen behutsam gewählten und klugen griechischen Worten. Sein Vorschlag, die Treue, die der Flavier gefordert hatte, zu beweisen, ließ jenen sanft lächelnd nicken. Zweifellos würde er noch genügend Gelegenheit erhalten, seine Loyalität unter Beweis zu stellen, möglicherweise früher als erwartet. Auch als Luca fortsetzte, und davon sprach, dass es eine Ehrensache wäre, seinem Herrn beizustehen, überzeugte das Flaccus einmal mehr davon, dass er sein Vertrauen nicht in den Falschen gesetzt hatte. Einfach und aufrichtig erklärte der Krieger dem jungen Mann seine Verbundenheit und jener begegnete den Worten mit einem zwar ernsten, doch von Wärme und Wohlwollen erfüllten Ausdruck. Mit einem Male wirkte der Sklave ungleich entspannter als zuvor, schien den Worten seines Herrn Glauben zu schenken, und Vertrauen mit Vertrauen zu erwidern.


    Nun sah der junge Flavius den Zeitpunkt gekommen, den Sklaven auch den Grund ihrer Reise betreffend völlig ins Vertrauen zu ziehen. Und so richtete er sich auf, wie auch Luca es zuvor getan hatte, und blickte ihn ernst an. Möglicherweise war es aller Ehrlichkeit zum Trotz keine sonderlich gute Idee, dem Sklaven alles zu offenbaren, doch Quintus spürte einfach, dass er ihm vollkommen vertrauen konnte, und schließlich hatte er bereits sein Leben in die Hände des Kämpfers gelegt, was also hatte er noch zu verlieren? Mit ernster Miene begann er zu sprechen. „Ich möchte dir erklären, welchen Grund unsere Reise tatsächlich hat, und wieso sie so geheim und auch gefährlich ist." Eine kleine Pause, die letzte Möglichkeit um doch noch einzulenken. "Wir reisen im Auftrag einer Gruppe von Verschwörern, die danach trachtet, den momentanen Kaiser und seinen Sohn zu töten, den Mord aber dem Praefectus Urbi anzulasten und in der Folge einen sittentreuen Mann wahrhaft römischer Gesinnung auf den Thron zu bringen.“, erklärte er mit gesenkter Stimme in beinahe absurd nüchterner Sachlichkeit, um schließlich noch hinzuzufügen: „… Zum Wohle Roms.“ Dann allerdings beobachtete er aufmerksam das Mienenspiel und die Reaktion des Sklaven, um zu sehen, ob dieser seinem Herrn soweit vertraute, dass er die Angelegenheit auch ohne weitere Rechtfertigung akzeptieren würde.

  • Luca konnte es fast noch nicht wirklich fassen. Aber er hatte den Worten seines Herren Glauben geschenkt und war nicht einen Moment dabei, daran auch nur zu zweifeln. Dabei überdachte der Dalmate viel und zweifeln tat er auch, vielleicht zu oft. Und doch war er unerschütterlich in seinem Willen und Geist. Er war nicht der Mann, der schnell aufgab oder resignierte. Immer hatte er den Plan vor Augen, dass er jederzeit fliehen würde können, wenn ihm das Leben zu erniedrigend erschien. Doch das Interessante war, dass dieser Fall bisher noch nicht wirklich eingetroffen war. Natürlich, gefesselt auf dem Sklavenmarkt zu stehen und dann nur gerade mal für 250 Sz. verkauft zu werden, weil er angeblich zu alt war, gehörte nicht gerade zu den erbaulichsten Momenten in seinem Leben. Aber darüber stand Luca inzwischen drüber. Er hatte wahrhaft schlimmeres erlebt.
    Und sein bisheriges Leben als Sklave war weitaus in positiven Bahnen verlaufen, als er sich es in seinen Gedanken ausgemalt hatte.
    Nein, egal was auch in der Vergangenheit alles schief lief, der Verrat eines angeblichen Freundes, der daraus resultierende Hinterhalt der Römer, seine Gefangennahme, die Verwüstung des Dorfes, der Tod seiner Familie und vieler Freunde. Luca lebte und hatte trotz des Leides Glück gehabt. Zumindest sah es Luca so, auch wenn der Verlust oftmals schwer zu ertragen war und er manchmal mit sich haderte, ob er sein momentanes Glück damit eigentlich in eine Waagschale legen dürfte. Aber er wusste auch, dass seine Frau nichts davon gehalten hätte, wenn er aufgegeben hätte.


