• Man hatte den Notstand über Rom verhängt und die Menschen in tiefe Verwirrung und auch Unsicherheit gestürzt. Zunächst wusste niemand, was dies bedeuten mochte. Besorgt vernahm Calvena diese Ankündigung. Wenn sie doch nur mit Valerian sprechen könnte. Er hätte sicherlich gewusst, was die Ursache für diese Maßnahme war. Aber ihren Ehemann hatte sie die letzten Monate nur selten und dann auch nur ganz kurz gesehen. Valerian stand unter ständiger Beobachtung und Salinator machte sich mittlerweile, jedenfalls schien es so, mehr als nur einen Spaß daraus ihn von seiner Familie fern zu halten. So langsam befürchtete sie, dass Rufus gar nicht mehr wusste, wer sein Vater war. Auch wenn Valerian ihm bei seinem letzten Besuch ein Holzschwert geschenkt hatte. Doch seine Besuche waren einfach zu kurz und zu selten. Dass sie ihn vermisste, bemerkten alle, auch wenn sie sich alle Mühe gab, es sich nicht anmerken zu lassen. Manchmal stand sie nur da und schaute in den garten hinaus. Mit leerem Blick und in Gedanken bei ihrem Mann und der Frage wie es ihm ging. Rufus gelang es oft sie aus ihrer Melancholie zu holen.
    Er redete wie ein kleiner Wasserfall und stürmte laut lärmend mit seinem Holzschwert durch das Haus und verfolgte imaginäre Feinde. Diese streckte er aber auch immer wieder erfolgreich nieder.


    Zunächst waren es Gerüchte die in Form von einer geschwätzigen Nachbarin ihr vorgetragen wurden. Am Ende war es die Gewissheit. Als es Salinator im Senat verkündete, verbreitete es sich wie ein Lauffeuer, man hatte den Kaiser ermordet. Ihn und seinen Sohn. Ganz Rom erstarrte und trauerte. Das ganze Leben kam zum erliegen. Es war Entsetzen dass die Stadt packte. Fassungslosigkeit, Angst und Ungewissenheit lähmte die Menschen. Calvena fand kaum Ruhe und fand selbst Nachts keinen Schlaf, weil sie ständig befürchtete das ein Bote sie aufsuchen würde um zu verkünden, dass man Valerian verhaftet hatte, weil Salinator der festen Überzeugung war, dass ihr Ehemann der Schuldige war. Sie traute diesem Widerling zu, dass er ihren Mann zum Sündenbock machen würde.


    Unruhig lief sie auf und ab und wartete. Sie wusste nicht auf was, aber sie wartete. Darauf das etwas geschah, oder auch nicht.

  • Von all den Dingen die da draußen in der Welt vor sich gingen hatte Rufus keine Ahnung. Warum auch? Die Sorgen und Nöte der Leute außerhalb seines zu Hauses interessierten ihn schließlich nicht und außerdem hatte er auch eigene Sorgen. So zum Beispiel die Tatsache, dass er seinen Papa schon lange nicht mehr gesehen hatte. Ohnehin war er nur allzu selten da und wenn, dann auch nur kurz (oder wenn er länger blieb, dann wollte er aus einem unerkenntlichen Grund immer ganz allein mit Mama sein. Was die Beiden dann wohl immer so trieben?)
    Mittlerweile hatte er sich eigentlich schon damit abgefunden. Sein Papa würde eben nie das sein was Mama für ihn war, sondern immer nur der liebe, lustige Onkel, der ab und zu einmal vorbeikam, versuchte ihn mit einem Geschenk zu bestechen und dann wieder verschwand. Aber hej, wenigstens gabs Geschenke was auch keine Selbstverständlichkeit war. Und tolle Geschenke waren das und von allen am Liebsten hatte er das Holzschwert. Anfangs hatte er damit noch nicht gut umgehen können, doch jetzt war er wieder ein Stück gewachsen und stärker geworden. Jetzt konnte er es schon schwingen und durch die Luft sausen lassen, genauso wie es sein Papa wohl mit seinem echten Schwert tat. Aber für Rufus war sein Schwert echt, genau wie die Kämpfe gegen die zahlreichen Gegner, die immer wieder versuchten ins Haus einzudringen und Mama oder Sontje wegzuholen.
    Heute kämpfte er gegen die bösen Elefantenmenschen von denen Dio erzählt hatte und deren Anführer, der Hanni Ball hieß oder so. Die Schlachtreihen im Atrium waren aufgebaut, die Elefantenmenschen in der Überzahl. Ihnen gegenüber stand nur Rufus und sein knappes Dutzend Legionäre, die er als Centurio in die Schlacht führte. Es waren gute Männer, die schon zahlreiche Schlachten geschlagen hatten und immer gewonnen hatten. „Aaaaaaaangrifffff!“, rief Rufus und stürmte auf die Schlachtreihen zu, gefolgt von den Seinen und riss bereits mit dem ersten Angriff eine klaffende Lücke in die feindliche Reihe. Rasch kam es zum Handgemenge und er hatte gute Müh und Not sich mit dem Schwert zu verteidigen. Doch zum Glück war er ein besserer Kämpfer als die Elefantenmenschen, weshalb er rasch die Oberhand gewann und die Feinde rasch den Rückzug antraten.
    Natürlich nahm er sofort die Verfolgung auf und folgte dem Anführer, diesem Hanni Ball, in den Raum in dem sich auch gerade Mama befand, auch wenn er sie noch nicht bemerkt hatte und ging in den finalen Zweikampf über. Nun würde sich das Schicksal der Menschheit entscheiden. „Nimm das und das und das und das und das und…“, schrie er und teilte kräftige Hiebe aus, die Hanni Ball immer weiter in Richtung Wand trieben. Schließlich fiel er zu Boden und Rufus triumphierte, hob das Schwert gen Himmel und jubelte. Strahlend verwandelte sich das einstige Schlachtfeld in das wohnliche zu Hause und er bemerkte Mama, die Sorgen zu haben schien. Sie hatte oft Sorgen und oft war eine ganz bestimmte Person Schuld daran. Rufus wusste auch ganz genau wer. Dio hatte es erzählt. „Mama? Macht der dicke Mann mit Glatze dir wieder Sorgen?“, fragte er und setzte sich vor seiner Mutter auf den Boden und wartete gespannt die Antwort ab. Vielleicht sollte er diesem dicken Mann mal einen Besuch abstatten.

