Behausung über dem Barbier

  • Das Feuer verbreitete wohlige Wärme und gedämpftes Licht. Im Kessel köchelte ein dicke Suppe. Alwina hatte sich den Luxus von angebratenem Schinkenspeck geleistet. Der Geruch durchzog den Raum.
    Sie saß auf ihrer Bettstatt und spann Wolle zu feinen Fäden. Es erforderte geschickte Finger und Geduld die Spindel tanzen zu lassen. Der Stoff daraus wurde fein und nicht so schwer. Grobere Fäden aus derberer Wolle waren gut für Stoff aus dem Mäntel und Umhänge gemacht wurden.
    Sie hatte überlegt, was sie noch tun könnte. Alleine vom Spinnen und Weben wurde sie nicht satt. Es dauerte bis ein großes Stück Stoff fertig war. Was konnte sie tun?


    Hier in Mogontiacum gab es nicht viel Arbeit für ein Mädchen wie sie. In der Taverne? Den ganzen Tag angestarrt und begrapscht von Trunkenbolden, zwielichtigen Gestalten? Im castellum hatte sie gehört, gab es auch eine Taverne, besser als die hier, sicher nicht.
    Die großen Haushalte hatten Sklaven, die alle Arbeiten verrichteten. Was blieb? Nichts.


    Eine andere Überlegung war, im Frühjahr in die kleine Hütte überzusiedeln. Die vergangenen Tage hatten gezeigt, dass es sich dort Leben ließ. Für den Webstuhl fand sich ein Platz in der Hütte. Sie konnte wilde Kräuter sammeln und den zugewachsenen Garten nutzbar machen. Eine Menge Arbeit war zu bewältigen, setzte sie ihre Überlegungen im Frühjahr um.


    Die Suppe hatte lange genug über dem Feuer gehangen. Alwina nahm den Kessel ab und stellte ihn neben das Feuer. Eine kleine Schüssel voll geschöpft, setzte sie sich an den Tisch und aß. Es war schwer Fuß zu fassen.

  • Von unten hörte sie Geräusche. Wer war da im Laden? Anaxandra's Stimme ließ sie erleichtert aufatmen. Sie legte den Löffel beiseite. " Ja, ich bin da. Komm rauf." Alwina nahm einen Becher, Schüssel und Löffel vom Brett. Gäste waren immer willkommen.

  • Die Tür versperren, da hatte sie Recht. Hier war man nicht sicher bei offener Tür. Wer was wollte, konnte anklopfen, das hörte sie bis oben.


    " Du hast Recht." sagte Alwina und sah mit interessiertem Blick auf den Korb, den Anaxandra bei sich trug. " Ich habe ein Bett, Geschirr, Holz zum Feuer machen und Vorräte. Verhungern und erfrieren tue ich nicht. Auf dem Webstuhl habe ich ein neues Stück Stoff angefangen." Das entsprach alles der Wahrheit, aber wohlfühlen, eingelebt? Davon konnte keine Rede sein. Die Tage im Wald hatte sie sich wohler gefühlt. "Nein." gab sie offen zu. " Es ist Winter, nicht die beste Zeit irgendwo heimisch zu werden."

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    Anaxandra stellte den Korb ab und blieb etwas unschlüssig stehen, ganz so als ob sie nicht wisse ob sie sich nun setzen sollte oder durfte oder nicht.


    In ihrer Unsicherheit fing sie an den Korb auszupacken. Zunächst kamen ein paar Utensilien hervor die in keinem Haushalt fehlen durften. Sowas wie eine Schüssel, ein paar Teller, ein Krug usw. dann folgten noch ein paar Vorräte.
    "Ich soll dir das von Pausias geben. Eigentlich soll ich dir sagen das er mit dem Mist eh nichts anfangen kann und das Sachen sind die keiner im Haushalt ist. Eigentlich will die alte Kröte dir aber sagen das er dich gern hat und sich ein wenig Sorgen um dich macht. Du warst ja ein paar Tage verschwunden und er hat schon befürchtet du wärst in den Wald gegangen und hättest jetzt keine Haare mehr aber dafür wilde Kriegsbemalung und wärst unfreiwillig die Frau eines Barbarenhäuptlings. Naja jedenfalls so ähnlich hat er sich ausgedrückt."


