Ein kleines officium etwas abseits


  • Am Ende eines der Gänge der Curia befindet sich ein klines officium, das eigentlich die meiste Zeit über leer steht. Selten wird es von Männern genutzt, die aus anderen Städten zum Verhandeln von Vereinbarungen geschickt werden, häufiger als Ausweichofficium bei Renovierungsarbeiten. Immer mal wieder aber auch, für zusätzliches Personal.


    Im Moment ist es von Titus Iulius Servianus okkupiert, solange er dem Duumvirn der Stadt bei der Ausarbeitung einer neuen Stadtordnung assistiert.

  • Eine der ersten Aufgaben, die Servianus erhalten hatte, war jene gewesen, sich in der kleinen Kammer einzurichten, die ihm als Büro dienen sollte.
    Die Größe der Kammer empfand er als subtile Anspielung auf seine Stellung, die keine rechtliche, sondern nur eine gesellschaftliche Grundlage besaß.


    Dann begann die eigentliche Arbeit. Voerst sollte er die Regelung verschiedener Punkte in den einzelnen Stadtordnungen Italiens untereinander und mit der Lex Aelia vergleichen.
    Zu diesem Zwecke hatte man ihm Abschriften derselben besorgt, die auf einzelnen Wachsplatten auf seinem Schreibtisch verteilt lagen. Wohl kein anderer hätte in diesem Chaos ein System sehen können, aber Servianus war der Meinung, stets zu wissen, wo etwas abgelegt war. Und tatsächlich gelang es ihm häufig, punktgenau die richtige Tafel zu greifen.


    Der erste Punkt dabei, mit dem er sich beschäfitgte war der Status eines Bürgers und die damit einhergehenden Rechte.
    Leise murmelte er, während er immer wieder Tafeln heranzog, verglich und sich Notizen machte:
    "Bürger... Aelia: keine Regelung... wie hat Ostia... mmmh, da steht auch nichts... Und außerhalb Italias? Klar, Alexandria mit ihrer Prüfung, übertrieben, typisch Griechen... vielleicht eine Regel über Einkommen... Vererbung nciht vergessen.
    Wahlrecht, wie sieht es da... Aelia, alle mit Bürgerrecht der Stadt. Klar, macht ja Sinn. Und das haben die in Ostia. Hoppla jetzt mit CRV, muss ich ja auch noch... ... ...
    Na, die Germanen sind ja auch lustig. Alle Bewohner? Jeder Zugereiste bekommt sofort Wahlrecht, oder wie soll ich das verstehen? ... War da nicht? Achja, die sollen ja neustruturieren. Scheint ja nötig zu sein..."

    Die Sonne zog langsam über seinen Schreibtisch hinweg, noch war das Südfenster etwas willkommenes. Als der helle schein langsam verschwand legte er seinen Griffel nieder.
    "Genug für heute."
    Jetzt hatte er sich wohl etwas Entspannung verdient wie er fand.
    Langsam erhob er sich und während er in Gedanken schon bei der Entspannung war, schloss er die Tür gewissenhaft ab und verließ die Curia

  • Ein paar Tage später hatte er seinen nächsten Rechercheauftrag. Im Endeffekt hatte er genau das gleiche zutun, wie schon zuvor, nur mit anderem Schwerpunkt.


    Der Noch-Servier saß also wieder an seinem Schreibtisch, um ihn herum flogen dieselben Wachstafeln, wie beim letzten mal. Nur wer genau hinsah konnte erkennen, dass sie in klein wenig anders aussahen als zuvor. Nämlich mit kleinen Gebäckkrümeln verziert. Und auch sein Gemurmel war undeutlicher, während seine Zähne die Gebäcke aus Lucillas Bäckerei zermahlten.


    Heute ging es um den ordo decurionem:


    "Also Vorgaben aus der Aelia Magistrat und 1000 Sesterzen." Erpfiff durch die Zähne. Eine ganz schöne Summe war das.
    "In ostia kann nur der Kaiser rausschmeißen. Interessant, aber ..., nein, das ist keine Vorgabe. ... In Mogontiacum gibt's diese Magistri vici, naja, und ein jährliches Standesgeld. ... Auch ne erkleckliche Summe"


    Er hob den Kopf von seinen Notiztafeln. Ein wenig ermüdent war dieser Job ja schon, dass musste man eingestehen. Aber, so machte er sich selbst Mut, es war ja nur für den Anfang und früher oder später würde er ind em bequemen Sessel im officium des duumvirs sitzen. Schnaubend beugte er sich wieder nach vorn und machte weiter.


