Ein Zimmeram Ende des Hauptganges

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    Manius Vibienus Crus



    Das Zimmer lag am Ende des Hauptganges in der Principia. Es besaß nur eine Tür, dafür zwei Fenster, einen Tisch, den Korbsessel umgaben, und diverse Regale an den Wänden. Im Augenblick erhellte Tageslicht den Raum, bei Dunkelheit dienten diverse Öllampen an den Wänden der Beleuchtung.
    Der Tribun schritt als erstes über die Schwelle, trat zur Seite und bot mit einer Armgeste den Besuchern einen Platz an.
    "Es lohnt sich gewiss zu setzen. Um ein Bad zu nehmen, reicht die Zeit sicherlich nicht", erwiderte er auf Victors Beschreibung der Anreise. "Antiochia, eine sehr weite Reise", merkte er an und setzte sich, um die Wartezeit weniger unangenehm für alle Beteiligten zu gestalten. "Welche Route habt ihr genommen?"


    Das Verständnis des Claudiers, sofern er sich als solcher herausstellte, für die Handlungsweise der Wachen verwunderte den Tribun im ersten Moment. Er selbst wäre weniger tolerant gewesen und schlussfolgerte daraus, dass der Besucher entweder auf seiner Reise Kriegswirren kennengelernt hatte und sie auf Germania übertrug, oder dass er in seiner Jugend stoische Ruhe beigebracht bekommen hatte.
    Der Tribun winkte einen der Wachmänner her und gab ihm den Auftrag, Getränke und eine Schale mit Obst zu beschaffen. Der Miles nickte und verließ den Raum.