    Erst schien sie fertig zu sein doch dann ging ein Schauer durch sie durch.
    "Ja der Winter hier ist schrecklich. Geht das noch lange und wird es immer noch kälter? Ich wünschte ständig wir wären auf Melita oder in Ägypten. Das müsstest du sehen einen schöneren und vor allem wärmeren Ort gibt es nicht."

  • "Was hast du denn alles mitgebracht." Alwina legte die Hände vor den Mund. Sie war ganz vertieft in die Betrachtung der Sachen, die Anaxandra aus gepackt hatte. Für sie kleine Schätze. Alwina vergaß fast, etwas zu Essen und zu trinken anzubieten. " Entschuldige, was möchtest du trinken? Wasser oder Bier? Zu Essen hab ich heute dicke Suppe und Brot." Sie wunderte sich das Anaxandra stand. " Ach je, setzt dich, setzt dich." und wies auf ihr Bett.


    " Der arme Pausias. Habe ich ihn so erschreckt. Ich war die Sonnenwende feiern." Feiern, war dieses Jahr vollkommen falsch. Erinnern an vergangene Tage und das fortführen, was ihre Ahnen schon getan hatten. " Die Sonnenwende bedeutet, dass die Tage wieder länger werden. Sunna wird jeden Tag mit ihrem Wagen länger am Himmel verweilen und in spätestens 3 Monden werden die ersten Boten, geschickt von Frija, den Frühling ankündigen. Es wird bald wärmer." Versuchte sie Anaxandra Hoffnung zu machen, das die Kälte nicht mehr lange vorhielt, wenn sie Glück hatten. Ägypten? Alwina kannte das Land ihrer Väter und Vorväter. Dort war es schön, einen schöneren Ort konnte sie sich nicht vorstellen. " Es fehlt dir sehr. Nicht wahr? Das Melita ..." Mitfühlend sah Alwina Anaxandra an. Sie fühlte ähnliches im Bezug auf ihre Heimat.

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    "Nur ein paar Kleinigkeiten wie gesagt", antworte Anaxandra während sie sich aufs Bett setzte.


    "Da wir ja unter uns sind würde ich gern mal so ein "Bier" probieren. Darfst mich aber nicht auslachen wenn es mir nicht schmeckt oder beleidigt sein. Ich hab sowas noch nie getrunken. Vielen Dank für das Essensangebot aber ich komme gerade aus der Küche von Pausias und wie du ihn ja kennst hat der mich schon vollgestopft. Ich glaube der will das jeder so aussieht wie du. Irgendwo da unten ist auch noch die Hälfte von meinem Stück der fetten Ente die es heute gab", deutete sie auf den Korb.


    Gerade wollte sie noch Fragen was zum Hades eine ´Sonnenwende´war als Alwina schon erklären anfing.


    "Waaas noch 3 Monde!!" sie ließ sich auf das Bett fallen.
    "Ich glaub das überlebe ich nicht....", sie erinnerte sich an die weiteren Fragen und sagte:
    "An Ägyptus habe ich nicht so große Erinnerungen da war ich noch zu klein. Aber an Melita schon. Die warme Sonne, das Meer... ohja vor allem das Meer fehlt mir. Es ist so anders als das Meer hier im Norden oder der Rhenus. Ja es fehlt mir schrecklich. Im Domus ist es, bis auf die Scheißkälte, " sie hielt sich kurz die Hand vor den Mund", fast wie zu Hause aber jedes Mal wenn ich rausgehe ist alles so fremd.
    Ich glaube selbst dem Dominus geht es so aber er hat halt verloren gegen seinen Bruder... aber ich jammer hier rum das ist ja schrecklich. Für dich muss es noch viel schlimmer sein oder?"

