Petronia Romana


  • Lieber Appius,


    es gibt noch keinen Heiratskandidaten und auch Serapio habe ich seit etlicher Zeit nicht zu Gesicht bekommen. Was ich täglich bewundern kann, ist Fortuna. Sie steht im Hortus neben dem duftenden Rosenbusch und wacht über mein Glück. Sehr gerne würde ich sie zu dir schicken, damit sie dir zur Seite steht und dich beschützt, wenn ich lese, was du zu berichten hast.
    Bis zu mir dringen kaum Nachrichten, nur Nuha erfährt ab und an etwas und erzählt es mir dann in abgeschwächter Form. In ihren Augen lese ich Anderes, wenn sie mit den Sklaven die Köpfe zusammen steckt und sie hinter meinem Rücken flüstern. Von ihr habe ich erfahren, dass neue Gensmitglieder erwartet werden oder auch bereits eingetroffen sind. Wer sie sind und woher sie kommen, konnte ich bisher nicht in Erfahrung bringen und ein Essen zu ihrer Begrüßung gab es bis heute ebenfalls nicht.
    Meine Tage vergehen und ich zeichne meine Entwürfe. Dabei hoffe ich sehr, dass sie dir gefallen werden und kann es kaum noch erwarten, dir in meinem neuen Peplos und den dazu passenden Schmuck gegenüber zu stehen. Ich habe versucht etwas von der Stimmung einzufangen, die ich empfinde, wenn ich deine Beschreibung lese. Den Sternenhimmel und das Plätschern der Wellen, wenn sie an den Bug deines Schiffes schlagen und du ihnen zuhörst, was sie zu erzählen haben. Es ist noch nicht ganz, wie ich es mir vorstelle, aber es ist noch etwas Zeit und wenn ich deine Zeilen noch mehrfach lese, werden sie mir mit Leichtigkeit von der Hand gehen. Durch deine Worte neugierig geworden, möchte ich am liebsten nach Ostia kommen und nicht nach Misenum reisen. Ich weiß, der Wunsch ist vermessen und ich sollte weniger neugierig sein, aber ich kann es kaum abwarten und meine Gedanken reisen mir im Augenblick voraus.
    Minerva hat hoffentlich dein Opfer angenommen und wird schützend ihre Hand über dich halten, wenn es sollte zu Unruhen oder gar zu Kämpfen kommen. Auch Fortuna werde ich fortan bitten, dir beizustehen und dich huldvoll mit Gaben aus ihrem Füllhorn zu bedenken.


    Vale Romana


    Nach der Unterschrift erschien ein zartes Lächeln, auf dem vorher so konzentriert wirkenden Gesicht der Braunhaarigen. Die ganze Zeit waren ihre Finger am Zittern gewesen und sie bemüht, es nicht merken zu lassen. Massa würde sich Gedanken machen und ihre Angst spüren, die Angst, dass Serapio sie nicht reisen lässt oder bis dahin einen Heiratskandidaten für sie gefunden hat. Sie war noch nicht bereit und auch wenn sie eine gehorsame Tochter sein wollte, sah es in ihrem Herzen anders aus. Es schlug schneller in Erinnerung an die Gespräche mit dem Centurio und sie ertappte sich dabei neidvolle Gefühle zu haben, wenn sie an die dachte, für der sein Herz schlug. Auch wenn sie nicht wusste wer sie war, trieb es Romana an und bereitete ihr Bauchschmerzen.


    Als Nuha das Zimmer betrat, war die Rolle verschlossen und bereit für den Boten. Sie übergab sie der Grauhaarigen mit einem Kuss auf die Wange. Seit Langem das erste Mal wieder und von Herzen kommend. Die Alte strich ihr behutsam eine Locke hinter das Ohr und noch während sie flüsterte, entfernte sie sich, um ihre Tränen zu verbergen. Es wird alles gut.

  • Die Tabula lag neben ihr und die Braunhaarige hing beim wiederholten Lesen erneut an dem kleinen Wörtchen 'schätze'. Vor ihr auf dem Papyrus stand ein Salve Appius! und darunter breitete sich ein leeres Blatt aus. Wie sollte sie beginnen, was schreiben? Jedes Mal, wenn sie beginnen wollte, ließen sich ihre Gedanken nicht in Worte fassen und kreisten verwirrt hinter der gekrausten Stirn. So viel lag ihr auf dem Herzen, so viel, was in den letzten Tagen passiert war und trotzdem war dort eine Barriere, die sich nicht überwinden konnte. Dieses eine Wort blockierte sie, es distanzierte und es nahm ihr die Vertrautheit … es blieb ein Schätzen.



