[Tablinum] Ein Decimus zu Besuch

  • Recht abrupt wechselte der junge Mann das Thema und erkundigte sich nun nach weiteren nennenswerten Senatoren. Macer war es durchaus Recht, eher grundsätzliche Betrachtungen mit konkreten alltäglichen Betrachtungen abzuwechseln. Dies machte das gespräch wohl etwas lebhafter und schließlich sollte er seinem neuen Tiro wohl früher oder später ohnehin erklären, welche wichtigen Lager es im Senat gibt. "Ob ein Charakter schwierig ist, hängt wohl häufig auch von der eigenen Sichtweise und Einstellung ab. Lasse es mich daher etwas neutraler formulieren und dir erklären, welche größeren Lager es im Senat gibt. Da wäre zum einen eine recht starke, hauptsächlich patrizisch geprägte Fraktion um den Consular Tiberius Durus, zu dessen Parteigängern auch einige Flavier von kaum minderem Ansehen sowie mit etwas weniger Einfluss auch einige Aurelier gehören. Aber auch Plebeier wie die Vinicier sind dieser Fraktion zuzurechnen und ebenfalls von starkem Einfluss. Auf der anderen Seite haben wir dann die etwas kleinere Gruppe um die Senatoren der Gens Germanica und einigen plebeischen Gentes in ihrem Gefolge. Muss ich mich entscheiden zwischen diesen beiden, tendiere ich in der Regel eher zu ersterer. Bis vor einigen Jahren gab es auch noch eine sehr starke und angesehen Fraktion rund um die Ocatvier und mit Consular Matinius Agrippa an ihrer Spitze. Ihr Einfluss ist in den letzten Jahren aber stark zurückgegangen."

  • Flavus nickte, er hatte ähnliches bereits erfahren, wenn auch über andere Wege als es natürlich der Senator tat. "Von Consular Tiberius Durus hab ich schon vieles gehört, aber nicht gerade viel gutes. Er scheint ein sehr machtgieriger Mensch zu sein, allerdings in keinster Weise dumm. Natürlich sind das nur die Dinge die ich weiß und meine Meinung, ich kenne den Mann nicht. Wobei ich das Gefühl erhalte dass in Rom der praefectus urbi mehr zu sagen hat als der Kaiser, danach steht sogar der praefectus praetorio wobei ich bei ihm nicht weiß ob er nur zu SEINEM Wohl handelt."

  • Macer blickte den jungen Mann mit einer Mischung aus Verwunderung und Skepsis an. "Nicht viel Gutes über Tiberius Durus? Das ist interessant", stellte er fest. Es musste ja wohl aus Reihen der Gens Decima oder ihrem Umfeld gewesen sein, nahm er an. Dieses stand den Tiberiern also wohl nicht sehr nahe, sondern möglicherweise eher den Germanicern. Aber im Senat spielte die Decima derzeit ja keine Rolle. "Tiberius Durus als machtgierig zu bezeichnen, ist jedenfalls eine eigenwillige Einschätzung. Er hat erst ein einziges Consulat absolviert und scheint derzeit wenig Ambitionen zu haben, ein weiteres zu bekleiden." Zumindest in Macers Augen passte das nicht zur gängigen Definition von Machtgier.


    Dann kamen sie wieder auf den Praefectus Urbi zu sprechen, bei dem das Gespräch schon einmal vorbeigekommen war. "Nun, der Praefectus Urbi ist der Stellvertreter des Kaisers in Rom, wenn jener abwesend ist. Aber du hast schon ganz Recht, er tritt sehr selbstbewusst auf und ist sich seiner Machtfülle mehr als bewusst." Auch die dann geäußerten Zweifel an der Integrität des Praefectus Praetorio nahm Macer interessiert zur Kenntnis. Er glaubte weiterhin nicht, dass der junge Mann sich schon selber ein umfassendes Bild hatte machen können, so dass er hier wohl hauptsächlich Meinungen widergab, die er irgendwo aufgeschnappt und für spannend befunden hatte. Vielleicht auch, um mit starken Sprüchen Eindruck zu machen. Nur dass das bei Macer nicht unbedingt von Erfolg gekrönt war. "Um Terentius Cyprianus würde ich mir weniger Gedanken machen. Er weiß um die Macht seiner Position und um seine Aufgaben."