  • Der Krug mit dem Dünnbier stand in greifbarer Nähe. Alwina schenkt einen Becher halb voll, Anaxnadra wollte probieren. " Hier zum probieren. Magst du mehr, bekommst du mehr." sagt Alwina scherzhaft. Ente hatte Pausias gemacht, sie sah im Korb nach, ganz unten tatsächlich war ein Stück Ente. " Das hänge ich unters Dach nach draußen. Bei der Kälte hält es da länger." Alwina sah zu dem kleinen Fenster hinaus. Es war schon dunkel. " Weißt du, ich mag den Winter. Den Schnee, die Kälte. Natürlich nur wenn ich nicht frieren muss. Der Schnee knirscht unter den Schuhen, die Luft ist so klar, die Sonne dem Schnee ein glitzern entlockt.... " sie unterbrach. Wie oft dachte sie abends an ihre Familie, die Sippe. Was für sie früher selbstverständlich war. Schutz, Freude, Gemeinsames Arbeiten, gemeinsame Feiern, das abendliche Zusammensitzen, die Geborgenheit der Familie, heute für sie unerreichbar, unbezahlbar. " Es wird bald wieder warm." träumte sie vor sich hin. " Porbier, schon." riss sie sich von ihren Träumen los. Das Geschirr was Anaxandra ausgepackt hatte, stellt sie auf ein leeres Brett an der Wand. " Richte Pausias meinen Dank aus. Ich kann seine Sachen gut gebrauchen." Sie setzte sich zu Anaxandra. "Im Frühjahr,wenn die Sonne wärmer scheint. Gehen wir zusammen in den Wald und pflücken Kräuter für Pausias." um sie von der Kälte abzulenken.

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    Vorsichtig probierte Anaxandra das Bier.
    "Schmeckt gar nicht schlecht, hat aber ganz schön Feuer oder? Da wird man bestimmt schnell dun von!"


    Sie blickte sich ein wenig um und konnte nicht verhindern ein wenig den Kopf zu schütteln als Alwina meinte das sie den Winter mochte.


    "Ja werde ich machen und in den Wald... aber nur wenn es sicher ist. Ich war noch nie in einem Wald. Mir fällt gerade ein das ich noch zwei Neuigkeiten für dich habe.
    Der Dominus ist gerade bei seinem Patron und soweit ich weiß will er diesen auch ansprechen wegen deiner Arbeit.
    Naja und das zweite... also wenn du nichts dagegen hast würde ich dich öfter besuchen kommen. Phaeton erlaubt es da es ja quasi im Domus ist und ich habe mich daran gewöhnt mit dir zusammen zu wohnen. Also darf ich, sobald meine Pflichten im Haus erledigt sind so oft herkommen wie ich will und du es halt erträgst."

  • " Das ist nur Dünnbier." lachte Alwina. " Im Winter gab es bei uns noch Starkbier, aus geröstetem Getreide. Das wärmt richtig durch und gibt Kraft. Wenn man friert, ist das besser als eine heiße Suppe." Erfreut darüber, dass es Anaxandra schmeckte, füllte sie den Becher bis zum Rand.


    " Wenn der Patron meine Stoffe nimmt wäre ich zufrieden. Das Geld kann ich gut gebrauchen." Tauschhandel war hier kaum noch üblich. Die meisten Händler wollten Geld. in der Basilica und auf dem Markt davor hatte sie stundenlang zugesehen, wie die Leute feilschten, Geldstücke gegen Ware tauschten. Am Anfang war es kompliziert. Jetzt wusste sie mit den Geldstücken umzugehen.
    Verwundert sah sie Anaxandra an. " Hier ist jeder als Gast willkommen und gute Freunde noch viel mehr. " Ihr würde nicht im Traum einfallen jemanden von der Tür abzuweisen. Gastfreundschaft war oberstes Gebot. Hielt der Gast sich an die Regeln, gab es keinen Grund ihn vor die Tür zu setzen. " Ich freue mich, wenn du kommst, dann bin ich nicht so allein."

