Eine kleine Kammer bei den Archiven

  • War das mein erstes Kind? "M-m." Ich schüttelte den Kopf. "Und mein Na..a.. AARGH..me ist Sergia Fausta, Procura..a.. AU..ARGH..trix a memoria." Hatte ich das etwa nicht gesagt? Ich schaute kurz ein bisschen ungläubig drein. Dann riss ich meinen Mund auf vor Schmerz, ohne dass dabei ein Laut ertönte. "Hhhh.. Hu-hu-huu.. Hhhh.. Hu-hu-huu..", versuchte ich mich dann mit Atmen irgendwie wieder etwas runterzufahren und zu beruhigen.


    Genau da machte mir nun aber die Plinierin selbst einen fetten Strich durch die Rechnung. "Zwei?!?" Das war.. "Das geht nicht! Ich bin noch nichtmal bereit für eine Geburt. Denn ich hab ja auch noch einen ganzen Monat Zeit damit. Zwei, das ist.. unmöglich. Das geht nicht. Dafür bin ich erst recht noch nicht vorbereitet. Das geht nicht.", versuchte ich der Leibmedica des Kaisers klarzumachen. Ich sah ihr einen Moment in die Augen, dann wechselte meine Stimmung. Ich zog die Hand, die ich eben noch gedrückt hatte, ruckartig ein Stück näher zu mir. "Hör zu. Das hier ist weder der Ort noch die Zeit für Scherze. Und erst recht nicht für eine Geburt. Du bist Medica. Also tu gefälligst etwas, dass das hier aufhört!", forderte ich sie unmissverständlich auf. Denn auch wenn ich die Befürchtung hatte, dass sie es nicht mehr aufhalten konnte, wollte ich trotzdem nichts unversucht lassen, hier vielleicht doch nochmal drumherum zu kommen und diese ganze Geburt nochmal etwas aufzuschieben.. oder besser: die zwei Geburten aufzuschieben. (Ich sollte meinen eigenen Arzt, diesen Stümper, mit meinen eigenen Händen vom tarpeischen Felsen stoßen für die Unfähigkeit, sowas nicht zu merken oder, schlimmer noch, mir bewusst zu verschweigen!)

  • Dem Kopfschütteln war zu entnehmen, dass die Frau, die sich ihr als Sergia Fausta vorstellte, keine Erstgebärende war. Die Geburt würde also vermutlich schneller voran gehen als bei einer Frau, die das erste Mal niederkam. Die kurzen Abstände der Wehen und die Heftigkeit derselben machten klar, dass sie sich bereits im letzten Stadium befanden. Als die Procuratrix dann vernahm, dass sie Zwillinge bekommen würde, war die Reaktion mehr als irrational. Die Medica rollte innerlich die Augen. Schwangere und Gebärende waren leider selten rational, das hatte sie schon gehört. Das völlige Ignorieren der Realität hatte sie jedoch nicht erwartet.
    Während Chrysogona sich hinkniete und die Untersuchung auf den Unterleib der Gebärenden ausdehnte, sprach sie in klarem und unmissverständlichem Ton mit der Sergia.


    "Hör zu, Sergia Fausta. Es sind zwei Kinder und du wirst dich sehr bald selbst davon überzeugen können. Der Muttermund ist bereits vollständig geöffnet, die Fontanelle des ersten Kindes kann man schon tasten. Ich werde alles tun, dass es aufhört, indem ich dich gleich auf diesen Schreibtisch verfrachten werde, damit die Kinder geboren werden können."


    Die Medica drehte sich zur Tür.
    "Junger Mann, komm doch mal herein, bitte! Hilf mir mal, den Schreibtisch frei zu räumen und die Procuratirix auf den Tisch zu heben. Ganz an die Kante."
    Der unsichere junge Mann kam zögerlich näher. Als er aber den fordernden Blick der Medica sah, half er nach Kräften. Sie setzten Fausta gemeinsam auf die Tischkante. Chrysogona stellte sich den Stuhl der Procuratrix davor und ließ die Gebärende die Füße auf den Armlehnen abstellen. Sie selbst setzte sich auf den Stuhl, so dass sie den Unterleiib der Kreissenden direkt vor sich hatte. Die Sklavin hatte inzwischen Tücher und Decken sowie Wasser gebracht. Alles war bereit.
    "Stell du dich hinter Sergia Fausta", wies sie den dunkelhaarigen Mann an. "Sie soll sich an dich anlehnen können. Halte sie gut fest. Sie wird jeden Halt brauchen."


    Der Sklavin befahl sie: "Stell dich gleich neben mich. Wenn das Kind kommt, wirst du es in eines der Tücher wickeln. Ich nable es dann ab und kümmere mich um das zweite."


    Als somit alle Aufgaben verteilt waren, sah die Medica Sergia Fausta an. Sie wartete bis sich der Uterus in einer kräftigen Kontraktion zusammenzog und forderte dann Fausta mit einer Stimme auf, die keine Widerrede dultete. "Pressen, Fausta! Pressen! Jetzt!"