  • Es kam einem Wunder gleich, dass das Mobiliar das wilde Gefecht zwischen Elefantenmenschen und tapferen römischen Soldaten unbeschadet überstand. Mit der Zeit hatte sie sich einfach damit abgefunden, dass fast täglich etwas zu Bruch ging, bei den wilden Spielen ihres Sohnes. Nichts war sicher, weder Vase, noch Blumenkübel oder Stühle. In aller Regelmäßigkeit wurde das Mobiliar Opfer kindlichen Übermutes. Natürlich schimpfte sie mit Rufus, wenn wieder einmal irgendetwas Schaden nahm, aber immer verzieh sie ihrem Spross viel zu schnell. Lange konnte sie ihm einfach nicht böse sein.
    Mit einem kleinen Lächeln beobachtete sie, wie Rufus seine imaginären Feinde nieder metzelte und wild mit seinem Schwert herumfuchtelte. Ein stolzer Feldherr war er, ein tapferer und mutiger Krieger der es mit den gefährlichsten Feinden Roms aufnahm. Natürlich war er immer siegreich. Nur leider würde er nicht immer so ein kleiner Bursche bleiben. Er wurde so schnell groß. Viel zu schnell. Leider würde er nicht immer dieser kleine Junge bleiben. Wie lange noch bis er tatsächlich der Armee beitrat und in echte Kämpfe verwickelt wurde. Irgendwie stand es bereits fest, dass Rufus dem Beispiel seines Vaters folgen würde. Als Politiker konnte sie sich ihren Sohn irgendwie nicht vorstellen. Auch wenn ihr dies wohl sehr viel lieber wäre.


    Schließlich kehrte Rufus zurück in die Realität. Die Feinde lösten sich auf und er entdeckte sie. Calvena wurde bewusst, dass Rufus bereits alt genug war um bestimmte Dinge zu begreifen. Er hörte und sah Dinge für die er eigentlich noch zu jung war, aber das sah er natürlich nicht ein. Mit Erklärungen wie: er sei noch zu jung, ließ er sich nicht abspeisen. Wenn er keine Antworten auf seine Fragen von ihr erhielt, dann ging er zu Diomedes oder Vera und ließ sich dann die Welt erklären. „Nicht nur“, gab sie zu und hockte sich vor ihm hin. „Findest du nicht, dass es ein wenig zu kalt ist um auf dem Boden zu sitzen?“ fragte sie. Es war nun einmal Winter und trotz des beheizten Bodens doch empfindlich kalt. Auch wenn noch lange nicht so kalt wie in Germanien. Dennoch war sie ständiger Sorge, dass er sich erkälten könnte.