  • Flavus nickte zustimmend. "Ich kann nur widergeben was man hört, immerhin bekomme ich vieles mit, auch was den Terentier angeht. Meine Aussagen beruhen auf eigene Gedankengänge, fusend auf das was man so hört, natürlich kann ich damit auch falsch liegen. Ich müsste mir mein eigenes Bild machen." Allerdings würde sein Bild vom PU und PP nicht geändert werden, beides waren Männer der Macht, beides waren Männer die ihre Macht um alle Umstände behalten würden, davon war der junge Decimer überzeugt.

  • "Nun, zumindest bei letzterem sollte das möglich sein. Der Praefectus Praetorio ist mein Klient, da wirst du ihn früher oder später im Gespräch mit mir antreffen können", antwortete Macer und versuchte dabei ganz bewusst ganz gelassen zu wirken. Was er ja auch sein konnte, denn der Terentier war schon sein Klient gewesen, als er vom Posten als Praefectus Praetorio bestenfalls geträumt hatte.


    Eine andere Nebenbemerkung schien es Macer dann aber wert zu sein, nochmal aufgegriffen zu werden. "Du bekommst vieles mit?", fragte er. "Sagtest du eben nicht, du werst erst vor kurzem in Rom angekommen? Wie kommt es, dass du schon so viele Kontakte hast?" Man bekam schließlich nur Sachen mit, wenn man Leute kannte und die kannte man üblicherweise erst dann, wenn man längere Zeit am selben Ort war.

  • Flavus musste lachen, ja für die kurze Zeit hatte er bereits viel gehört. "Nun Senator, durch glückliche Umstände konnte ich eine Tonstrina samt Sklaven günstig erwerben. Da der Sklave sehr loyal ist berichtet er mir stets von neuesten Gerüchten und Gerede, eben alles was er aufschnappt. So etwas ist Gold wert, die Menschen reden ungezwungen in dessen Gegenwart und ich darf dann das Wichtigste erfahren."

  • Jetzt musste auch Macer lachen und das sogar ziemlich laut. "Das ist ein verdammt guter Trick! Ob wohl hinter anderen Haarschneidern auch neugierige Senatoren oder zukünftige Politiker stecken?" Die Frage war berechtigt, denn der Trick war wirklich gut. Und möglicherweise einer der Gründe dafür, warum sich die meisten reichen und wirklich einflussreichen Männer einen privaten Haar- und Bartschneider leisten können, dem sie voll vertrauen konnten. Oder bei der Haarpflege an öffentlichen Orten weitgehend die Klappe hielten, wie Macer es meistens tat.


    "Hat Decima Seiana dich dann noch nicht angeworben, für die Acta Diurna zu schreiben, wenn du so gut informiert bist?" fragte er dann weiter. Bei dieser Institution schien es ja immer wieder chronischen Autorenmangel zu geben.

  • Das Lachen lockerte die Stimmung auf. "Nein, Seiana hat nichts dergleichen getan aber sie weiß auchd ass die Acta nicht meine Welt ist, im Gegenteil. Und Schreiber hat Rom genug, ich muss da nicht auch beteiligt werden. Wo ich noch darauf zu sprechen kommen wollte, wie wichtig ist ein Patronat in meiner Situation?"

  • "Warum ist die Acta Diurna nicht deine Welt?", erkundigte sich Macer neugierig. Wahrscheinlich hätte er es nicht getan, hätte der junge Mann es nicht extra so betont, indem er es als Gegenteil bezeichnete.


    Zum Patronat hatte er dann auch eine relativ eindeutige Meinung. "Früher oder später solltest du dir einen Patron suchen. Spätestens, wenn du im Senat deine Kandidatur erklärst, wird man dich fragen, wer dein Patron ist und du wirst dankbar sein, wenn es einen Fürsprecher dort für dich gibt."

  • "Nun Senator Purgitius ich schreibe zwar gerne, auch gerne für viele Menschen, aber bin ich doch gerne der Herr über das was ich da Schreibe und bei der Acta berichte ich am Ende nur über Themen auf die ich eigentlich keinen Einfluss habe. Es wäre etwas anderes würde man mich um eine Einschätzung gewisser Themen beten, aber das ist ja nicht der Fall."


    Wozu auch, die Acta hatte wirklich andere Schreiber die talentierter darin waren als er selbst. Und wäre Not an Schreibern hätte Seiana ihn sicherlich gefragt ob er aushelfen könnte.