  • "Oha...", gab Anaxamdra auf die Ankündigung mit dem Bier als Antwort und trank vorsichtig weiter.


    "Ich denke der Dominus wird dann morgen oder so mit dir sprechen wollen und erzählen was dabei rausgekommen ist."


    Anaxandra wurde ein bisschen verlegen.
    "Danke das du mich eine Freundin nennst. Ich hatte bisher noch nie sowas. Ich meine mit den meiste anderen Sklaven, außer natürlich Galas diesem schleimigen Stelzbock, verstehe ich mich gut. Aber wie sagte der alte Vilicus auf Melita immer noch. Mitsklaven werden befohlen, Freunde sucht man sich aus!"

  • Bei Freunden war es egal woher sie kamen. Hier war das wahrscheinlich, wie so vieles , wieder ganz anders. Alwina war das egal. " Die Wolldecken auf denen du sitzt, die habe ich selber gemacht. Die obere ist aus aus grober Wolle und die untere aus feiner Wolle. Färben war zu teuer, ich habe es bei wollweiß belassen." Sie hatte ihre Spindel vorgeholt, die gekämmte Schafswolle und begann zu spinnen.

  • Sie war keines wegs nervös. Ein bisschen aufgeregt, aber das brauchte sie nicht. Ihre Erwartungen waren nicht sehr hoch. Entweder es klappte oder nicht. An der guten Qualität ihrer Arbeit zweifelte sie nicht. " Frei entscheiden..über das Geld...Es wird für das notwendigste reichen. Ein ganz komisches Gefühl, selber für sich zu sorgen." Alwina sah ins Feuer.

  • Am Tag nach dem Besuch bei seinem Patron ging Mathayus Magonidas zu dem ehemaligen Barbierladen in seinem Domus. Er klopfte deutlich an der Tür da Alwina, wenn sie zu Hause war ja eine Etage höher in ihrer Wohnung sein würde.

  • Das Klopfen war bis oben zu hören. " JA,ICH BIN UNTERWEGS!" Alwina legte die Wolle zur Seite und stieg hinunter.
    Heute war es kalt und sie hatte den Webstuhl Webstuhl sein lassen. Mit klammen Fingern war es nicht gut weben. Sie hatte überlegt ein Kohlebecken, wie sie es bei Mathayus im Haus gesehen hatte, aufzustellen.
    Sie öffnete die Tür. " Mathayus..komm rein." freudig forderte sie ihn auf herein zu kommen. " Gehen wir nach oben. Ich habe Bier, Brot und Käse."

  • "Aber nur wenn es keine Umstände macht", antworte Mathayus. Er ging aber gleich mit hoch da er inzwischen die Gastfreundschaft hier kannte die sich gar nicht so sehr von der in seiner Heimat unterschied.


    Oben angekommen blickte er sich um
    "Hast dich ja schon richtig eingerichtet das freut mich. Aber warum stellst du den Webstuhl denn nicht unten auf und nutzt den Raum hier oben nur als Wohnbereich?"

  • Ein Becher Bier, eine Schale Käse und eine mit Brot fanden den Weg auf den Tisch. Sie überließ ihrem Gast den Stuhl und setzte sich auf ihr Bett. " Greif zu." Viel brauchte sie nicht zu kaufen, außer Geschirr und das Innenleben ihrer Matratze. " Ach der hier. Das wird der Kleine für Gürtel und Bänder. Unten war es zu kalt. Ich werde ein Kohlebecken aufstellen. Für die Hände zum aufwärmen. Und wie geht es dir und deiner Familie?" Sie hatte sich ihre Wolle genommen und spann weiter. Nach dem Faden brauchte Alwina nicht mehr zu sehen, das hatte sie bei der vielen Wolle, die sie versponnen hatte, im Gefühl.

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