  • Ob Sommer oder Winter, Rufus war immer warm, was kein Wunder war wenn man daran dachte, dass er den ganzen Tag in Bewegung war und nur selten mal still da sahs, was beinahe ein Ding der Unmöglichkeit zu sein schien. Bisher hatte er daher auch nicht gefroren, doch jetzt wo er sahs wurde es doch etwas kühl. Trotzdem fror er nicht. „Nein.“ , meinte er kopfschüttelnd. „Es ist nur ein bisschen kalt.“ Damit war für ihn die Sache abgeschlossen und wenn Mama keinen weiteren Einspruch erheben würde, dann würde er weiter hier sitzen bleiben. Ihm gefiehls ja auch auf dem Boden.
    Nachdenklich hörte er sich nun an, dass er unter anderem Recht hatte und dass der dicke Mann auch Schuld daran war, dass Mama Kummer hatte. Was der getan hatte wusste Rufus nicht, aber er wusste, dass er ihn hasste. Schon aus Prinzip.
    „Wenn du mir zeigen tust wo der dicke Mann wohnt, dann hau ich ihn mit meinem Schwert aufm Kopf!“, meinte er entschlossen. Und wie er es tun würde. Der dicke Mann würde gar nicht wissen wie ihm geschah, wenn Rufus erst damit begann ihn zu bekämpfen. Er würde dafür büßen müssen, dass er seiner Mama Kummer machte!
    Trotzdem befriedigte ihn Mamas Antwort nicht. Da war noch etwas und er konnte sich schon denken was es war. „Vermisst du Papa?“, fragte er. Mama vermisste ihn bestimmt noch mehr als er, denn er wusste gar nicht so recht ob er ihn nun vermissen sollte oder nicht, schließlich kannte er seinen Vater eigentlich kaum. Er hatte einfach viel zu wenig Zeit mit seinem Vater als dass er ihn wirklich vermissen konnte. Und er wünschte sich einen Vater der für ihn da war. Wahrscheinlich vermisste er also wirklich nur die Figur Vater und nicht seinen Vater als Person.

  • Nun musste sie Grinsen, als Rufus beteuerte, dass es nur ein bisschen kalt ist. „Findest du nicht, auf den Klinen ist es gemütlicher?“ schlug sie fragend vor. Das Rufus krank wurde wollte sie einfach verhindern. „Auf einer Klinen haben wir Beide Platz genug“, meinte sich verlockend. Sie wusste das Rufus es liebte sich an sie zu kuscheln. Besonders weil sie ihm dann meistens Geschichten erzählte oder Lieder vor sang. Mit der Aussicht auf eine spannende Geschichte ließ er sich von fast allem überzeugen. Auch zu Dingen die er sonst nicht tat.
    Ein wenig wurde sie ernster, als ihr kleiner Held vorschlug dem dicken Praefectus Urbis das Holzschwert über den Kopf zu ziehen. Ganz leicht schüttelte sie darauf hin nur den Kopf. „Ich weiß, dass du das machen würdest, aber das ist keine gute Idee. Er würde dir anschließend wehtun und das will ich nicht“, erklärte sie ihm sanft. Wie gern wäre sie noch einmal Kind, die Welt aus Kinderaugen war ganz einfach, da gab es die netten Menschen und die bösen. Und die Bösen musste man bekämpfen. Doch leider war nur aus Kindersicht die Welt schwarz und weiß, als Erwachsener sah man die vielen Grauschattierungen und konnte die Folgen des eigenen Handels besser abschätzen.
    Rufus hatte ein Gespür dafür, wenn seine Mutter etwas bedrückte. „Ja, das tue ich“, gab sie zu und zeigte dann aber ein tapferes Lächeln. „Aber es ist nicht nur das. Du weißt doch wer unser Kaiser ist, nicht wahr?“

  • Was so lustig daran war, dass er auf dem Boden sitzen bleiben wollte, wusste er nicht und verstand es auch nicht. Jedenfalls gab sich Mama nicht geschlagen und schlug ihm vor sich doch neben sie zu setzen. Er wusste, dass er verloren hatte und dass es wohl besser wäre dem Folge zu leisten. Vielleicht würde es ja wieder angenehme Folgen haben. Es klang wenigstens so. „Na gut.“, meinte er, rappelte sich auf und setzte sich neben seine Mutter. „Dafür singst du mir dann ein Lied Mama, ja?“, forderte er dann noch mit großen Augen ein Eingeständnis an ihn ein ehe er sich an sie anlehnte. Er liebte ihre Lieder und so ein Neues zu erpressen kam ihm ganz gelegen.
    Dass der dicke Mann ihm dann weh tun würde sah er nicht so. Rufus würde es gar nicht so weit kommen lassen und sich mit dem Schwert erwehren. Sollte das nicht funktionieren, dann würde immer noch Papa zur Stelle sein. Der war ja Soldat und dann würde der dicke Mann noch mehr Dresche beziehen. „Aber dann kommt doch der Papa und hilft mir.“, erklärte er seiner Mutter und nickte überzeugt. Ja, Papa würde ihn nicht in Stich lassen wenn es hart auf hart kam.
    „Valerianus.“, antwortete er schließlich stolz. Wie jeder römische Junge kannte er natürlich den Namen des Kaisers und hielt diesen in Ehren. Was der jedoch mit Mamas Kummer zu tun hatte war ihm schleierhaft.