  • Severus hatte sich an seinem Platz vor der Tür mittlerweile gut eingerichtet, da wurde er schon von der Medica zur Sergia komplimentiert. Er trat daher in den Raum hinein und hörte zu, was die junge Frau von ihm wollte. Er sollte den Schreibtisch leerräumen. Gut, das war nicht schwierig, fiel irgendwie in seine Kernkompetenz als Stadtschreiber und war schnell gemacht. Dann sollte er noch dabei helfen, die Sergia auf den Tisch zu heben. Auch das war kein Problem, auch wenn das irgendein Sklave oder Cubicularius auch hätte machen können. Nur war grade keiner vorhanden, also folgte er auch dieser Anweisung und half dabei, die Sergia auf den Tisch zu heben. Dann aber stockte er und auf seinem Gesicht erschien ein Ausdruck, der pure Fassungslosigkeit zeigte. Er, ein Mann, ein Schreiber, sollte bei der Geburt helfen und zwar nicht irgendwie, sondern indem er der Schwangeren als Lehne diente und sie - zu allem Überfluss - auch noch festhalten sollte. Wohlgemerkt war die Schwangere zudem nicht irgendeine Frau, sondern eine der kaiserlichen Procuratoren - und ihm damit sogar nach seiner baldigen Beförderung noch rangmäßig vorgesetzt war - und - als wäre das nicht alles schon genug! - auch noch die Frau seines Patrons... Wenn hier irgendwas schief liefe, würde er dafür verantwortlich gemacht. Mit Sicherheit. Und dann konnte er sich seinen schön geplanten Aufstieg abschminken. Wegen einer Frauenaufgabe, schließlich bekamen Frauen die Kinder und waren daher auch dafür verantwortlich, dass sie zur Welt kamen.


    Ablehnen konnte er aber auch nicht. Das würde man ihm nämlich auch ankreiden. Und der bestimmende Ton der Medica ließ aber ohnehin keinen Widerspruch zu, also nahm er seine Position hinter der Sergia ein, stemmte sich leicht gegen ihren Rücken und hielt ihre Arme fest. Ein Umfassen des Bauches war ja sowieso nicht möglich und eines der Brüste würde wäre unangebracht und würde ebenso sicher falsch ausgelegt werden, wie es sicher war, dass er mit dieser Aktion hier um Längen zurückgeworfen werden könnte.

  • Kein Glück. Ich kam offenbar nicht drum herum, jetzt zu gebären. Andererseits: Dann wäre die ganze Schwangerschaft endlich vorbei. Vor allem die Unannehmlichkeiten beim Schlafen, überhaupt beim Liegen, bei längerem Sitzen, natürlich auch beim Stehen, dazu beim Essen, das ständige Gerenne zur Toilette, die Probleme beim Anziehen (was konnte ich trotz meiner Schwangerschaftsfigur noch tragen?), die Probleme beim Anziehen (der Tätigkeit - vor allem, wenn es an die Sandalen ganz unten an meinen Füßen ging), überhaupt die verminderte Beweglichkeit und Ausdauer, .... und und und.. und noch viel mehr. Hatte also vielleicht auch sein Gutes, das alles jetzt einen Monat weniger ertragen zu müssen. Wären da nur nicht die vielen Gefahren für das Kind.. pardon, die Kinder. Plural. Und wären da vor allem nicht diese riesigen Schmerzen, die zwischen mir und dem Vorbeisein dieser Geburt standen.


    Von dem Fachausländisch (aegyptisch, griechisch, was auch immer), das die Medica mir an den Kopf warf, verstand ich kein Wort. Was bitte war diese Fontanelle, die das erste Kind hatte? Musste man das irgendwie behandeln? Oder war das sowas wie ein gutes Omen? Ich hatte keine Vorstellung. Aber: Es hört sich gut an. Denn die Frau wusste offensichtlich, was sie tat. Das war gut zu wissen. Da sah ich im ersten Augenblick glatt darüber hinweg, wie diese Leibärztin des Kaisers gerade mit mir redete. ..bis.. "Der.. das.. RAU..UUAU..S!", beschwerte ich mich unter Schmerzen. Ohne Erfolg. Ich war die Frau seines Patrons. Ich war bald sowas wie eine seiner Vorgesetzten. Ich war.. gerade trotzdem nicht in der Lage, mich gegen diese Unverfrorenheit zu wehren. Der Mann räumte den Schreibtisch frei. Dann wollte er mir auf den Schreibtisch helfen. Mit einem Klatschen schlug ich ihm auf die Hand. "Fass mich nicht an!", giftete ich ihn an und versuchte, allein aufzustehen und allein auf den Tisch zu kommen. Aber in meiner Situation: Keine Chance. Ich kapitulierte schon nach dem ersten Versuch und ließ mir helfen. Ausnahmsweise.