    "Wahlen... duumvir, nur decuriones, quaestor und aedil. ... Da dürfen alle Bürger..."
    Und so ging es wieder einige Tage weiter, in denen verglichen wurde, zusammengefasst und vorbereitet. Bald würde eine Beschlussgrundlage stehen, nahm er an.

  • Sie hatte nur seinen Namen, aber der genügte, um am Eingang nach dem richtigen Raum zu fragen. Eigentlich wollte sie die Gebühren für ihr Geschäft bezahlen, ein kleiner Abstecher konnte aber nicht schaden. Um die Bäckerei musste sie sich nicht sorgen. Für diesen einen Tag, den sie in der Stadt ihren Behördenkram erledigen musste, hatte sie eine Aushilfe. Mit zwei Körben bewaffnet stand sie nun also vor der Tür und klopfte an.

  • Servianus war im Zuge seiner Aufgaben gerade dabei mehrere Beschlussvorlagen, die die decuriones bisher beschlossen hatten, zu einem einheitlichen Text zusammen zu fassen. Wiederum war es praktisch, dass er dazu in einem eigenen Büro untergebracht war, denn er murmelte gelangweilt vor sich hin:
    „Amtsperioden gleich jenen in Rom … Nächster Abschnitt: Vigiles. 80 Mann, ein centurio, ein optio. Brandschutz und Ordnung. Weisungen der Beamte.
    Eigentlich zuständig: aediles...“

    Auch wenn die Arbeit nicht mehr so spannend war, wie zu anfangs, so war sie noch immer interessant zu bearbeiten. Dann hörte er plötzlich etwas. Hatte es geklopft? Sicher war er sich nicht, aber er rief vorsichtshalber mal der Tür entgegen:
    „Ja, bitte?!“
    Etwas zaghaft klang es vielleicht, da er nicht wollte, dass irgendwer, der auf dem Gang stand und eben nicht geklopft hatte, dem zu viel Bedeutung zumaß.

  • Kaum, dass sie es hören konnte, aber es war ein Ja, bitte. Chio öffnete die Tür einen Spalt und lugte hinein, ob sie hier auch richtig war. Erst, als sie das bekannte Gesicht erkannte, schob sie die Tür weiter auf und trat ein. "Salve, ich hoffe, ich störe nicht." Angesichts des Anblicks, der sich ihr bot, konnte das durchaus der Fall sein. "Nachdem du mich so nett eingeladen hast, dachte ich, ich nehme das Angebot an und sehe einmal vorbei. Ich habe auch etwas mitgebracht." Chio hob den einen Korb etwas an. Darin befanden sich ein paar Kleinigkeiten in Probiergröße. Nicht ganz ohne Hintergedanken hatte sie ihm das Gebäck mitgebracht. Es könnte schließlich sein, seine Kollegen würden fragen, woher er diese Leckereien hatte. Was nicht heißen sollte, sie wäre nur aus diesem Grund vorbeigekommen. Vielmehr wollte sie einem netten Kunden einen Besuch abstatten und, weil sie ja neugierig war, sehen, welche Arbeit in der Curia zu tun war.

  • Es hatte geklopft. Zumindest bewegte sich zaghaft die Tür und Servianus wollte schon einen ermunternden Ruf tätigen, als sie sich ganz öffnete und die junge Bäckerin preisgab, die er kürzlich kennen gelernt hatte.
    „Salve et tu“, antwortete er freundlich lächelnd und setzte galant hinterher.
    „Schöne Frauen stören doch nie. Nimm doch Platz. Der Stuhl ist zwar nicht sonderlich bequem, aber leider der einzige, den ich dir anbieten kann. Meiner hier ist auch nicht viel besser.“
    Tatsächlich war er nicht unfroh um eine Ablenkung von seinem Büroalltag. Aber es sah so aus, als würde seine Aufgabe hier bald abgeschlossen sein, und dann würde man sehen wie es weiter ging.
    „Wie geht es dir?“ Versuchte er einem Gesprächsbeginn, der nicht verriet, dass er im Moment nicht sicher war, woran er lieber dachte: Die Frau vor sich, oder ihre Mitbringsel.