  • Am Ende ließ er sich davon überzeugen vom Boden aufzustehen und sich zu ihr auf die Klinen zu setzen. Natürlich war das auch mit einer Forderung verbunden. Rufus verlangte ein Lied. „Welches Lied soll ich dir denn singen?“ fragte sie nach.


    Ach wie gern wäre sie wirklich wieder Kind, für Rufus gab es wirklich nur Gut und Böse und die feste Überzeugung, dass er das Richtige tun würde. „Natürlich würde er dir helfen. Schließlich bist du sein Sohn und du bist ja auch ein ganz tapferer Soldat!“ Ihm nun lange zu erklären, warum sie nicht zulassen würde, dass er seine Pläne in die Tat umsetzte, würde nichts bringen. Sie kannte diesen trotzigen Gesichtsausdruck, der Junge hatte sich etwas in den Kopf gesetzt und wollte nun auch handeln. „Dennoch, es ist besser wenn du es nicht tust, mein Held. Besser du beschützt mich vor bösen Schatten und Ungeheuern die unter dem Bett lauern.“ Die beste Taktik war, ihn abzulenken und eine andere wichtige Aufgabe zu geben. „Ich glaub ich hab heute Nacht ein Monster unter meinem Bett heulen gehört. Ich hab mich ganz furchtbar gefürchtet. Schaust du einmal für mich nach? Sonst muss ich heute Nacht in deinem Bett schlafen.“
    Zufrieden nickte sie, als er den Namen des Kaisers verkündete. „Wie dein Vater“, erklärte sie. „Und du weißt doch auch sicherlich welche Aufgaben der Kaiser hat?“

  • Kurz dachte Rufus nach, als Mama wissen wollte, welches ihrer Lieder er denn hören wollte. Im Grunde waren alle schön und alle hätte er gerne gehört, aber er konnte sich nicht so recht entscheiden. „Ein schönes.“, antwortete er daher nur und hoffte, dass Mama eine gute Wahl treffen würde, aber das tat sie ja immer.
    Oh was war er stolz, als Mama ihn lobte und ihm Recht gab, dass Papa ihn nicht in Stich lassen würde. Er war ein tapferer Soldat und das machte ihn ungeheuer stolz. Papa wäre bestimmt auch stolz auf ihn, wenn er mal da sein würde. Strahlend drehte er sein Schwert in der Hand und war bereit sich mit noch mehr Komplimenten überschütten zu lassen. Leider kamen keine mehr. Stattdessen bekam er einen neuen Auftrag seine Tapferkeit zu beweisen. Er sollte seine Mama beschützen und das würde er tun. Sie hatte also Probleme mit Monstern. Und die Monster hatten jetzt ein Problem mit ihm, denn sie hatten seine Mama erschreckt. Dafür mussten sie jetzt bezahlen. „Die hau ich kurz und klein!“, schwor er seiner Mutter feierlich und erhob sein Schwert hoch in die Luft. Und wieder erschien er, der trotzige Gesichtsausdruck, den seine Mutter nur zu gut kannte. Er würde nicht eher ruhen, bis die Gefahr gebannt war.
    Mama schien zufrieden, als er ihr den Namen des Kaisers sagte. Dass sein Vater auch so hieß hatte er sich bisher gar nicht bewusst gemacht. Dann hatte Papa ja einen tollen Namen. Anders als er. Es gab bestimmt noch keinen Kaiser der so hieß wie er. „Er sorgt dafür, dass es uns allen gut geht?“, meinte er dann noch fragend darauf, was denn die Aufgabe des Kaisers war.

  • Die Entscheidung schien ihm nicht leicht zu fallen, also überließ er ihr dann am Ende die Wahl. Später würde er dann seinen Wunsch erfüllt bekommen. Vergessen würde sie es nicht.