    Und so beobachtete nicht nur sein Herr Luca, sondern umgekehrt auch dieser ihn, als Luca sprach. Immer wieder sah er dieses leicht wohlwollende, ja freudige Lächeln im Antlitz des jungen Flaviers. Obgleich die beiden Männer vollkommen unterschiedliche Lebenswege bestritten hatte, glaubte Luca an das Schicksal und die Fügung und irgendwie fühlte er sich dem jungen und sehr klugen und weitsichtigen Mann verbunden. Manchmal hatte Luca das Gefühl, dass die beiden sich auch wortlos verstanden. Und dies, obwohl sie sich kaum kannten.


    In der Zeit, in der Luca selber noch fast ein wenig versonnen über die Worte seines Dominus' nachgedacht hatte, war auch dieser in sich gegangen, auch wenn es Luca kaum auffiel und er natürlich keinerlei Ahnung von dessen Gedanken hatte. Aber Luca spürte da irgendwie eine seltsame Kraft und Verbundenheit. Und auch wenn beide Männer ihrem Gegenüber eher dezent ihre Emotionen in der Mimik preisgaben, so war das doch schon weit mehr und offener, als vielleicht bei anderen Menschen, die sich kaum kannten. Vor allem war Luca darüber beruhigt, dass der Flavier ihm von Anfang an Vertrauen entgegenbrachte, denn das war für Luca doch sehr ungewöhnlich. Andersherum aber vertraute auch Luca seinem Herren und auch dies war nicht Gang und Gäbe im Leben des Dalmaten und einstigen Kämpen.


    Und nachdem Luca seine wohl bedachten, aber ernst gemeinten Worte ausgesprochen hatte, nahm er den warmen und wohlwollenden, ja fast zufriedenen Ausdruck seines Herren wahr, der keine Spur von Zweifel erkennen liess. Im Gegenteil. Er glaubte Luca, oder wollte es. EIn Grund mehr, dem Mann zu beweisen, dass es Luca wahrlich ernst meinte. Verrat und Intrigen war nicht das Gebiet des Hünen. Wenn er sein Wort gab, dann hielt er es. Und er sollte sogleich auf die Prrobe gestellt werden.


    Denn sein Dominus wagte nun einen sehr großen Schritt weiter und bewies Luca erstrecht, dass er sich nicht in dem Mann täuschte. Denn dieser offenbarte Luca schliesslich etwas von solch einer prekären Brisanz, dass selbst der Hüne doch erst einmal mit starren Blick und normalerweise herunter hängenden Kiefer dagesessen hatte. Luca schaute tatsächlich fast ungläubig, hatte sich aber soweit unter Kontrolle, dass er seinen Mund nicht offen hatte.
    Was sein Dominus ihm da erzählte, klang fast wie in einer alten griechischen Geschichte. Nur das es da dann eher um die Intrigen der Götter ging, die es ja irgendwie immer schafften, sich gegenseitig eine rein zu würgen, oder sich und die ihren gegeneinander auszuspielen.


    Luca blickte Quintus offen und mit einem erst leicht ungläubigen, aber festen Blick an. Er verengte leicht seine Augen, ohne dabei bedrohlich zu wirken. Im Gegenteil. Luca musste diese Information erst einmal verdauen.
    Und fast hatte der Sklave für einen Moment, am Anfang von Quintus Erzählung, das Gefühl, als würde er doch noch leicht zweifeln, seine Erzählung abzubrechen, was Luca seinem Herren nicht verübeln würde, bei der Brisanz dieser Information. Und Luca glaubte seinem Dominus jedes gesprochene Wort, blickte in seine braunen Augen und dessen so aristokratisches Antlitz. Vollkommen vergessen war seine einstige Frage, warum Quintus nicht verheiratet war. Was für eine banale Frage. Dennoch wollte Luca schon seinen Herren ebenso gut kennen lernen, wie dieser ihn.


    Luca schwieg erst einmal, ohne seinen Herren aus den Augen zu lassen. Doch dabei schaute er nicht zweifelend und schon gar nicht erschreckt. Im Gegenteil. Sein Gegenüber konnte sehen, wie es in Lucas Kopf rumorte. Denn Luca war nun Teil dieser doch sehr enormen, fast mit Worten nicht auszudrückenden Verschwörung. Was hätte der Damate mit diesem Wissen alles anfangen können, auch wenn er nur einen Namen wusste: Den seines Herren. Und vielleicht den des Legaten. Aber in diese Richtung gingen Lucas Gedanken keineswegs.


    Obwohl Luca sonst nicht immer gerne preisgab, wie es in ihm vorging, tat er dies vermehrt bei seinem Herren, was auch ein Vertrauensbeweis war, auch wenn dieser es nicht als solchen sehen sollte. Denn Luca schluckte sichtbar undstrich seine Strähnen aus seinem Gesicht, als brauchte er Durchsicht.