  • Wenn Victor auch lieber wieder auf einer Pritsche gelegen und den gefühlten Rest des Tages in Morpheus Armen verbringen wollte, so rief er sich doch zur Ordnung und nahm in einem der freien Korbstühle platz. Dankbarkeit empfand er als der Tribunus die Wache nach etwas zu trinken schickte. Sein Hals fühlte sich trocken und kratzig an.
    Langsam ließ er sich in den Korbstuhl zurücksinken, bis ihn die Lehne aufhielt.
    Er verschränkte seine Hände auf den Kopf und schloß kurz die Augen. Genoss die Ruhe, genoß das Gefühl von primitiver Sicherheit.
    Er öffnete die Augen wieder und sah in das Gesicht des Tribunen, der eine Antwort erwartete.
    Nun,... antwortete Victor. Ich habe unsere Reise aufzeichnen lassen,...für die Gens,...schließlich wollen die sicherlich wissen, wo sich der gute Victor ein gutes Fünftel seines Lebens aufgehalten hat...
    Ein gespenstisches Lächeln überzog seine Züge.
    Mein Freund Agrippa hat Tagebuch geführt, ich denke ein grober Umriss der Reise dürfte zunächst genügen. Er wandte sich Agrippa zu der schon ein dickes Buch von der Größe einer Handfläche parat hatte.In diesem Buch hatte er alles verzeichnet, jede bedeutsame Ereignis ihrer Reise, akribisch, in feinsten Buchstaben. Versehen mit kleinen Karten und skizzierten Besonderheiten, Bauten, Tieren, Schmuck...Agrippa blätterte und fand den Teil ab Antiochia.
    Victor nickte Agrippa aufmunternd zu.
    Ein kurzes Räuspern und entschuldigendes Nicken in Richtung der hohen Herren.
    KAL APR DCCCLXII A.U.C. (1.4.2012/109 n.Chr.)...in Antiochia angekommen hörten wir auf dem Forum von den Ereignissen in Roma. Die lokalen Militärverbände wurden von Cornelius Palma,...einem Senator aus dem Geschlecht der Cornelier auf ihn als neuen Kaiser eingeschworen. Wobei anzumerken wäre, daß die Soldaten eher verhalten und anfangs nicht mit voller Begeisterung ihre Zustimmung jubelten...wenn man das Jubel nennen kann.
    Ein skeptisches Nicken, gemischt mit einem minimalen Kopfschütteln machte sowohl Victors als auch Agrippas Skepsis plastisch. Die Männer waren sicher überrumpelt und die ersten Rufe kamen mit Sicherheit von den Offizieren.
    Victor beschloss umgehend nach Mogontiacum zu gehen um sich dort mit seinem Onkel Claudius Menecrates zu beraten. Wir waren uns alle einig, daß es zur Zeit heikel war nach Roma zurück zu kehren und entschlossen uns über Land auf den Weg zu machen, weil die Häfen sicher kontrolliert würden Wir ließen einen Mann in Antiochia zurück um dort auf dem Laufenden zu bleiben und eine Handelstation zu errichten, welche mit unserer Barschaft finanziert war...
    Ein kurzer Blick über den Rand des Buches auf Victor, welcher nur die Augen schloß und sich die Nasenwurzel rieb.
    Ein wenig errötend folgerte Agrippa...
    Aber nun die Route,...nun kurz gesagt, sie war recht enervierend,...wenn nicht gar zermürbend, ...ja durchaus. Von Antiochia ging es durch Cilicia und Galatia nach Ancyra,...ein kurzer Stopp, Pferdewechsel, Proviantaufnahme. Rolf wurde...äh,...ja,...dort war die Nachricht über den neuen Kaiser gerüchteweise schon in den Gassen...eine Übernachtung in der Taberna,...äh,...ja,...egal,...weiter nach Bithymia et Portus, rüber nach Thracia...wobei dies in keinster Weise schildert unter welchen Umständen...
    Wieder ein Blick über den Buchrand...
    Na schön,...nur das Wichtigste...in Phillopolis war dagegen schon alles klar. Die Einheiten dort patrollierten und es war recht mühsam und teuer die Auxillare zu „überzeugen“ uns weiterzulassen.Das gleiche in Moesia inefrior und Dacia. In äh,...in Sarmizegetusa, sahen wir dann die ersten Proskriptionslisten,...darauf war unter anderem der Onkel Victors verzeichnet. Wir ähem,...wir beschlossen den Weg weiter in terra incocgnita weiter zu gehen...einer unserer Germanischen Freunde, Arnulf machte einen jüdischen Kaufman ausfindig. Mosche ben Ann...der kannte einige Wege ausserhalb des Imperiums,...Trampelpfade um genau zu sein...die Pferde waren am Ende und wir mussten sie führen,...wobei unsere Verfassung nicht unbedingt besser war.Ben Ann führte uns bis zur Grenze nach Noricum,...dort wechselten wir die Pferde nahmen Proviant auf und gingen zurück ins Terra incognita, nachdem die Proscriptionslisten nun weitere Namen umfasste, unter anderem einen Aurelier,...Lupus, Annaeus, Modestus...LAPP und einen ortsansässigen Duccier, Vala...Wir suchten den Rhenus und folgten ihm bis etwa 30 Meilen vor Mogontiacum. Wir glaubten uns sicher und entzündeten erstmals seit Tagen ein verdecktes Feuer.
    Victor hob die Hand und meinte,
    ...gut...danke Agrippa...nun Tribunus, ich denke deine Frage zielt weniger auf den Komfort unserer Reise aus als auf die politischen Zustände in den passierten Regionen.
    Er beugte sich nach vorne.
    So wie ich das sehe ist südöstlich von Raetia die Sache fest in Händen des Vescularius,...Pannonia, Dalmatien,Dacia,Moesia, bis Thracia. Cornelius kontrolliert alles hinter Asia,...zumindest hat er das Militär dort unter Kontrolle. Es herrscht viel Unsicherheit unter der Bevölkerung und ich sage das hier auch nur unter Vorbehalt, weil sich inzwischen einiges verändert haben könnte. Die Barbaren in Terra incocgnita interessiert das Ganze herzlich wenig und der Tenor lautet, wenn sie sich balgen, lassen sie uns in Ruhe. Was nicht heißt, daß sie die Situation verfolgen, besonders in den Grenzregionen.Natürlich gibt es den einen oder anderen jungen Krieger der sich mit ein paar Raubzügen profilieren will und harmlose Reisen auszurauben versucht.Von organisierten Kampagnen haben wir weder etwas gehört noch etwas bemerkt und die kannst mir glauben Tribunus,...man wird mit der Zeit sehr sensibel für seine Umgebung...
