Kandidatur zum Curus Honorum [08/11] - Quintus Flavius Flaccus

  • Auch wenn der Consul diesmal das Gefühl hatte, etwas weniger Kandidaten als bei früheren Wahlen auf der Liste zu haben, trug er sie trotzdem genauso monoton und mit wenig Elan vor, wie er es von anderen Consuln erlebt hatte.


    "Ich rufe auf Quintus Flavius Flaccus. Er möge vortreten, um seine Kandidatur zum Vigintivirat zu erklären."

  • Hier war er nun also. Jener Tag, der in den persönlichen Annalen eines gewissen jungen Flavius lange noch als von herausragender Bedeutung hervor strahlend betrachtet werden würde. Nach außen den Schein stoischer Ruhe und Geduld wahrend, war er in seinem Inneren doch positiv aufgeregt und voll freudiger Erwartung. Im Grunde fühlte er sich sehr gut gewappnet für diesen Moment, da er der versammelten Nobilität der Stadt seinen Eintritt in den Cursus Honorum würde erklären dürfen, konnte er doch auf das solide Handwerkszeug seiner rhetorischen Ausbildung ebenso bauen, wie auf die zahlreichen Bekanntschaften, die er unter den ehrenvollen Männern des Senats seit seinem tirocinium bei dem Consular Purgitius Macer schließen hatte dürfen. So war keinerlei Angst oder Furcht in ihm, als er darauf wartete, dass schließlich sein Name ausgerufen werden würde, sondern lediglich jenes angenehme Gefühl der Vorfreude, wie es etwa auch den Stunden vor dem glücklichen Zusammentreffen mit geliebten Menschen anzuhaften pflegt. Schließlich kam auch der große Moment, da einer der Consuln in beinahe gelangweiltem Ton den Namen des Flaviers kundtat, und jener, gehüllt in die strahlend weißen Bahnen der toga candida, in die Mitte der Senatoren trat um seine Kandidatur zu erklären. Von schlankem Wuchs und edlem Aussehen, gab er tatsächlich das Bild eines vir vere Romanus ab, als wäre er geradewegs, von Götterhand zum Leben erweckt, von den Reliefen der Ara Pacis Augustae herabgesprungen. Nun ruhten die Augen zahlreicher Senatoren auf ihm und es wurde einigermaßen ruhig in der Curia, wenngleich natürlich keineswegs alle Gespräche gänzlich verstummten, zumal es bisher lediglich um die Besetzung der magistratus minores ging.


    „Patres conscripti.“, begann der junge Mann also laut und klar, um sich einigermaßen Gehör zu verschaffen. Seine Rede hatte er sich in Grundzügen zurechtgelegt und musste nun lediglich noch das Kunststück vollbringen, so knapp wie möglich zu sprechen, um die Aufmerksamkeit der Senatoren bei sich zu behalten, gleichzeitig jedoch auch die profunde rhetorische Ausbildung, die er in Athen genossen hatte, wenigstens erahnen zu lassen. „Es ist mir eine große Ehre und Freude, heute hier in der toga candida stehen zu dürfen, um mein Wort an euch zu richten.“ Sein Blink huschte flink über die Reihen der purpurverbrämten Togen, um kurz an jenen Gesichtern hängen zu bleiben, die er zu kennen glaubte.


    „Ich bin Quintus Flavius Flaccus, der Sohn des Cnaeus Flavius Flaccus, ein Enkel des Appius Flavius Bellienus, eingeschrieben in die tribus Collina und damit ein Abkömmling jener Gens, die wie kaum eine andere ihr Wirken in den Dienst Roms gestellt hat. Die Divi Flavii Vespasiani zählen zu meinen Ahnen, und möglicherweise werdet ihr deren Tempel erblicken, wenn ihr die Curia verlasst, möglicherweise wird euer Weg auch durch den Bogen des vergöttlichten Titus Vespasianus führen oder vorbei am Amphitheatrum Flavium. Ruft euch die Leistungen dieses Geschlechts für die Stadt und den Staat vor Augen, lasst euch davon jedoch nicht blenden!" Ein kühner Schritt, den der junge Flavius jedoch wohlüberlegt gesetzt hatte. Zunächst galt es auf die beeindruckende Ahnenreihe zu verweisen, um im Anschluss daran, seine eigenen Qualitäten klar zum Ausdruck bringen zu können.


    „Denn vor euch steht ein junger Mann, in dessen Adern wohl das Blut seiner Ahnen fließen mag, der sich jedoch auch durch sein eigenes Wesen und nicht nur durch Herkunft oder Abstammung für den Eintritt in den Cursus Honorum empfiehlt. Kaum jemand hier wird wohl den Namen meines Vaters kennen, und das ist kein Wunder. - Er beschritt nicht die Ämterlaufbahn, zeichnete sich nicht durch große Siege oder andere hervorragende Leistungen aus. Umso stärker brennt jedoch in mir das Feuer, den mores maiorum treu mich einzusetzen für die Stadt und das römische Volk, dessen Überlegenheit bis an die Grenzen der Welt sich erstreckt, und dem sich kein anderes Volk an Tapferkeit, Eifer, Rechtschaffenheit und edlem Wesen vergleichen kann. Die praefatio war knapp vorüber gebracht, nun galt es, zum Kern der Rede voranzuschreiten, welcher die Person des Flaviers den Senatoren vorstellen und bekannt machen sollte.