    Ihre Liste hatte geklappt, Rufus ließ sich ablenken und der Auftrag dem sie ihm erteilte war auch ganz nach seinem Geschmack. Da konnte er sich sogleich wieder beweisen. Jagd auf Kreaturen der Finsternis zu machen, war genau die richtige Aufgabe für ihren Helden. „Und wie du das wirst! Dann kann ich ja heute ohne Angst ins Bett gehen. Bleibst du dann aber bei mir, damit ich mich nicht fürchten muss?“ stellte sie ihm dann auch direkt eine Belohnung in Aussicht. Rufus liebte es bei ihr im Bett zu schlafen. Auch wenn sie dann meist keine Ruhe fand, weil er strampelte und sich breit machte. Wie konnte so ein kleiner Junge nur so viel Platz im Bett beanspruchen?
    „So ist es. Der Kaiser hat die oberste Befehlsgewalt über alle römischen Truppen, er ist der mächtigste Mann im ganzen Imperium und er ist der oberste Priester“, erklärte sie ihm. Solche Dinge musste er schließlich wissen. „Er beschützt uns also in allen Lebenslagen. Nun … leider ist der Kaiser nun tot … er ist also nicht mehr da und kann uns beschützen. Nun werden wichtige Männer um die Macht kämpfen und den Frieden wieder herstellen müssen.“ Ihr kam in den Sinn, dass sie am Hausaltar wohl opfern sollten.

  • Mama brauchte doch keine Angst mehr zu haben, wenn er erst angefangen hatte die Gefilde unter ihrem Bett von Monstern zu säubern. Die Gefilde waren zwar gruselig (dort war es dunkel und staubig), aber er war zuversichtlich, dass er seinen Auftrag erfüllen würde. Dann gab es nichts mehr, wovor sie sich fürchten musste. Von daher verstand er nicht, warum sie Angst hatte alleine ins Bett zu gehen. "Na gut Mama. Du musst aber keine Angst haben, denn ich bin da und pass auf dich auf. Bis Papa kommt.", ermutigte er sie und ergriff ihre Hand. er war sicher, dass Papa sie auch nicht in Stich lassen würde. Und bis dahin würde er eben dessen Platz im Bett ausfüllen. Und ein schöner Platz war das. Er wusste ja gar nicht was er verpasste.
    Rufus machte schließlich große Augen, als er erfuhr, dass der Kaiser tot war. Bestimmt waren jetzt viele Menschen traurig. Jetzt verstand er auch warum Mama Kummer hatte. Sie war traurig, weil der Kaiser tot war. Warum die Leute jetzt aber kämpften verstand er nicht. Er stellte sich zwar bildlich vor, wie sie mit Schwertern aufeinander los gingen, warum wusste er aber nicht. Es würde doch bestimmt einen neuen Kaiser geben. "Kämpft Papa auch mit?", fragte er dann noch und versuchte zu erfahren, ob er neidisch auf Papa sein musste.

  • Da konnte man sich doch nur sicher fühlen, wenn man die entschlossenen Worte des Knaben hörte. Rufus würde seine Mutter schon beschützen. Dafür bekam er von ihr auch direkt einen Kuss auf die Stirn. „Mein Held“, lobte sie ihn. Er liebte es, wenn sie ihn so bezeichnete. Schließlich war er ja auch ein mutiger Centurio der sich den Barbaren ganz allein entgegenwarf und es mit unzähligen Feinden gleichzeitig aufnahm. Und nun würde er schon bald Monster unter ihrem Bett jagen. Wirklich eine große Aufgabe für so einen tapferen Jungen.
    Gespannt lauschte er ihren Worten, doch noch begriff er nicht wirklich was es bedeutete, dass der Kaiser tot war. Bedrückt wirkte er nicht, eher nachdenklich. „Das wird er wohl … es ist seine Aufgabe Rom zu verteidigen …“, ihre Stimme war leise und besorgt. Bei dem Gedanken dass Römer gegen Römer zu den Waffen griff und ihr Mann mitten drin sein würde, wurde ihr übel. Salinator würde wohl keine Skrupel kennen und die Truppen auch einsetzen, sollte er sich bedroht fühlen. Das konnte übel enden. Besonders weil es Salinator zutraute, dass er Valerian auf ein Himmelfahrtskommando schickte.


    „Weißt du was, wir sollten Onkel Sedulus und Tante Serrana gleich einmal einen Besuch abstatten!“ schlug sie vor. Recht entschlossen, denn sie wollte nicht allein abwarten und der Dinge harren. Serrana würde schon Verständnis für sie haben.