    Er lehnte sich wieder zurück. Knirschend protestierte der Korbsessel. Er legte beide Hände auf die Lehnen und sah durch den Tribun hindurch. Einige Atemzüge herrschte Stille, dann ergriff Victor noch einmal das Wort.
    Wir haben 7 Wochen bis Raetia gebraucht,...insgesamt ... ein Blick auf Agrippa, wonach dieser einbrachte, 24 Pferde und ... Victor hob die Hand ...und eine weitere Woche durch das Dickicht entlang des Rhenus. Das erste Lager mit Feuer seit Tagen,...verdeckt...
    Sein Blick glitt wieder in die Ferne.
    ...sie fielen über uns her, die Pferde waren zu erschöpft um etwas zu bemerken, genau wie wir und die Hunde...tja,...die Hunde...
    Nun, ...die Hunde waren vor etwa 2 Wochen unsere letzte Fleischmahlzeit,...es sei anzumerken, daß...
    Victor ahnte was kam und schüttelte den Kopf.
    Ja,...man sollte sich niemals mit Gefühlen an eine Kreatur binden Tribunus, egal wieviele Beine sie hat,...wenn es zum Äußersten kommt, dominiert der Mensch.
    Agrippa sah beschämt auf den Boden. Victor hatte seit langem extrem reagiert als die Germanen die Hunde geschlachtet hatten. Auch wenn das Fleisch zäh war, so gab es den Männern wieder etwas Kraft für die weitere Reise. Victor hatte sie tagelang gemieden und Agrippa fand ihn zuweilen regungslos vor sich hinstarrend mit tränenfeuchten Wangen vor.
    Die ganze Sache hier ging ihnen allen an die Nieren.
    Die,...ähem,...die Barbaren umkreisten uns und töteten Ansgar, einen der fünf Germanen die mich 6 Jahre lang begleitet hatten. Es war fast zuende,...wir ,...wir hatten einfach keine Kraft mehr und ich,...ich machte mich innerlich bereit meinen Vätern zu begegnen.
    Victor und Agrippa tauschten ein Blick der über blosse Freundschaft hinausging.
    Mich erwischte eine dieser Lanzen, ein primitiver Ableger der Legionshasta,...lang,...spitz,...
    Er fühlte an seine verwundete, bandagierte Seite...und war außer Gefecht.
    Victor grinste. Es hatte ohnehin sehr lange gedauert bis Agrippa zu Boden ging. Als plötzlich die beiden Reiter erschienen.
    Da tauchten zwei Reiter auf,...Römer auf Legionspferden...sie ähem,...sie...
    Er suchte nach Worten, überwältigt von Bildern und Gefühlen.
    Es war ihm als würde er die Schreie, das Pferdegewieher, den Blutgerucht spüren.
    ...sie entsetzten uns, lenkten die Spießträger auf sich und gaben uns so die Möglichkeit uns wieder zu wehren. Das ,...ich bin kein Krieger Tribunus,...was ich an Kämpfen gesehen habe erschöpft sich an Circuskämpfen und Überlebensgerangel mit irgendwelchen Schurken auf der Reise.
    Agrippas Blick bohrte sich in Victors Nacken, auch er hielt inne und dachte an die beiden Männer die sie gerettet hatten.
    ...es gelang uns die Barbaren in die Flucht zu treiben,...jedoch hatten die beiden Männer unsere Rettung mit dem Leben bezahlt. Sein Blick füllte sich mit Tränen. Er war zu erschöpft um das verhindern zu können,...schniefte kurz... und meinte,
    Wir,...wir haben sie mitgenommen,...wollten sie nicht dort lassen...wollten ihnen die Ehre einer ordentlichen Bestattung zukommen lassen.
    Was man uns am Stadttor von Mogontiacum vorwarf...
    brachte Agrippa ein, wohl auch um Victor die Möglichkeit zu geben seine Contenance wieder zu erlangen.
    Ich habe auf meinen Reisen einige Bräuche kennengelernt, aber vor allem eines,...Hilfsbereitschaft, Gastfreundtschaft und Respekt. Als wir vor den Toren dieser Stadt ankamen verweigerten uns die Torwachen den Zugang und schallten uns trotz der Nennung des Namens Narren. Ich,...ich habe die Toten daraufhin mit drei Händen Erde bedeckt und den Segensspruch dreimal wiederholt,...ich war müde, ...verletzt...
    Victor beugte sich wieder vor, zwei Tränenstreifen machten den Verschmutzungsgrad seines Gesichts deutlich, doch inzwischen empfand er mehr Scham vor dem Verhalten der Wachen als vor seinem Äußeren.
    Wir waren alle verletzt,...das kümmerte die Wachen weniger als die Heimsuchung durch die Geister der Toten,...doch die bestand nicht,...wir waren dabei sie in Würde bestatten zu lassen...
    Sein Zeigefinger unterstrich die Worte und führte marginal vor wie tief enttäuscht er vom Verhalten der Wachen war.
    Wir umgingen die Stadt, was wohl auch sinnvoller war und trafen auf einer Wiese vor dem Castellum auf die ALA II Numidia. Dort erfuhren wir daß es sich bei den beiden Toten um Gaius Terentius Primus und Lucius Dexius Nero handelte. Sie nahmen die Toten in Gewahrsam und bahrten sie auf...
    Agrippa nickte bestätigend.
    Dann verabschiedeten wir uns von unseren Freunden, die ihren toten Landsmann nach Hause bringen wollten und kamen zum Tor, wo wir wieder einmal feststellen mussten, daß römische Wachen den Namen Claudius anscheinend nur mit einem togatragenden Patrizier gleichsetzen.
    Victor hob kurz die Hand bevor Agrippa sich weiter echauffieren konnte.
    Es ist gut,...die Männer taten ihr Pflicht,...nun sind wir da Tribunus,...todmüde, geschunden, hungrig und...Er sog den Atem über seinem Schoß ein ...völlig verschmutzt,...ich fürchte wenn meine Identität denn endlich gesichert ist, wird die Therme nach unserem Bad neues Wasser einlassen müssen.
    Wieder leuchtete das geisterhafte Lächeln in seinen Augen auf.
    ...und dann Tribunus werden wir nach der Audienz bei meinem Onkel zuerst einmal schlafen...
    Agrippa nickte beipflichtend und kramte das Tagebuch zurück in seine Tasche.
    ...und dann Tribunus,...schloß Victor,...dann werden wir essen,...und den Göttern zum Dank opfern,...oder besser noch,...vor dem Essen,...sie waren auf der Reise zumindest die meiste Zeit mit uns!