    Und dann begann Luca etwas darauf zu sagen, wieder sehr bedacht und nicht voreilig.
    »Nun, Dominus. Ich weiss Eure absolute Offenheit zu schätzen und gebe zu, dass ich dennoch etwas perplex bin über beides: Über Eure Offenheit mir gegenüber, für die ich mich vor Euch verneige ...« Luca deutete dann aber nur ein Nicken an, denn es war nicht so bildlich gemeint. »Zum anderen natürlich über die Verschwörung an sich. Dies ist mehr als nur eine weitreichende Angelegenheit und bedarf tatsächlich äusserster Vorsicht. Auch ich will offen sein: Ich kenne Euren Kaiser nicht und auch nicht dessen Sohn und wenn ich ehrlich bin, sind mir die beiden auch egal. Ihr seit ein gebildeter Mann, ich traue Euch da einfach, dass Ihr das richtige tut. Versteht das nun aber bitte nicht falsch. Meine Freiheit in unbekannter Zukunft ist eine Sache, eine solch politische Verschwörung eine andere.«


    Luca würde sich nun sicherlich noch weit aus mehr Gedanken machen. Aber eines wollte er klarstellen. Und unterstrich daher noch einmal: »Ich danke Euch. Und ich werde an Eurer Seite sein, um Euch zu schützen. Egal was kommt.
    Und selbstverständlich bleiben meine Lippen verschlossen!!«

    Luca nickte ernsthaft und hatte keine Fragen. Er kannte sich mit dieser Art Politik nicht aus. Sicherlich hatte er Fragen, aber die konnte er auch später stellen.
    »Ich vertraue Euch da voll uns ganz, Dominus Quintus Flavius Flaccus.« Erneut nickte Luca voller Offenheit.


    Wahrscheinlich würde der einstige Rebell diese Nacht nicht ein Auge zu machen ...


    ---
    Signatur für Luca's Sprache in Posts: Luca spricht griechisch | Luca spricht gebrochen Latein

  • Bedachtsam erklang die Stimme des Sklaven erneut, nachdem jener einige Momente lang über das ungeheuerliche, ganz und gar abstruse und von kaum in Worte zu fassender Brisanz gezeichnete Gesagte nachdachte. Einen Moment lang fürchtete der junge Flavius erschüttert, dass er unter Umständen zu viel gewagt, das Schicksal allzu sehr herausgefordert hatte. Würde Luca, der erst vor wenigen Augenblicken durch einen plötzlichen Ausbruch starker Emotionalität, verbalisiert in der Frage, die klang, als ob sie ihm die wichtigste überhaupt wäre, aufgezeigt hatte, wie viel ihm die rechtliche Freiheit bedeutete, wenn es ans Äußerste kam, und sich ihm eine Gelegenheit böte, sofort die Freiheit zu erlangen, im Gegenzug dafür gegen seinen Herrn wenden? Flaccus konnte förmlich spüren, wie es im Kopf des Kriegers rumorte. Luca war klug, zweifellos hatte er sofort verstanden, dass sein Herr in nichts Geringeres als hochverräterische Machenschaften verstrickt war, und auch, dass diese Information, so er sie zu nutzen wusste, durchaus zu seinem persönlichen Vorteil gereichen könnte, weit über die wiedererlangbare Freiheit hinaus. Unzweifelhaft war es dem Kämpfer auch ein Kinderspiel, den jungen Mann zu überwältigen, ja vermutlich selbst die beiden anderen Begleiter in Schach zu halten, die zu dieser fortgeschrittenen Stunde, vermutlich vom Wein und dem germanischen Bier bereits einigermaßen benebelt, dem nüchternen Kämpfer mit seinem messerscharfen Verstand nicht mehr allzu viel würden entgegensetzen können. Länger und länger dauerte die Stille an, und mit kalten Fingern kroch im jungen Flavier das Schaudern hoch und griff nach seinem Herzen. Deutlich hörbar schluckte Luca und Flaccus‘ Antlitz behielt denselben, beinahe versteinerten Ausdruck bei, der auch in der vorangehenden Pause sich der flavischen Miene bereits bemächtigt hatte. Und so lauschte er den Worten des Dalmaten und sein Blick lag in seinen dunklen Augen, in denen er schlichtweg kein Anzeichen von Verrat zu erkennen vermochte. Aber auch die Worte, die griechisch und beruhigend an das Ohr des jungen Mannes drangen, ließen nicht auf einen Vertrauensbruch des Kämpfers schließen, vermochten so gar Flaccus' Anspannung zu mildern, ehe der aufrichtige Treueeid des Sklaven dessen Herrn endgültig einen gewaltigen Stein vom Herzen fallen ließ. Die letzten Worte verklangen, und Luca nickte voller Offenheit. Da erfasste mit einem Mal solche Erleichterung das Herz des jungen Flavius, solche Freude darüber, dass er in diesem schwierigen Kampf einen aufrechten und tapferen Mitstreiter gewonnen hatte, dass er seinem Sklaven ein Lächeln schenkte voller aufmunternder Dankbarkeit und Wärme. "Und ich danke dir dafür und vertraue dir ohne Zögern mein Leben an." Er wusste, dass es für Luca nicht leicht sein mochte, in dieser Angelegenheit Recht und Unrecht zu trennen, zumal er sich einem Mann verpflichtete, den er kaum noch kannte, einem Römer jedoch, Mitglied eben jenes Volkes, welches ihm die Freiheit, seiner Familie aber das Leben genommen hatte.