    Ich kam auf der Tischkante zu sitzen, die Füße auf den Armlehnen eines Stuhls. Die Plinierin setzte sich auf diesen Stuhl und ich war froh, dass sie den Helvetius jetzt schickte, um mir den Rücken zu stärken. Nicht weil ich seine Hilfe brauchte (die brauchte ich natüürlich nicht). Aber weil er auf der anderen Seite ganz einfach nichts verloren hatte. Dann dauerte es nicht lang und wieder kamen diese ungeheuren Schmerzen. Ich griff instinktiv eine Hand, Arm, irgendwas von dem Helvetius und klammerte mich mit meiner rechten Hand so fest daran, dass er vielleicht sogar meine einwandfrei manikürten Fingernägel in seiner Haut spüren konnte. "AaaAARRG!", begann ich dann zu pressen. "Ich werde ihn.. UMBRINGE..AARRG..N!" Oh ja. "Ich werde.. AaaAARRG.. ihn vierteilen.. lass..AARRG..en! Und dann lass ich.. AaaAARRG.. ihn an die Löwen ver..RAARG..füttern!" Das hörte sich nach einem tollen Plan an. "Dies..aaAARRG Stümper wird sich noch wün..NNN..schen, mich nie kennengelernt zu ha..AARRG..ben!", fluchte ich mit rotem Kopf gegen diesen Idioten, der Schuld daran hatte, dass meine Kinder zu früh kamen und ich nicht darauf vorbereitet war. "AaaAARRG!", presste ich noch ein letztes Mal angesetrengt, bevor ich das Gefühl hatte, als hätte ich den ersten riesigen Melonenkopf erfolgreich durch das kleine Mauseloch hinaus in die Freiheit gedrückt. Der Schweiß in meinem Gesicht ließ mein dezentes Makeup verlaufen. Meine Kleider klebten ebenfalls ein bisschen. Und ich hatte keine Kraft mehr (außer in meiner noch immer fest zudrückenden rechten Hand). "Ich kann nicht mehr.", teilte ich der Plinierin meine Erschöpfung auch gleich mit, auch wenn mir eine kleine Pause jetzt wahrscheinlich trotzdem niemand gönnte.

  • Ob Sergia Fausta auch abseits einer strapaziösen Entbindung so prächtig viel Haare auf den Zähnen hatte? Chrysogona war überrascht von der Widerspänstigkeit der Frau. Noch in den Presswehen zeterte sie und schimpfte wie ein Marktweib auf dem Forum oder im Marcellum.


    Doch die Wehen wurden heftiger. Der junge Mann, der den Rücken der Kreissenden stützte, hatte alle Hände voll zu tun. Die Medica versuchte, so vorsichtig wie möglich, den Kindskopf zu entwickeln und gleichzeitig Acht auf die verletzbaren Strukturen des Beckenbodens zu geben. Ermattet von der harten Arbeit des Pressens schien die Sergia aufgeben zu wollen.
    Indigniert sah Chrysogona zu der Dunkelhaarigen empor. "Was heißt hier "ich kann nicht mehr!"? Es ist noch nichtmal das erste Kind geboren und das zweite steht dir noch bevor! Du kannst jetzt nicht aufgeben! Im Gegenteil, du wirst dich jetzt erst einmal so richtig anstrengen müssen! Pressen, Fausta! Pressen!"


    Die kommede Presswehe wurde von einem Schrei begleitet und gestattete dem Kopf den Durchtritt durch den Beckenboden. Mit einer Drehbewegung, und begleitet von einer weiteren Presswehe und den dazugehörigen Schmerzensschreien, entwickelte Chrysogona die Schultern des Kindes. Sanft glitt ein kleines Mädchen in die Hände der Medica. Mit einem kurzen prüfenden Blick gab sie das Kind an die wartende Sklavin weiter.
    "Du hast ein Mädchen geboren, Sergia Fausta! Das erste Kind ist eine Tochter."


    Chrysogona gab der Gebärenden einige Augenblicke Zeit, um sich zu erholen. Sie band inzwischen die Nabelschnur ab und durchtrennte sie. Das Kind war klein, wie bei einem Frühgeborenen nicht anders zu erwarten, doch es atmete und die Hautfarbe war rosig. Die Sklavin begann das kleine Mädchen vorsichtig von Blut- und Schleimresten zu reinigen. Dann wickelte sie die Tochter der Sergia in eine saubere Decke und zeigte sie der erschöpften Mutter.

  • Fass mich nicht an! in jeder anderen Situation wäre Severus sofort zurückgewichen, oder, noch besser, hätte es erst gar nicht dazu kommen lassen, dass eine solche Situation entstand. Bislang hatte er es ja offenbar geschafft, einen guten Eindruck auf die Sergia zu machen. Und jetzt wurde das alles in Frage gestellt, weil diese seltsame Leibärztin nicht in der Lage war, eine Cubicularia zu organisieren, die deutlich besser die Rolle ausgefüllt hätte, die Severus nun - gezwungenermaßen! - zu übernehmen hatte. Und diese Aufgabe war kein Honigschlecken, denn er hatte alle Mühe damit, den parallel zu den Schmerzenschreiben auftretenden Anspannungen des Körpers der sergischen Procuratrix entgegenzuwirken. Ein erneuter Schrei folgte und Severus spürte einen brennenden Schmerz in seinen Unterarmen. Ein kurzer Blick bestätigte, dass die Sergia ihm bei der erneuten Verkrampfung ihre Fingernägel dort hinein gerammt hatte. Severus quittierte den Schmerz mit einem unterdrückten Hngh..., spannte dann aber seine Hände an, um seinerseits den Schmerz zu betäuben. Es ging jetzt nicht um ihn, sondern um die Sergia, auch wenn er, sobald dass hier alles vorbei wäre, darum bitten würde, die Wunden zu versorgen.


    Allerdings bot sich ihm danach bereits ein erneuter Blick in seine Zukunft, der dieses Mal noch klarer ausfiel. Die Sergia schimpfte und zeterte und Severus konnte sich denken, was ihm für diese - von der Leibmedica geforderte - moralische Grenzüberschreitung blühte: Umbringen. Vierteilen. Bestien der Arena. Ja, er würde sich wünschen, sie nie kennengelernt zu haben, hätte aber wohl ohne nicht die Zeit, das Bedauern auszuleben, wenn er - wahrscheinlich sogar unterstützt durch seinen Patron - in den Tartarus gejagt werden würde.