  • Ja, Mamas Held war er. Mamas stolzer Held. Nun musste er nur noch seinen Worten Taten folgen lassen, aber dafür musste Mama ihn erst einmal entlassen, doch es schien fast so, als wollte sie die Gefahrenbeseitigung noch etwas aufschieben. Als ob ein Gespräch wichtiger wäre. Aber so waren die Frauen ja nun mal. Er würde sich eben später um die Monster kümmern, wenn er sie denn zu fassen kriegte.
    Wenigstens war Papa fleißig und konnte tun was Männer eben so taten und Rufus war stolz auf ihn. Er war auch etwas neidisch auf ihn. Er konnte die ganze Stadt beschützen, während er hier nur Mama beschützen konnte. Eines Tages würde er auch die Stadt verteidigen und ein noch größerer Held werden.


    Vom Vorschlag seiner Mutter war er dann weniger begeistert und seine Begeisterung konnte man bereits seinem Gesichtsausdruck entnehmen. Er ahnte schon was das bedeutete. Er würde wieder gezwungen werden mit Victorius zu spielen, dabei mochte er ihn doch nicht einmal. Victorius war doof. "Ich will nich zu Onkel Sedulus. Victorius ist voll der Blödmann.", erhob er daher sogleich Einspruch. Vielleicht konnte er sich doch noch aus der Affäre ziehen. ohnehin war es daheim viel besser. Ohne den Blödmann.

  • Ihr Vorschlag kam nicht gut an. Rufus zog eine Schnute und setzte einen Gesichtsausdruck auf, als würde sie ihm drohen sein Holzschwert weg zu nehmen. Unverständlich sah sie ihn an. Oft genug erlebte sie es, das die Kinder gemeinsam wilde Spiele spielten und laut herum stürmten, aber dennoch konnten sich die Jungs nicht ausstehen. Es sei denn, es ging gegen einen gemeinsamen Feind. „Aber ich würde gern mich mit Serrana unterhalten. Ob du willst oder nicht du kommst mit!“ erklärte sie ihm. „Warum nur, verstehst du dich nicht mit ihm? Könnt ihr denn keine Freunde sein?“ fragte sie ihn mit einem bittendem Blick. „Mir zu Liebe, Rufus. Du musst ja nicht mit ihm spielen … du kannst ja mit Vina spielen. Und du nimmst dein Holzschwert und deine Soldaten mit“, schlug sie dann vor. Nicht dass er nun in lautes Geschrei ausbrach, weil er unbedingt seinen Kopf durchsetzen wollte.

  • Mama verstand nicht, was es für ihn bedeutete mit Victorius spielen zu müssen. Trotzdem wollte sie ihm ihn wieder aufdrängen. Es war schon ein Unding Freundschaft zu erzwingen wo keine war. "Aber Mama, das ist gemein!", beschwerte er sich und sah noch ein wenig bockiger aus. Es war fast so, als würde sie ihn wieder zwingen etwas zu essen, was sie gekocht hatte. Einmal hatte sie es getan. Sie konnte einfach nicht kochen.
    "Er ist ein Blödmann. Ich will keinen Freund der blöd ist!", rechtfertigte er sich. Er mochte ihn einfach nicht. Seine ganze Art und wie er war. Sie war ihm von Grund auf unsympathisch. Er kannte ihn nicht wirklich gut, aber der erste Eindruck schien überzeugend genug sich nicht noch näher mit ihm zu beschäftigen.
    "Ich will nicht.", bockte er, warf sein Holzschwert auf den Boden und verschränkte die Arme vor der Brust. Er wollte nicht. Mama sollte ihn doch zwingen. Freiwillig würde er nicht mitkommen. Und wenn sie ihn zwingen würde, dann würde er auch nicht seine Spielsachen mitnehmen. Nicht, dass dieser Blödmann sie sich unter den Nagel riss. Das traute er ihm durchaus zu.

  • Leise stieß sie ein Seufzen aus, wenn sie das Haus verließ, würde sie Simplex mitnehmen und sie wollte Rufus bestimmt nicht so ungeschützt allein zu Hause lassen. Zwar vertraute sie Vera, aber diese war das Kindermädchen und kein ausgebildeter Leibwächter. "Nun gut, du musst nicht mit ihm spielen. Aber du wirst dennoch mitkommen!" beendete sie seinen Protest.
    Rufus warf sein Holzschwert mit bockiger Miene von sich. Ganz ein kleiner missverstandener Märtyrer. "Wie du meinst, dann bleibt dann Spielzeug hier", meinte sie wenig verständnisvoll. Wenig später hatte sie ihren Nachwuchs in seinen Umhang gesteckt. Noch immer war er bockig. Ihr Sohn warf ihr ständig finstere Blick zu und machte es ihr auch gar nicht so leicht.
    "Dio, sag Vera dass ich zu meinen Verwandten gehe. Ihr solltet das Haus nicht verlassen. Wenn ich Neuigkeiten hab, werde ich euch jemanden schicken. Aber es ist besser, wenn ihr die Türen verschlossen haltet", wies sie den besorgten Griechen an. Diomedes gefiel es so gar nicht, dass sie das Haus verließ. Aber am Ende konnte er sich nur fügen, wusste er doch, dass Calvena ihren Sturkopf durchsetzen würde. "Wenn Lucius nach Haus kommen sollte, dann sag ihm wo er uns findet. Ich werde ihm aber auch noch eine kurze Nachricht zu kommen lassen", fügte sie hinzu. Dann war sie auch schon mit Rufus auf den Armen aus dem Haus.