  • Für Luca war es tatsächlich nicht leicht. Das erkannte sein Dominus in seinen stillen Gedanken wahrlich richtig. Doch was war es, was Luca zu diesem Vertrauen bewegte? Seinem Herren dennoch beizustehen und nicht einfach heimlich oder offen in den Rücken zu fallen? Was war es, dass er nicht anders handelte, dass er sich nicht viel mehr davon versprach, als irgendwann einmal "frei" zu sein, mit einem dennoch auf gezwänkten Namen, der deutlich machte, dass er einst ein Sklave war? Für Luca war es klar und deutlich: Er war ein Ehrenmann. Er wusste zu überleben, irgendwie, auch wenn er sehr viel verloren hatte. Mehr als viel. Seine Familie, sein Dorf, seine Freunde und seine Heimat. Doch dennoch gab es etwas, dem er immer treu geblieben war: Die ehrenhafte Standhaftigkeit. Ein Mann, der sein Wort nicht hielt, war für ihn kein Mensch, sondern ein verdammter Lügner, der in den Hades gehörte. Und Luca hatte es seinem Dominus versprochen, ihm treu zur Seite zu sehen. Damals in Rom und erneut heute hier. Egal, in welche verrückten, ja äusserst gefährlichen Machenschaften dieser verstrickt war. Nun war Luca ein kleiner Teil davon. Es war ihm sicherlich nicht egal. Es bedeutete für ihn, dass er noch mehr Vorsicht walten lassen musste. Ja, er musste seinen Herren dringend im Kampf ausbilden, denn es konnte ja auch mal vorkommen, dass Luca nicht an der Seite seines Herren war, oder das er diesen zwar verteidigte, aber schwer verletzt am Boden lag. Luca wusste um seine Kräfte und um seinen Kampfwillen, aber auch Luca war nur ein Wesen aus Fleisch und Blut und verletzlich.


    Und so schaute Luca offen zu seinem Herren. Das hatte er auch getan, als er zu ihm gesprochen hatte und er glaubte, in den Augen, im Antlitz seines Herren erst Zweifel, dann aber eine grenzenlose Erleichterung zu sehen, wenn er sich nicht irrte. Innerlich liess es Luca schmunzeln, aber eben nur innerlich, er zeigte es nicht. Das sein Herr, den er kaum kannte und der eben auch Luca kaum kannte, an ihm erst ein wenig zweifelte, war in Lucas Augen nur verständlich. Eben genau aus dem Grund: Man kannte sich nicht und Luca stand ja nicht auf der Stirn geschrieben, dass er es mit seinen Versprechen ernst meinte.
    Aber Luca tat es, meinte es ernst. Mehr noch: als er immer wieder an den Verrat eines "Freundes" dachte, dem er einst vertraut hatte, war ihm klar geworden, dass er seinen Weg bestreiten wollte und zwar nur auf eine Weise: Auf die ehrliche. Etwas anderes kam für ihn nicht in Frage. Denn, wie sollte es sein, wenn man einmal mit dem Lügen und Betrügen anfing? Wo sollte es enden? Und wem sollte man dann noch vertrauen können, wenn man sich vielleicht nicht einmal mehr selber vertrauen konnte.