  • Stühle waren immer unbequem, aber im Gegensatz zu ihm, musste sie nicht den ganzen Tag auf diesen verbringen. Wobei sie sich in ihrem Laden schon manchmal wünschte, sie hätte wenigstens ab und zu die Gelegenheit, sich zu setzen. "Danke, sehr lieb." Bevor sie Platz nahm, stellte sie den Korb auf seinem Tisch ab. Mit einem Blick in dessen Richtung erklärte sie seinen Inhalt. "Ich habe ein paar neue Rezepte ausprobiert und dachte, ich lasse dich ein bisschen davon kosten." Damit war das geschäftliche abgehandelt, wobei das für ihn sicher nicht unangenehm war. "Mir geht es gut und dir? Woran arbeitest du?" Lesen konnte sie, schreiben auch. Es war ein Glück gewesen, gemeinsam mit ihrer Domina aufzuwachsen und zu lernen. Von ihrem anderen Sklaven, diesem Kyros, hatte Chio auch einiges mitbekommen. Von ihm wußte sie auch, wie trocken diese Arbeit sein konnte.

  • Als der Korb so schwungvoll auf seinem Tisch landete, konnte Servianus sich nicht zurückhalten, die Abdeckung ein klein wenig zu lüpfen. Sofort stieg ihm der Geruch nach Backwaren in die Nase. Sicherlich war es nicht mehr der heißte Dampf, wie frisch aus dem Ofen, aber noch immer äußerst Appetit anregend. Anerkennend schnallste er mit der Zunge und sprach:
    „Riecht verdammt lecker, darf ich?“
    Nur mit Mühe konnte er sich zurückhalten, nicht sofort in den Korb hineinzufassen, sondern die Erlaubnis der Besitzerin nochmals abzuwarten.


    „Oh, mir geht es soweit ganz gut, danke der Nachfrage. Die Arbeit hier liegt in den letzten Zügen und ich bin gerade dabei, die Ergebnisse der einzelnen Sitzungen und Arbeitsgruppen, in eine große Beschlussvorlage zu übertragen. Mit etwas Glück kann die neue Stadtordnung schon in kurzer Zeit verkündet werden.“
    Wobei er sich nicht sicher war, ob sie zuvor noch dem Kaiser zur Ratifizierung vorgelegt werden müsste. Aber das würde sicherlich nicht allzu lange dauern. Das hoffte er zumindest. Auch dass er sein unabhängiges Junggesellenleben in vollem Maße auskostete erwähnte er nicht, da diese Aussage ziemlich gut implizierte, wie und wo er bevorzugt seine Freizeit verbrachte. Stattdessen antwortete er:
    „Dennoch hab ich noch genug Zeit um es mit gut gehen zu lassen. Die hiesigen Termen lassen wirklich keinen Wunsch offen.“
    Wie jeder Römer ging er täglich in die Terme, und es war schön ein gut ausgestaltetes Angebot zur Verfügung zu haben.

  • Zufrieden lächelnd nahm sie zur Kenntnis, dass ihm allein beim Geruch ihres Gebäcks das Wasser im Mund zusammenlief. "Aber natürlich, nimm ruhig." So trocken hörte sich seine Arbeit gar nicht an, im Gegenteil. Chio fand es ziemlich interessant. Was sie sich allerdings fragte. "Weshalb braucht Mantua denn überhaupt eine neue Stadtordnung? Liegt das an den vergangenen Ereignissen?" Dabei dachte sie an die Seuche und das zurückliegende Feuer, dem auch ihre casa zum Opfer gefallen war.


    Es war ihr fast peinlich, aber über die hiesigen Termen wußte sie so gut wie gar nicht bescheid. Das lag wahrscheinlich daran, dass sie eigentlich eine Sklavin war und, wenn überhaupt, nur als solche die Termen mit ihrer Domina besuchen konnte. Nur.. jetzt war sie keine mehr und genau so sollte sie sich auch verhalten. "Es scheint eine angenehme Arbeit hier in der Stadtverwaltung zu sein, wenn dafür noch ausreichend Zeit bleibt. Das Theater soll ebenfalls ein angenehmer Zeitvertreib sein, auch wenn mir dafür bislang die Zeit fehlte." Bäckerei und Umbau hatten ihre volle Aufmerksamkeit verlangt, da blieb so gut wie keine Freizeit.