  • Genau das hatte ich befürchtet. Und ich ärgerte mich darüber, dass ich es überhaupt so laut ausgesprochen hatte. Und ich ärgerte mich darüber, dass diese Medica hier so tonangebend mit mir sprach. Denn ich war die Ritterin! Ich war die Prokuratorin! Und ich.. "Ich.. pre..aaAARGR..sse doch! Ich pr..AARG..sse!", versuchte ich trotz allem nicht klein beizugeben und presste mit aller Kraft (meine Finger in den Arm des Helvetius hinein und das erste Kind aus mir heraus).


    Dann war die Kleine auf der Welt. Hatte ich doch gewusst, dass es ein Mädchen war! Ich lächelte unter einigen Schweißtropfen erschöpft. (Und jetzt, wo sie da war, würde ich natürlich den Pluto tun, zuzulassen, dass irgendwer der Kleinen den hässlichen Namen Longina, "die Lange", verpasste! Denn wie sexy bitte war das, wenn allein der Name sagte, dass sie vielleicht sogar ihrem späteren Ehemann mal auf den Kopf spucken könnte?!? Ich war überzeugt: Eine Frau durfte größer sein als ihr Mann - aber bitte nicht länger. Auch nicht nur dem Namen nach.) "Faustina.", hauchte ich also nur, als mir die Sklavin meine kleine Tochter zeigte. Denn ich würde meinen Mann aber mit allergrößter Sicherheit daran erinnern, dass in unserem Ehevertrag klar und deutlich stand, dass unsere erste Tochter nach mir (und also auch nach meiner Urgroßmutter Cornelia Fausta) Iulia Fausta heißen sollte.


    Das kurze Durchatmen tat gut. Fast vergaß ich meine Schmerzen beim Anblick des kleinen Faustinchens. Sie war einfach perfekt, auch wenn sie noch so klein war. Ich wollte sie am liebsten gleich nehmen und ganz nah bei mir halten. Aber als ich gerade meine Arme nach ihr ausstrecken wollte, holte mir ein heftiger Schmerz zurück ins Bewusstsein, dass ich diese Geburt noch lange nicht überstanden hatte. "A..aaha!", beschwerte ich mich und krallte mir wieder den zwischenzeitlich losgelassenen Helvetius. Ob ich dabei die gleiche oder eine andere Stelle von Hand oder Arm zu fassen bekam, merkte ich nicht. (Wer sollte jetzt auch auf sowas achten!) "Es geht nicht mehr, wirklich nicht mehr.", teilte ich meine Sorgen gleich wieder mit der Plinia (und hoffte unterbewusst wahrscheinlich darauf, dass sie mir nochmal irgendwie die Kraft gab und mich antrieb, um das hier irgendwie zu bewältigen).

  • Die Freude der Mutter erfüllte die Medica mit Stolz. Es war ein erhebender Moment wenn ein Kind gesund geboren wurde und die Mutter es glücklich begrüßte. Faustina sollte die kleine heißen? Chrysogona lächelte still in sich hinein. Selbstbewusst war sie die Sergia.


    Doch lang konnten sich Mutter und Medica nicht über das gesunde erste Kind freuen, schon setzten die Presswehen wieder ein. Fausta schrie erneut und presste, doch es war zu erkennen, dass ihr die Kraft ausging, was sie auch sogleich kundtat. Chrysogona feuerte die Kreissende an.
    "Du darfst jetzt nicht aufgeben, Fausta! Der Kopf ist schon tief im Becken. Du schaffst das!


    Die Befürchtungen der Medica bestätigten sich. Obwohl der Weg sozusagen schon geebnet war, zog sich die Geburt des zweiten Kindes hin. Immer wieder war der Kopf zu sehen, rutschte dann aber wieder zurück weil Fausta das Pressen unterbrechen musste. SIe atmete schwer und unkontrolliert Chrysogona musste ihr den Rhythmus vorgeben .
    "Pressen, Atmen, Pressen, Atmen!"


    Als das Köpfchen zum dritten Mal im Unterleib der Gebährenden verschwand, gab Chrysogona dem jungen Mann hinter der Sergia einen für ihn sicher schwierigen Auftrag.
    "Du musst uns jetzt helfen, junger Mann. Schiebe du von oben das Kind in Richtung Beckenboden!"


    Die Medica nahm die kalten, zittrigen Hände des Helfers und dirigierte sie zu dem Kind, das durch die Bauchdecke zu spüren war. "Wenn ich Fausta den Auftrag "Pressen" gebe, schiebst du es nach unten. So."


    Chrysogona zeigte ihm, wie sie sich seine Hilfe vorstellte. Dann nahm sie erneut ihre Position auf dem Stuhl ein. Sie ignorierte den entsetzten Blick der Kreissenden und gab das Kommando.
    "Pressen, Fausta! Pressen!"