  • Einer der Wachsoldaten stieß hastig die Tür zum Zimmer auf, als Menecrates angestürmt kam. Als er eintrat hörte er Bemerkungen über das Essen und Opfer, aber seine eigene Mahlzeit spielte im Augenblick keine Rolle mehr.
    Drei Männer besetzten den Raum, ein Miles schenkte gerade Wein oder Wasser ein, genaues sah Menecrates nicht und es interessierte ihn auch nicht. Sein Blick streifte einen Römer, den er nicht kannte, dann fasste er das Profil eines jungen dunkelhaarigen Mannes ins Auge. Er wusste nicht, wer der beiden Männer sich als Claudius vorgestellt hatte, einer sah seinem Neffen ähnlich. Tja, ähnlich, mehr aber auch nicht. Menecrates kniff ein Auge zusammen, um so besser sehen zu können, und wartete darauf, dass sich der junge Mann ihm zuwandte. Er hoffte auf diese Art, hinter einer recht verwahrlosten Fassade seinen Neffen zu erkennen, den er einige Jahre nicht mehr gesehen hatte. Frisur, Bart, Dreck, Schweiß- und Tränenspuren, Menecrates stellte wie im Zeitraffer Überlegungen an, wie der Mann in sauberem Zustand wohl aussehen würde.
    Plötzlich kam ihm ein Gedanke und er lächelte. Die Stimme, alles konnte sich ändern, aber die Stimme blieb. Er trat einen Schritt nach vorn und sagte:


    "Euch müssen alle guten Geister verlassen haben. Seit wann ist in Reich solche Mode aktuell?" Er lächelte einladend, wartete aber gleichzietig mit Spannung auf die Reaktion. Sie würde ihm die Antwort geben, die er zur Identifizierung brauchte.

  • Die Türe flog auf und jemand stürmte in den Raum. Während Agrippa den Mann stumm und mit großen Augen glaubte einordnen zu können wandte sich Victor quälend langsam um. Ein Mann der ihm zunächst nicht bekannt vorkam, weil er nicht in das Vorstellungsschema passte. Dieser Mann dort sah zwar aus wie Onkel Menec,...jedoch schien es wohl eher sein Großvater zu sein. Victor schloß und öffnete ein wenig verwirrt die Augen, glaubte sich langsam aber sicher im Zustand eines Deliriums.
    Jedoch als der Mann seine Frage nach der Mode stellte, erhob sich Victor mit der angeborenen Grazie eines Patriziers, richtete sich kerzengerade auf und erkannte seinen Onkel Menecrates. Immer schon hatte er für die modischen Eskapaten der jungen Claudier wenig Verständnis gehabt und es nur mühsam toleriert.
    Victor sah kurz an sich herab, strich die Tunica glatt, entfernte ein paar Grashalme und entgegnete, Nun Onkel, es ist weniger die Mode,...es sind die exorbitanetn Umstände die auf die Mode einwirken,...ich grüße dich,...und bei den Göttern,...es freut mich außerordentlich dich endlich zu sehen!
    Agrippa hob seine Faust an den Mund und biss, überwältigt von seinen Gefühlen hinein, um sofort wieder damit aufzuhören und entgeistert seine blutigen Knöchel anzustarren.
    Victors Gesicht erhellte wieder sein gespenstisches Lächeln und mit einem Schritt war er bei seinem Onkel...entschuldige bitte den Geruch Onkel,...das Rosenwasser ist uns in Moesia ausgegangen! Er sah in das Gesicht seines Onkel und sah, daß auch an ihm die Last der letzten Jahre nicht spurlos vorüber gegangen war. Onkel Menec war alt geworden.

  • "Mit glattstreichen und Grashalmen abschütteln ist diese Aufmachung auch nicht mehr zu retten", kommentierte Menecrates die Handlungen seines Neffen, nachdem ihn Aussage und Stimme von seiner Identität überzeugt hatten. Er lachte einmal auf und sog theatralisch die Luft ein, als Victor vor ihm stand.
    "Hier hilft kein Rosenwasser mehr, nur Kernseife. Junge, freue ich mich, hier ein verwandtes Gesicht zu sehen!" Er fasste Victor an den Schultern, rütteltete ihn zweimal, ließ den Blick nach unten bis zu den Zehenspitzen schweifen und schüttelte den Kopf.
    "Mein lieber Junge", in Menecrates' Augen war es das, "umarmen werde ich dich erst, wenn du wieder deinem Stand gerecht wirst. Geh ins Praetorium, lass dich von Taira waschen, verwöhnen und einkleiden.“ Er ließ die Arme sinken und trat einen Schritt zurück, nicht ohne noch einmal das äußere Erscheinungsbild zu erfassen. "Dein Begleiter ist eingeladen. Esst, trinkt und sobald du dich in der Lage fühlst, möchte ich einen Bericht, einen umfassenden.
    Ich werde hier gebraucht und habe zunächst einiges zu klären."
    Sein Blick suchte den des Tribuns. Er forderte Rechenschaft, von ihm und von der Wachmannschaft. Außerdem mussten die Anweisungen präzisiert werden.