    Salve Appius!


    Ich habe deine Nachricht erhalten und muss mich entschuldigen, dass ich mit Verspätung antworte. Die letzten Tage waren für mich ereignisreich und es blieb kaum Zeit zum Nachdenken.
    Es freut mich, dass Minerva dein Opfer angenommen hat und dir wohl gesonnen ist. Wie die Dinge liegen und wie du berichtest, scheint es in Rom doch am sichersten für mich zu sein und ich werde in Ruhe meine Reise vorbereiten. Bisher blieb es mir versagt, Serapio zu treffen und ich bin unschlüssig, ob ich einfach Rom verlassen kann, ohne noch einmal mit ihm zu sprechen. Die Casa wirkt verweist und es bleibt nur noch meine Erinnerung an bessere Tage.
    Die einzige Neuigkeit, die ich zu berichten habe, ist von einem Brief, den ich bekam. Eine Nachricht meines Vaters. Den Überbringer habe ich seither in meinem Diensten und er hilft mir vorrangig mit Botengängen. Nuha hat dadurch mehr Zeit für mich und leistet mir Gesellschaft. Durch die beunruhigten Nachrichten, lässt sie mich keinen Augenblick mehr allein und entwickelt sich mehr und mehr zu einer Glucke.
    Du siehst, um mich musst du dich nicht sorgen. Noch ist es hier sicher und du kannst dich in Ostia in Ruhe umsehen. Bevor ich abreise, werde ich dir einen Boten senden und bis dahin


    Vale Romana


    Jetzt standen doch mehr Worte auf dem Blatt und Romana sah zufriedener aus, als zu Beginn. Der Druck in ihrem Herzen war verschwunden und ein warmes Gefühl dort eingezogen. Mit dem Wissen, dass der Bote ihn Massa überbringen würde und irgendwann eine Antwort zurück kam, zauberte ihr ein Lächeln ins Gesicht.


    Als sie sich erhob und zu Nuha ging, die es sich leicht dösend, am Fenster bequem gemacht hatte, wurde diese wach und rieb sich über die müden Augen. Sie kannte ihre Aufgabe und auch die Ungeduld der Jüngeren, wenn sie nicht gleich ihrem Aufgabe nach kam. Deshalb erhob sich die Grauhaarige innerlich seufzend, nahm die Entlohnung und das Schreiben entgegen und ging zügig davon.

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    Nuha


    Als Nuha zurück kam, war ihr die Verwirrung anzusehen. Wie von Romana aufgetragen, hatte sie die Nachricht auf den Weg gebracht und war so schnell als möglich zurück gekehrt. Bereits beim Eintreten durch den Hintereingang kam ihr Silas entgegen gelaufen und übergab ihr zwei Tabulae. Zuerst nahm sie an, es handele sich um Schreiben aus der Goldschmiede, doch als sie einen weiteren Blick darauf warf, erkannte sie des Siegel von Crispus.
    Auch wenn die Grauhaarige sonst ihrer Neugier nicht nach gab, konnte sie heute nicht an sich halten und überflog die Zeilen.


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    Petronia Romana - Casa Decima Mercator - Roma, Italia



    M. Petronius Petroniae s. p. d.


    Es freut mich sehr zu hören, dass du so gut aufgenommen wurdest. Richte dem Praefectus Praetorio meinen ergebensten Dank aus, dass er so gut für dich sorgt und sogar bereit ist, nach einem Gatten für dich zu suchen.


    Ich möchte dich auch ermahnen, seine Wahl ohne Murren zu akzeptieren. Die Ehe ist nunmal in erster Linie dazu da, dir ein angemessenes Auskommen zu sichern und die Ehre unserer Familie zu mehren. Du wirst am allermeisten davon profitieren. Und du wirst deinen Mann noch lieben lernen, auch wenn du es nicht von Anfang an tust.