  • Du schaffst das?? Das machte mir irgendwie nicht gerade den größten Mut. Ich schaffte mich höchstens selbst, ja. "HAARRG!", presste ich, brauchte aber gleich wieder eine Pause. Ich schnappte nach Luft. Und wieder: "HAARRG!" Und eine Pause. Und wieder presste ich. Und wieder kam das zweite Kind einfach nicht. Und mir schwanden so langsam meine Kräfte dahin.... Die Plinia begann damit, mir einen Rhythmus vorzugeben. Ob das besser klappte? Ich versuchte es.. und presste.. und atmete.. und presste.. und atmete.. und hatte trotzdem nicht das Gefühl, dass es voran ging. Ich hatte das Gefühl, dass das zweite Kind einfach noch nicht einen ganzen Monat zu früh raus wollte. Oder wollte ich vielleicht einfach nur nicht mehr?


    Ja, vielleicht auch das. Konnte sein, konnte nicht sein. Ich war so langsam wirklich echt fix und fertig. Selbst zum Zetern fehlte mir zunehmend die Puste. Und sogar das Zudrücken meiner rechten Hand beim Helvetius wurde langsam etwas weniger kräftig. Ohne einen sinnbildlichen Tritt in meinen Hintern sah ich vor meinem innern Auge schon, wie das heute hier nichts mehr wurde. (Ich erinnerte mich dabei an meine Mutter, die immer irgendwie eine Liebe gewesen war. Nur einmal, als sie hinter den kleinen Flirt zwischen mir und diesem Alexander gekommen war, da hatte sie mir eine richtige Ansage gemacht. Da hatte ich wirklich fast ein bisschen Angst vor ihr bekommen - und mich sogar einen verflixten ganzen Monat lang an jedes einzelne Wort von ihr gehalten.)


    Ich bekam mit, wie mir der Helvetius jetzt noch mehr helfen sollte. Aber irgendwie schien er.. sich ein bisschen zu zieren? Zu zögern? "Nun mach.. und hab dich nicht so." schlug ich ihn nicht sehr fest mit meiner Hand auf den Arm. Seine kalten Hände (hatte er kalte Hände?) merkte ich anschließend kaum. Denn ich hatte wirklich gerade mit Größerem, also wirklich Größerem zu kämpfen, als nur mit einem paar ein bisschen kalter Hände. Männer. Gaben bei Tageslicht immer vor, die größten Helden zu sein. Aber kaum dass sie mal einen kleinen Schnupfen hatten, starben sie gleich. Und kaum dass sie mal ein bisschen bei der Geburt helfen und mich unterstützen sollten, war ihre größte Sorge (unterstellte ich ihm einfach), dass sie vielleicht ein bisschen zu kalten Hände haben könnten. Wäre ich jetzt nicht so ausgelaugt, ich hätte dem Kerl eine Ansage gemacht, die meine Mutter nicht besser hingekriegt hätte! "A..araargh.", blieb mir so aber nur die erschöpfte Äußerung meiner Schmerzen übrig.

  • Ob seine Hände nun kalt waren oder nicht, war Severus im Moment vollkommen egal. Wahrscheinlich waren sie es, denn erneut bekam er die Fingernägel der Sergia in den Unterarm gerammt, dieses Mal aber etwas weiter oben Richtung Ellenbogen. Zudem musste er immer noch darum kämpfen, dass das Aufbäumen Faustas ihn nicht umwarf, auch wenn er das Gefühl hatte, dass er immer und immer weniger Kraft aufwenden musste, um der Kraft der Sergia entgegenzuwirken. Dann war das erste Kind auch schon da, was Severus aber nur mit einem Seitenblick zu Kenntnis nahm. Ein Mädchen. Aha. Nett. Faustina sollte sie heißen. Ok. Nachvollziehbar. Doch gab es da ja noch ein winziges Problem, dass sie zu lösen hatten: Das zweite Kind.


    Und hier setzte nun die nächste Herausforderung an, denn offenbar war die Sergia am Ende ihrer Kräfte. Dabei konnte es doch sicherlich nicht die Welt sein, so ein Kind zu gebähren, zumal Frauen ja dafür auch "gebaut" worden waren. Allerdings wollte und wollte das Kind nicht seinen Weg hinaus finden und das Aufbäumen der Sergia wurde nun tatsächlich und für ihn ganz klar spürbar immer weniger kraftvoll. Alle Versuche der Medica scheiterten und so kamen sie zu einem Punkt, an dem Severus wohl nicht mehr nur dagegenhalten, sonden aktiv eingreifen sollte. Die Medica zeigte ihm seine Aufgabe und er - zögerte. Das konnte er unmöglich machen. Das hier war verdammt noch mal nicht seine Schwester - die er ja ohnehin nicht hatte - oder seine eigene Frau, sondern jemand, die er grade eben erst persönlich kennengelernt, die eine Abteilung der kaiserlichen Kanzlei leitete, die ihm eine Anstellung genau dort verschaffen wollte (bis jetzt!) und die nicht zuletzt die Frau seines Patrons war. Allerdings ließen die Aufforderungen der beiden Frauen zum wiederholten Mal keinen Widerspruch gelten und so ließ er seine Hände von der Medica auf den Bauch der Sergia führen und spürte dann tatsächlich durch die Bauchdecke etwas, dass offenbar der winzige Hintern des Kindes war. Und dann, der nächste Schrei Faustas, das Kommando der Medica und schon drückte Severus so auf den sergischen Bauch, wie es ihm die Medica gezeigt hatte.