  • „Danke“, sagte er und griff nur scheinbar wahllos in den Korb. Was er zu Tage förderte war eben einer jener globuli, die sie ihm bei ihrer ersten Begegnung empfohlen hatte. Er bis kräftig ab und kaute dann zügig, aber nicht hastig herunter, um ihre Frage zu beantworten:
    „Nur wirklich sehr indirekt. Schon vor Jahren wurde ein neues Verwaltungsgesetz erlassen, das einige Vorgaben an die Städte in Italia macht. Die Prüfung, ob die bisherige Stadtordnung diesem Gesetz entsprach wurde wohl etwas liederlich geführt, denn es wurde abgesegnet obwohl es überarbeitungsbedürftig war.
    Naja und durch die Seuche sind einige decurionen … verloren gegangen, und Neuernennung sind etwas schwierig gewesen, daher werden nun alle Teile überarbeitet.“*

    Im Schluss hatte er dann doch einige Euphemismen bemüht, da er nicht wusste, wie sehr die Verwandtschaft von Lucillas Verlobten hier ebenfalls betroffen war. Und er wollte keine alten Wunden aufreißen.
    Auf der anderen Seite war Servianus ein echter Römer, was sein verlangen nach gewissen Annehmlichkeiten anging und antwortete frei von der Leber weg:
    „Dafür muss einfach Zeit sein. Alles andere wäre einfach barbarisch, wenn man sich nicht ein Minimum an Zivilisation leisten könnte.“Womit er sein Gegenüber keinesfalls beleidigen wollte, sondern er ging schlicht davon aus, dass wenn sie die Thermen nicht aufsuchte, sie ein eigenes Becken in ihrem Haus hatte, in dem sich auch die Bäckerei befand.


    Sim-Off:

    *grade so erfunden, aber es klingt ganz gut, denke ich.

  • "Dann ist es wohl ein Segen für die Stadt, wenn du hier alles in Ordnung bringst. Aber ist das nicht ein wenig... langweilig, den ganzen Tag hier alleine mit diesen vielen Gesetzen und Verordnungen?" So etwas konnte sich Lucilla für sich niemals vorstellen. In der Bäckerei gab es wenigstens etwas Abwechslung durch die Kunden und sie mußte nicht den ganzen Tag sitzen. Wobei ihr das manchmal ganz lieb wäre. "Ja, die Seuche.. das war wirklich tragisch. Der Onkel meines Verlobten und seine Familie waren auch unter den Opfern. Ich hätte sie gerne kennengelernt." Die offizielle Version. Sie hatte sie mittlerweile so verinnerlicht, dass man tatsächlich meinen könnte, sie würde um die Familie trauern. Nicht, dass ihr diese Menschen nicht leid täten...


    Was das Thema Thermen anging, war seine Antwort nicht gerade diplomatisch. Natürlich nahm sie sich ausreichend Zeit für die Körperpflege. Ob er daran zweifelte, oder sie seine Antwort nur falsch verstand, war sie für einen Moment doch ein wenig irritiert. "Ich hatte die mangelnde Zeit eher auf das Theater oder ähnlichen Zeitvertreib bezogen. Vielleicht sollte ich einfach öfter jemanden einstellen, um mir diese Zeit zu nehmen." Aber alleine wegzugehen, das ging auch nicht.

  • „Na ja, ich mache ja nicht, im Endeffekt nur Schreibarbeiten, die Entscheidungen treffen schon die decuriones. Aber du hast Recht es ist ein bisschen langweilig. Aber am Anfang muss man da durch, wenn man sich später für einen verantwortungsvollen Posten bewerben möchte.“
    Dann sprach die schöne Frau von der Verwandtschaft ihres Verlobten. Nun, erst mal fand Servianus den Umstand, dass sie verlobt war zwar bedauerlich, aber andererseits hegte er ohnehin keine ernsthaften Absichten und die nicht-ernsthaften konnte er auch an anderer Stelle befriedigen. Daher konnte er sein Bedauern ausdrücken, ohne dass dieses einen falschen Einschlag bekam.
    „Entschuldige, ich wollte nicht an verborgenen Wunden rühren.“ Er schwieg und hoffte, dass ihnen nun irgendeine Form von Themenwechsel gelang und das Gespräch nicht in betretenem Schweigen Enden würde.