    Dringend will ich dich auch vor Romanzen aller Art warnen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie sehr man dem Liebeswahn verfallen kann und hatte Glück, aber ich kenne zu viele Geschichten von geschwängerten Frauen, die von ihren Liebhabern sitzengelassen wurden und anschließend kaum mehr die Möglichkeit zu einer ehrbaren Heirat hatten. Ich will nicht, dass du so endest und Schande über unsere Familie bringst. Denke auch daran, wenn du nach Misenum reist - ein Soldat hat nicht das Recht zu heiraten und kann dich deshalb besonders leicht hinhalten.


    Von deinem Vater habe ich übrigens nichts weiter gehört und kann dir auch das Geld noch nicht schicken, solange der Krieg noch tobt. Wenn du neue Informationen über den Verlauf des Krieges hast, gib mir bitte Bescheid. Hier oben in Germania erfährt man kaum mehr etwas von jenseits der Alpen.


    Vide ut valeas!

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    Erst vor der Tür zum Cubiculum sammelte sie sich wieder und trat nach einem deutlichen Klopfen sofort ein. Die andere Tabula außer Acht lassend, schob sie Romana zuerst die von ihr gelesene zu und damit einen entschuldigenden Blick ihre Neugier betreffend. Von Crispus.

  • Erstaunt über die knappen Worte von Nuha, ließ sich Romana die erwähnte Tabula reichen und überflog sie zuerst zügig und dann immer langsamer werdend. Zum Ende hin, schloss sie schweigend die Augen und verharrte regungslos sitzend. Als sie endlose Augenblicke später die Grauhaarige erneut ansah, schimmerte in ihren Hellblauen Tränenflüssigkeit und auf ihren Lippen lag ein leichtes unkontrollierbares Beben. Die Braunhaarige wirkte verstört und von der Enttäuschung gezeichnet, war die Farbe aus ihren Wangen und Lippen gewichen. Wieder einmal fühlte sie sich abgeschoben und nach den Worten von Crispus, wie eine Ware auf dem großen Markt der männlichen Eitelkeiten. Vor allem die abwertenden Worte über Masse trafen sie tief im unruhig klopfenden Herzen und auch wenn sie ihm im Innersten Recht geben musste, nach allem was der Centurio ihr von sich preis gab, war sie zu tiefst getroffen. 'Wie konnte er so urteilen, ohne den Mann zu kennen, der für sie so viel mehr war, als nur einfach ein Familienmitglied'.
    Die überwältigenden Gedanke drückten auf ihre Schläfen und der kurze stechende Schmerz ließ sie leise seufzen. Von wem ist die andere Tabula? Kam schließlich die Frage leise mit erstickender Stimme, nach Ablenkung suchend. Weiterhin innerlich aufgewühlt, nahm sie die zweite Nachricht entgegen und warf einen vorsichtigen Blick darauf, in der Hoffnung etwas Erfreulicheres dort lesen zu können.
    Nach den ersten überflogenen Worten erhob sie sich jedoch so abrupt, dass der kleine Korbsessel geräuschvoll zu Boden fiel und ohne Nuhe eines weiteren Blickes zu würdigen, verließ sie wie eine ängstlich Flüchtende ihr Cubiculum

  • Die Reisevorbereitungen waren im vollen Gange und Romana genervt von den ständigen Diskussionen mit Nuha. Teils ging es um Belangloses und die Einigung wurde lachend vollzogen. Teils ging es um Grundlegendes und sie stritten so lange, bis die Braunhaarige ein Machtwort sprach und der Grauhaarigen gegenüber die Domina heraus strich. Die große Reisetruhe stand mitten im Cubiculum und war halb gefüllt. Auf den beiden Korbstühlen und auf dem klineähnlichen Bett türmten sich Kleidungsstücke und die passenden Schmuckstücke dazu. Flacons und Fläschchen reihten sich auf dem Tisch aneinander, Tiegelchen und Döschen wurden auf Anweisung der Jüngeren von der Älteren im Capsa verstaut.
    Vom Fensterbrett aus beobachtete Romana aus dem Augenwinkel jede Handbewegung Nuha's, startete einen Versuch nach dem anderen, für Serapio die passenden Worte zu finden. In der Hand hielt sie, entgegen ihrer sonstigen Gewohnheiten beim Schreiben, heute eine Tabula. Der Vorteil bestand darin, dann sie nicht neu beginnen musste, wenn ihr der Text nicht gefiel, sondern das Wachs nur geglättet werden musste, um neu zu schreiben. Den Stilus zwischen den Fingern kreisend, begann sie zum wiederholten Male die Anrede weg zu wischen und nach einer neuen zu suchen.
    Seit den Wangenküsschen auf dem Fest der Fortuna und seiner Schenkung danach, war er für sie nicht mehr nur der Cousin ihrer verstorbenen Mutter und der Pater Familias, sondern ein väterlicher Freund, den sie mit ihrer Abreise nach Ostia keinesfalls verärgern wollte.
    Die Unterlippe nach innen eingezogen und einen erneuten Blick auf, die nun schon gefüllte Truhe werfend, begann sie erneut zu kritzeln.