    Luca war sicherlich alles andere als perfekt. Aber er war ehrlich und freute sich daher natürlich, dass sein Herr dies wohl erkannte. Denn zuerst bemerkte Luca den versteinerten Ausdruck auf dem Antlitz seines Herren, spürte förmlich dessen Frage: Kann ich Luca vertrauen? Oder würde er das Wissen nun zu seinen Gunsten nutzen und alles war vorbei? Dann aber war spürte Luca, wie die dunkelbraunen Augen seines Herren sich unweigerlich in Lucas dunkle Augen bohrte, voller spannender Erwartung und als Luca ausgesprochen hatte, was er aufrichtig meinte, sah er die erleichterte Entspannung. Fast musste Luca ja schmunzeln, denn ja, er war alles andere als dumm. Er hatte die Zweifel gesehen, fast ein wenig die Angst. Was hätte Luca alles in seiner Macht stehende tun können: Ja, es war für einen Augenblick Macht, die er in sich spürte und über seinen Herren. Aber auch wenn Luca wusste, wie nützlich Macht über andere bedeuten konnte, so versuchte er diese niemals wirklich einzusetzen, und wenn nur so, dass es allen Beteidigten zum Nutzen war. So, wie er eben dazu gewählt worden war, der Anführer der Rebellen zu sein. Eine große Ehre war das damals gewesen und viele Schlachten gegen die Römer hatten sie aus den Bergen bezwingen können. Aber Macht war ein sehr zweischneidiges Schwert: Missbrauchte man sie, war man zum Scheitern verurteilt, über längere Zeit.


    Daher mochte Luca die Macht nicht wirklich, nutzte sie nur sparsam. Es war nicht seine Intention, Macht auszuüben. Denn er selber hasste es, wenn man Macht auf ihn ausführte.


    Und so schaute er nun seinen Dominus einfach nur an, dessen Gesichtszüge sich etwas entspannten. Und Luca freute es, seinen Herren nicht zu enttäuschen. Auch wenn er ein Römer war und zu dem unsäglichen Volk gehörte, die nicht genug von der Welt bekommen wollten ... und Luca vernahm dessen Worte.
    Luca war dennoch ernst. Denn die Lage war sehr ernst.
    Doch Luca nickte. Aber er war wieder nicht unterwürfig, als er sprach: »Ich danke Euch, dass Ihr mir Euer Leben anvertraut. Ich hoffe, ich werde Euch nicht enttäuschen. Es ist keine einfache Sache, aber ich werde es mit besten Willen und all meiner Kraft tun. Denn ich habe es nicht nur versprochen, sondern ... « Und dann zog Luca scharf seine Luft ein, denn er war nun auch am Überlegen, ob er das Richtige sprach. Setzte dann aber fort: »... ich tue es auch, weil ich Euch sehr schätze ...«


    Luca war nun einmal ehrlich.

  • Neben der Erleichterung, die das Verhalten und die Worte des Sklaven im Blick des jungen Flaviers bewirkten, hatte sich auch noch eine andere Empfindung der dunklen Augen bemächtigt, die für gewöhnlich so wach im Antlitz des Mannes funkelten. Es war dies ein Hauch von Stolz, der in seinem Blick lag. Stolz aufgrund des aufrechten und ehrenhaften Charakters des Dalmaten, Stolz auf die gute Beziehung, die erst langsam aufkeimend doch schon erste Knospen trug, in zukünftigen Tagen aber noch ehrlicher, noch tiefer, noch wahrhafter zwischen den beiden Männern blühen sollte. Dennoch war der Blick des Sklaven ernst. Die Umstände waren ernst, und falscher Leichtsinn konnte nicht nur den Erfolg der Mission gefährden, sondern im schlimmsten Fall auch den Tod der Männer bedeuten. Und abermals nickte Luca, wie immer nicht unterwürfig, sondern in seiner stolzen, aufrechten Art, als er dem jungen Flavius erneut bekräftigte, dass jener sein Vertrauen nicht in den Falschen gesetzt hatte, da er versprach, all seine Anstrengung und Kraft darauf zu verwenden, seinen Herrn nicht zu enttäuschen. Sein letzter Satz allerdings, den er erst nach einem kleinen Moment des Innehaltens über die Lippen brachte, berührte Quintus tief in seinem Innern. Einen Augenblick wandte er den Blick ab zum Fenster und dem pechschwarzen Himmel, ehe seine dunklen Augen Luca erneut, direkter denn je, fixierten, und er mit etwas belegter Stimme sprach. "Und ich schätze dich hoch, Luca, Führer der Krieger." Kaum waren diese Worte über seine Lippen gekommen wandte er sich erneut ab, nicht weil er nicht ehrlich gesprochen hätte, sondern weil dieses Gefühl der respektvollen Hochachtung, welches er vor seinem Sklaven empfand, ihn unweigerlich an den alten Nikódemos erinnerte, und Bilder in seinen Kopf drangen, die alte Wunden aufbrechen und die schwarzen Schatten der Melancholie über seine Seele hereinstürmen ließen. Er war an das Fenster getreten, wo er nun stur in den tristen Nachthimmel starrte, als ob in der trostlosen Finsternis Beruhigung für seinen gequälten Geist zu finden wäre. Lautlos löste sich eine einzelne Träne aus dem Kranz seiner Wimpern und wanderte langsam die hohen Wangen hinab, ehe Quintus sie mit einer unwirschen Handbewegung wegwischte, an seine Schlafstatt trat, und, ohne Luca dabei anzublicken, schlicht meinte: "Ich denke, du hattest zuvor recht. Es wäre besser, ich ruhe mich für morgen aus. Teile die Nacht mit den anderen beiden in gleich lange Schichten zur Wache auf, wenn sie zurückkommen." Dann legte er sich nieder, wandte dem Sklaven aber seitlich liegend lediglich den Rücken zu und noch lange verriet unregelmäßiges Atmen, dass der junge Flavier noch zu aufgewühlt war, um Hypnos' Reich tatsächlich anheim zu fallen. Erst nach einer geraumen Weile beruhigte sich der Atem schließlich, und sanft glitt Quintus aus der rauen Wirklichkeit in eine seltsam surreale Traumwelt.