  • Die letzten Tage hatte sie sich ihre Kleidertruhe vorgenommen, um die Kleidung durchzuschauen und nach Schäden zu sortieren. Es war nicht viel, was sie zum Ausbessern oder Säumen fand, aber immerhin machte sie etwas Beute. Damit konnte sie in Übung bleiben, was das Schneidern und Flicken betraf. Und sie hatte zu tun und konnte zugleich nachdenken. In ihrem Zimmer sitzend hockte sie auf einem gepolsterten Hocker und beugte sich über einen zu verlängernden Saum. Besonders über ihre männlichen Bekannten wollte sie nachdenken.


    Germanicus Aculeo weilte ihren Informationen nach immer noch in Germanien. Einen Brief hatte sie immer noch nicht erhalten. Ob seine Nachricht verloren gegangen war? Das konnte ja sein, es passierte häufig aus verschiedenen Gründen, dass Briefe verschollen gingen. Ob er ihre Verwandten aufgesucht und mitgeteilt hatte, dass sie nun in Rom weilte? Und Arbeit gefunden hatte? Wie die Duccii wohl reagiert hatten? Witjon war ziemlich aufgebracht gewesen, als sie ihm in Mogontiacum begegnet war und eingeschärft zu Mutter zurückzugehen. Sontje streckte den krummen Rücken und schüttelte gedankenverloren den Kopf. Nun gut, ihre Mutter hatte alles mögliche getan, um ihre drei Kinder durchzubringen. Nach Geros Tod hatte sie viel mitgeholfen, während Phelan sich für die Natur interessiert hatte. Sontje fühlte damals wie heute keine enge Bindung zu Ferun. Die Bindung hatte sie zu ihrem Zwillingsbruder Phelan gefunden, aber ihr Bruder war Vergangenheit.


    Sontjes Gedanken wanderten weiter. Was lief zwischen ihr und Nero? Was ihre Liebe zu ihm anging: Sie liebte ihn. Beim letzten Treffen war ihr der Altersunterschied zwischen ihnen bewusst geworden. Er war älter als sie, mindenstens zehn Jahre trennten sie. Er hatte eine Zwillingsschwester, die sie leider nicht kannte. Nero hatte viel von der Welt gesehen, besaß ein Häuschen am Meer und handelte mit Waren. Da er Geld verdiente, konnte er sie ausführen und zum Essen einladen. Viele gemeinsame Interessen verbanden sie und ihn. Und trotzdem.. es war eine seltsame Liebe! Ihren neuesten Bekannten, den Decimer, konnte sie nicht 'schon wieder' aufsuchen. Sie betrachtete ihn als Kumpel, als jemanden, bei dem sie sich eines Tages an seiner Schulter anlehnen oder gar ausweinen würde. Die Gespräche über Roms Geschichte oder die ehemaligen wichtigen Persönlichkeiten der Stadt waren sehr interessant. Ihre unendlichen Diskussionen. Als einziger von allen Männern wusste er von ihrer kranken Lunge.


    Irgendwann hörte Sontje eilige Schritte, die den Gang entlang liefen und vor ihrer Tür halt machten. Sie bat den Besucher nach dem Anklopfen herein und erkannte Diomedes. Was er ihr dann mitteilte verwunderte sie sehr: Calvena hatte mit Rufus das Haus verlassen und während zeitgleich eine Ausgangssperre herrschte. Ausgangssperre? Wieso? Das Kaiser war tot. Sontje liess Nadel und Faden sinken. Was betraf sie denn das? Sie sollte das Haus nicht verlassen, merkte Diomedes mit ernster Miene an und verliess ihr Zimmer. Wieder alleine legte Sontje die Arbeit nieder und trat mit verschränkrten Armen ans Fenster. Das wäre ja gelacht, wenn sie sich wegen eines toten Mannes einsperren liesse! Ob sie sich heute Nacht 'umziehen' sollte? Sie würde genau 24 Stunden abwarten.