    Salve Cousin Serapio!


    Zuerst ein nachträgliches Danke für dein überaus großzügiges Geschenk und verspätete Grüße von Marcus Petronius Crispus, die ich nicht vergessen darf zu überbringen. Leider haben wir uns seit dem Fest zu Ehren Fortuna's nicht mehr persönlich sprechen können, weshalb ich dir auch auf diesem Wege meine Entscheidung mitteilen möchte. In der Hoffnung, du kannst mich verstehen und wirst es mir nachsehen, einige Worte vor meiner Abreise nach Ostia, um dir deine Sorge um mich zu nehmen.
    Ich werde die Reise nicht allein antreten. Nuha wird mich wie immer begleiten und Minerva wird ein Auge auf mich haben. Auch werde ich von einer männlichen Person begleitet, die von meinem Vater den Auftrag bekam, mir nicht von der Seite zu weichen. Die Gerüchte, die täglich nach Rom und in die Casa vordringen, beunruhigen mich und die Stille, die in den letzten Wochen hier eingezogen ist, haben in mir den Wunsch verstärkt, längere Zeit der Obhut der Gens zu entfliehen. Was natürlich nicht bedeutet, dass ich mich nicht jetzt schon freue, in den Schoss der Familie meiner Mutter wieder zurück zu kehren.
    Meine Geschäfte mit der Herstellung des Schmuckes laufen weiter und ich hoffe, ich kann meinen Unterhalt so weit bestreiten, dass ich nicht in Schwierigkeiten gerate. Denn so, wie mir Chrispus mitteilt, kann er es zurzeit nicht wagen, Geld nach Rom zu schicken bei den Unruhen auf den Straßen und der zu überbrückenden Strecke für einen Boten. Selbst sein letzter Brief war überaus lange unterwegs und kam erst vor Kurzem hier an.
    Wie du siehst, ich habe mich bemüht, Vieles zu bedenken, um dir die Sorge zu nehmen. Außerdem wacht Minerva über mich und ich werde ihr in Ostia ihr ein erneutes Opfer bringen.
    Noch einmal möchte ich mich bedanken für deine Gastfreundschaft und deine Großzügigkeit.
    Die Götter mögen dir gewogen bleiben.


    Vale Romana!



    Mit einem dumpfen Ton, schloss Romana die Tabula und sah zu Nuha hinüber. Die Truha war nun bis oben hin gefüllt und die Berge Kleidung darin verschwunden. Obenauf lag der neue Peplos aus dem feinen Baumwollstoff, dem Geschenk von Massa und daneben ein verpacktes Geschenk für ihn. Das Leuchten in ihren Augen verstärkte sich noch, als sie das Fensterbrett verließ und zur Grauhaarigen hinüber ging. Sacht strich sie über das weiche Gewebe und übergab dabei die Nachricht an die Alte. Bring sie bitte ins Officium des Präfekten und leg sie so, dass er sie gleich sieht.
    Während diese davon ging und die Tür von außen ins Schloss fiel, schlug die Braunhaarige den Deckel zu, griff sich eine Traube Wein und begann sie genussvoll zu verspeisen.