  • Victor schmunzelte ein wenig und sah noch einmal an sich herab.
    Trotz seiner Erschöpfung amüsierte es ihn wie sein Onkel offenbar mit sich rang seinen stinkenden Neffen zu umarmen. Wenn er Menecrates in seiner Jugend auch auf eine Stufe mit dem Kaiser gesetzt hat, dem er an Würde und unangefochtener Autorität kaum nachstand, so hatte diese Mauer aus Würde und Erhabenheit doch einen kleinen Schlupfwinkel,...in diesem Schlupfwinkel hatte sein Vater und er selbst einen Platz. Victor hatte einmal gehört, daß sein Vater der Lieblingsbruder des Menecrates, des Pater familias war. Wenn er damals auch versuchte daraus Kapital zu schlagen indem er stets an die Nachsicht für seine Eskapaden appellierte, so bemerkte er jetzt wirkliche Erleichterung und Freude, deren Ausleben durch die Etikette und zweifellos auch durch seinen strengen Geruch stark abgebremst wurde.
    Victor wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und strahlte seinen Onkel an.
    Das,...Praetorium,...äh,...ja... Ihm fiel ein, daß dies die Wohnstätte des Legionslegaten war. Trotz seiner Studien in der Vergangenheit dauerte es einen Augenblick bis er den Begriff einordnen konnte.Während sein Onkel den Tribun mit einem Blick aus väterlicher Empörung und Mordlust fixierte sah sich Victor nach Agrippa um und grinste ihn an.
    Die Erleichterung stand Agrippa im Gesicht geschrieben und offenbar fragte er sich gerade ob die Waschung durch die Sklavin auch ihn umfasste.
    Victor nickte ihm zu und wandte sich an den Tribun,...
    Tribun, ich danke dir für dieses,...er sah sich kurz um,...Ausweichquartier und daß du dich unserer angenommen hast,...du warst der Erste in dieser seltsamen Stadt der uns zumindest halbwegs ernstgenommen hat!
    Er zwinkerte dem Tribun kaum merklich zu, vielleicht würde das seinen Onkel zumindest halbwegs beruhigen. Auch wenn der Tribun eine homöophatische Dosierung an Respekt versprüht hatte, so war er der Erste der ihnen nicht mit absoluter Ablehnung begegnet war.
    Agrippa hielt Victor sein Bündel hin. Victor sah das Bündel an, sah Agrippa an und fühlte sich in diesem Moment als könne er Bäume ausreissen. Das Gefühl der Erschöpfung und Niedergeschlagenheit wich einer Eruption an Lebensfreude, die in Nuancen an jene wilden Tage in Roma erinnert, die noch vor wenigen Minuten Äonen weit zurück lagen.
    Er warf sich sein Bündel über die Schulter und wandte sich an seinen Onkel,
    Ich hoffe in etwas zwei Stunden wieder einen annehmbaren Eindruck zu machen,...Onkel.
    Er lächelte und beugte leicht sein Haupt.
    Alles in ihm schrie danach seiner Erleichterung Luft zu machen und seinen Onkel zu umarmen und hochzuheben.
    Statt dessen besann er sich auf seine Erziehung und schloß,
    ...es gibt viel zu berichten...
    Ein letztes Nicken dem Tribunus gegenüber, dann zeigte er auf einen der Wachposten. Du,...mit deiner Erlaubnis Onkel?!...geleitest uns zum Praetorium,...nicht daß wir auf dem Weg dorthin von den tapferen Legionären erneut festgesetzt werden...
    Fast schon entschuldigend sah er seinen Onkel und den Tribun an, diese klitzekleine Spitze hatte ihm auf der Zunge gelegen. Dann folgte er mit Agrippa dem Wachposten nach Draussen.

  • Die Erleichterung, angekommen zu sein, sprang Victor aus jedem Wort, jedem Blick und jeder Geste. Vermutlich gehörten nicht nur körperliche Anstrengungen zu den letzten Wochen, sondern auch unschöne Erlebnisse. Menecrates‘ Neugier auf den Bericht stieg, zumal er sich Aufklärung über die militärische Situation südlich und, wenn möglich, auch südöstlich von hier erhoffte. Die Berichterstattung plante er im privaten Rahmen, wo weder eine Rangfolge noch die Wahrung von öffentlicher Haltung beachtet werden musste.
    Denn dass er auf genau das in der Öffentlichkeit großen Wert legte, machte er umgehend klar, als sich sein Neffe den begleitenden Wachsoldaten kurzerhand selbst organisierte.

    "Nicht übermütig werden, Filius fratris. Beim Militär gibt es Spielregeln und eine davon besagt: Stehle deinem Onkel nie das Wort." Menecrates lächelte in gutmütiger Strenge und fügte gedanklich an: 'Und schon gar nicht bei Anwesenheit von Untergebenen.' Er stellte die schnelle Auffassungsgabe seines Neffen nicht infrage - notfalls würde er später noch die Grundsätze der Legion erläutern - denn dass Victor sie kennen musste, weil er hierblieb, stand für Menecrates außer Frage. Die Zeiten, in denen Patrizier ungestört durch die Provinzen des Imperiums ziehen konnten, lagen weit hinter ihnen.


    Er winkte seinem Tribun mit dem Kopf und forderte ihn auf, ihm ins Officium zu folgen.
    "Du holst den wachhabenden Optio", befahl Menecrates dem Wachsoldaten, der ihm die Ankunft seines Neffen und die absonderliche Unterbringungswahl für ihn gemeldet hatte.

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