    „Ah und ich fing schon an neidisch zu werden, dass du es dir leisten kannst ein eigenes Badebecken in deinem Haus zu unterhalten. Das ist es nämlich, was mir in der insula am meisten fehlt. Ein eigenes balneum, auch wenn die Thermen hier sehr schön sind, ist doch noch mal etwas ganz anderes.“
    Andererseits hatten die Thermen natürlich auch gewisse Vorteile in Form von ausgesprochen hübschen Sklavinnen, die er sich noch viel weniger leisten könnte.

  • Nur die Schreibarbeiten? Das war ja noch langweiliger. Für ihn schien es aber der richtige Weg zu sein. "Schon gut. Ich kannte sie nicht, das macht es leichter." beantwortete sie seine Beileidsbekundung ehrlich. Trotzdem war sie natürlich froh über den Themenwechsel.


    Was die Thermen und das Baden anging, redeten sie offensichtlich aneinander vorbei, was sie ein wenig erröten ließ. "Da muß ich dich leider enttäuschen. In unserer casa haben wir tatsächlich ein eigenes balneum. Nicht groß, aber durchaus ausreichend. Ich denke aber, in den Thermen gibt es doch viel mehr Annehmlichkeiten." zwinkerte sie ihm zu. Er wußte sicher genau, was sie damit meinte.

  • Servianus wollte gerade zu einer, ob dem fehlenden eigenen Bade, gespielt leidenden Entgegnung ansetzen, als das Missverständnis bezüglich des Badens von Lucilla geklärt wurde, da fiel dieser Satz, der ihn für den Bruchteil eines Augenblickes die Kontrolle über seine Gesichtsmuskulatur verlieren ließ. Gerade nicht lang genug, dass sein Mund aufklappte, aber seine Überraschung wurde doch deutlich sichtbar.
    Dass von Kerlen durchaus mal anzügliche Kommentare kamen, wenn man über die Annehmlichkeiten der Thermen sprach, das war ja durchaus normal. Aber das eine Frau, noch dazu verlobt und einem eigenen Handwerk nachgehend, so eindeutig zweideutige Aussagen machte (denn das Zwinkern stand dem seiner Kumpane aus Tarraco in nichts nach), das gab es nun wirklich nicht alle Tage.
    Dennoch, wäre er sich sicher gewesen, dass ein frecher Kommentar á la „warum? Gehst du etwa nicht baden?“ zu einer entsprechenden Einladung geführt hätte, wie es vielleicht bei manchen Frauen der Fall gewesen wäre, so hätte er sicherlich nicht geschwiegen.
    Aber so gut kannte er die Ansichten Lucillas dann doch nicht und auch wenn er noch ein kleines Licht war, so war sein politischer Überlebenswille groß und verbot ihm das Austesten von Skandalen und Fettnäpfchen ohne jede Sicherheit. Also grinste er nur breit und meinte: „Durchaus möglich“ Er war sich sicher, sei verstand ihn ebenso und somit, dass es nicht nur die theoretische Möglichkeit gab. Es gehörte als Mann von Welt ja geradezu zum guten Ton, jene Annehmlichkeiten, die sie gemeint hatte, zu genießen.

  • Sie war nicht darauf gefasst, dass er so auf ihre Zweideutigkeit reagierte. Natürlich wußte sie, was Männer in den Thermen bekommen konnten. Und natürlich meinte sie genau das. Während der netten Plauderei war ihr gar nicht mehr bewußt gewesen, dass sie hier keine Sklavin mehr war sondern eine Frau, die mitten im gesellschaftlichen Leben stand. Lucilla wurde richtig rot und versuchte zu retten, was zu retten war. "Ich meine natürlich die viel größeren Becken, eine größere Auswahl an reinigenden Essenzen und Ölen, Sklaven, die einem jeden Wunsch von den Augen ablesen..." Das meinte sie diesmal sogar ganz ohne Hintergedanken, kam aber möglicherweise wieder zweideutig bei ihrem Gegenüber an. Verlegen drehte sie an ihrem Armreif. Lucilla beschloss, schleunigst das Thema zu wechseln. Dabei fiel ihr aber auf die Schnelle nichts sinnvolles ein, also meinte sie nur. "Und das Theater? Hattest du dafür schon Zeit?"