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    Sokrates:


    Heimlich schlich sich eine in einen dunklen Umhang gehüllte Gestalt durch die nächtlichen Straßen der Stadt. Es war zwar schon spät, doch das war seine einzige Chance möglichst unbemerkt durch die Stadt zu kommen. Er war sehr erfahren mit der Jagd, so dass er es schaffte nahezu lautlos durch die Straßen zu schleichen, konnte es jedoch nicht verhindern hin und wieder, durch die ihm noch immer ungewohnte Umgebung der Stadt, verräterische Geräusche zu verursachen. Jedoch hatte er immer Glück und es war niemand in der Nähe und so schaffte er es schließlich sein Ziel zu erreichen. Ganz genau war ihm der Weg eingebläut wurden, so dass er es einfach finden musste und schließlich konnte er an die Tür der Casa Quintilia, seinem Ziel, klopfen.
    Er hoffte nur die richtige Person würde die Tür öffnen, ansonsten könnte er wohl Probleme kriegen.

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    Diomedes


    Seltsam ruhig lag das Haus da, dennoch brannte hinter in dem einen oder anderem Fenster ein Licht. Das Klopfen an der Türe wurde natürlich gehört. Diomedes wunderte sich darüber, war es doch sehr spät für Gäste und dann herrschte auch noch Ausgangssperre. Eigentlich erwartete die Hausherrin zurück, doch wenn Simplex an die Türe pochte, dann meistens kräftiger und entschlossener.
    Nach einer kurzen Weile öffnete sich das kleine Fenster in der Türe. Vorsichtig und auch nicht zur Gänze, ein wenig misstrauisch, ob der späten Stunde, lugte der Grieche in die Nacht hinaus.
    „Salve …“, grüßte er zurückhaltend. Hoffentlich war das kein plünderndes pack, welches durch die Straßen zog und rechtschaffene Bürger überfallen wollte. „Wer bist du und was willst du hier? Besonders um diese Zeit! Es wurde der Notstand verhängt!“ Im Grunde sollte dies bedeuten: Ich kenne dich nicht, also verschwinde. An sich war Diomedes ein freundlicher Mann, doch es machte ihn misstrauisch das zu dieser Zeit jemand vor der Tür stand. Hätte die Hausherrin jemanden erwartet, hätte sie ihn darüber in Kenntnis gesetzt.



    SKLAVE - IULLUS QUINTILIUS SERMO
    VILICUS - IULLUS QUINTILIUS SERMO

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    Sokrates:


    Gedanklich fluchte Sokrates, dies war natürlich nicht die Person von der er und sein Freund sich erhofft hatten, dass sie an der Tür erschien. Doch auch dafür hatten sie etwas vorbereitet.
    Bitte verzeih die Störung. Ich weiß, dies ist eine ungewöhnliche Zeit für einen Besuch, doch ich muss dringend mit Duccia Vera sprechen. Sie lebt doch hier, oder? Ich bin Sokrates und habe eine Nachricht von MDC für sie. Bitte sag ihr das.
    Intensiv blickte er unter seiner Kapuze hervor in das kleine Fenster der Tür, den Mann direkt ansehend.

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    Diomedes


    Viel konnte er von der dunklen Gestalt auf der anderen Seite der Tür nicht erkennen. Der Mann hatte sich die Kapuze tief in Gesicht gezogen. Das machte natürlich keinen sehr vertrauenswürdigen Eindruck, da konnte dieser noch so höflich sein Begehr vortragen. Es konnte auch ein Trick sein. Der Versuch mit höflichen Worten ins Haus zu gelangen, um ihm dann den Schädel einzuschlagen und das Haus anschließend leer zu räumen. „Ja, sie lebt hier …“, brummte er und fragte sich, was für seltsamer Besuch da vor der Tür stand. „Warte hier!“ meinte er nur und verschloss die kleine Luke in der porta dann fest. Diomedes hatte nicht vor, den fremden hinein zu lassen. In der Dunkelheit könnten ja weitere Spießgesellen warten.


    Während er den Mann vor der Tür stehen ließ, ging er hinauf, klopfte kurz und betrat dann Veras Zimmer. „Da steht wer vor der Tür dich. Er meint er hätte eine wichtige Nachricht von MDC für dich …“, fragend sah er sie an und erwartete eine Erklärung. Vera hatte schon seltsame Freunde die zu sehr ungewöhnlichen Zeiten plötzlich vor der Tür standen.



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