Atrium | MTD et Saras

  • Man führte den Sklaven durch einige Türen, Höfe und Flure ins repräsentative Atrium des Hauses. In einer Nische war das prächtige Lararium zu sehen, darüber standen die Imagines Maiorum, die Wachsmasken der verstorbenen Tiberii, die es im Dienst für den Staat zu etwas gebracht hatten. In dieser repräsentativen Atmosphäre ließ man Saras erst eine Weile warten.


    Es dauerte tatsächlich etwas, bis man das Klopfen eines Stocks auf dem Mosaikboden vernahm und kurze Zeit später kam Manius Tiberius Durus, der Pontifex und Consular um die Ecke gebogen. Er trug eine lange, ungegürtete Tunica, sein Haar war ergraut und seine Züge etwas eingefallen. Verbunden mit der Tatsache, dass er mit der Rechten auf seinen elfenbeinernen Stock, mit der Linken auf die Schulter seines Sekretärs Lukios gestützt war, machte er weniger den Eindruck eines mächtigen Politikers denn den eines alten Mannes.


    "Dich schickt Veturius Cicurinus?"


    begrüßte der Alte den jungen Mann schließlich, nachdem er vor ihm angekommen war.

  • Da hatte sich der Ich-bin-wichtig-Tonfall ja mal wieder bezahlt gemacht, den Saras unter seinem vormaligen dominus gelernt hatte, um sich Gehör zu verschaffen. Anders war es teilweise auch schlicht nicht möglich gewesen in dessen Namen Botschaften zu überbringen oder ähnliches. Das zeigte sich hiermit nur noch einmal mehr.


    Zwar scheinbar etwas widerwillig, aber dennoch: Saras wurde eingelassen und bekam schon auf dem Weg ins Atrium viel zu sehen. Da hätte er mal wieder (!) eine ganze Menge zu lernen, wenn er hier im Haushalt aufgenommen werden würde. Er müsste schließlich genau wissen, welcher Raum wo lag, was und möglich bald auch wen er wann in den Zimmern vorfinden würde und und und. Zum Glück war Saras noch relativ jung, sodass er angemessen schnell lernte.


    Im Atrium angekommen, hatte Saras etwas Zeit für sich, um sich kurz etwas umzusehen. Stilvoll eingerichtet und dem Anwesen des Cicurinus in keinster Weise nachstehend. Nach einer kleinen Weile war ein regelmäßiges, stumpfes Klopfen zu hören, das sich langsam nährte. Ohne jeden Zweifel handelte es sich dabei um den Consular. Der Legatus Syriens hatte ihm schließlich auch einigermaßen genau beschrieben, wie er sich den Tiberier vorzustellen hatte, an den die Nachricht überbracht werden sollte. Auf keinen Fall sollte irgendeine andere Person auch nur einen Blick in das Schriftstück werfen. Sicherheit ging hier über alles.


    "Salve, dominus!", grüßte Saras zunächst anstandsgemäß. Dann ging er auf die ihm gestellte Frage ein: "Ja. Ich wurde vom Legatus Augusti hier geschickt, um dir dies hier zu überreichen." Bei seinen letzten Worten riss er ein Stück seiner äußerlich einfach wirkenden tunica am unteren Saum ein und holte einen eingenähten Brief hervor, den er sodann dem Mann mit dem Stock überreichte:


    Ad
    M' Tiberius Durus
    Roma, Italia


    Legatus Augusti P Veturius Cicurinus M' Tiberio Duro s.p.d.


    Mit diesem Brief schicke ich Dir einen Sklaven, den ich Dir zum Geschenk machen möchte als Zeichen unserer Freundschaft. Es ist ein absolut loyaler junger Mann mit dem Namen Saras. Du kannst ihm alles anvertrauen und vielleicht ist er Dir ja noch als Bote oder Sekretär von Nutzen. Vielleicht nützt er Dir ja bei dem Projekt, von dem Du mir erzählt hattest. Er findet sich meines Wissens nach auch gut allein zurecht und kann in Deinem Namen auch andere Provinzen bereisen, wenn Du ihm klare Instruktionen gibst.