  • Luca hatte seinen Dominus nicht aus den Augen gelassen. Wenn er einen Menschen so direkt ansah, dann nicht, um ihm irgendwie zu drohen oder das Gefühl zu geben, sondern um ihm zu zeigen und zu verdeutlichen, das Luca ganz bei der Sache war. Und auch wenn es manche Menschen nicht mochten, so direkt angeschaut zu werden, so war es eben Lucas Sprache der Mimik die ganz deutlich zeigte: Ich höre zu, versuche zu verstehen. Das war Luca wichtig, egal, wie es jemanden anmutete, denn Lucas Blick konnte sehr fest, durchdringend und sogar fast fordernd sein. Aber Luca schaute nicht fordernd. Er schaute interessiert und zeigte damit auch auf seine Weise seine Offenheit.


    Es war nicht jedem Menschen vergönnt, einem langen Blick eines Menschen stand zu halten. Es kam auf das innere an, was diesen Menschen ausmachte. Auf die Stärke oder auch Schwäche. Es kam darauf an, was jemand auszuhalten von sich wusste, wie jemand etwas richtig oder falsch interpretierte. Luca starrte nicht, bohrte nicht mit seinem Blick. Er blickte. Interessiert und sehr aufmerksam. Natürlich auch um die Reaktionen des Antlitzes zu deuten. Und in diesem Fall ging es Luca erneut nur darum, in dem Antlitz seines Gegenübers zu lesen. Nicht, weil er dessen Worte nicht traute. Aber ein Blick sagte weit mehr aus als 1000 Worte.


    Und Luca spürte die Erleichterung seines Gegenübers. Und war froh, dass dieser ihm mehr und mehr traute, seinen es Lucas Worte, oder eben seine Gesichtszüge, aus denen der Flavier hoffentlich richtige und deutliche Aufrichtigkeit lesen konnte. Und es schien so, was wiederum Luca erleichterte. Nichts war schlimmer, als eine Ewigkeit den anderen studieren zu müssen, immer im Unklaren zu sein, woran man war. So war also auch Luca erleichtert, denn es war ihm wichtig, dass sein Dominus ihm nicht nur glaubte, sondern, dass er es sich auch verinnerlichte. Denn auf Luca lag eine große Last, eine Last, die er erst nicht gerade sehr freiwillig auf sich genommen hatte, nun aber gerne annahm: Seinen Herren zu schützen. Warum Luca das tat, wusste er inzwischen: Er schätze den Mann, der immer offen und aufrichtig zu ihm gewesen war. Und nicht nur, weil er ihm versprach, dass Luca irgendwann wieder ein einigermaßen freier Mann sein würde. Luca verband etwas mit seinem Dominus, auch wenn er es niemals auch nur erwägen würde, es jemals auszusprechen. Fast fühlte sich Luca an seinen kleinen Bruder erinnert. Aber das sein einst oder auch nicht an anderer Stelle geschrieben.