  • Endlich, durch die gemeinsamen Bemühungen der Gebährenden, des jungen Helfers und der Medica bahnte sich das zweite Kind den Weg nach draußen. Als der Kopf vollständig durch den Beckenboden getreten war, glitten Schultern und Becken mühelos hervor. Die Griechin fing den Säugling auf. Es war ein Junge. Klein, schmächtig und von marmorierter Hautfarbe. Die Atmung des Winzlings war hektisch und ging stoßweise. In kurzen Abständen zog sich der Bauch zurück und trat erneut hervor. Dieser Zwilling war deutlich schmächtiger als seine ältere Schwester.


    "Es ist ein kleiner Junge, Sergia Fausta. Du hast auch einem Sohn das Leben geschenkt! ich gratuliere dir! Du bist eine tapfere Kämpfernatur und wirst dafür mit zwei Kindern belohnt."


    Die Medica versuchte zuversichtlich zu klingen auch wenn sie beunruhigt war. Anstatt das Kind gleich weiterzugeben angelte sie sich ein Tuch und wickelte den kleinen Jungen selbst hinein. Mit dem kleinen Finger räumte sie Blut und Schleim aus den Atemwegen des Kleinen. Doch auch das verbesserte die Kurzatmigkeit nicht. Um das Kind abnabeln zu können brauchte sie Hilfe. Die Sklavin hielt noch immer das erste Kind. Also blieb keine andere Wahl. Chrysogona wandte sich an den jungen Mann.
    "Junger Geburtshelfer, du hast deine Aufgabe mit Bravour gemeistert. Doch ich benötige deine helfenden Hände noch einmal. Komm bitte zu mir herum. Fausta? Kannst du alleine sitzen? Ist das möglich oder soll die Sklavin deine Tochter ablegen und dich stützen?"

  • Heute würde die ganze Welt untergehen. Das hatte mir meine Zwillingsschwester zwar nicht direkt so mitgeteilt, aber doch spürte ich, wie sie und ich, wir beide, es schon seit heute morgen ahnten. Dabei sei natürlich darauf hingewiesen, dass der "Morgen" sich in unserer Welt nicht an irgendwelchen Lichtverhältnissen orientierte, sondern einfach nur daran, wann unsere Mum anfing, aktiv zu werden, herumzulaufen und zu reden. Ein bisschen hatten wir es noch hinauszögern können. Dann ließ sich der Lauf der Dinge einfach nicht länger aufhalten...


    Meine Schwester war hierbei natürlich die Erste, wie sie schon unsere gesamte gemeinsame Existenz lang immer die Hauptrolle gespielt hatte und mir nur eine kleine Nebenrolle zukommen ließ. Wen wunderte es da also, dass sie die Größere von uns beiden war? Wen wunderte es also, dass sie die Schwerere von uns beiden war? Wen wunderte es also, dass sie mich auch jetzt wieder übertrumpfen musste? Mich wunderte es nicht. Und trotzdem liebte ich meine Schwester über alles, fühlte mich ihr auf eine Art und Weise verbunden, die sich kaum beschreiben ließ - erst recht nicht mit meinem doch äußerst bescheidenen Vokabular.
    Mutig war sie vorangegangen. Entschlossen hatte sie unsere gemütliche kleine Höhle, in der wir doch eigentlich immer alles hatten, was wir brauchten, verlassen. Dann war ich der Nächste, der sich auf dieses Licht zubewegen sollte - dieses Licht, von dem es kein Zurückkommen gab, dieses Licht, das keine Wiederkehr kannte, dieses Licht, welches das Ende der ganzen Welt, das Ende meiner Welt, bedeutete.


    Wollte ich das überhaupt? Wollte ich überhaupt meine ganze bisher bekannte Welt aufgeben, nur um später sodann eine neue Welt zu entdecken, die mir am Ende vielleicht gar nicht gefiel? Noch dazu waren die Anstrengungen enorm, die mir hier abverlangt wurden, nur um meiner Schwester irgendwie nachzufolgen. Aber sie, ja, sie war am Ende der wahrscheinlich überzeugendste Grund, in das Licht und in diese völlig neue, unbekannte Welt zu streben - trotz aller damit verbundenen Anstrengungen. Wie nämlich sollte ich je ohne meine geliebte Zwillingsschwester sein? Was dann geschah, war die reinste Tortur. Ich mochte es gar nicht beschreiben - und tue es deshalb auch nicht. Wichtig war nur, dass ich es am Ende ebenfalls irgendwie überstand. Zwei warme Hände empfingen mich in einer insgesamt aber sehr kalten Welt.
    Ich fror, ich musste selber atmen und das Blut pochte laut in meinen Ohren. Dazu fehlte mir meine Zwillingsschwester, die bisher nie mehr als eine Armlänge von mir entfernt gewesen war. Da begann ich zu weinen - aber nur kurz. Denn auch für mich, ich erwähnte es, war diese Geburt eine anstrengende Tortur gewesen. So verstummte denn meinen Weinen also, während man mir eine weiche zweite Haut anlegte. Kalt fand ich es hier draußen aber trotzdem. Ob ich vielleicht auch genau deshalb nur viele kleine Atemzüge machte, anstatt diese kalte Luft wirklich tief einzuatmen? Und ob mein Herz vielleicht auch nur deshalb so unregelmäßig schlug, weil mir meine große Zwillingsschwester als Taktgeberin fehlte? Ich machte ein unglückliches Gesicht. Ich war müde.