    Im Übrigen geht es der Provinz recht gut. Ich bin soeben auf einer Gerichtsreise und es gibt einige heikle Fälle hier in Caesarea, die der Procurator von Iudaea an mich verwiesen hat. Allerdings hatte ich auf der Reise auch Gelegenheit, mit ein paar Leuten über Deine Ideen zu reden. In Zeugma und bei den Philosophen Antiochias gab es einige Zustimmung, während sie in Emesa wohl kein Interesse daran haben. Bei den anderen gab es große Unschlüssigkeit, aber ich bin zuversichtlich, dass sie sich unserer Haltung letztendlich anschließen werden.


    Aber es würde mich interessieren, was es Neues aus Rom gibt. Wie ich hörte, interessiert sich der Senat zur Zeit sehr für Finanzen. Zwar werde ich wohl weiterhin dem Kaiser Rechenschaft ablegen, aber wenn es das hohe Haus interessiert und der Kaiser es erlaubt, werde ich gern Rede und Antwort stehen.


    Ich wünsche Dir viel Freude mit dem neuen Sklaven und hoffe, dass er Dich erreicht. Vale.



    Caesarea Maritima, ANTE DIEM IV NON SEP DCCCLXI A.U.C.

  • Ein wenig erstaunt beobachtete Durus, wie der Fremde an seiner Tunica herumriss und plötzlich einen Brief zum Vorschein brachte. Der Tiberier nahm ihn entgegen und überflog ihn - was für eine Überraschung! Er hatte schon längere Zeit nichts mehr von Cicurinus gehört und wenn er den "Code" richtig las, ging es zumindest langsam voran. Dass man ihm aber auch noch einen Sklaven schenkte - was bezweckte der Veturier nur damit?


    "Kennst du den Inhalt des Briefes?"


    fragte er dann - vielleicht wusste der Sklave ja noch gar nichts von seinem Glück!

  • Während der Tiberier den Brief überflog, gab Saras keinen Mucks von sich. Er wollte den Lesenden ja nicht stören. Stattdessen wartete er einfach ab, bis der Consular das Schreiben bewältigt hatte und wieder aufsah. Saras hätte nun auch unaufgefordert einen kurzen Kommentar dazu abgegeben. Dass sein neuer Herr ihn jedoch sogleich mit einer Frage zum Sprechen aufforderte, vereinfachte die Situation allerdings. "Ja, dominus. Der Legatus Augusti hat mir das Schreiben sogar diktiert. Weiterhin hat er mich auch bezüglich 'des Projektes' auf den ihm bekannten aktuellsten Stand gebracht."


    Das hatte klar den Vorteil, dass der Tiberier Saras jetzt nicht erst noch groß aus dem Urschleim erzählen müsste, worum es ging und was geplant war, wenn er ihn einbinden wollen würde. Der Consular würde sicherlich zumindest in etwa wissen wissen, was der letzte Stand der Dinge war, den er dem syrischen Statthalter mitgeteilt hatte. Ansonsten könnte er natürlich auch Saras befragen, was dann allerdings wohl in einer anderen Räumlichkeit geschehen würde, als dem großzügig geschnittenen Atrium, wo im Prinzip jederzeit jemand reinplatzen könnte und dann zu Ohren bekäme, wovon er nichts wissen sollte.


    "Ich bin hier, um dir und, wenn du willst, auch 'der Sache' zu dienen." fügte Saras abschließend hinzu. Das war wohl eine ganz gute Zusammenfassung dessen, was ihn selbst betraf.

  • Damit hatte Durus nicht gerechnet - er hatte erwartet, dass er um den Wechsel seines Herren wusste, aber dass ihm sogar die Verschwörung bekannt war? Oder war dies vielleicht eine Falle? Hatte man den Sklaven geschickt, um ein Geständnis zu bekommen?


    Er machte einen Schritt auf Saras zu, sah ihn scharf an und raunte


    "Und was genau weißt du darüber?"


    Wenn er Details wusste, war dies wohl ein sicheres Zeichen, dass er wirklich von Cicurinus stammte - oder aber, dass dieser oder ein anderer Verschwörer geplaudert hatte...

  • Saras wurde etwas mulmig zumute, als der alte und schon etwas gebrechlich wirkende Tiberier so nah an ihn heran trat und ihn durchdringend anblickte. Spontan fragte er sich, ob er hier wirklich richtig war, ob dies der richtige Consular Tiberius Durus war und allem voran ob er gerade drauf und dran war, einen Kopf kürzer gemacht zu werden oder auf irgendeine andere Weise sein Ende unmittelbar bevor stünde. Dementsprechend schaute er wohl zunächst auch mit einer Mischung aus verängstigtem und entgeisterten Blick drein. Erst im nächsten Moment hatte er seine Gesichtszüge wieder gänzlich unter Kontrolle.