  • Während Romana, aus dem Balneum zurück gekehrt, in ihrem Cubiculum saß, widmete sich Nuha den letzten Vorbereitungen. Die Reisetruhe verschwand, getragen von zwei helfenden Sklaven und die Grauhaarige mahnte wieder einmal zum Aufbruch.
    Entgegen der morgendlichen Unruhe, ließ sich die Braunhaarige kaum antreiben, im Gegenteil. Je ermahnender die Worte wurden, um so lethargischer reagierte sie. Vor ihr lag eine aufgeklappte Wachstafel, deren Oberfläche so jungfräulich wirkte, wie es ihre Besitzerin war. Die schob ihre Unterlippe abwechselnd vor und zog sie wieder zwischen die Zahnreihen zurück, knabberte auf dem Stilus herum und seufzte.
    Es fiel ihr schwer, ihre Gefühle in Worte zu fassen und noch schwerer, sie beim Schreiben außen vor zu lassen. Seit der letzten Nachricht von Masse, sah sie sich mit anderen Augen. War es früher ihre Unbeschwertheit, Dinge zu erkennen und in ihrer Gänze zu betrachten, sah sie heute Details und verlor sich darin mit ihrem Blick. Immer wenn sie dabei war, in ein Bild einzutauchen, erschienen auf dessen Grund seine braunen Augen und fesselten sie, ohne ihren Willen zu akzeptieren. Dann blieb es an ihr, sich los zu reißen und den Gedanken eine andere Richtung vor zu geben.
    Auch jetzt bestand der Wille, wollte sie unbefangen seinen Brief beantworten. 'Doch was sollte sie schreiben? Sollte sie von den Flügelschlägen im Bauch berichten oder von den Träumen? Von seiner Stimme, mit der Nuha in den letzten Tagen zu ihr sprach.'
    Unsicher und mit zitternden Fingern fanden die ersten Worte ihren Weg auf die Tabula, tanzten die Buchstaben vor ihren Augen und formten sich schließlich zu Sätzen.


    Lieber Appius,


    ich konnte und wollte deine Zeilen nicht vergessen. Deine darin beschriebenen Gefühle sind den Meinen so ähnlich und doch fällt es mir schwer, sie dir so einfach zu offenbaren.
    Die Ordnung in meinen Gedanken gleicht einem Chaos. Mein Herz fühlt sich an wie ein Hammer, der ein glühendes Eisen schmiedet und in meinen Träumen laufe ich mit dir über eine Wiese mit duftenden Sommerblumen. Einzig der Duft gleicht dem deinen, wenn ich erwache und meine Sinne mir deine Anwesenheit vorgaukeln. Deine braunen Augen beobachten mich, ganz gleich, wo ich mich aufhalte und je genauer ich hinsehe und mich in ihnen verliere, um so größer wird die Gewissheit in mir, dass du an mich denkst.
    Meine Reisevorbereitungen sind abgeschlossen und Nuhe drängt längst zum Aufbruch. Sobald das Reisegefährt eintrifft, werden wir uns in Begleitung eines, von meinem Vater gesandten Dieners, auf den Weg nach Ostia begeben.
    Es wird mir wie eine Ewigkeit vor kommen und so sehr ich mich freue, dich wieder zu sehen, so viel Angst trage ich in mir. Ein Gefühl, was erst in Freude umschlagen wird, wenn du mir gegenüber stehst und ich zu dir aufsehen kann.
    Ich werde diese Nachricht mit einem Boten voraus senden und hoffe, sie wird dich erreichen, bevor wir vor Ort sind.


    Vale Romana



    Galt sonst ihre Aufmerksamkeit dem Geschriebenen, wenn sie noch einmal las, blieb es heute nur beim dumpfen Zuklappen der Tabula und bei einem tiefen erleichterten Seufzer. Sollte die Nachricht bei ihm ankommen, war er vorbereitet auf … wenn nicht …? Romana wollte den Gedanken nicht zu Ende grübeln, sondern sich auf ihn freuen. Auch wenn ihrem Leben eine Wende bevor stand und das Wort 'Liebe' für sie eine andere Form annahm, ließ sie keine Zweifel aufkommen, das Falsche zu tun.
    Mit der Tafel in der einen Hand, ihrem Ricinium über den anderen Arm, sah sie sich ein letztes Mal in ihrem gemütlichen Cubiculum um. Es war kein Abschiedsschmerz, der ihren Blick traurig werden ließ, es war das Gefühl nicht zu wissen, ob es überhaupt ein Vermissen geben würde. Sah sie am Anfang eher ein Zuhause, wurde es mit dem heutigen Gehen zum Verlassen einer Unterkunft.

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