  • Sobald auch das zweite Kind, offenbar ein kleiner Junge, was Severus aber wirklich nur am Rande mitbekam, zog er fast ruckartig seine Hände wieder zurück, damit er nicht länger diesen ungehörigen Körperkontakt mit der Sergia aufrechterhalten musste. Zum Glück war es jetzt vorbei, dachte der Helvetier zumindest, denn sofort rief auch schon wieder die Medica. Ob ihr bewusst war, was sie ihm hier abverlangte? Dass das hier alles Aufgaben waren, die Frauen zu erledigen hatte, während er halt nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen war? Nun gut, irgendwann wäre auch dieser Tag einmal zu Ende und danach müsste niemand mehr darüber sprechen, was hier passiert war. (Das war natürlich praktisch unmöglich, denn draußen gingen ja ständig irgendwelche Notarii vorbei.) So ging er nun einfach um den Tisch herum und wartete auf weitere Anweisungen.

  • Wie von Chrysogona gefordert kam der junge Mann zur Hilfe. Sie drückte ihm den winzigen Säugling in beide Hände und beeilte sich die Nabelschnur an beiden Seiten abzubinden. Dann durchtrennte sie mit dem scharfen Skalpell die Verbindung zur Mutter. Mit geschickten Händen verband die Medica den Nabelrest und wickelte den kleinen Jungen in eine wärmende Decke. Anschließend drückte sie das Kind wieder dem Geburtshelfer in die Hand.
    "Leider wirst du noch gebraucht. Sergia Fausta und ich haben noch eine letzte Arbeit zu erledigen, dann können wir uns um den Abtransport kümmern und du wirst entlassen. Magst du der Mutter ihren Sohn zeigen?"


    Wie auf´s Kommando konnte die Medica sehen, das sich der Uterus erneut kontrahierte und die Nachwehen die Geburt der beiden Placentae vorantrieben. In Kürze würde die Geburt ihr Ende finden.

  • Kaum dass sich Severus versah, wurde ihm auch schon das zweite Kinderbündel in die Arme gedrückt. Was sollte er jetzt damit? Was machte man mit so einem Bündel? Die Antwort kam schnell. Er sollte das Kind seiner Mutter zeigen. Netter verpackt, nicht im Aufforderungston, doch war die Entscheidungsfrage auch keine wirkliche Entscheidungsfrage, denn ob er das nun seiner Mutter zeigen wollte oder nicht, spielte keine Rolle. Was war so üblich, also machte er es. Er drehte sich um, machte einen Schritt, bis das Bündel in Sichtweite der Sergia war, und wandte sich und das Kind ihr zu. Sergia, dein zweiter Sohn. Mehr wusste er nicht zu sagen und wäre wohl mehr als froh wenn er das kleine Bündel so schnell wie möglich wieder los werden könnte. Offenbar gab es aber noch etwas zu tun, weshalb er nun noch abwartete, dass die Sergia ihren Sohn entweder annehmen oder Severus mit ihm beiseite winken würde, wenn sie bei dem, was sie noch zu tun hatte, freie Hände brauchte.

  • Sim-Off:

    Entschuldigt bitte. Ein kleines Motivationstief zuzüglich zum Vorweihnachtsstress.


    Ich war erschöpft. Aber Aufgeben war jetzt trotzdem nicht. Ich musste.. musste auch das zweite Kind jetzt irgendwie auf diese Welt bringen. Die Plinia gab dazu den Ton an. Und der Helvetius unterstützte mich ebenfalls. "Hgrr..AARGH!" Ich hatte es fast geschafft. Der erste Zwilling war schon geboren. Die Hälfte, so rein rechnerisch, lag damit schon hinter mir. So versuchte ich mir schönzureden und mich zu motivieren. "Hgrr..AARGH!" Weniger anstrengend wurde es leider kaum (nur ein bisschen durch den Helvetius). Aber es half mir trotzdem durchzuhalten, bis auch der zweite Zwilling endlich da war. Und es war.. ein Junge.


    Fix und fertig legte ich meinen Oberkörper auf den Tisch ab. Das zweite Kind war ein Junge, wiederholte ich in Gedanken. Aber das Gefühl wie bei dem kleinen Faustinchen, auf die ich mich schon seit Monaten freute (denn ich hatte ja immer gewusst, dass es ein Mädchen werden würde!), stellte sich trotzdem nicht ein. Es war fast so, als wäre das gar nicht mein Kind; als wäre das nie passiert; als hätte ich nur ein Kind geboren und jetzt gab man mir zwei. Ja, ich war selbst ganz verdutzt und überrascht. Denn meinen kleinen Marc liebte ich ja auch von seinen kleinen Zehchen bis zu den Haarspitzen. Und das gleiche warme Gefühl hatte ich auch für die kleine Fausta. Nur für ihren Bruder fühlte ich gerade irgendwie.. gar nichts.


    Die Medica sprach mich an. Konnte ich mich allein hinsetzen oder sollte die Sklavin meine Tochter ablegen. "Nein.", antwortete ich ohne zu denken. Die kleine Iulia Fausta sollte nicht einfach irgendwo abgelegt werden! "Ich schaff das schon." Mit Müh und Not stützte ich mich mit meinen Armen wieder in eine sitzende Position hoch, während der Helvetius zur Plinia ging und sie sich um die Nabelschnur kümmerte. Dann bekam ich auch den Jungen zu Gesicht. Er sah kleiner und schwächlicher aus als meine Tochter. Ich versuchte trotzdem zu lächeln und beschloss in diesem Moment, dass ich ihn "Faustus." nennen wollte. Denn das passte ja irgendwie, wenn seine Schwester Fausta heißen sollte. Viel mehr Wärme fühlte ich aber trotzdem nicht für ihn. Deshalb wandte ich mich ein bisschen enttäuscht (von mir selbst) auch lieber gleich wieder ab. Ich wollte mich jetzt auf die Nachgeburt konzentrieren, damit ich bald einfach nur noch mit meiner Tochter nach Hause konnte. Und mit meinem Sohn, natürlich.