    Und dann traf es ihn wie ein Schlag. Cicurinus hatte ihn unmittelbar vor seiner Abreise schließlich sogar noch versucht darauf aufmerksam zu machen, dass sein patrizischer Freund nichts von Saras' Ankunft wissen würde und folglich wohl eher misstrauisch reagieren würde. Saras hatte nun das Gefühl, getestet zu werden. Hier sprechen? Im Atrium? Auffällig unauffällig sah er sich nach links und rechts um, was jedoch wenig nutzte, da er sich hier nicht auskannte und dementsprechend auch keine Ahnung hatte, wo man sich in diesem großen Raum wohl gut verstecken könnte. Im Prinzip aber verdeckte jede einzelne Säule eine potenzielle Gefahr.


    "Können wir hier offen und ungestört reden?", konterte er also in dem Bewusstsein, dass dies ein Test sein würde ebenfalls mit einer Frage. Kurz darauf ließ er seinen Blick auch auf den Begleiter an der Seite des Pontifex fallen. Er hatte ja keine Ahnung, inwieweit auch jener Bescheid wusste. Da Saras aber wahrscheinlich indem er diese Gegenfrage stellte, schon sehr arg mit dem Feuer spielte, versuchte er, der ja ein gewisses Sprachtalent vorweisen konnte (immerhin sprach er mehrere Sprachen beinahe fließend), es verschlüsselt auszudrücken: "Ich weis, dass es einem 'kranken Mann' sehr schlecht geht und dass er und sein Sohn dringend einer 'medizinischen Behandlung' bedürfen, auf dass sie von all ihren Leiden erlöst werden. Parallel dazu muss ein von diesem Mann aufgesetztes und von sieben Frauen bewachtes 'fehlerhaftes Schreiben' korrigiert werden, auf dass der richtige Name auch an der richtigen Stelle steht. Damit auch wirklich jeder endgültig von der Richtigkeit dieser notwendigen Maßnahmen überzeugt ist und nicht die 'Händler des weißen Goldes'* Einspruch erheben, wird ein gewisser mathematischer Rückhalt benötigt: 'Vier und Zwölf auf unserer Seite stehen, die Elf wir besser übergehen!'"


    Saras war nicht sicher, wie das nun ankommen würde. Konkret gesagt hatte er damit auf jeden Fall nichts, wenngleich so einiges angedeutet. Der Reim am Ende war eher eine Spielerei, die für Uneingeweihte die Wirkung vermitteln sollte, dass Saras gänzlich in seiner Welt eigenen Welt, fernab der Realität lebte. Der größte Feind, so meinte Cicurinus, sei der, den man unterschätze. "Mit freundlichem Gruß und gesiegelt von Veturius Cicurinus." Dieser dezente Hinweis auf das Siegel, das nicht zuletzt ebenfalls ein starkes Indiz dafür darstellte, dass Saras auch wirklich vom Legatus Augusti aus Syria geschickt worden war, kam leicht verzögert noch hinterher. Es wäre zwar noch kein zwingender Beweis, aber alles in allem ein letzter Anhaltspunkt.


    Sim-Off:

    * Händler des weißen Goldes = Salzhändler = (lat.) salinatores = Anhänger des Salinator

  • Offensichtlich war diese Frage dem Sklaven etwas unangenehm - allerdings dachte Durus in diesem Moment gar nicht daran, dass er sich wegen Lukios Sorgen machte. Hätte er keine Offenheit gewollt, hätte Durus ja auch nicht gefragt. Die Antwort war dann allerdings doch recht vielsagend, denn natürlich verstand Durus die Andeutungen - augenscheinlich hatte Cicurinus seinen Sklaven in die komplette Verschwörung eingeweiht.


    "Du weißt also Bescheid."


    Einen Moment überlegte der alte Tiberier - ein so detailliertes Wissen hatte er allerdings nicht erwartet. Zugegebenermaßen wusste Lukios ähnlich viel - oder eher mehr - über die Verschwörung, doch hier kannte Durus den Vertrauensträger. Bei dem Fremden hingegen musste er schlicht auf die Wahl des Veturiers vertrauen...