    Luca aber bemerkte, dass dieser Moment etwas sehr besonderes hatte. Ob er es wirklich ahnte, sei dahingestellt, ob er es fühlte auch. Vielleicht glaubte Luca ein wenig Stolz zu sehen in dem Mann ihm gegenüber. Stolz, dass er sich nicht in Luca geirrt hatte. Aber nein, da war mehr, denn Stolz wäre zu einseitig, zu egoistisch gewesen. Was es auch immer war, Luca fühlte ähnlich. Denn sein Dominus gab ihm immer weniger das Gefühl, nur ein Möbelstück zu sein. Nein, mehr noch: Er hatte Luca niemals dieses Gefühl gegeben.
    Nein, Luca beschlich ein angenehmes, wenn auch noch seltsames Gefühl: Da war irgendwie eine Verbindung oder sie baute sich gerade auf zu seinem Dominus. Und wenn Luca etwas schätzte, so war es Vertrauen. Und das, obwohl er selber damals von einem Freund an die Römer verraten wurde. Einige Zeit hatte Luca den Mann gehasst. Starben doch so viele. Auch seine Familie, aber der Mann hatte seine eigene Familie retten wollen, ein Umstand, der sehr gut nachzuvollziehen war, aber auch der viel von dem Gewissen eines Menschen abverlangte: Sein eigen Blut retten und damit andere verraten. Oft hatte Luca überlegt, wie er wohl gehandelt hätte und er war nur zu Bruchstücken einer Lösung gekommen. Denn zwischen Menschenleben abwägen isst keine feine Sache. Luca hatte immer noch keine Antwort. Aber er war ein Mann, der auch nach vielen anderen Lösungen suchte. Er hätte vielleicht seine Familie noch tiefer in die Berge bringen können, fort von den Römern.
    Egal.
    Hierum ging es nun nicht.


    Luca glaubte dann aber erneut etwas zu spüren, was die zwei so unterschiedlichen Männer vielleicht noch näher zu einander brachte. Es war der Blick des Flaviers, als Luca einfach offen aussprach, dass er ihn schätze. War der Mann solch offene Worte nicht gewöhnt? Sprach man in Rom nicht so ehrlich? Das mochte sein. Ein anderer hätte aber vielleicht gelacht, da es ihm egal gewesen wäre, dass sein Leibwächter ihn schätzte. Luca wusste es nicht. Wusste nicht, wie andere da dachten, fühlten, sinnierten. Quintus war eben anders. Hoffe Luca und glaubte es irgendwie zu spüren und hoffte, dass auch er nicht enttäuscht werden würde, denn natürlich war der Dalmate nicht perfekt. Auch Luca konnte sich irren.


    Doch dann kam nur der eine Satz. Das sein Dominus ihn hoch schätze und Lucas Herz brach auf und war für einen Moment sehr empfänglich für alles, denn damit hatte er nun nicht gerechnet. Und dann nannte ihn der Mann auch noch "Führer der Krieger ..." Luca fühlte sich ehrlich sehr geschmeichelt, aber er wusste, dass es hier um mehr ging, ahnte es. Dabei fand er den Titel etwas übertrieben, schliesslich hatte Luca versagt.


    Aber er nahm diese sehr positive Äusserung einfach an. Und ja, Luca war tief berührt. Er hatte damit nun wirklich nicht gerechnet.
    »Ich danke Euch, Dominus, dass weiss ich wahrlich zu schätzen ...« sprach der Hüne offen und dankbar aus. Doch mehr sagte er nicht.
    Er nickte auch nicht, eigentlich tat Luca gar nichts. Denn sein Herr wandte sich ab. Warum? Waren seine Worte nicht ehrlich gesprochen? Warum hatte er Lucas Blick nun bei solch bedeutsamen und schönen Worten nicht standgehalten? Meinte er sie nicht ernst?? Aber warum sollte er sie dann aussprechen.


    Es dauerte nicht lange, da schien Luca ein wenig zu begreifen. Natürlich kam Luca nicht darauf, aber die Art, wie sich sein Herr abwandte und zum Fenster trat, schien zu zeigen, dass er mit seinen Gedanken an etwas anderes war. An was auch immer. Sein Herr schaute dann fast versonnen aus dem Fenster. Aber er wirkte so, als würde er nicht wirklich das reale sehen. Sondern etwas in seinen Gedanken. Luca kannte das nur zu gut. Außerdem war draussen Nacht und somit kaum war zu sehen.


    Erst wollte Luca nach einer Pause noch etwas sagen, aber er behielt es für sich. Es oblag ihm nicht, seinen Herren nun etwas zu fragen. Nicht, weil Luca unterwürfig war, sondern weil genug gesprochen und ausgesprochen war und es an der Zeit war, zu respektieren und akzeptieren. Hätte sein Dominus noch etwas sagen wollen, hätte er es getan. Und so wartete Luca ab, wenn auch zugegeben etwas ungeduldig. Und was hatte Luca doch noch für Fragen, wäre Quintus sein Kampfgefährte gewesen, den mit seinen Männern hatte er eben auch ein sehr inniges und offenes Verhältnis, was wichtig war. Luca war jederzeit offen für Pläne, Kritik oder Vorschläge. Doch bei seinem Dominus war es dann doch noch etwas anderes. Auch wenn dieser immer darauf beharrt hatte, dass Luca ehrlich und aufrichtig sein sollte, hoffte der Hüne die Situation irgendwie richtig einzuschätzen und schwieg. Sein Herr war auf seine Weise ehrlich. ehr wollte Luca nicht erwarten, noch nicht. Später.


