Im Nachhinein stellte es sich als nicht so kluge Idee heraus, dass Haus zu verlassen, um bei den Germanicern vorbei zu schauen. Ganze drei Mal liefen sie Patrouillen in die Arme, die sie finster musterten und zu wissen verlangten, was sie auf den Straßen zu suchen hatte. Zum Glück schätzten sie eine Frau mit Kind in Begleitung eines Sklaven nicht als Gefahr ein, doch machten sie ihr deutlich, dass sie derzeit nichts auf den Straßen zu suchen hatte und gefälligst nach Hause gehen sollte. Calvena war ganz froh, dass man nicht drohte sie einzusperren, weil sie gegen die Ausgangssperre verstieß. Jedes Mal wenn sie Soldaten in die Arme liefen, setzte sie mühsam ein freundliches Lächeln auf, und versicherte dann den Urbanern, dass sie nur auf dem Heimweg war.
Es war ein beklemmendes Gefühl durch die leeren Straßen Roms zu eilen. Noch nie hatte sie erlebt dass Rom gänzlich stillstand. So gut wie niemand war unterwegs, es war kein lachen zu hören oder Gespräche, nur ein unheimlicher Wind der durch die Straßen jammerte. Alle Läden waren verschlossen, Türen und Fenster verrammelt. Man fühlte sich wie in einer Geisterstadt gefangen. Nur den gleichmäßigen Schritt genagelter Calecae hörte man schon viele Augenblicke, bevor man dann die Soldaten erblickte.
Rufus hatte sie auf den Arm genommen, so ging es einfach schneller. Und auch wenn es nicht gestattet war, so hatte sie Simplex klammheimlich einen Dolch zugesteckt, den dieser unter seiner Kleidung verborgen trug. Einfach zu ihrem Schutz, denn sie war sich sicher, dass zwar alle anständigen Bürger den Weisungen Folge leistete, aber es waren mit Sicherheit unzählige finstere Gestalten unterwegs, die sich in den Schatten verbargen. Um nicht irgendein unnötiges Risiko einzugehen, blieb sie auf den Hauptstraßen, was eben dazu führte, dass sie Urbanern begegnete.
Heilfroh war sie, als sie bei der Casa Germanica ankam, direkt von den Sklaven erkannt wurde und hinein gelassen wurde. Es war unheimlich und sehr viel länger wäre sie nur ungern auf den Straßen geblieben. Die Anspannung fiel von ihr ab, als sich die Tür hinter ihr verschloss und Gundhraban auf seinen Posten ging. Rufus wurde auf seine eigenen Beine gestellt und die Mäntel an Saldir weitergereicht. Irgendwie konnte man ein wenig die Sklavin beneiden, sie war schon eine halbe Ewigkeit Bestandteil des germanicischen Haushalt, aber sie wirkte immer noch jung und hübsch. Doch Saldir war schnell wieder aus den Gedanken verbannt, stattdessen nahm sie ihren Sohn bei der Hand. "Komm wir gehen Serrana und Sedulus suchen!" schlug sie ihm vor. Er war immer noch bockig, weil sie ihn gegen seinen Willen mitgenommen hatte.