    "Nun, dann berichte mir ein wenig über dich! Wie heißt du? Womit kannst du mir zu Diensten sein?"

  • Die Aufforderung etwas über sich zu erzählen kam etwas überraschend für Saras, obwohl er natürlich schon damit gerechnet hatte, dass sein neuer Herr auch daran interessiert wäre, was Saras bisher so gemacht hatte, was er konnte, usw. Dementsprechend antwortete der Sklave auch frei heraus: "Mein Name ist Saras und ich wurde in Antiochia geboren. Mein Vater war einst ein parteiischer Beamter, aber zum Zeitpunkt meiner Geburt schon einige Jahre maiordomus eines Rittersohnes. Meine Mutter war Griechin."


    Soviel zu seiner Herkunft. Da man im römischen Reich nach den Vätern ging und die Position seines Vater als nicht gerade gering für einen Sklaven einzustufen war, würde der Tiberier also folgern können, dass auch Saras gewisse Fähigkeiten in die Wiege gelegt waren. Hoffentlich. "Ich bin also mehrsprachig aufgewachsen, was mein damaliger Herr noch zusätzlich gefördert hat. Ich beherrsche griechisch und lateinisch in Wort und Schrift und auch etwas aegyptisch und natürlich parthisch."


    "Für meinen ritterlichen Herrn war ich dann ein persönlicher Schreiber und bin mit ihm auf den Partherfeldzug gegangen." Dass er dies nicht genutzt hatte, um sich eventuell auf die Gegenseite durchzuschlagen, ließ Saras unerwähnt. Das würde dem Consular bestimmt auch so auffallen. "Dort habe ich einige Kenntnisse in der römischen Medizin erlangt, in einem Gefecht allerdings auch meinen dominus verloren. Weil ich noch recht jung war, wurde ich dann nicht freigelassen, sondern an Veturius Cicurinus vererbt." Er war sogar einer der wenigen gewesen, die nicht freigelassen wurden. Seine Eltern erlangten hier beispielsweise die Freiheit, was den Pontifex aber sicherlich weniger interessierte.


    "Für Viturius war ich dann zunächst wieder ein einfacher Schreiber. Mit der Zeit hat er mich aber auch für wichtigere Dinge eingesetzt, bei denen er mir vertrauen können musste - letztlich eben auch dieser Ver… Sache." Beinahe hätte Saras vergessen, dass sie hier im Atrium waren und es sicherlich unangebracht wäre, wenn er hier offen von einer Verschwörung sprach. "Da der Legatus Augusti allerdings über genügend Sekretäre verfügt, wollte er die Verbindung zu dir etwas verstärken und hat mich kurzerhand gleichsam zum Geschenk und Boten gemacht."

  • Die Lebensgeschichte des jungen Mannes klang wirklich interessant - er beherrschte einige Sprachen, hatte offensichtlich eine fundierte Ausbildung genossen und schien nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Ein solches Geschenk konnte man in diesen Tagen wirklich brauchen. Dass er während des Feldzuges offensichtlich nicht geflohen war, war ebenfalls zumindest ein Hinweis auf seine Loyalität. Der wichtigste war allerdings, dass Cicurinus ihn offensichtlich eingeweiht hatte - damit konnte man ihm wohl alles anvertrauen, denn wenn er wusste, was er wusste, hatte er ohnehin jederzeit die Möglichkeit, seinen Herrn ans Messer zu liefern.


    "Das ist ja wunderbar. Dann heiße ich dich herzlich in deinem neuen Heim willkommen. Lukios wird dir später deine Unterkunft zeigen. Vorher möchte ich aber noch gern im Tablinium ein paar Worte mit dir wechseln."


    Der etwas kleinere Raum am Ende des Atrium war etwas überschaubarer, sodass Durus sich dort sicherer fühlte, um tiefer in die Verschwörungs-Thematik einzusteigen. Deshalb wandte er sich direkt um, um auf den geöffneten, lediglich durch einen - im Moment aufgezogenen - Vorhang abgetrennten Raum zu gehen, wo er sich auf einer Kline niederließ. Zwar stand auch ein Korbsessel bereit, doch war es dem alten Tiberier heute angenehmer zu liegen. Lukios postierte sich wieder an seiner Seite und für Saras blieb nur ein Stehplatz direkt von dem Möbelstück.