    "Die Frage nach dem patronat war weniger der Natur des Seins, eher der Person nach. Ich kenne nicht soviele Römer wie ihr es tut, wen haltet ihr für geeignet ohne dass ich nur einer von vielen wäre." Es gab genug Wohlhabende und Einflussreiche unter den Römern die Klienten wie Vieh hatten, nein so einer wollte Flavus nicht sein, nicht einer unter hunderten.

  • Die Äußerungen zur Acta Diurna nahm Macer kommentarlos zur Kenntnis. Zwar hatte er gefragt, die Antwort fiel aber ungewöhnlicher aus als er erwartet hatte und so wichtig war ihm die Sache nun auch wieder nicht, dass er groß über eine weitere Erwiderung nachdenken wollte. Man würde sicher später noch einmal Zeit haben, auf dieses Thema zurück zu kommen.


    "Wer geeignet ist, hängt zweifellos von deinen Zielen ab und von dem, was du selber einem Patron zu bieten hast", blieb Macer vage. "Zu einem Patron kommt man nicht wie zu einem Buch, nachdem man im Buchladen verlangt, nachdem es einem empfohlen worden ist. Entweder ergibt sich das Patronal durch Abstammung oder Herkunft von selbst, oder man erwirbt es sich auf diese oder jene Weise. Es wird niemand dein Patron sein wollen, solange er nicht eine Bindung zu dir hat, sei sie nun gesellschaftlicher, politischer oder wirtschaftlicher Natur", begann Macer ein wenig zu dozieren, denn immerhin saß hier sein Tiro vor ihm, der von ihm das politische Handwerk erlernen wollte. "Du musst also wissen, was du willst, wenn du jemandem etwas anbieten möchtest, was eine solche Bindung begründet."

  • Flavus dachte lane nach, diese Wrote gaben ihm zu denken. Natürlich war ein patronat etwas besonderes, aber er kannte hier auch niemanden gut genug um zu wissen wie weit er da gehen sollte.
    "Deine Worte geben mir zu denken Senator. Ich bin zu neu hier in Rom um zu wissen von wem ich was erwarten kann, ich hoffe die Zeit an eurer Seite hilft mir da weiter."

  • "Das hoffe ich auch, denn dazu ist sie schließlich da, nicht wahr?", antwortete Macer mit einem Lächeln. Über nichts anderes hatten sie ja bisher gesprochen, wenn es um das Tirocinium Fori ging, mit dem Macer den jungen Mann in die politischen Kreise Roms einführen würde. "Mit der Zeit wird sich das ergeben und wenn du tatsächlich so viel mitbekommst wie du eben angedeutet hast, wird diese Zeit nicht einmal all zu lange dauern. Und manchmal, da weiß man ja sogar nach Jahren nicht alles über einen Menschen. Das ist in der Politik nicht anders."

  • Flavus nickte zustimmend, natürlich würde er nicht direkt alles wissen, aber er musste ja auch nicht morgen einen Patron aufweisen können. Eigentlich hatte er dazu sogar etwas Zeit und Flavus dachte ja nicht daran irgendwen als Patron zu haben, es musste schon der Richtige sein.
    "Ich denke diese Entscheidung hat auch etwas Zeit die man auch anderweitig nutzen sollte. Wichtig ist nun erst einmal alles wichtige kennenzulernen, gerade zu lernen habe ich nämlich noch vieles dass man mir in Hispania sicher nicht beibgrinen konnte. Es ist eben nicht Rom."

  • "So ist es. Nur in Rom kann man wirklich alles über Rom lernen", bestätigte Macer gerne. Langsam hatte er aber auch den Eindruck, dass das Gespräch auf der Stelle trat und daher wohl besser erst einmal ein vorläufiges Ende nehmen würde. Wenn alles lief wie geplant, würde er seinen neuen Tiro ja ohnehin fast jeden Tag sehen. "Damit fangen wir dann gleich morgen an, schlage ich vor. Ich erwarte, dass du bis auf Weiteres jeden morgen die Salutatio an meiner Seite mitverfolgst", vergab er dann noch gleich einen konkreten Auftrag, damit der junge Mann wusste, wann er sich wieder einfinden sollte.

  • "Gut Senator Purigitius, ich danke für dieses Gespräch und werde pünktlich da sein. Dir noch einen angenehmen Tag."Dabei stand Flavus auf, er hatte auch nichts mehr zu sagen, es gab eben diese Momente wo ein Gespräch ein eien finden musste, dieser Moment war nun erreicht.

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