    Ich widmete mich also meinem Eifer für die Wissenschaften zunächst in Athen, wo der Gelehrte Xenophanes zu meinen Lehrern zählte, der mittlerweile die überaus angesehene Position eines philologos am Museion in Alexandria bekleidet, und dessen Exzellenz in wissenschaftlichen Fragen den Gebildeten im ganzen Reich wohlbekannt sein dürfte. Als mein Vater starb, kehrte ich jedoch aus Achaia zurück nach Italia und wandte mich schon wenig später gen Rom. Mein allzu junges Alter verbat es mir, zu diesem frühen Zeitpunkt bereits ein Vigintivirat anzustreben, sodass ich die Zeit nützte, um zunächst mein kultisches Wissen als discipulus im cultus deorum zu vertiefen, wo ich von der ehrbaren Iunia Serrana, der Gattin des verdienten Senators Germanicus Sedulus, in umfassender Weise ausgebildet wurde. Sodann wurde mir durch die cooptatio in die überaus honorable Bruderschaft der Arvalen die einzigartige Möglichkeit gegeben, mein Wissen auch in den verschiedenen komplexen Zeremonien und Ritualen der alten Feste weiter zu vertiefen.


    Um auch politische Erfahrung zu sammeln, durfte ich ein tirocinium fori bei dem höchst ehrenvollen Senator Purgitius Macer leisten, welches glücklicherweise gerade in die Zeit seines Konsulats fiel und mir demnach vielfältige Möglichkeiten gab, mich mit der Politik in Rom vertraut zu machen. Natürlich ließ ich meine Studien deshalb nicht ruhen und wurde für meine Arbeiten an der Schola Atheniensis bereits mit diplomae ausgezeichnet, während ich mich auch an der Academia Militaris Ulpia Divina mit Grundfragen des Militärwesens befasste. Überdies wurde mir die unaussprechliche Ehre zuteil, den glanzvollen Consular und Pontifex pro Magistro Tiberius Durus als Patron zu gewinnen, der mir in politischen wie auch kultischen Fragen stets weise Ratschläge zuteil werden lässt.“ In gemessenem Tempo sprach der junge Mann, laut und klar, und würzte seine kurze Rede an den richtigen Stellen durch kleine Pausen, um dem Gesagten dadurch noch mehr Gewicht zu verleihen. Nun war im Grunde lediglich ein Punkt noch zu klären, welchen der Flavius auch sofort ansprach.


    „Sollte ich schließlich für würdig befunden werden, Rom als vigintivir zu dienen, so würde ich das Amt eines tresvir aere argento auro flando feriundo anstreben - jenes allzeit rühmliche Amt für junge Männer aus vornehmen Familien - und meinen Eifer fortan darauf richten, nach Recht und Gesetz Kupfer zu schlagen nach Beschluss des Senats, Silber und Gold aber nach Weisung des Kaisers.“ Gewiss eine ehrenvolle Aufgabe und darüber hinaus bildeten die monetales zweifelsfrei auch die angesehenste Gruppe innerhalb der Zwanzigmänner, sodass diese Positionen für gewöhnlich ohnehin lediglich an Patrizier vergeben wurden.

    „So habt Dank für eure Aufmerksamkeit und die Ehre, hier meine Worte an euch richten zu dürfen, ehrenvolle Senatoren.“, schloss er die Rede ab und war nun bereit, sich den Worten der Senatoren zu stellen.

  • Für Durus war es immer wieder ein besonderer Tag, wenn ein Klient sich um ein politisches Amt bewarb. Und insbesondere, wenn es ein vielversprechender Kandidat war - wie in diesem Jahr. Flavius Flaccus war dem alten Tiberier stets besonders reif und gebildet erschienen, schien gar als Puer Senex geboren zu sein.


    "Als sein Patron kann ich euch diesen jungen Mann bestens empfehlen, Senatores. Er unterstütze mich mehrmals mit guten Ratschlägen und verblüffte mich immer wieder mit seinem scharfen Geist und seiner erlesenen Bildung. Er wäre also zweifelsohne ein hervorragender Vigintivir, der den ihm zugeordneten Magistraten eine große Hilfe wäre."

  • Bewusst hatte Macer dem Patron des Kandidaten den Vortritt gelassen mit einer Erwiderung und außerdem abgewartet, ob es direkt Fragen an den Kandidaten gab. Als dies nicht sofort der Fall zu sein schien, erhob er sich von seinem Platz, um sich kurz zu Wort zu melden. "Ich kann die Worte des jungen Mannes bestätigen, der bei mir sein Tirocinium verbracht hat", teilte er den Senatoren mit. "Ich erinnere mich gerne an all die fruchtbaren Diskussionen, die wir geführt haben und kann Flavius Flaccus daher nur zur Wahl empfehlen." Dann nahm er wieder Platz.

  • Auch Appius war dabei. Man mußte ja wissen, wer sich so zur Wahl stellte.
    Letztlich war der Kandidat ein typischer Patrizier und sein Patron das gleiche. Das typische Gerede über Abstammung. Erstaunlich das Leute, die außer Abstammung nichts hatten immer noch so vertrreten. Aber wo auch sonst als in einem gremium, was eh kaum noch was zu sagen hatte. Zuindestens seiner Meinung nach.

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