  • Damit war es jetzt also offiziell: Saras hatte den Besitzer gewechselt - zum zweiten Mal. Lukios, den Namen den der Patrizier nannte, schien den Sklave zu Seiten des Consulars zu meinen. Dankbar senkte Saras seinen Kopf für einen kurzen Moment. Anders konnte er seinen Dank ja gerade nicht ausdrücken, denn vom unaufgefordert einfach Losreden hatte seine bisherigen Herren schon stets nicht sonderlich viel gehalten.


    Etwas seltsam fand Saras die Reaktion des Tiberiers allerdings schon. Eben noch konnte man wohl zumindest ansatzweise offen über die Sache sprechen und nun auf einmal nicht mehr? Die einzige Erklärung in den Augen des Sklaven erschien eine zu erwartend familiäre Störung, der man als beschäftigter Consular anscheinend am besten aus dem Weg gehen könnte, indem man sich ins Tablinum begab. Da es Saras im Zweifelsfall nicht zu interessieren hatte, welches der genaue Grund für den Wechsel der Örtlichkeiten war, fragte er jedoch nicht weiter nach, sondern gehorchte schlicht, wie man es wohl auch erwarten konnte.


    In dem kleineren Raum am Ende des Atriums angekommen, zog Saras den Vorhang hinter sich zu, nachdem sich sowohl Durus als auch dessen offensichtlicher Schatten Lukios platziert hatten. Es war schließlich davon auszugehen, dass der Pontifex eine ruhigere Atmosphäre wünschte, wenn er sich hierher begab. So war es vor wenigen Wochen auch noch bei Cicurinus gewesen, der sehr viel Wert auf derlei Blickigkeit legte. Der Gedanke, dass er damit auch den Zorn des Tiberiers auf sich ziehen könnte, kam ihm nicht. Saras nahm den Stehplatz ein und blickte gespannt zum Consular.

  • "Nun, Saras, dann berichte mir bitte etwas genauer, wie es mit Cicurinus und seiner Beteiligung an der Verschwörung steht. Wenn ich es recht verstehe, hat er zwei Legionen auf seiner Seite, eine gegen sich und die übrigen Einheiten sind als unzuverlässig einzuschätzen?"


    Nicht gerade die Bilanz, die Durus sich erhofft hatte. Dennoch waren zwei treue Legionen ein gewaltiges Faustpfand, das etwas wert war.

  • Saras war sich etwas unsicher, ob der Consular das jetzt wirklich richtig aufgefasst hatte. "Ähm, … so fast. Es stimmt, dass er zwei Legionenslegaten, die der vierten und der zwölften Legion, hinter sich und die Verschwörung bringen konnte. Aber der Legat der elften Legion opponiert jetzt nicht gegen Cicurinus. Vielmehr meinte der Statthalter bei dem Gespräch nicht den Willen seines Gegenübers erkennen zu können, eventuell eine Änderung der momentanen Situation herbeizuführen. Daher wurde der Legionslegat schlussendlich auch gar nicht erst direkt gefragt, wie er zu einer Verschwörung stehen würde."


    Das war ja doch ein Unterschied. Und auch was die anderen Truppen betraf, musste Saras aus seiner Sicht nochmal genauer werden: "Die anderen Truppenführer in Syria müssen aus Sicht Cicurinus' einfach noch ein bisschen bearbeitet werden. Er ist ganz zuversichtlich, dass er die dreißigste Legion und die Truppen in Palmyra noch hinter sich bringen kann." Ob das dann aber auch klappte stand natürlich auf einem anderen Pergament.

  • Zwei Legionen sicher, eine wohl gegen sich - wenn sie sich nicht dem Druck der anderen beugte - zwei noch nicht bekannt. Die Bilanz war zwar nicht schlecht, aber nicht ganz so gut, wie Durus es von einem so langjährigen Statthalter wie Cicurinus erwartet hatte. Nachdenklich rieb er sich das Kinn und legte den Kopf schließlich auf seiner aufgestellten Faust ab.


    "Verstehe... gibt es sonst noch etwas, was du mir über Cicurinus berichten kannst?"