  • Sim-Off:

    Da wünsche ich - mit Blick auf das heutige Datum - doch glatt ein vorweihnachtliches "Io Saturnalia"!


    Es dauerte nicht lange, da bekam ich noch eine weitere weiche und wärmende Haut umgelegt. Bald darauf wurde mir wärmer und ich lächelte leicht, während mein Herz weiterhin seinen Taktgeber vermisste und dementsprechend eher unregelmäßig und gehetzt schlug. Oder waren es vielleicht nur die Anstrengungen der Geburt, und sobald ich mich von denen erholt hätte, würde alles besser werden? Ich war nur ein kleiner Säugling, ich wusste es nicht. Und deshalb machte ich mir auch keine Gedanken darüber.


    Viel mehr beschäftigte mich sowieso, dass es jetzt immer wärmer hier wurde. Ich war kurz davor, mich bei meiner Umwelt darüber zu beschweren, als sich die Umwelt einen Schritt in Bewegung setzte und ein kleiner Luftzug mir etwas Kühlung verschaffte. Eine fremde Männerstimme erklang. Anschließend hörte ich die vertraute Stimme meiner Mutter. Ich verstand nicht, was sie mir oder diesem Mann sagte. Aber allein nur ihre Stimme beruhigte mich. Erst als das kurze Gefühl der Kühlung langsam schwand und es wieder heißer unter meinen zwei Extrahäuten wurde, da wurde ich wieder ein bisschen unruhiger und versuchte mich durch leichtes Bewegen etwas freier zu machen. Selbstredend hatte ich dabei jedoch nur wenig Erfolg. Stattdessen sorgte meine Bewegung dafür, dass es nur noch wärmer wurde...

  • Sergia Fausta war eine tapfere Frau. Sie schaffte es, sich aufzurichten und auch ihren Sohn zu begrüßen. Faustus und Fausta sollten die Zwilliinge also heißen. Chrysogona schmunzelte über so viel Fantasie.
    Die Plazentae wurden geboren. Beide waren intakt und es sah so aus, als wenn diese Geburt vorerst zumindest ein gutes Ende nehmen würde. Die Medica säuberte ihre Hände und reinigte auch Fausta von Blut. Dann bastelte sie aus einigen Körperbinden und Tüchern eine Art Unterwäsche, die den Wochenfluss auffangen sollte.


    Als alles soweit fertig war, bot sie dem jungen Geburtshelfer an, den kleinen Faustus zu nehmen.
    "Gib du mir nun ruhig das Kind. Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du den Abtransport von Sergia Fausta organisieren könntest. Wir brauchen eine Sänfte, nicht so zugig ist und Träger dazu. Außerdem einen großen Korb mit Decken für die beiden Kinder. Sie dürfen nicht auskühlen beim Transport."


    Zu der erschöpften Wöchnerin sagte sie. "Wohin sollen wir dich bringen lassen, Fausta? Ich weiß ja nicht, wo du zuhause bist. Natürlich werde ich dich und die Kinder begleiten und auch morgen wieder nach dir sehen. Hast du eine Amme für die Kinder oder stillst du sie?"

  • Urplötzlich fing das Bündel auch noch an sich zu bewegen und zu strampeln, was Severus endgültig überforderte. Er wartete also die Reaktion der sergischen Mutter ab, die irgendwie so gar nicht enthusiastisch zu sein schien, und war dann umso erleichteter, als er den kleinen Jungen endlich - endlich! - an die Medica abgeben konnte. Doch wenn er gedacht hatte, dass er dadurch erlöst war, hatte er sich getäuscht, denn gleich kam die Medica mit einer neuen Aufgabe: Er sollte den Heimtransport der Mutter und ihrer Kinder organisieren. Gut. Diese Aufgabe war deutlich angenehmer und brachte ihn vor allem endlich raus aus diesem Raum, in dem er Dinge getan hatte, die man als Mann einfach nicht tat.


    Ich kümmere mich darum. antwortete er daher schnell und mit leicht zitternder Stimme - seine Nerven waren ganz offensichtlich immer noch mehr als gespannt - und verschwand dann aus dem Raum, um sich um eine Sänfte, Träger sowie Decken für die Kinder zu kümmern. Draußen im Korridor atmete er danach erstmal tief durch, bevor ihm die Blicke mehrerer Notarii auffielen, die offensichtlich die Arbeit niedergelegt hatten und sich im Gaffen übten. Mit ernster Miene blickte er die Schreiber an und zischte sie - freilich ohne jegliche tatsächliche Autorität - an. Zurück an die Arbeit jetzt! Überraschenderweise spurten sie dennoch. Doch hielt er aber noch einen zurück, von dem er sich sagen ließ, wo er eine Sänfte mit Trägern herbekam, und den er aufforderte eine Cubicularia um zwei oder am besten vier Decken zu bitten. Dann entschwanden er und der Notarius in verschiedene Richtungen.

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