    Denn dann glaubte Luca zu sehen, dass dieser sein Antlitz vor Luca verbarg. Aus Scham? Kein Problem, dass kannte Luca. Denn diese eine Handbewegung, zeigte ihm irgendwie alles, auch wenn Luca die Träne nicht gesehen hatte. Luca hielt sich zurück. Er wusste nämlich, wie er sich in so einer Situation fühlen würde, bloss nichts zeigen und hoffen, das es niemand sieht.


    Und so sagte Luca nichts, sah nur, wie sich sein Dominus schliesslich zu seiner Schlafstatt bewegte, sich dort niederliess und auch wenn er Luca dann den Rücken zukehrte, nahm es ihm sein Sklave nicht übel. Er sprach dann nur noch, nachdem sein Herr wegen der Wache gesprochen:
    »Natürlich, Dominus, Ich bekomme das schon hin. Schlaf gut!« Mehr hatte Luca nicht mehr gesagt, auch wenn er hätte noch einiges sagen oder fragen wollen, denn er wollte nicht, dass sein Herr sich noch Gedanken machte. Und es war ja noch so viel Zeit. Aber Luca hatte sich vorgenommen,, sehr ernst mit seinem Dominus später zu reden. Auch was dessen Selbstverteidigung anging, auch wenn sie bisher nicht in Gefahr waren.


    Luca saß dann noch sehr lange auf seinem Bett, bekam mit, dass sein Dominus nicht sofort einzuschlafen schien, sondern ihn noch vieles bewegte, aber das war ja kein Wunder. Bei dieser Mission und auch wenn es noch andere Dinge waren, er war ja auch nur ein Mensch, den sicherlich so einiges plagte. Und so liess er ihn einfach in seinen Gedanken, die jeder auf seine Weise hatte.


    Doch irgendwann glaubte Luca, dass sein Herr eingeschlafen war.
    Noch lange saß Luca auf seiner eigenen Schlafstatt und er wusste: Das würde keine einfache Nacht, aber auch nicht eine der Schlimmsten.
    Luca hielt dann Wache. Stunden. Irgendwann kamen die zwei anderen Sklaven zurück. Luca musste sie etwas bremsen, damit sie still sein sollten, aber er bemerkte schon, dass sie es sich hatten gut lassen getan und betrunken waren. Und so sagte er nichts wegen der Wache. Luca war wach genug und hing gerne noch ein paar weitere Stunden seinen Gedanken nach. Und so hielt Luca, entgegen dem Befehl seines Herren, die ganze Nacht Wache alleine. Luca hatte aber genug Dinge, über die er sich Gedanken machen konnte, ohne einzuschlafen.


    Das er am nächsten Morgen etwas übernächtigt wirkte, schaffte der ehemalige Krieger gut zu kaschieren. Er war das gewohnt. Auch wenn er sich dadurch erneut etwas Sorgen machte, dass er seiner Position als Leibwächter nicht mit ganzen Herzen und Elan nachkommen konnte. Aber die beiden anderen Sklaven hatten auf ihn einfach nicht den Eindruck gemacht, dass sie einer mehrstündigen Wache standhalten würden. Außerdem waren sie so angeheitert, dass Luca ihnen ihren Abend irgendwie nicht vermiesen wollte. Außerdem sah Luca einfach nicht, dass sie eine große Hilfe in ihrem Zustand gewesen wären.


    Am nächsten Morgen schaffte Luca dann für alle ein deftiges Frühstück heran. Er wirkte leicht müde, versuchte es aber eben nicht zu zeigen. Und dann nahm er sich die zwei aber dennoch zu Herzen, jovial, aber sehr klar und dass sie heute sehr wach sein sollten. Obwohl die zwei älter waren als Luca, nahmen sie sich Lucas Worte zu Herren, denn Luca hatte das Talent, Menschen gegenüber fair zu sein, aber eben auch manchmal bestimmend. Fast fühlte sich Luca ein wenig in jene Zeit versetzt, wo er seine Männer haart, aber fair angeführt hatte.


    Und nach einem guten Frühstück ging es erneut auf eine anstrengende Reise nach Rom.


    Sim-Off:

    Auch dieser Thread ist dann nach Abspache beendet.


    ---
    Signatur für Luca's Sprache in Posts: Luca spricht griechisch | Luca spricht gebrochen Latein

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!