    Die Frage war bewusst offen formuliert - er hatte nicht wirklich vor, den Statthalter durch seinen geschenkten Sklaven auszuspionieren, aber vielleicht ließ sich durch diese Frage feststellen, wie treu ergeben Saras seinem alten Herrn noch war - oder aber zumindest, ob es noch weitere Entwicklungen im Osten gab.

  • Eine seltsame Frage. Was bezweckte der Tiberier damit? Was wollte er hören? Sollte Saras jetzt etwas aus dem Nähkästchen erzählen? Wenn ja stellte sich die Frage Was? Oder glaubte er gar, dass Cicurinus ein doppeltes Spiel mit ihm spielte? "Ich fürchte, ich verstehe die Frage nicht so ganz. Der Legatus Augusti der Provinz Syria steht voll und ganz hinter dir, dominus, und der Verschwörung. Und spätestens mit den Gesprächen mit den Legionslegaten hat er sich klar für eine Seite, deine Seite, entschieden."


    Der Statthalter steckte damit also genauso in der Sache, wie alle anderen Mitglieder dieser 'Vereinigung'. Würde also irgendetwas dazu führen, dass die ganze Sache aufflog, so würde zweifelsohne auch sein Kopf rollen. Aber in dieser Form konnte Saras seinen neuen Herrn wohl unmöglich von der Treue des Veturiers überzeugen. Gab es nicht noch etwas anderes, irgendetwas ohne 'hätte', 'wäre', 'könnte' und 'würde' - kurz: ohne Konjunktive?! Tatsächlich fiel Saras da noch eine Sache ein: "Andernfalls hätte er sich sicherlich auch nicht derartig bemüht, Ersatz für die elfte Legion zu finden. Wie geschrieben steht, war Cicurinus in den letzten Tagen vor meiner Abreise in Caesarea Maritima in der Nachbarprovinz Iudaea. Diese Gelegenheit hat er gleich dazu genutzt, auch mit den dortigen Truppenführeren, unter anderem dem Legionslegaten der sechzehnten Legion, zu sprechen. In den Besprechungen wurde aus seiner Sicht ein gutes Fundament gelegt, auf das Cicurinus aufzubauen gedenkt."


    Das war sicherlich ein recht deutliches Statement, das Saras da gerade abgegeben hatte. Es zeigte hoffentlich, dass der Statthalter hinter dem Patrizier und dessen Idee stand. Dass sich wohl unweigerlich auch abzeichnete, dass Saras sich seinem ehemaligen Herrn noch verbunden fühlte, realisierte der Sklave nicht. Aber wäre das nach einem erst jüngst erfolgten Besitzerwechsel überhaupt so ungewöhnlich?

  • "Oh, daran habe ich nicht gezweifelt. Es geht eigentlich eher generell um Neuigkeiten aus dem Osten, keine Sorge!"


    erwiderte Durus rasch, nachdem Saras dies offensichtlich als Probe seiner Loyalität auffasste - was es natürlich in gewisser Weise schon gewesen war. Zumindest wusste der alte Tiberier jetzt aber etwas besser, wie er seinen neuen Besitz einschätzen sollte.


    "Du wirst im Übrigen in Zukunft bei unseren Treffen anwesend sein, sodass ich dich als Boten verwenden kann."

  • Mit einem klaren "Ja, Herr." nahm Saras den Wunsch des Consulars entgegen. Da er ansonsten keine politischen Neuigkeiten aus dem Osten hatte, sagte er dazu nichts weiter. Und Haushaltsgeschichten lägen wohl kaum im Interesse des Tiberiers. Also wartete Saras eventuelle weitere Wünsche, Aufgabe oder Befehle ab, oder aber eine Aussage, dass dies fürs Erste genügte. Er freute sich schon darauf, nach der langen Reise endlich wieder ein angenehmeres Nachtlager zu haben als zur See. Ebenso war er natürlich auch gespannt darauf, die Villa in den kommenden Tagen etwas kennenzulernen.

  • Einen Moment verharrte Durus in der Erwartung weiterer Berichte. Da aber doch nichts kam, ergriff er schließlich wieder das Wort:


    "Gut, dann wird dir jemand deine neue Unterkunft zeigen. Lukios?"


    Er sah zu seinem Sekretär, der sofort vortrat und Saras mit einer Geste bedeutete, ihm durch den Vorhang zum Atrium vorauszugehen. Durus hingegen würde einen Moment Pause machen müssen, bevor er wieder einen Sekretär zur Verfügung hatte...

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