  • Allmählich verwirrte die junge Frau ihn, bemerkte Servianus, als sie zu seinem Erstaunen plötzlich rot anlief. War sie sich erst jetzt der eindeutigen Zweideutigkeit ihrer Aussage klargeworden? Oder war es ihr nur peinlich ihn so überfahren zu haben, entsprach aber völlig ihrer Natur. Es fiel ihm gerade extrem schwer sein Gegenüber einzuschätzen und wagte nun doch einen kleinen Test in dem er das obligatorische „Natürlich!“, ein ganz klein wenig dehnte und ein ganz klein wenig überbetonte, nicht viel, gerade so, dass man es hören konnte, wenn man wollte und es problemlos überhören konnte, wenn man es nicht hören wollte. Dennoch fühlte er sich erleichtert, als Lucilla das Thema wechselte.
    „Wenig, muss ich zugeben, auch wenn ich das Angebot hier ganz nett finde. Es liegt sicherlich auch daran, dass Mantua eine Soldatenstadt ist, aber so wie ich mitbekommen habe, spielen sie wohl relativ viele Komödien. Und das gefällt mir einfach besser. Zum nächsten Festtag aber bestimmt.*“


    Sim-Off:

    * Und wenn ich die Zeit finde, mal ein Stück hier reinzuschreiben, dann vielleicht sogar ausgespielt

  • Lucilla ging nicht weiter auf seinen kleinen "Test" ein, das Thema wurde ihr nun doch etwas unangenehm. Deshalb war sie auch froh, dass er ihren Wechsel zum Theater aufgriff. "Komödien mag ich persönlich auch ganz gerne, wobei ein Drama auch seinen Reiz hat. Das Theater hier habe ich allerdings bisher nur von außen gesehen. Als Bäcker muß ich viel zu früh aufstehen, das hat so seine Nachteile." So schön Lucilla es auch fand, mit ihm hier zu plaudern, so langsam sollte sie ihren Rundgang fortsetzen, um rechtzeitig wieder im Laden zu sein. "Ich sollte dich aber nicht länger von deiner Arbeit abhalten. Den Korb kannst du mir bei Gelegenheit in den Laden bringen." Damit wäre ein Wiedersehen nicht ausgeschlossen. "Oder ich hole ihn in den nächsten Tagen wieder ab, das ist auch kein Problem." Lucilla stand auf, um sich zu verabschieden. "Ich wünsche dir noch einen schönen Tag." Zumindest ihr Gebäck sollte ihm den versüßen.

  • Nachdem sie nichts mehr sagte erkannte er, dass er wohl tatsächlich einen Schritt zu weit gegangen und schwieg besser zu dem Thema. Am Abend würde er zerknirscht sein und hoffen, dass er sie nicht wirklich verärgert hatte. Wie immer wenn sein Mundwerk mal wieder zu locker war.
    "Ja, das kann ich verstehen. Man vergisst es leicht, wenn man morgens sein Brot holt, gebe ich zu." entgegnete er ein wenig schuldbewusst, denn irgendwie war es für die meisten Leute tatsächlich eine Selbstverständlichkeit, dass die Bäcker früh aufstanden. Was das aber tatsächlich bedeutete, machte man sich gemeinhin eher nicht klar.
    Servianus stand zum Abschied auf reichte seinem Gast die Hand.
    "Mach es gut Lucilla. Aber du musst dich nicht bemühen, ich bringe dir den Korb gerne vorbei.
    Es hat mich gefreut, dass du da warst. Und hab besten Dank für das Gebäck."

    Schob er von ganzem Herzen nach. Mit etwas süßem lief die Arbeit doch immer besser.

  • Sie hielten vor der Curia, dem Sitz der Stadtverwaltung von Mantua. Marei war noch nie drinnen gewesen und blickte bewundernd zum Rathaus hinauf. "Ganz schön hoch, nicht wahr?" Sie deutete zum Eingang hinüber. "Manchmal kam Servianus frühmorgens in die Bäckerei und bestellte für mittags oder nachmittags eine süßen Snack in die Curia. Kleine Mädchen wären drinnen nicht erlaubt, hat er gesagt, daher kam er immer raus, um zu bezahlen und wieder rein zu gehen. Er ist manchmal ein bisschen brummig wie ein Bär ohne Honig." plapperte Marei munter drauflos und liess sich Ziehpapa Servius vom Rücken des Hengstes runterheben. "Ich habe mal einen Kollegen gefragt, wo er genau hockt. Sein Büro liegt am Ende eines langes Ganges im ersten Stock... soll ich hier unten auf dich warten? Ich möchte nicht stören."

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