Das Gedrängel auf dem Markt hielt sich in Grenzen, weil dem Frühling die Puste ausgegangen war und ein kalter Nordwind durch die Stände fegte. Ich hielt Augen und Ohren offen, um ein neues Händlergesicht zu entdecken oder um einen germanischen Dialekt aus bestimmten Gegenden zu hören.
Da sah ich es: An einem Stand wurde Bernstein angeboten. Nicht, dass da Mengen von den gelben Steinen in der Auslage zu sehen waren, nein, nur ein paar einzelne, aber schöne Stücke lagen auf dem Tisch. Schon lange hatte ich das auf dem Markt nicht mehr gesehen. Der Händler war ein grober Bursche mit einer breiten Nase. Er sah aus, als hätte ihn ein Pferd getreten.
Ich ging zu dem Stand und sprach ihn an. Er hieß Notker und nachdem ich ihm einige Stücke abgekauft hatte, packte er seinen Kram zusammen und wir gingen in die nächste Kneipe. Ich fragte ihn, wo er das Zeug her habe und ob er noch mehr liefern könnte.
http://img841.imageshack.us/img841/7168/notker2k.jpg Notker
"Wir haben an der Adrana* einen chattischen Händler überfallen und ihm den Kram abgenommen, bevor er es in Colonia verkaufen konnte. Ob ich noch mehr liefern kann? Das kommt drauf an". Er schaute mich erwartungsvoll an.
Ich war ungeduldig. "Auf was, beim Hades, kommt es denn an?"
Er hüstelte und rieb sich seine dicke Nase. "Ich brauche hier einen Abnehmer. Bisher hat uns das Zeug immer ein gewisser Germar abgenommen. Aber der ist verschwunden. Und dann ist es so, dass wir uns den Kram zur Zeit nur mit Überfällen greifen können. Das ist etwas mühsam."
"Der gute alte Germar Ratbotsohn, genannt Hermipus, meinst du den?" Er nickte. Ich fuhr fort: "Der sitzt im Knast, weil er zusammen mit ein paar anderen die Stadtkasse geklaut hat. Er hat die Stadtkase geklaut, weil er keinen Bernstein mehr bekommen konnte und deswegen angefangen hat, am Hungertuch zu nagen. Aber, wenn ihr größere Mengen liefern könntet, dann würde es mir eventuell leicht fallen, einen potenten Abnehmer zu besorgen, Notker."
Er überlegte. Und trank erst mal einen Schluck.
*) Adrana: Eder